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Preacher 7 - Einsam sind die Tapferen
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 10.07.2010
Autor:Garth Ennis (Autor) und Steve Dillon (Zeichner)
Übersetzer:Fred Fliege & The Wild Bunch
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Preacher
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-920-5
Inhalt:272 Seiten, Hardcover
Preis:29,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Der texanische Prediger Jesse Custer verschmilzt durch einige überaus dumme Zufälle mit einer spirituellen Macht namens Genesis, die ihm besondere Kräfte und allumfassendes Wissen beschert. Mit diesen Fähigkeiten ausgestattet, macht sich Custer auf die Suche nach Gott, der scheinbar seine Schöpfung im Stich gelassen hat und auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist, um diesem hierfür „kräftig in den Arsch zu treten“. Auf seiner recht absonderlichen und oftmals auch gewalttätigen Odyssee wird er von der schießfreudigen Tulip sowie dem versoffenen irischen Vampir Cassidy begleitet.

 

Nach dem Kampf gegen Starr und den Heiligen der Killer im Monument Valley wurden die Wege von Preacher, Tulip und Cassidy getrennt. Glücklicherweise wurde der Preacher nach den überaus turbulenten Ereignissen gegen Schluss des letzten Bandes von einem verrückten Einsiedler in der Wüste gefunden, der ihn wieder auf die Beine brachte, so das er sich wieder auf die Suche nach seinen Freunden machen konnte. Doch das Wiedersehen entwickelt sich als andere als erfreulich. Als der Preacher die beiden nach etlichen Wochen endlich findet, muss er von weitem mit ansehen, wie Cassidy und Tulip sich küssen. Das ist zuviel für den Preacher, der sich ohne ein weiteres Wort zu verlieren in seinen Wagen setzt und ziellos umher fährt, bis es ihn in die texanische Kleinstadt namens Salvation verschlägt.

 

Es dauert nicht lange, bis der Custer sich mit einigen Fabrikarbeitern anlegt und dabei später durch Zufall eine alte Bekannte wieder trifft: Lorie, die Schwester seines Jugendfreundes Billy-Bob. Gemeinsam mit Jodie, einer raubeinigen und abgeklärten Frau wohnt sie zusammen in einem Haus in Salvation. Sie kümmert sich um Lorie und führt nebenbei die einzige Kneipe von ganz Salvation, wo sich jeden Abend immer wieder die gleichen Leute einfinden. Auch der Sheriff ist auf Custer aufmerksam geworden, insbesondere die Art und Weise wie er es verstanden hat, mit den Fabrikarbeitern umzugehen und diese in ihre Schranken zu weisen. Er bietet ihm einen Job als Deputy an, doch Custer schlägt dieses Angebot ab – wenn überhaupt, dann will er selbst Sheriff in dieser Stadt sein.

 

Custer tritt seinen neuen Job am nächsten Tag an und trifft auf Cindy, seinen Deputy. Aber auch Odin Quincannon erscheint im Büro von Custer, um sich dem neuen Sheriff vorzustellen. Ihm gehört die örtliche Fleischfabrik außerhalb der Stadt und seine Männer sind regelmäßige Kunden in Salvation. Falls Custer soll darüber hinweg sehen, wenn seine Männer in der Stadt etwas über die Strenge schlagen, Odin würde sich dann überaus großzügig zeigen. Für Custer sind die Aussagen des schmierigen und widerlichen Odin zu viel und kurzerhand schmeißt er ihn aus dem Fenster seines Büros. Im weiteren Handgemenge mit dem Bodyguard von Odin macht er Bekanntschaft mit Miss Oatlash, der sadistisch und faschistisch veranlagten Anwältin von Quincannon und so hat sich Custer innerhalb kürzester Zeit einen der einflussreichsten Männer der Stadt zum Feind gemacht.

 

Hinter der rauen Fassade von Jodie, deren linker Arm von einem Alligator in einem Sumpf abgebissen wurde, verbirgt sich noch weit aus mehr, als Custer auf den ersten Blick meint – bei Jodie handelt es sich um niemand anderen als um seine verloren geglaubte Mutter. Es ist ein seltsames Wiedersehen nach so vielen Jahren und Custer erzählt ihr, wie es ihm in der Zwischenzeit ergangen ist. Zudem kann Custer sie beruhigen, da er alle Peiniger seiner Mutter getötet hat.

 

Quincannon sinnt derweil auf Rache und schickt sich an, Custer aus dem Weg zu räumen. Der erste Versuch, Custer mit einer Autobombe zu töten scheitert und so gibt es für Odin schneller ein Wiedersehen mit Custer als diesem Recht ist. Erneut kommt es zu einer Schlägerei zwischen Custer und Odins Männern, aber Custer kann letztlich mit einem Scheck für ein neues Auto das Fabrikgelände verlassen. Allerdings ist Odin noch lange nicht mit seinen Möglichkeiten am Ende.

