Links zur Rezension Inhalt:Der Comic beginnt zunächst mit einem Rückblick von Stanton, der seine Gedanken zurück zur Expedition in den Himalaya und der Entdeckung der mysteriösen Krypta kreisen lässt. Der Leser erfährt hierbei ein Stück mehr über die wissenschaftliche Arbeit von Stanton, der fünfzehn Jahre seines Lebens an der Seite von Professor Kendal gearbeitet hat. Kendal selbst war mit dunklen und verschrobenen Forschungen beschäftigt, die beweisen sollten, dass die Welt, in der die Menschen leben, nicht mehr als ein Staubkorn im Herzen unberechenbarer Kräfte sei.
Stanton selbst befindet sich nach wie vor in einem postapokalyptischen New York und lässt hier in den Überresten eines halb verfallenen Kaufhauses seinen Gedanken über die eigene Vergangenheit freien Lauf. Versunken in Selbstgespräche wandert er durch die seltsam zerstörte und halb überwucherte Landschaft und die Reste einer vernichteten Zivilisation, um in den Überresten einer Tankstelle auf eine Tageszeitung zu stoßen, die am 06.07.2006 gedruckt wurde – doch der heutige Tag ist genau der 06.07.2006! Stanton beginnt die Zeitung zu lesen und erfährt etliche bizarre Dinge über eine Welle grausamer Morde, die das Land heimsucht und für die niemand eine Erklärung hat. Doch ihm bleibt keine Zeit, sich lange über diese Berichte Gedanken zu machen, da er von einem gehörnten, klauenbewehrten Ungetüm mit übermenschlichen Körper angegriffen wird. In seiner Panik flieht Stanton aus der Tankstelle, um festzustellen, dass sich eine Gruppe anderer menschlich aussehender Gestalten im Freien befindet, die unvermittelt den Kampf mit der Kreatur aufnehmen. Hierbei begegnet er auch Athenais, bei der es sich scheinbar um die Anführerin dieser Gruppe handelt. Der Kampf scheint für die Gruppe aussichtslos zu sein und so macht sich die Gruppe auf die Flucht – in einer großen Explosion verliert Stanton sein Bewusstsein und kommt erst wieder an Bord eines Luftschiffes zu sich.
Er befindet sich an Bord der „Arca“ und scheinbar hält man ihn für einen Propheten, da man sein Erscheinen bereits erwartet hat. Der Kapitän des Schiffes erklärt ihm, man befinde sich nach wie vor in New York – allerdings 30 Jahre nach dem Fall, der die gesamte Welt ins Chaos gestürzt hat. Stanton besäße allerdings ein ganz besonderes „Talent“, da er der einzige Mensch sei, der über eine Art Verbindung verfüge, die ihn über die Zeit und alle Dimensionen mit dem geheimnisvollen Kalayeni Kansa miteinander verknüpfe. Doch der Kapitän und Anführer liegt im Sterben und bittet Stanton der Mannschaft zu verkünden, er sei der Prophet, der sie retten wird. Doch weder Stanton selbst noch die Mannschaft der „Arc“ glauben an diese Worte und so unternimmt er nichts dergleichen, um sie überzeugen. Jedoch wird Stanton von seiner eigenen Erinnerung in Bruchstücken wieder eingeholt, und so erinnert er sich an ein Videoband, das er kurz vor den Geschehnissen erhalten hat.
Das Schiff reist weiter in Richtung des Verstecks der letzten Menschen, doch hier erwartet die Besatzung eine böse Überraschung, da ein Titan ihr Hauptquartier zerstört hat. Die Auswirkungen dieses Angriffes bringen die „Arc“ zum kentern und die Überlebenden des Absturzes werden somit unversehens zu den letzten Überlebenden ihrer Rasse und sehen keine Hoffnung mehr. In seiner eigenen Verzweiflung entblößt Stanton seine Brust und zeigt den staunenden Anwesenden die Tätowierung, die er seit seiner „Ankunft“ in der bizarren Welt auf seiner Brust trägt und die ihn als Propheten ausweist. Er verkündet den Mitgliedern der „Arc“, er wolle nunmehr ihr Prophet sein und ihre Suche nach Kalayeni Kansa anführen. Doch nur drei der mutierten Menschen vertrauen ihm und folgen Stanton zurück nach New York, wo alles begonnen hat. Stanton weiß um sein waghalsiges Spiel, ist er doch bei weitem nicht davon überzeugt, der Prophet zu sein. Doch vielleicht bringt das alte Videoband in New York sie weiter...
Schreibstil & Artwork:Mathieu Lauffray wurde am 17.02.1970 in Paris geboren und studierte fünf Jahre an der „École nationale supérieure des arts décoratifs“ (ENSAD) in Paris. In dieser Zeit lernte er auch Denis Bajram und Contremarche kennen, wobei er mit Contremarche 1995 den Comic „Le Serment de l'Ambre“ (Delcourt) schuf. Seine professionelle Karriere als Zeichner begann er als Illustrator für die Verlage „2 Coqs d'Or“ und „Hachette“. Er arbeitete aber auch im Filmbereich und veröffentlichte eine ganze Reihe von Coverillustrationen für die „Star Wars“-Reihe des amerikanischen Verlages „Dark Horse“. Zudem arbeitete er als Kolorist bei der Serie „Das dritte Testament“ von Alex Alice und Xavier Dorison mit. Veröffentlichungen in Magazinen wie „Casus Belli“ und „Player One“ folgten, wobei Lauffray sich nebenbei auch im Bereich der PC-Games ziemlich umtriebig zeigte und an Spielen wie „Khaos“ oder „Alone in the Dark IV“ mitarbeitete. Gänzlich zurück in den Bereich der Comics kam er wieder im Jahr 2000, als er mit dem Szenaristen Xavier Dorison die Reihe „Prophet“ für den Verlag „Les Humanoïdes Associés“ schuf. Die Filmrechte an dem Comic hat sich zwischenzeitlich bereits die renommierte Produktionsfirma „Atlantic Streamline“ des deutschen Unternehmers Marco Weber gesichert, der 1993 in Kalifornien seine Karriere als Filmproduzent in den USA begann.
