Links zur Rezension InhaltWie immer versuche ich mit möglichst wenig Spoilern auszukommen und mich eher an der Analyse der Figuren und des Aufbaus zu versuchen, anstatt zu viel auf der eigentlichen Geschichte herumzureiten. Einzig worum es sich beim „God Catcher“ handelt, möchte ich aufklären, da er eigentlich keine Rolle spielt, außer einen bunten Hintergrund für einige Szenen abzugeben. Was also ist ein GC? Eine riesige Fliegenklatsche? Ein besonders wirksamer Netz-Zauber? Weit gefehlt! Der GC ist eine metallene Riesenstatue, die einst für kurze Zeit zum Leben erwachte und durch einen cleveren Fels-zu-Schlamm-Zauberspruch in den Untergrund einsackte und später erstarrte. Am heutigen Tag ist es eine Mittelklasse-Wohnsiedlung, in der Tennora Hedare, frisch entlassene Magie-Schülerin aus gutem Hause, ein kleines Appartement bewohnt. Als Magierin scheint sie nicht besonders zu taugen, aber das Erbe ihrer Mutter, eine Holzkiste mit Lederrüstung, Dolch, Dietrich-Set und mysteriösem Ring, scheint die Tür zu einer zweiten Karriere weit aufzustoßen.
Ihr größter Fehler besteht darin, einer wildfremden Frau helfen zu wollen, die von sich behauptet ein Drache zu sein, der von der Spellplague in die Form einer Frau gezwungen wurde.
Weitere „merkwürdige Gestalten“ sind Master Halnian, ein „drogen“-süchtiger Meistermagier, Vernon, der halborkische Kopfgeldjäger, der völlig untypisch aus einem Liebesverhältnis entstand, Aundra Blacklock, die fliegende Besitzerin des God Catcher, Ferremo Magli, ein typischer „Mann fürs Grobe“ und sein Brötchengeber Dariun, der ebenfalls mehr zu sein scheint, als er auf den ersten Blick hermacht.
Dazu kommen eine bis dato unerkannte „verdeckte Herrscherin“ von Waterdeep und ihr kleiner Sohn, die beide ebenso wie alle vorher genannten Personen eine gewichtige Rolle in einer Art Gesellschaftsspiel für Drachen spielen, eigentlich eine Unmöglichkeit in Zeiten, in denen der „Dragonward“ es Drachen eigentlich unmöglich macht, die Stadt zu betreten, geschweige denn, dort zu überleben.
Hört sich alles interessant an und das ist es definitiv auch. Ich habe nur etwas das Problem, dass die Stimmung, die den Roman durchzieht, eher „Planescape in schlecht“ als „Forgotten Realms in abgefahren“ gleicht. Das ist mehr so ein Eindruck, der sich immer mehr in meinem Kleinhirn breit machte und den ich nicht genau belegen kann, vermutlich sind es schon vordergründig die Figuren, die wie aus Sigil ausgeschnitten und in Waterdeep eingeklebt zu sein scheinen. Tut mir wirklich leid, wenn ich es nicht konkreter fassen kann – vielleicht macht euch ja gerade dieser Punkt neugierig den Roman zu lesen und mir zu Hilfe zu eilen… Fazit:Aus Lehrer- und FR-Fan-der-ersten-Stunde-Sicht irgendwie: „Thema verfehlt – 6!“, weil das definitiv nicht mehr die Forgotten Realms sind, in denen ich jahrelang gespielt habe, aber dennoch irgendwie sehr unterhaltsam. Evans führt viele interessante Figuren ein, von denen man glatt noch mehr lesen möchte, sie kann also nicht alles falsch gemacht haben. Wie immer sollte der geneigte Rezensionsleser bei seinem eigenen Urteil in Betracht ziehen, dass ich eine wohl recht eigenwillige Perspektive auf viele Vorgänge der Rollenspielwelt einnehme, aber ich denke mal, dass man recht gut herausfiltern kann, wo ich meine eigene Meinung ins Spiel bringe und wo ich tatsächlich objektiv den Finger in Wunden lege.
Kurzfazit: Ein kurzweilig zu lesendes Buch, das – wie Ed Greenwood im Vorwort verspricht – völlig eigene (und interessante) Akzente setzt und einem Waterdeep aus einer völlig anderen Sichtweise heraus präsentiert. Wer auf Intrigen und ungewöhnliche Figuren steht, wird glänzend bedient. Will man die City of Splendors in all ihrer Pracht sehen oder sich durch die tiefsten Dungeons Undermountains pflügen, sollte man besser die Hände von dem Roman lassen. Es kommt immer auf die Erwartungshaltung an. |
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