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Die Büßerin 1 - Das Opfer der Witwe
Bewertung:
(4.7)
Von: M. Schmiedel & P. Basedau
Alias: Thalas & Zanan
Am: 24.06.2009
Autor:Lisa Smedman
Übersetzer:Dorothee Danzmann
Typ:Roman, Fantasy
System:D&D basierend
Setting:Vergessene Reiche / Forgotten Realms
VerlagFeder und Schwert
ISBN/ASIN:978-3867620437
Inhalt:384 Seiten, Taschenbuch
Preis:11,95 EUR
Sprache:Deutsch

Die gekürzte Rezension basiert auf der Rezension der Originalausgabe von Zanan.

 

Halisstras Auftrag ist gescheitert. Doch könnte es sein, dass der Krieg der Spinnenkönigin gerade erst begonnen hat?

 

Vorab I

Die Büßerin 1 schließt fast nahtlos an die Krieg der Spinnenkönigin - Romanreihe an (ebenfalls erschienen bei Feder & Schwert). Dahingehend werden in der Rezension Geheimnisse gelüftet und Geschehnisse erwähnt, die einem Leser der letztgenannten Serie den Lesespaß verderben könnten. Solche Leser seien deshalb vor dem Weiterlesen gewarnt.

 

Vorab II

Zwischen 2002 und 2005 spannten die Wizards of the Coast die Freunde der Dunkelelfen mit der Krieg der Spinnenkönigin - Serie auf die Folter. Lolth, die Dämonenkönigin der Drow, schwieg und unter den Dunkelelfen brachen Chaos und Zerstörung aus, insbesondere dort, wo Lolths Klerikerinnen nicht die volle Macht besaßen. Mit dem Ende des eigentlich unzutreffend bezeichneten "Krieges der Spinnenkönigin" hörten die Priesterinnen ihre Göttin wieder. Das Reich Lolths war aus dem Abgrund herausgerissen und in eine neue, eigene Ebene verwandelt worden. Lolth richtete über ihre Auserwählten und ernannte - einige würden sagen verfluchte - Halisstra Melarn zu ihrer Reuebringerin (die Büßerin).

 

Wer nun dachte, dass die neue Trilogie (2007 - 2008) von Lisa Smedman uns Halisstras Geschichte und ihr Leben als Büßerin nahe bringen würde, wird zunächst enttäuscht sein. Denn Das Opfer der Witwe schildert weit mehr einen "Krieg der Spinnenkönigin" als die Romane der gleichnamigen Serie. Hier spielen Lolth und Eilistraee ein Sava-Spiel um die Vorherrschaft unter den Drow Faerûns, die Götter sind quasi direkt involviert. Warum eine höhere Göttin solch ein Va Banque - Spiel auf sich nimmt, bleibt offen und lässt sich auch nicht einfach mit ihrer chaotischen Natur erklären. Es ist - wie schon bei Haunted Lands - sehr irritierend, dass sich die Wizards dazu entschieden haben, die "Realms - shaking - events" in Romantrilogien zu hüllen, die die Leser wie auch die Spieler auf Jahre hinweg vor offenen Enden und unbeantworteten Fragen stehen lassen. Dies ist in meinen Augen das einzige Manko, sowohl im Krieg der Spinnenkönigin, wie auch an der Büßerin-Reihe. Immerhin dehnt sich die Handlung über insgesamt 9 (!) Romane und 6 reale Jahre aus und wurde erst in letztem Jahr in The Grand History of the Realms (Rezension im DnD-Gate enthalten) in die laufende FR Geschichte eingebaut - und selbst das nur am Rande.

