Links zur Rezension Vorbemerkung:Nach dem schlechten Abschneiden des Star Trek Kinofilms „Nemesis“ war schnell klar, dass, obgleich viele (auch durch den Film aufgeworfene) Fragen offen geblieben waren, das Ende der „Next Generation“ erreicht war. Sollte nicht noch ein Wunder geschehen, würde es wohl keine neuen Abenteuer in Serien- oder Filmform geben. Jenes angesprochene Wunder schließt jedoch ausdrücklich nicht J.J. Abrahms Neuinterpretation des Star Trek Universums mit ein und ist bis heute leider ausgeblieben. Dennoch regte sich Interesse beim amerikanischen Verlag Pocket Books, die „Next Generation“ weiter zu führen. Man hatte sich dort in Absprache mit den Star Trek-Rechteinhabern bereits entschlossen, die Lücke, die zwischen den letzten beiden Star Trek Kinofilmen mit der Besatzung um Picard und Co. („Der Erste Kontakt“ und „Nemesis“) entstanden war, mit einer mehrbändigen Romanreihe zu füllen, in deren Verlauf die Ereignisse geschildert wurden, die zu den Begebenheiten an Bord der Enterprise in Star Trek „Nemesis“ hin führten. Genauso wie auch die anderen Star Trek TV-Serien im Programm von Pocket Books einen sog. „Relaunch“, also einen Neustart in Buchform, hinlegten, sollten die Abenteuer der zum Teil neu zusammengesetzten Crew der U.S.S. Enterprise-E weiter erzählt werden. Der erste Roman dieses „Relaunches“ spielt zeitlich kurz nach den Ereignissen von „Nemesis“ und trägt den Titel „Tod im Winter“.
Der Autor, der Inhalt und der ganze Rest„Tod im Winter“ stammt aus der Feder des etablierten Star Trek Autoren Michael Jan Friedman. Friedman hat über die letzten Jahre unter anderem einige „Next Generation“ Romane vorgelegt, in deren Handlung er sich intensiv mit der Vorgeschichte Captain Picards, gerade auch während der Zeit seines früheren Kommandos der U.S.S. Stargazer, beschäftigte. Viele der bereits von Friedman in den 1990ern eingeführten Figuren tauchten immer wieder in seinen späteren Romanen auf. Dies ist bei „Tod im Winter“ nicht anders.
Als auf Kevratas, einer öden und eisigen Welt jenseits der romulanischen Neutralen Zone, eine Seuche ausbricht, entschließt sich Dr. Beverly Crusher zur Teilnahme an einem verdeckten Hilfseinsatz. Dr. Crusher, die natürlich als größte Expertin der Sternenflotte für die Seuche gilt, hat nach den Ereignissen des Films „Nemesis“ einmal mehr ihre Stellung als Chefärztin an Bord der Enterprise aufgegeben. Picard überwacht die Reparaturmaßnahmen an Bord der Enterprise, als ihn die Nachricht erreicht, dass Beverly Crusher auf Kevratas verschwunden sei und für tot gehalten wird. Die Sternenflotte kommt zu dem Entschluss, dass es niemand anderes als Jean-Luc Picard vermag, dem Doktor nach Kevratas zu folgen und ihr Verschwinden zu untersuchen. Doch da schon die von Crusher geleitete Hilfsaktion keine offizielle Sternenflotten-Mission war, braucht Picard ein Schiff, was nicht der Sternenflotte zuzuordnen ist, sowie fachliche und medizinische Unterstützung. Denn wenn es Dr. Crusher vor ihrem Verschwinden nicht gelungen sein sollte, ein Heilmittel zu finden, droht nach wie vor Millionen Bewohnern des Planeten der Tod...
