Links zur Rezension Den Zeitgenossen war er nur als spitzzüngiger Kritiker und Säufer bekannt und es sollte noch einige Jahre dauern, bis die Nachwelt Edgar Allen Poe als Wegbereiter des Kriminalromans und Meister der Schauerliteratur entdeckte und schätzen lernte. Das literarische Werk von Poe erstreckt sich über mehrere Genres: So schuf er nicht nur groteske, apokalyptische Geschichten, sondern gilt mit der von ihm erschaffenen Detektivfigur Dupin nicht zuletzt als einer der Erfinder des Detektivromans. Große Bedeutung hat aber auch sein lyrisches Werk erlangt, allem voran sein wohl bekanntestes Gedicht „Der Rabe". Die Biographie von Poe ist von Schicksalsschlägen, Armut, Depressionen und exzessivem Suchtverhalten überschattet, die letztlich mit einem frühen Tod im Alter von nur 40 Jahren endete. Am 19. Januar 2009 wäre Edgar Allen Poe 200 Jahre alt geworden.
Die amerikanische Comic-Ikone Richard Corben und sein langjähriger Kollege Rich Margopoulos widmen sich (wahrscheinlich eher unbewusst und weniger aus Marketinggründen) mit zum Teil sehr modernen Abwandlungen einiger seiner bekanntesten lyrischen Werke und Erzählungen, wie dies nur den beiden Altmeistern des Terrors möglich ist. Die in 2006 im amerikanischen Original drei Einzelhefte umfassende Reihe „Haunt Of Horror – Edgar Allen Poe“ erscheint nun mit einiger Verspätung aber rechtzeitig zum 200. Geburtstag in Deutschland bei Panini Comics in einem 116 Seiten umfassenden Hardcover-Sammelband mit dem Titel „Welt des Schreckens – Edgar Allan Poe“.
InhaltDer Inhalt des Buches besteht aus insgesamt zehn einzelnen Geschichten, deren Handlung sich mehr oder weniger am jeweils verwendeten Text orientiert und bei denen es sich um zum Teil sehr moderne Interpretationen handelt. Neben den berühmten Gedichten wie „Der Rabe“ oder „Das verräterische Herz“ kommen auch weniger bekannte Werke, wie beispielsweise „Eulalie“ oder „Israfel“ zum Zuge und wissen sowohl zeichnerisch als auch von der Textgestaltung zu beeindrucken. Wer sich gerne noch einmal den Originaltext durchlesen möchte, muss hierfür nicht auf andere Bücher zurückgreifen, sondern kann diesen am Ende der jeweiligen Episode in seiner Reinform lesen.
Corben zeigt sich in seiner zeichnerischen Umsetzung insgesamt äußerst kreativ und stößt dabei vielleicht auch ein wenig an die Grenzen der Interpretation, da die Comics manchmal etwas arg modernisiert und strapaziert von ihrer literarischen Vorlage abweichen. Zudem dürfte die Auswahl der verwendeten Texte eine äußerst subjektive Sache von Corben gewesen sein, da es sicherlich auch einige andere gegeben hätte, die besser in diesen Reigen gepasst hätten oder doch zumindest einer zeichnerischen Umsetzung würdig gewesen wären. Denke man doch hierbei nicht zuletzt an die Gedichte „Das verwunschene Schloß“ oder aber auch „Traumland“.
Qualität, Stil & ÜbersetzungAufgrund der als durchaus kreativ zu bezeichnenden Umgestaltung der Gedichte, deren Reiz in der modernen Visualisierung nicht unbedingt verloren geht, besitzen die einzelnen Geschichten eine ganz eigene Anziehungskraft und Intensität. Corbens Stil mag auf jüngere Leser mit seinen recht anschaulichen, klaren, in durchgängig in Schwarz-Weiß und Grau gehaltenen Zeichnungen etwas altmodisch erscheinen und in der Darstellung vielleicht auch etwas fahl daherkommen – für mich ist dies dennoch eine künstlerische Umsetzung auf fast durchgängig recht hohem Niveau (auch wenn es hier und da einige kleine Ausrutscher gibt).
Texter Rich Margopoulos ist es gelungen, die in den Gedichten von Poe liegende morbide Schönheit in bemerkenswerte Weise kunstvoll umzusetzen. So greift Margopoulos auf den Text im Original-Wortlaut zurück und lässt ihn im Zusammenspiel mit den Zeichnungen von Corben in gänzlich neuem Glanz erscheinen, so als würde man den Staub von Jahrzehnten hinwegblasen.
FazitDie Handschrift von Corben und sein Zeichenstil sind natürlich unverkennbar und so erinnern die meisten Zeichnungen an den Stil der unvergesslichen Horrorcomicserien aus den 70er und 80er Jahren, die zwischenzeitlich vielleicht etwas „altmodisch“ erscheinen. Aber dennoch sind es zehn überaus gelungene Geschichten, in denen sich Corben mit seinen Zeichnungen mit Hochachtung vor dem literarischen Vorbild von E.A. Poe verneigt und deren Text er auf manchmal recht eigenwillige Art und Weise neu interpretiert, die diesen eine neue und eigene Qualität verleiht und den Reiz dieses Bandes ausmacht. Gestört hat mich insgesamt nur „Deadgar“, ein mit Umhang versehenes Skelett, das manchmal zwischen den Geschichten auftaucht und mit seinen Sprüchen wohl das Flair einer „Horror-Late-Night-Show“ erwecken soll. Für mich persönlich absolut überflüssig und fehl am Platz.
Wer sich bislang noch nicht mit E.A. Poe und dessen literarischen Werk auseinandergesetzt hat, kann diesen Band bedenkenlos kaufen und sich auf eine düstere Reise mit einigen visuellen Highlights freuen. Treue Fans von Edgar Allan Poe sollten allerdings ihre möglicherweise vorhandenen Erwartungen auf eine werkgetreue Umsetzung lieber zurücknehmen, da die verwendeten Gedichte und Kurzgeschichten manchmal nur wie ein „Aufhänger“ erscheinen.
Insgesamt bin ich recht angetan und meine Hoffnung besteht darin, dass es nicht bei einem Einzelband bleibt und Panini es schafft, auch zweiten Band der Reihe zu veröffentlichen, der ebenfalls aus der Feder von Richard Corben stammt und bereits im November 2008 unter dem Titel „Haunt of Horror: Lovecraft“ veröffentlicht wurde.
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