Inhalt – Achtung: Spoiler!

Die 17-jährige Schottin Samantha Halbrook wächst in dem kleinen und verschlafenen Kaff ‚Lower Liargo‘ im Grenzgebiet zwischen Schottland und England auf. Für ein junges Mädchen gibt es hier keine große Perspektive: das Zementwerk - als größter Arbeitgeber in der rund 5.000 Einwohner zählenden Stadt - hat vor einigen Jahren die Tore geschlossen und so gibt es für Samantha keine sonderlich große berufliche Perspektive. Wer kann, verlässt die Stadt und sucht sein Glück woanders in England.

 

Erfreulicherweise kann ihre Tante Margret, die im Chelsea & Westminster Hospital in London als Krankenschwester arbeitet, ihr eine Anstellung als Lernschwestern auf der Station für Organtransplantation besorgen. Samantha zögert nicht lange, dieses Angebot anzunehmen - London ist aufregend, groß und der Nabel der Welt für einen Teenager!

Auf sich alleine gestellt in der großen Stadt macht Samantha schon kurze Zeit nach ihrer Ankunft abends Bekanntschaft mit Taddeusz Kóranyi, dem Sohn einer renommierten und überaus wohlhabenden Londoner Familie. Zu diesem Zeitpunkt ahnt sie noch nichts von dem dunklen Geheimnis der Familie Kóranyi und ihr scheint es Liebe auf den ersten Blick zu sein, die sie mit dem jungen Mann verbindet. Die Dinge nehmen ihren Lauf und was auf den ersten Blick als eine romantisch verklärte Verkettung von Zufällen aussieht, entpuppt sich langsam als groß angelegter Plan des jahrhundertealten Vampirgeschlechts, um durch Samantha ein Vampir-Kind auf die Welt bringen zu lassen.

 

Lediglich der jüngere Bruder von Taddeusz, Richard, versucht Samantha von Anfang an vor seiner eigenen Familie zu retten, versteht er sich doch ohnehin als Schandfleck der Familie, der dem untoten Leben als Vampir am liebsten abschwören möchte. Doch was kann Samantha noch großartig tun, als sie von Richard erfahren muss, dass ihr Geliebter ein über 400 Jahre alter Vampir ist, da sie doch zwischenzeitlich von Taddeusz schwanger ist und die Geburt nicht mehr lange auf sich warten lässt? Doch nicht nur das – wem sollte sie sich in dieser fremden Stadt anvertrauen? Selbst gegenüber ihren Eltern, die sie übers Wochenende besucht, um eigentlich ihr Herz auszuschütten, wagt sie nicht sich anzuvertrauen.

 

Doch Samantha fügt sich nicht in ihr vermeintliches Schicksal und sucht nach einer Lösung. Muss sie wirklich einen Vampir gebären? Gibt es nicht noch eine Möglichkeit, die Dinge zu wenden?

 

Was folgt, ist eine spannende und abenteuerliche Reise, die Samantha in Begleitung von Richard zunächst nach Schottland führt, an die Überreste des alten Hadrianswalls und zu einer Sekte namens „Jünger Fortrius“, die immer noch die alten Riten der Pikten pflegt und über eine mächtige Wesenheit zu wachen scheint. Vielleicht gibt es hier für Samantha noch eine Möglichkeit, dem Unausweichlichen zu entrinnen, denn Valerian Kóranyi - das Oberhaupt der Familie - setzt alles daran, das Kind für ihre eigenen Zwecke zu retten. Zu guter Letzt führt die Reise die beiden nach Transylvanien, wo sich Samantha schließlich ihrer Bestimmung stellen muss und sich einige Geheimnisse klären...

 

Über den Autor

Michael Wallner wurde 1958 in Graz geboren und arbeitete nach einer Ausbildung für Regie und Schauspiel am „Max Reinhardt-Seminar" in Wien. Es schlossen sich weitere Etappen als Schauspieler am Burgtheater in Wien und am Schillertheater in Berlin an, bis Wallner schließlich als freischaffender Opern- und Schauspielregisseur im deutschsprachigen Raum arbeitete. Für die Regie von „Krieg" von Rainald Goetz erhielt er 1994 die Kainz-Medaille der Stadt Wien. Sei 1997 lebt er als Roman- und Drehbuchautor in Berlin, Italien und dem Schwarzwald. Als ungemein produktiver und schnell schreibender Schriftsteller hat er in neun Jahren seit 2000 insgesamt sieben Romane veröffentlicht und erhielt unter anderem im Jahr 2001 den Phantastik Preis der Stadt Wetzlar für „Manhattan fliegt“.