Um diese beiden Anforderungen zu bewältigen, greift Friedman in die Trickkiste seiner eigenen Geschichten und zaubert zwei alte Weggefährten Picards, aus gemeinsamen Tagen auf der Stargazer, aus dem Hut: Pug Joseph, mittlerweile Eigner eines kleinen Frachtschiffes, sowie den wegen Mordversuchs inhaftierten Doktor Carter Greyhorse. Zu dritt brechen die Retter auf ins Ungewisse...
Im Rahmen der Handlung verwebt Friedman gekonnt Elemente aus der TV-Serie bzw. den Filmen der „Next Generation“-Reihe mit von ihm selber in früheren Romanen eingeführten Umständen und Personen. Dabei erzählt er routiniert seine Geschichte. Friedman gelingt es hin und wieder ordentlich Spannung und auch richtige Star Trek Atmosphäre zu erzeugen, aber leider schwingt sich sein Roman nie zu Höhen auf, wie es manche (seiner) Star Trek Romane vor diesem schafften. Dennoch bietet das Buch gerade „Next Generation“ Fans solide und absolut zufrieden stellende Unterhaltung.
Die Handlung wechselt kontinuierlich zwischen verschiedenen Strängen (dem Dr. Crusher-Strang, dem Picard und Co. Strang, dem Strang, der die Bemühungen von LaForge und Worf auf der Enterprise im Trockendock schildert, etc.) hin und her. Das Buch startet sogar mit einem Rückblick auf eine Begegnung in der Vergangenheit, bei der Picard, Beverly Crusher und ein romulanischer Agent namens Manathas sich schon einmal begegneten. Während der Erzählung wird schnell deutlich, wie zu Hause sich Friedman im Star Trek Universum fühlt. Seine Figuren agieren glaubhaft und wiedererkennbar, auch wenn man sich an ein paar neue Gesichter und neue Rollenverteilungen, gerade auch was die Verteilung der Positionen auf der Enterprise angeht, erst gewöhnen muss. So ist Worf mittlerweile der Erste Offizier auf Picards Enterprise, da Commander Riker ja während „Nemesis“ endlich seine Beförderung in den Kapitäns-Rang akzeptiert hat und mit seiner Frau Deanna Troi und einem eigenen Schiff (im Rahmen einer eigenen Buchserie) neuen Abenteuern entgegen fliegt.
Als Hauptwidersacher treten in „Tod im Winter“ die Romulaner auf. Dabei wird die romulanische „Seele“ von verschiedenen Seiten beleuchtet, was an der unterschiedlichen Ausrichtung der beiden Hauptprotagonisten auf romulanischer Seite, dem alternden Agenten Manathas und Commander Sela, einer alten Bekannten von Picard und Co., liegen dürfte.
Gleichzeitig gibt es Einschübe, die dem großen Gesamtbild Vorschub leisten, welches die Autoren bei Pocket Books für die zukünftigen Star Trek Romane entwerfen. Diese Entwicklungen sind gerade auch mit Bezug auf die Zukunft des Romulanischen Imperiums alarmierend. Was die weitere politische Entwicklung des Romulanischen Imperiums angeht, wird ein großes Bild über mehrere Romane (und ganze Roman-Reihen) hinweg zusammengesetzt. Grundlegende Entwicklungen werden dann aber erst in den ersten beiden Bänden der neuen Star Trek – Titan Reihe geschildert.
In „Tod im Winter“ stehen für diese romulanisch-politischen Momente vor allem die Figur der Praetorin Tal’Aura und die ihres Berater Tomalak. Es halten sich auch in diesem Bereich also neu eingeführte Personen (Tal’Aura) und etablierte Figuren (Tomalak) die Waage.
Die Entwicklung des romulanischen Reiches nach „Nemesis“ gefällt mir persönlich gar nicht, da sich das Verhalten der Romulaner für mein Dafürhalten nicht mit dem aus den Serien etablierten Mustern vereinbaren lässt. Aber das ist letztlich Geschmacksache.
