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Das Cover des vorliegenden Comics wird von einem gelben Sticker geziert, der darauf hinweist, dass dieser Comic, die Geschichte zum gleichnamigen Film aus dem Jahre 2008 mit Angelina Jolie geliefert hat. Natürlich ist das ein nicht zu verachtendes Werbemittel, auch wenn die Ähnlichkeiten von Comic und Film doch sehr weit auseinandergehen. Zwar basiert der Film tatsächlich grob auf dem Comic von Mark Millar, aber grob ist auch genau der passende Ausdruck, denn die Ähnlichkeiten sind bei näherer Betrachtung wirklich nur grob.
Inhalt:Wesley Gibson sitzt in seiner Box in einem Großraumbüro und denkt, er wäre genau wie alle anderen. Als er jedoch erfährt, das er der Sohn des „Killers“ ist, einem hochrangigen Mitglied der Bruderschaft der Superschurken, verändert das sein Leben schlagartig. Die Bruderschaft ist eine, im Geheimen operierende kriminelle Organisation, die 1986 die Weltmacht an sich gerissen und die Realität verändert hat, nachdem sie alle Superhelden von der Erde getilgt haben. Nach dem gewaltsamen Tod seines Vaters wird Wesley in die Bruderschaft aufgenommen und erkennt, dass er dieselben übernatürlichen Fähigkeiten, wie sein Vater hat. Ihm wird Fox zur Seite gestellt, eine schöne und forsche Schurkin, die Wesley in jeder Hinsicht unter ihre Fittische nimmt und ihm zeigt, was er nun alles kann und darf. Nämlich alles. So wird Wesley zum neuen „Killer“ ausgebildet und bald sieht er die Welt mit ganz anderen Augen. Eine Welt in der die Superhelden tot sind und keiner den Menschen wirklich hilft. Wesley genießt sein neues Leben als Superschurke in vollen Zügen, versucht aber auch, den Mord an seinem Vater aufzuklären. Das führt natürlich zu Problemen und bald schon befindet er sich mitten in einem haushohen Komplott innerhalb der Bruderschaft, das von dem radikalen Mister Rictus inszeniert wurde…
Schreibstil & Artwork:Mark Millar ist für zahlreiche hoch anspruchsvolle Comicgeschichten bekannt. Er schrieb für Authority und für Superman, aber auch für die Ultimate-Reihe von Marvel. „Wanted“ jedoch gehört zu seinen eigenen Serie, die Millarworld genannt wird und bei verschiedenen Verlagen erschienen ist. Millar erzählt eine sehr extravagante und abgefahrene Geschichte, die unheimlich dicht und spannend ist und das von der ersten bis zur letzten Seite. Natürlich ist die Idee von einem Loser, der plötzlich zu einem echten Gewinner wird, nicht wirklich neu, aber Millar gibt der Sache hier eine ganz neue Nuance, denn er rückt die Superschurken mit seiner Geschichte in ein ganz neues, wenn auch blutiges, Licht. Das macht er so geschickt, das man dabei nicht drum herum kommt, die Protagonisten ins Herz zu schließen, zumindest die „gute“ Seite der Bruderschaft, die aus Wesley, Fox und auch dem Professor besteht. Natürlich sind aber auch diese echt miese Zeitgenossen, die ohne mit der Wimper zu zucken über Leichen gehen und das auch tun. Warum? Weil sie es ungestraft können, denn sie stehen unter dem Schutz der Bruderschaft und die darf einfach alles. Dabei sind übrigens alle Protagonisten Parodien von mehr oder weniger bekannten Superhelden und Superschurken aus anderen Comicreihen - zumeist aus DC Comics. So ist Professor Seltzer beispielsweise eine Parodie auf Lex Luthor aus Superman und Mr. Rictus ein Pendant des psychopathischen Jokers aus Batman. Millars Story ist blutig, brutal, chaotisch, sexistisch und ein einziges Schlachtfeld, aber die Sache hat auch einen tiefen Sinn, der sich im Hintergrund entfaltet und deutlich spürbare Kritik an Gesellschaft und Moral übt. Der Autor lässt das aber geschickt im Hintergrund mit fließen und drängt sich damit nicht störend in den Vordergrund. Er inszeniert seine Erzählung mit wortgewandten und anspruchsvollen Dialogen und lebendig wirkenden Charakteren, allerdings auch nicht ohne eine gehörige Portion Humor. So heißt beispielsweise einer der übelsten Schurke Shit-Head und in diesem Fall ist der Name wirklich Programm… was damit gemeint ist, solltet ihr aber besser selbst heraus finden.
