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Alan Moore ist heute schon allein wegen seiner legendären Watchmen Reihe einer der ganz Großen des Comic-Business. Zahlreiche, oftmals gesellschaftskritische, grafische Erzählungen gehen auf sein Konto. Einige sind aber auch mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. So erging es auch seiner Arbeit an Captain Britain in den frühen Achtzigern, an der er zusammen mit Zeichner Alan Davis gearbeitet hat, als an Watchmen noch nicht zu denken war. In diesem Comic finden sich erstmals alle Captain Britain Stories von Moore und Davis gesammelt in einem Band.
Inhalt:Brian Braddock ist Captain Britain, ein Superheld wie er im Buche steht. Als er von Merlin aus der Artus-Sage auf eine Parallel-Erde versetzt wird, läuft einiges schief, denn die Parallelwelt ist dem Untergang geweiht und auch Captain Britain kann nichts mehr tun. Captain Britain stirbt, getötet von einem unbesiegbaren Cybot, der zuvor alle anderen Superhelden vernichtet hat, wird aber auf seiner eigenen Welt wieder erweckt. Doch dort wiederholen sich die Ereignisse und scheinbar kann Braddock nichts dagegen tun…
Schreibstil & Artwork:Moore und auch Davis waren zu dem Zeitpunkt, als sie die Arbeit an “Captain Britain“ aufnahmen noch relativ jung im Comicbusiness und hatten erst an wenigen Serien gearbeitet. Das merkt man gerade am Anfang des Sammelbandes, der die ersten Episoden zeigt, die jeweils aus acht Seiten bestehen und möglichst viel Handlung wiedergeben wollen. Hier wirkt die Geschichte noch etwas holprig und vollgestopft, teilweise ein wenig überladen, wenn es auch viele Details in den Artworks gibt. Mit jeder weiteren Episode legt sich dieser Eindruck aber mehr und mehr und ungefähr ab dem zweiten Drittel kann man das erkennen, was in späteren Werken den Ausnahmeautor Moore ausmacht. Die Stories sind spannend und dramaturgisch anspruchsvoll, besitzen deprimierende und emotionale Momente, wirken dabei aber auch nicht allzu ernsthaft, denn es herrscht ein salopper Unterton über die gesamte Strecke des Formats. Britain ist ein Held wie er im Buche steht, das sagte ich bereits, wird aber auch mit Ecken und Kanten dargestellt. Er wird mit dieser typisch britischen Arroganz dargestellt, er ist leicht überheblich und auch ein wenig dümmlich, wenn auch durchweg ehrenhaft und edelmütig. Das stellt einen Gegenpol zum fantastischen und chaotischen Setting dar, in dem CB angesiedelt ist und in dem die Idee mit den Parallelwelten absichtlich maßlos übertrieben wird. Überhaupt gibt es viele Seitenhiebe auf die damalige Comic-Szene - angefangen bei den besagten hunderten Parallelwelten, über den Tod des Protagonisten (was damals eher unüblich war, heute aber eigentlich ein Klischee ist), bis hin zu den teilweise sehr humoristisch wirkenden Namen (Captain Airstrip One, Captain Commonwealth etc…). Auch kommen die für Moore typischen gesellschaftlichen und politischen Seitenhiebe auch hier schon durch, wenn auch nicht ganz so stark und offensiv wie später in der Watchmen-Reihe.
Die Artworks stammen von Alan Davis, der heute wohl durch zahlreiche Superhelden-Reihen sehr bekannt ist, damals aber noch ein unbeschriebenes Blatt wie Moore selbst war. Auch bei ihm kann man eine Entwicklung in der Serie entdecken, die sich über einige Episoden erstreckt. Seine Artworks sehen von Anfang an sehr gut aus und haben diesen typischen 80er Jahre Superhelden-Comicstil. Dabei sind vor allem die ersten Episoden sehr detailreich und wirken teilweise recht vollgestopft, was sich aber mit jeder Episode mehr und mehr legt. Davis bekommt spürbar ein Auge dafür, was wichtig ist und worauf er seinen Fokus legen muss. So oder so, sind die Illustrationen toll und haben ihren eigenen Charme, passen damit auch perfekt zum überheblich arroganten britischen Superheld, um den es hier geht. Wenn man genau hinguckt, fallen dem Betrachter auch immer wieder witzige Gimmicks auf, wie beispielsweise beim Bösewicht Mad Jim Jaspers, der in jedem Panel ein anderes Outfit trägt. Abgerundet wird die tolle passende Optik durch eine satte Farbgebung, die auch ganz im Zeichen der 80er Jahre steht.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungDer Sammelband beinhaltet insgesamt 20 Episoden, die in den Jahren1982-1984 in verschiedenen Heftserien erschienen sind. Die Texte sind flüssig zu lesen, was gerade bei dem komplexen Erzählstil von Moore auf eine gute Übersetzung schließen lässt. Zu Beginn gibt es ein sehr interessantes Vorwort von Alan Moore selbst, das er 2001 verfasst hat und mit dem er sich selbst ein wenig auf die Schippe nimmt. Abgerundet wird das über 200 Seiten starke Softcover mit einer Covergalerie.
Fazit:Ich liebe Alan Moore Comics und das ist auch bei diesem sehr frühen Werk des heutigen Meisters nicht anders. Auch wenn die Stories anfänglich noch ein wenig roh wirken, kann man den charakteristischen Charme des Ausnahmeautors schon hier erkennen. Außerdem wandelt sich seine Erzählung im Verlaufe der 20 Episoden mehr und mehr und man merkt, wie er sich tiefer in die Reihe einschreibt. “Captain Britain“ ist dabei ein knackiges Superhelden-Epos, das sehr viel Potential zeigt, aber sich auch selbst nicht ganz so ernst nimmt. Aber genau dies macht das Flair des Comics aus und verleitet zum Schmunzeln. Das bedeutet aber keineswegs, das CB nicht tiefgründig und komplex wäre. Nein, genau das Gegenteil ist der Fall. CB steckt voller Emotionen, voller dynamischer Spannung und voller Dramatik, schön gefiltert mit einem ausgewogenen Maß an gesellschaftlicher und politischer Kritik und heftigen Seitenhieben auf die typischen Superhelden-Comics der frühen 80er Jahre.
Die Artworks unterstützen die Geschichte hervorragend und machen einfach Spaß, denn sie sind sehr detailverliebt, bunt und spiegeln auch vom Stil her die 80er Jahre wieder. Auch hier merkt man allerdings die Entwicklung des Künstlers. Sind die Panels zunächst noch recht vollgestopft, so leeren sie sich im Fortlauf des Bandes und fokussieren sich mehr auf die wichtigen Dinge. So oder so, sie passen einfach zum Setting und zu Story und schaffen es diese erstklassig zu visualisieren.
Wer Alan Moore Comics mag, der kommt an “Captain Britain“ nicht vorbei, denn auch wenn das Werk eins seiner ganz frühen Arbeiten ist, ist es doch ganz klar ein Moore. Aber auch wer einfach nur Superhelden-Comics mag, die sich nicht unbedingt ganz ernst nehmen, der ist hier an einer guten Adresse.
Hintergrund-Info:Keineswegs beschränkt sich Captain Britains Existenz nur auf die hier gezeigten Episoden von Moore und Davis. CB gab es auch schon vor diesen Episoden und der britische Superheld existiert auch heute noch und ist im Marvel-Universum vertreten. Im letzten Jahr gab es zum Beispiel die Serie „Captain Britain und MI:13“, die allerdings nach 15 Heften eingestellt wurde.
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