Neben den Motiven der Seuche, der Rollenfindung auf der Enterprise und der Entwicklung des Romulanischen Imperiums steht im Zentrum der Handlung von „Tod im Winter“ vor allem die im Rahmen der TV-Serie stets aufs Neue aufgeworfene und dabei stets unbeantwortet gebliebene Frage, wie Picard und Dr. Crusher denn nun genau zueinander stehen. Die Klärung dieser Frage wird quasi als Sprungbrett in die neuen Abenteuer benutzt. Und am Ende des Romans haben sich die Dinge dann derartig verändert, dass ein Weg zurück in gewohnte „Next Generation“-Umstände nicht mehr möglich erscheint...
Das Buch:Das Buch selber kommt mit einem anderen Cover als die US-Originalausgabe auf den Markt. Das neue, deutsche Titelbild zeigt, wie das Originalcover übrigens auch, die Gesichter von Dr. Beverly Crusher und Captain Jean-Luc Picard. Die neue Zeichnung stammt vom Stuttgarter Comiczeichner Martin Frei und ist in meinen Augen sehr gut gelungen. Er trifft die Gesichtszüge der beiden Figuren sehr gut und auch die Farbwahl und Komposition des Bildes erzeugen eine zum Buch passende Atmosphäre.
Zur Qualität der Verarbeitung des Buches gilt das, was ich immer wieder gesagt habe: Bei Cross Cult Romanen ist alles in bester Ordnung. Gutes Druckbild, gutes Papier und stabile Bindung. So soll es sein. Einzig der Preis von 12,80 € ist für meinen Geschmack etwas zu hoch. Das mag aber daran liegen, dass ich mich noch sehr gut daran erinnern kann, für den Großteil meiner Star Trek Roman-Sammlung Preise zwischen 8,90 DM bis 14,90 DM für extrem dicke Schmöker bezahlt zu haben.
Der Roman „Tod im Winter“ umfasst 296 Seiten. Das Buch enthält aber noch einige Seiten mehr Inhalt. Diese werden von Julian Wangler mit einigen Ausführungen zum Hintergrund der Neustart-Geschichte (und der beteiligten Figuren) gefüllt.
Ein wenige Seiten langer Teaser, also ein Appetitmacher aus dem ersten Buch des Star Trek „Deep Space Nine“ Relaunches (mit dem Titel „Die Offenbarung“), rundet das Buch ab.
Die Übersetzung hat wieder Stephanie Pannen angefertigt, die auch im Rahmen der Star Trek – Titan Reihe für das stetig wachsende Star Trek Programm des Cross Cult Verlags gearbeitet hat.
Das Fazit:„Tod im Winter“ ist ein Buch, welches den Übergang einer der beliebtesten TV- und Film-Serien der 90er Jahre in die pure Buchform meistern muss. Mit Michael Jan Friedman konnte ein stilsicherer Autor gewonnen werden, der mit seiner Geschichte den Boden für einen richtigen Neustart der „Next Generation“-Serie in Buchform bereitete. „Tod im Winter“ ist gut geschrieben und erzählt eine typische Star Trek Geschichte, wenngleich neuerer Gangart. Neben der eigentlichen Liebesgeschichte zwischen Dr. Crusher und Picard, stehen die Neuverteilung der Rollen auf der Enterprise und im Romulanischen Imperium nach den einschneidenden Ereignissen des Kinofilms „Nemesis“ im Zentrum der Handlung des Buches. Dabei vermögen die Charakterentwicklungen mehr zu überzeugen als die politischen, wenngleich dies dem Autoren nur bedingt zu zurechnen ist, da der grobe Handlungsbogen sicherlich von den Planern bei Pocket Books vorgegeben worden ist. „Tod im Winter“ ist ein gut geschriebenes und notwendiges Übergangsbuch und ist für jeden Fan der „Next Generation“-Serie sehr gut lesbar und sogar absolute Pflichtlektüre, wenn man den Aufbruch zu neuen Abenteuern im Star Trek Universum nicht verpassen möchte.
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