Seit 2003 zeichnet er sich auch für verschiedene Drehbücher für Film- und Fernsehproduktionen verantwortlich und betätigt sich auch gelegentlich als Regisseur.

Größere Bekanntheit erlangte er in Deutschland mit seinem Roman „April in Paris“, der als Bestseller in mehr als 24 Länder verkauft wurde. Nach „Die Zeit des Skorpions“ legt er mit „Blutherz“ seinen zweiten Jugendroman vor.

 

Fazit

Der neue Held der Jugendbuch-Verlage ist attraktiv und eigentlich tot: die drei Vampir-Romanzen der 34-jährigen US-Amerikanerin Stephenie Meyers über den Vampir Edward und das Mädchen Bella wurden in 35 Ländern bereits mehr als 5,5 Millionen Mal verkauft. Ein unerwarteter Erfolg, mit dem Stephenie Meyer scheinbar in die Fußstapfen von Joanne K. Rowling tritt. Mit ihrer Trilogie begeistert die Autorin vor allem jugendliche Leserinnen: in der Liebesgeschichte zwischen der keuschen Bella Swan, einem uramerikanischen Teenager-Mädchen, und Edward, dem attraktiven Vampir, mischt sie kleinstädtischen Normalalltag mit Fantasy-Elementen und ein wenig Erotik.

 

Womit wir auch schon das Problem von „Blutherz“ erreicht hätten: Vampire sind nicht zuletzt durch den großen Erfolg von Stephenie Meyers Romanen auch in Deutschland wieder einmal absolut im Trend und so strotzen die Buchläden nur so von Vampirromanen und Büchern über ähnliche Kreaturen dieses Genres. Dieser Boom wartet jedoch häufig mit schnell produzierten Büchern und deren stereotypen Geschichten, banalen Einfällen und einer meist nur als schludrig zu bezeichnenden Sprache auf. Gute phantastische Literatur - insbesondere im Jugendbuchbereich - sollte aber kreativ und vielleicht sogar humorvoll sein, um Spaß zu machen, da sie nicht zuletzt Grenzen überschreitet und ihren Lesern helfen soll, eigene Ängste und Wünsche zu verarbeiten.

 

Der Roman von Michael Wallner macht hierbei erfreulicherweise mehr, als nur auf den fahrenden Zug aufzuspringen, um uns dann alten Wein in neuen Schläuchen zu servieren. In eleganter Sprache weiß er auf hohem Niveau zu unterhalten und so verzeiht man ihm leicht die manchmal etwas arg konstruierte Handlung, wobei die Gestaltung des Schlusses durchaus Möglichkeiten zur Fortsetzung offen lässt. Einzig die Schwangerschaft von Samantha durch den Vampir Taddeusz bleibt mir ein Rätsel, selbst wenn die darum aufgebaute Geschichte geschickt in Szene gesetzt wurde. Der Akt der Fortpflanzung bei Vampiren passt nicht gänzlich in meine bisherige Vorstellungswelt dieses Genres. Aber es ist ein sicherlich (nicht gänzlich) neuer, dennoch interessanter weiterer Aspekt für den weitläufigen Komplex von Vampirgeschichten, der sicherlich seine Nachahmer finden wird. Ansonsten hat mir dieses kurzweilige Buch einige Stunden gepflegte Unterhaltung geboten, die ich anfänglich bei einem Jugendbuch in dieser Form nicht erwartet hatte.

 

Wer warten muss, wie sich vielleicht die Romane von Stephenie Meyers und die Charaktere Bella und Edward weiterentwickeln und sich die Zeit hierbei ein wenig verkürzen möchte, der ist hier sehr gut aufgehoben. In dem zurzeit riesigen Sortiment von allerlei Vampiren und darum gesponnenen Teenagerliebeleien dürfte dieses Buch wohl mit Abstand zur der intelligenteren Sorte zählen.