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Thomas der Trommler
Bewertung:
(4.6)
Von: Alexander Heppe
Alias: AlexH
Am: 28.08.2009
Autor:Autor: Peter Wiechmann, Josep Gual, Zeichner: Juan Sarompas
Typ:Graphic Novel / Comic
VerlagCross Cult
ISBN/ASIN:978-3-941248-27-4
Inhalt:160 Seiten, Hardcover, Albumformat
Preis:26,00 EUR
Sprache:Deutsch

Aufmachung, Gestaltung

Das mit 160 Seiten sehr umfangreiche Buch kommt im ansprechend gestalteten Hardcover-Einband daher. Ist Cross Cult ansonsten für eher kleinformatige Hardcover bekannt, so ist dieser Band mit seiner Größe von annähernd A4 recht groß geraten. Dies ist jedoch dringend erforderlich, möchte man die ganzen Details der Zeichnungen erfassen und den üppigen Text lesen.

 

Der Einband zeigt den Protagonisten Thomas vor einem an Leder erinnernden, aufgedruckten Hintergrund. Die weiteren Hauptfiguren der Geschichte sind vor einem hellblauen Hintergrund zu sehen. Das Back-Cover zeigt die vier apokalyptischen Reiter - schwebend über einer noch näher zu bezeichnenden Stadt am Fluss - und führt in kurzen, prägnanten Worten in die Thematik des Bandes ein. Dazu jedoch mehr unter „Inhalt“.

 

Das Buchinnere ist in schwarz-weiß gehalten und zeigt einen „klassischen“ Comic-Aufbau, der zumeist in vier Zeilen pro Seite, und zwei Panels pro Zeile die Geschichte erzählt. Nur selten ziehen sich Bilder über mehrere Panels hinweg, und nur selten wird das Layout gebrochen, um beispielsweise halbseitige Bilder zu bringen. Wenn diese jedoch eingesetzt werden, durchbrechen sie nicht den Lesefluss, sondern setzen inhaltliche und gestalterische Akzente, die einen noch mehr in die Geschichte hinein zu ziehen vermögen.

 

Den besonderen Reiz dieses Bandes machen die sehr detaillierten Zeichnungen von Josep Gual und Juan Sarompas aus. Mit einer sehr realistischen Darstellung und trotz alledem sehr dynamischen und „comichaften“ Strich versetzen die atmosphärisch dichten und die Charaktere herausarbeitenden Zeichnungen den Leser in die Zeit des dreißigjährigen Krieges. Da der Rezensent einige der Handlungsorte aus persönlicher Erfahrung sehr gut kennt, ist anzumerken, dass hier historische Genauigkeit bei der Darstellung (der Gewänder, Uniformen und Handlungsorte, nicht unbedingt der Geschichte) möglichst gewahrt worden ist. Dadurch wirkt der ganze Band sehr authentisch und vermag den Leser, der sich für historische Stoffe interessiert, wirklich zu fesseln.

 

Zum Layout ist abschließend anzumerken, dass neben den – vergleichsweise sparsam eingesetzten - Sprechblasen sehr viel Begleittext in die Zeichnungen integriert werden musste, so dass teilweise Zeichnungen wie abgeschnitten wirken. Dort, wo dies mit Textfeldern von vornherein vorgesehen war, stört dies nicht wirklich, Es hat jedoch den Anschein, dass gelegentlich Text nachträglich hinzugetuscht worden ist. Dieser vergleichsweise geringe Makel ist jedoch das einzige, was es an der Gestaltung dieses Bandes nach Auffassung des Rezensenten auszusetzen gibt. Davon abgesehen merkt man zwar deutlich, dass die Geschichte schon ein paar Jahre auf den Buckel hat, und die Art, Geschichten in Comics zu erzählen, sich zwischenzeitlich etwas gewandelt hat. Unter Berücksichtigung des Themas macht das jedoch gerade den besonderen Charme aus, so dass ich für die Gestaltung annähernd die Höchstnote geben würde und bei sehr guten 4,7 Punkten lande.

 

Inhalt

Es ist die Zeit des dreißigjährigen Krieges im Werratal. Es wird die Geschichte erzählt von Thomas, Sohn eines Landadeligen, der bei der Brandschatzung seines Heimathofes durch einen versprengten Haufen Landsknechte gefangen genommen. Der Feldwaibel des Fähnleins requiriert Thomas als Leibburschen und fortan muss Thomas die Trommel schlagen, allen voran in die Schlacht ziehend. Unter Generalleutnant Tilly dienend, fällt den Oberen bald auf, dass der Junge voller List und Tücke steckt. Tilly selbst gewährt daraufhin Thomas den Wunsch, eine eigene Rotte zu führen und nur Tillys Kommando direkt unterstellt zu sein.

 

Als Freischärler im Dienst der Katholischen Liga operieren Thomas und seine „Trommler“ daraufhin als Spezialeinheit zwischen allen Fronten. Die kleine, international besetzte und aus Spezialisten bestehende Truppe macht sich mehr und mehr einen Namen, während um sie herum die Wirren und die Schrecken des Krieges von allen Seiten über sie hereinbrechen. Ursus, der französische Riese, Feldwaibel Geronimus aus Böhmen, der seine Familie verlor und in Thomas einen Ersatzsohn sieht, Dschingis, der reitende Bogenschütze aus dem Osten und Jago, der spanische Messerwerfer, bleiben nicht nur farblose Protagonisten am Rande, sondern erhalten allesamt ihre eigene Hintergrundgeschichte.