Der zweite Band ist nunmehr das alleinige Werk von Mathieu Lauffray, nachdem Xavier Dorison als Szenarist nach dem ersten Band „ausgestiegen“ ist. Dennoch steht nicht zu Unrecht im Einband der Hinweis „Nach einer Idee von Xavier Dorison und Mathieu Lauffray“. Doch auch ohne die direkte Mitwirkung von Dorison entwickelt sich die apokalyptische Geschichte um Stanton durchaus „positiv“ weiter, wenn auch anders als geahnt. Machte der erste Band noch durch dezente Hinweise auf den Cthulhu-Mythos auf sich aufmerksam und ließ Anleihen bei H.P. Lovecraft oder auch Robert E. Howard erkennen, so verlässt Lauffray im zweiten Band zunächst diesen Pfad und widmet sich einer postapokalyptischen Welt, die von gigantischen Dämonen, mutierten Wesenheiten und einer geradezu messianischen Heilsbotschaft durchdrungen ist, um gegen Schluss des zweiten Bandes ein Stück wieder diesen roten Faden aufzunehmen.
Das Artwork von Lauffray weiß dabei durchaus zu überzeugen und vermittelt, nicht zuletzt auch durch die gelungene Kolorierung, eine düstere und beklemmende Atmosphäre, während der Leser gebannt den Protagonisten durch diese Welt begleitet. Dabei sind die Zeichnungen – insbesondere der Figuren – fast schon klassisch franko-belgischer Comic-Stil, der nicht unbedingt mit gewagten Experimenten aufwartet. In den großformatigen Panels zeigt Lauffray sein sicheres Gespür für das Arrangement von Bildern, bei denen er zeigt, wie verloren Stanton inmitten riesiger skurriler Landschaften steht. Dabei tragen die Bilder von Lauffray zum Teil geradezu surrealistische Züge, die in ihrer Gestaltung oftmals unwirklich und fast schon einem Alptraum entsprungen ähneln. Die menschliche Logik von Stanton, wird angesichts dieser Phantastik und absurd anmutenden Gegenden immer wieder auf eine harte Probe gestellt.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungDer niederländische Arboris-Verlag hatte bereits in den Jahren 2004 bzw. 2006 die ersten beiden Bände der Serie „Prophet“ veröffentlicht, die Reihe aber unvollendet gelassen, da finanzielle Erwägungen den Arboris Verlag dazu zwangen, sein deutschsprachiges Verlagsprogramm stark zu reduzieren und die Reihe „Prophet“ diesen Einsparungen zum Opfer fiel. Der Splitter-Verlag hat sich nunmehr der Reihe angenommen und bringt alle vier Teile in der gewohnt soliden Hardcover-Qualität heraus. Somit dürfte es wie so oft an dieser Stelle von meiner Seite aus keine Kritik geben – ganz im Gegenteil. Der Text der vorliegenden Ausgabe wurde von Delia Wüllner-Schulz komplett neu übersetzt und das ebenfalls neue Lettering besorgte Dirk Schulz. Gab es im ersten Band der Reihe noch einiges an Bonusmaterial für den Leser – wie etwa Kommentare vom Autor und Zeichner Mathieu Lauffray und einige interessante Zeichnungen aus den Storyboards, verzichtet der zweite Band bedauerlicherweise auf solche Extras. Wer als Leser seine Freude an dieser Serie hat, kann seine Bände allerdings in einem eigens vom Splitter-Verlag für diese Serie konzipierten Schuber als Blickfang in sein Regal stellen.
Fazit:Lauffray schrieb selbst, „Prophet“ sei für ihn die Geschichte der Selbsterfahrung eines einsamen Mannes, der mit den furchtbaren Folgen seines Hochmutes, seiner Unbeholfenheit und seiner Weigerung, jegliche Verantwortung auf sich zu nehmen, konfrontiert wird. Dies stellt er im vorliegenden zweiten Band direkt in den ersten Panels dar – der Schrei von Jack Stanton, der laut brüllt, er habe immer nur „Sex, Weiber, Ruhm und Geld“ in seinem Leben gewollt und der sich nunmehr mit schrecklichen und unvorstellbaren Wahrheiten konfrontiert sieht. In dieser phantastischen Welt muss Stanton um das Überleben der Welt und den letzten Resten der Menschheit kämpfen – ein überaus seltsamer Kampf, dem Lauffray allerdings nunmehr etwas mehr an Hintergrund und Tiefgang gibt. Insbesondere die letzten Seiten des Bandes verraten viel über Geschehnisse, die Stanton unbeabsichtigt ins Rollen gebracht hat, aber auch, wie es mit seiner eigenen Befindlichkeit aussieht. Für mich persönlich ein thematisch bislang nicht ganz zu Ende gedachtes Szenario, wobei Lauffray den Leser allerdings auch nur spärlich über einige Hintergründe in Kenntnis setzt. Es bleibt abzuwarten, ob dieser zweite Band noch eine Steigerung erfahren kann, oder ob es eine „Selbstsuche“ für den Protagonisten Stanton vor einem bizarr-melancholischen Hintergrund wird.
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