 

Mit Das Opfer der Witwe kehren wir zurück ins Unterreich und die Wälder Cormanthors, in die Reiche der Drow. Lisa Smedman, die den eher undankbaren 4. Teil der Krieg der Spinnenkönigin-Serie zu schreiben hatte, zeigt hier ihr ganzes schriftstellerisches Können. Sie hat sich sehr gut in die Materie eingelesen und augenscheinlich auch Rücksprache mit den Autoren des erschienenen Abenteuers Expeditions to Undermountain gehalten. Die Wandelhalle Eilistraees nahe dem berüchtigten Unterberg wird zum Leben erweckt, der Kult Eilistraees eingehend beleuchtet und der des Selvetarm erstmalig in einem Roman verarbeitet.

 

Das Opfer der Witwe ist Lisa Smedmans sechster FR – Roman. Zuvor schrieb sie die House of Serpents-Trilogie, das bereits genannte Zerstörung (KdSk IV) sowie Erbin der Prophezeiung (Sembia 4, Rezension im Gate vorhanden) und darüber hinaus eine Kurzgeschichte zur Anthologie Halls of Stormweather (Sembia I wurde im deutschen nicht veröffentlicht).

 

Aufmachung

Das Softcoverbuch besitzt 384 Seiten und ist mit einem glänzenden Cover versehen. Wie immer hat der Feder & Schwert Verlag das Originalbild verwendet. Das Papier ist wie bei allen Veröffentlichungen aus dem Hause F&S qualitativ sehr gut; nicht rau sondern geschmeidig glatt.

Übertragung ins Deutsche

An dieser Stelle ist wie immer nichts auszusetzen bzw. man kann der Übersetzerin und dem Feder & Schwert Verlag nur seinen Lob aussprechen. Das gesamte Buch liest sich sehr flüssig und die übersetzten Begriffe wurden gut gewählt. Auch besteht eine Kontinuität der Verwendung der Begriffe zum deutschen Kampagnen-Set der Vergessenen Reiche.

 

 

Allgemeiner Inhalt

Lisa Smedman führt uns mit einer Rahmenhandlung in das Geschehen ein, bei der Lolth und Eilistraee ein seit Äonen andauerndes Sava-Spiel um die Drow austragen. Tausende Figuren - die Seelen der Drowanhänger der jeweiligen Göttin - auf einem Spielbrett aus dem Weltenbaum. Lolth, aus ihrer Stille erwacht, schlägt Eilistraee einen Spielzug vor, bei dem die Götter sich selbst setzen - um Alles oder Nichts. Eilistraee willigt ein, doch Lolth spielt "unter den Augen von Ao" nicht sich selbst aus, sondern ihren Champion - Selvetarm. Eilistraee verliert diesen Zug und Lolth wähnt sich als Siegerin, als die Dunkle Maid das Würfelpaar ergreift, welches einmal pro Spiel benutzt werden darf, um eine Entscheidung zu verändern. Es müssen zwei gleiche Zahlen fallen...

 

In Faerûn selbst laufen mehrere Handlungsstränge nebeneinander her und verbinden sich naturgemäß zum Ende des Romans hin. Wir erfahren, dass der Bruder Halisstras während des Falls von Ched Nasad nicht umkam, sondern nun im Dienste des Hauses Teh'Kinrellz in den Ruinen der Stadt nach den Schätzen der zerstörten Häuser sucht. Dabei trifft er zufällig auf eine tote Eilistraee-Priesterin und findet auch ein Portal zur Oberfläche. Wenig später macht der Magier sich - seiner Neugier nachgebend - mit seinem Sklaven, dem Tiefengnom Flinderspeld, dorthin auf den Weg. An der Oberfläche trifft er natürlich auf die Eilistraee-Damen, die ihm von seiner totgeglaubten Schwester berichten und Q'arlynd beschließt im Folgenden, Halisstra zu suchen.

 

Unterdessen erfahren wir, dass einige Vhaeraun-Priester versuchen, mit Hilfe eines uralten Ilythiiri-Hochmagie-Rituals, ein Portal zwischen den Reichen Vhaerauns und Eilistraees zu öffnen, damit ihr dunkler Gott die Göttin töten und somit ihre Macht an sich reißen kann. Sie haben allerdings das Problem, dass eine Kreatur die Angehörigen ihrer Clans tötet und sie kaum etwas gegen diese ausrichten können.