 

 

Nach und nach erarbeiten sich die Trommler inmitten der Kriegswirren einen legendären Ruf und der Kreis Thomas scheint sich zu schließen, als er nach einigen Jahren mit dem Troß in das Werratal zurückkehrt. Am Gründonnerstag, den 6. April 1637 kommen die Trommler in das von den Kroaten besetzte Eschwege an der Werra. Es droht großes Unheil, wenn die Forderungen der Besatzer nicht erfüllt werden und das Ultimatum läuft gnadenlos ab… wie sich die Trommler weiter schlagen, sollte dem geneigten Leser an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden.

 

Die Geschichte der Trommler ist vielseitig, rau, roh und ungeschönt. Immer wieder wird der historische Kontext herausgearbeitet und in Fußnoten und Textfeldern Erläuterungen zum Geschehen gegeben. Auch wenn die Geschichte nicht vor überraschenden Wendungen strotzt, sondern ziemlich geradlinig ist, ist sie doch solide erzählt und vor allem das Ergebnis einer herausragenden Recherche. Auch wenn Kampfgeschehen und vor allem Kriegslisten die Geschichte dominieren, so erweist sich der Band dennoch als so vielseitig, dass man gespannt, Seite um Seite um Seite liest, ohne wirklich das Buch aus der Hand legen zu können.

 

Leider merkt man der Geschichte etwas zu sehr an, dass sie ursprünglich in Fortsetzungen eines Comicmagazins erschienen ist. Das dadurch etwas episodenhaft springende Geschehen und die teilweise etwas plumpen Kriegslisten der Trommler schmälern daher –allerdings nur unwesentlich - das Lesevergnügen. Insgesamt ist aber auch hier eine Wertung oberhalb von 4 Punkten anzusetzen, so dass ich hierbei 4,2 Punkte für durchaus angemessen erachte.

 

Extras

Das Buch wird durch zahlreiche Extras enorm aufgewertet, die den historischen Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges relativ detailliert erläutern und somit das Gelesene in einen Kontext einordnen.

Es gibt ein Vorwort des Historiker Dr. Karl Kollmann, und unter den Berichten über den Krieg finden sich jeweils bis zu 4 Seiten Extra-Material über: Feuerwaffen, eine Chronik, das Leben und die Gräuel der Zivilbevölkerung, die Gerichtsbarkeit gegen Landsknechte und Söldner, das Tagebuch des Peter Hagendorf, das Leben der Landsknechte im Lager und im Felde, Belagerung und Verwüstung einer Stadt und vom Sterben nach der Schlacht.

Es folgt ein umfangreiches Nachwort des Autors Peter Wiechmann, dessen Kindheit in Eschwege den Stoff für diese Serie lieferte. Auch ein Nachwort des Zeichner Josep Gual und ein Nachruf auf den verstorbenen Zeichner Juan Sarompas runden das Ganze ab.

Der Rezensent hatte zudem die Möglichkeit, an einem Extra teilzunehmen, dass dem Käufer des Buches leider verwehrt bleiben wird. Bei der Präsentation des Bandes im Landgrafenschloss in Eschwege konnte ich einem hervorragenden Vortrag des Autors über die Hintergründe des „Thomas“ lauschen, eingebettet in ein historisch ansprechendes Event, komplett mit Trommlern, Originalzeichungen, historischen Ausführungen und vielem mehr. Auch einige kurze Worte konnten mit dem Autor gewechselt werden, wofür ich an dieser Stelle danken möchte.

 

Soclhe Extras habe ich –abgesehen von den Watchmen - noch in keiner Gesamtausgabe eines Comics erleben können. Diese Hintergrund-Infos sind es gerade, die einem das Eintauchen in die Geschichte noch spannender macht, und die einen viel länger mit den Augen auf den Zeichnungen verweilen lässt, um vielleicht noch das ein oder andere Detail auszumachen. Für diese Extras gebe ich sehr gute 4,8 Punkte

 

Fazit:

Der Band weiß zu überzeugen, zu unterhalten und zu bilden. Die Zeichnungen sind detailliert, die Geschichte gut und die Extras herausragend. Die Gräuel des Krieges werden nicht ausgeblendet, sondern durchaus dargestellt, ohne jedoch die Gewalt zu sehr in den Vordergrund dringen zu lassen oder grafisch unnötige Details zu zeigen. Bei Alledem kommt jedoch sehr gut die Sinnlosigkeit dieses lang anhaltenden Konfliktes und das Leid, das dieser Konflikt mit sich brachte, zum Ausdruck. Zusammen mit einer in den Kriegswirren herumstreifenden „Heldentruppe“ bietet dieser Band sicherlich auch für Rollenspieler manche Idee, die man am heimischen Spieltisch trefflich nutzen kann. Jedem , der sich auch nur entfernt für den dreißigjährigen Krieg, Fechtkunst, historische Stoffe und flotte Geschichten interessiert, sei der Kauf wärmstens empfohlen. Dass ein Großteil des Buches zudem in einer der reizvollsten Landschaften (ganz zu schweigen in einer der schönsten Städte) Deutschlands spielt, habe ich jedoch bewusst nicht in die Wertung einfließen lassen…

 

Spaß beiseite: „Thomas der Trommler“ ist ein toller Band, dessen Erwerb sicherlich nicht bereut werden dürfte, auch wenn er vom Look her etwas veraltet daher kommt, und man sich in den Erzählstil erst etwas „einlesen“ muss.

 

Nach Verrechnung der oben benannten Einzelnoten erhält Thomas der Trommler wirklich sehr gute und verdiente 4,6 Punkte.