Gezeichnet wurde „Wanted“ von J.G. Jones und die Artworks sind absolut umwerfend. Jones Stil ist ein klassischer Superhelden-Comic Stil, der nahezu perfekt wirkt und sich nirgends wirklich die Blöße gibt. Der Künstler zeigt eine enorm hohe Detailfülle, während seine Artworks mit klar definierten Konturen glänzen. Der Zeichner scheint ein Gespür für die richtigen Posen zu haben, denn Mimik und Gestik der Personen sehen gut aus und wirken zumeist realistisch. Die einzelnen Sequenzen wirken dabei sehr dynamisch und actionlastig, was durch die anspruchsvoll angeordneten Panels unterstützt wird. Diese gibt es in allen Formen und Größen und mal sind sie geradlinig angeordnet, mal überlappen sie sich, um für Auflockerung zu sorgen. Das Ganze wird von einer farbenfrohen und kräftigen Kolorierung farblich abgerundet, die die gesamte Optik ins rechte Bild rückt. „Wanted“ zeigt zweifellos echte State-of-the-Art Illustrationen, die nicht nur für sich absolut top aussehen, sondern auch sehr gut zur Geschichte passen und das liegt nicht allein daran, das sie ebenso blutig und brutal sind, wie der Autor es von der Geschichte her vorgibt.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungMit fast 200 Seiten ist das Softcover sehr üppig und umfangreich und ein Großteil des Bandes wird von der Story eingenommen, die sehr gut übersetzt wirkt, denn die Texte lesen sich durchgehend flüssig. Dabei hat der Übersetzer keine Hand vor den Mund genommen und den Comic scheinbar genauso hart übersetzt, wie er im amerikanischen präsentiert wurde. Fäkalsprache inklusive und diese ist teilweise schon wirklich derb. Aber das passt eben auch zum Setting. Abgerundet wird der Comic mit einigen tollen Extras. Zunächst gibt es zu jedem der Protagonisten ein Dossier in dem dieser kurz vorgestellt wird - inklusive Zeichnung (hier ganz grandios: „Fox“ gezeichnet von Marc Silvestri). Danach gibt es einige üppige und umfassende Covergalerie, die erst die normalen Cover, später dann die Variant- und Spezialcover (Todestrakt-Edition) der Reihe zeigt. Abgeschlossen wird das Ganze mit ein paar schicken Skizzen und Deleted Scenes. Toll.
Fazit:„Wanted“ ist die grobe Vorlage für den gleichnamigen Film mit Angelina Jolie, der 2008 in den Kinos lief. Aber eigentlich haben beide Medien nicht wirklich viel miteinander zu tun, teilen sie doch nur ein gewisses Maß an Grundstory. Der Comic ist schlichtweg grandios und überzeugt auf ganzer Linie. Die Story ist nicht nur spannend und spritzig, sondern gleichsam voll von Gewalt, Blut und Sex. Das Ganze wird mit überraschenden Wendungen und anspruchsvollen Elementen und einer extravaganten Sichtweise präsentiert, die ihres gleichen sucht. Hier sind die Superschurken die „Helden“, aber sie sind mitnichten nett. Davon abgesehen teilen Autor und Zeichner auch Unmengen an Seitenhiebe auf die bekannten Superhelden und auch auf die (amerikanische“ Gesellschaft, Wirtschaft und Politik aus. Optisch wird das Ganze hervorragend mit tollen Illustrationen in Szene gesetzt. „Wanted“ ist ein cineastischer Comic, der explosive Action und anspruchsvolle Dialoge zum Besten gibt. Dabei sind Vergleiche mit „Watchmen“ nicht von der Hand zu weisen, nur dreht „Wanted“ die Sache komplett um und zeigt keine abgewrackten ehemaligen Superhelden, sondern eben saucoole Superschurken, die machen was sie wollen. Bad Boys wie sie im Buche stehen und mal ehrlich, wer von uns hat sich nicht schon mal vorgestellt, der Fiesling in einem Film oder Buch zu sein? Wer also abgedrehte Comics mit durch geknallten, aber tiefgründigen Stories mag und nicht vor viel Blut und Gewalt zurückschreckt, der sollte hier zugreifen. „Wanted“ gehört meiner Meinung nach zu besten Comics der letzten Zeit und überflügelt seinen Hollywood-Ableger um Meilen. Aber „Wanted“ ist auch nichts für schwache Nerven. Erste Sahne!
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