 

Tausend Meilen weiter westlich hat die Anführerin von Eilistraees Kult in Faerûn, Qilué Veladorn, ganz andere Sorgen. Überall in den Reichen sehen sich die Priesterinnen der Dunklen Maid fast gleichzeitig Gegnern gegenüber, die in solchen Konzentrationen eher selten auftreten. Weit im Osten machen ihnen die Kultisten Ghaunadaurs das Leben schwer, in den Talländern eine (augenscheinliche) Kiaranshee aus Maerimydra, in Cormanthor die Drow des Hauses Auzkovyn und Jaelre. Zudem findet Cavatina, ein Darksong Knight, in den Räumen nahe der Wandelhalle eine Anhängerin Selvetarms und kann diese nur knapp besiegen. Qilué entschließt sich, Cavatina in den Velarswood zu schicken, um Jagd auf die Kreatur zu machen, die die Jaelre verfolgt, da sie auch die Schreine Eilistraees bedrohen könnte.

 

Und inzwischen führt Dhairn, ein Glaubenskrieger Selvetarms, seinen eigenen Feldzug gegen die Drow der Wandelhalle und bedient sich dazu auch der Kampfkraft der verbannten Drinnen.

 

Die Autorin webt die Handlungsstränge zu einem geschickten Netz aus Intrigen, Verrat und Vertrauen, sie führt uns in schneller Folge von einem Ort zum nächsten und so zu einem Finale, welches für viele Beteiligte - wie auch die Leser - in diesem Umfang unerwartet ist.

 

Fazit:

Exzellent. Das Buch hat alles, was man sich von einem epischen Abenteuer wünschen kann, ohne dabei über die Stränge zu schlagen - naja, fast - oder die Regeln außer Acht zu lassen. Ähnlich wie Paul S. Kemp versteht es Lisa Smedman sehr gut, die Drow für uns lebendig werden zu lassen, ohne sie dabei überzubewerten oder in eine der sonst so üblichen Monsterkategorien zu stecken. Jede der beteiligten Personen hat seine ganz eigenen Charakteristika und nach Valas Hune und Danifae Yauntyrr aus Krieg der Spinnenkönigin bekommen wir mit Q'arlynd Melarn und Cavatina Xarann zwei weitere Drow vorgestellt, die uns einen ungefärbten Eindruck von den Dunkelelfen Faerûns geben.

 

Die Geschichte ist schlüssig erzählt und eilt von einem Handlungsort zum nächsten, ohne dass man dabei das Gefühl hat, überfordert zu sein. Man ist eher geneigt zu fragen, warum Krieg der Spinnenkönigin sechs Bücher für etwas gebraucht hat, wofür Lisa Smedman augenscheinlich mit dreien auskommt?! Ein einziger Punkt bleibt anzumerken - Cavatinas quasi unmögliche Aktion mit der Mondsichelklinge und Selvetarms unglaubliche Tatenlosigkeit (er hat zwei Hände - warum solch eine Gefahr auf sich nehmen?). Dies sind auch die einzigen Abzüge für die Wertung: 0,2 für die Wizards und ihren 9-Romane-Marathon; 0,1 für Cavatinas Heldentat nahe dem Ende.

 

Für die Freunde Eilistraees wird Erbin der Prophezeiung sicherlich ein Quell des Wissens sein, denn wir erfahren in dem Buch nicht nur sehr vieles über den Haupttempel und dessen Bewohner, sondern auch über das Verhalten der Priesterinnen, ihre Rituale und Vorgehensweisen. Dahingehend ist das Buch in mehrerlei Hinsicht ein kleiner Schatz, den man sicherlich mehr als nur einmal lesen wird.