 

Während sich Custer auch mit den kleinen alltäglichen Sorgen seines Jobs und streitsüchtigen Nachbarn herumschlagen muss, treffen Vertreter des Ku-Klux-Klan in Salvation ein, die ein für alle mal Custer ausschalten sollen. Doch mit Unterstützung von Cindy kommt Custer auch mit dem rassistischen Abschaum des Ku-Klux-Klan zurecht und verfrachtet diese, nachdem er sie überwältigt hat, kurzerhand in den Stadtteil John´s Hollow, der überwiegend von Farbigen bewohnt wird.

 

Zwischenzeitlich hat sich Gunther mit Jodie angefreundet, dem auch Custer recht positiv gegenüber steht. Doch schon hier beschleicht Custer ein ziemlich mieses Gefühl, bei dem er sich später nicht täuschen soll. Aber dies ist nicht die einzige Überraschung für Custer der sich sowohl dem perversen Quincannon stellen muss, als auch den sexuellen Praktiken von Miss Oatlash um am Ende sogar noch die Wahrheit über Gunther ans Tageslicht zu bringen. Zu guter letzt ist Custer wieder da angekommen, wo er eigentlich hin unterwegs war: Auf der Suche nach Gott. Zum Glück hat er noch Peyotl übrig und er begibt sich auf einen ziemlich seltsamen und ereignisreichen Trip, der ihn in seine Vergangenheit zieht und ein seltsames Gespräch mit sich bringt. Doch hierzu sei an dieser Stelle nichts verraten – das sollte man sich nicht entgehen lassen!

 

 

Schreibstil & Artwork:

Der Nordire Garth Ennis wurde am 16.01.1970 in Hollywood geboren. Eigentlich wollte er studieren, doch nach nur 3 Monaten warf er alles hin und begann, mit dem festen Vorsatz Comic-Autor zu werden, 1989 seine Karriere mit der Serie „Troubled Souls“, die von McCrea gezeichnet wurde und in der kurzlebigen Anthologien-Reihe „Crisis“ erschien und sogar eine Fortsetzung erhielt. Eine weitere Serie für „Crisis“ sollte folgen: „True Faith“, eine Satire auf Religion, die allerdings durch Proteste religiöser Verbände recht schnell wieder eingestellt wurde.

 

Seit 1991 verfasste er, neben einigen kürzeren Erzählungen, einige Episoden für die US-amerikanischen Comic-Serie „Hellblazer" und erhielt letztlich sogar seine eigene Serie: „Hitman". Regelmäßig arbeitet er mit den Zeichnern Steve Dillon, Glen Fabry und John McCrea zusammen. Als Comic-Autor erlangte er aber vor allem durch seine DC-Vertigo Comic-Serie „Preacher" großen Bekanntheitsgrad.

 

Gemeinsam mit Steve Dillon, den er während der Arbeit an „Hellblazer“ kennen und schätzen lernte, schufen sie gemeinsam die Serie „Preacher“. Diese Reihe brachte es beim DC Label Vertigo auf 66 Ausgaben und erzählt die Geschichte eines desillusionierten Predigers Jesse Custer mit übernatürlichen Kräften, der auf der Suche nach Gott ist, der seine Schöpfung im Stich gelassen hat.

 

Zum Grundton von „Preacher“ gehört ein ätzend-böser schwarzer Humor, den Ennis seit Beginn der Reihe pflegt, und auch der Einsatz von exzessiver Gewalt als Stilmittel, wobei der Autor keinen Halt vor Minderheiten, Blasphemie und anderen, zum Teil abgrundtief kranken Einfällen macht. Auch wenn diese seltsame oftmals wüste und brutale Suche nach Gott in diesem Band eine gewisse Auszeit hat und Jesse in der verschlafenen aber dennoch moralisch recht verkommenen Kleinstadt ein Stück weit zur Ruhe kommt, dauert es allerdings nicht sonderlich lange, bis der Prediger als neu ernannter Sheriff zur vollen Größe auflaufen kann und die vermeintlich amerikanische Idylle einer Kleinstadt als große Lüge aufdeckt.

 

Der Zeichner Steve Dillon, geboren 1962, hatte mit Garth Ennis bereits im britischen Comic-Bereich zusammengearbeitet, bevor dieser ihn für „Preacher" engagierte. Zum Verlauf der Geschichte soll Ennis nur eine Forderung an Dillon gestellt haben: „Überrasch mich!"

Auf den ersten Blick wirken die Zeichnungen von Dillon recht unscheinbar und wenig spektakulär – vielmehr hat man sogar manchmal den Eindruck, als seien einige Bilder geradezu eilig geschaffen worden, um die Deadline zu schaffen. Doch gerade dieser Stil macht ein großes Stück der Atmosphäre von „Preacher“ aus, da er den rotzigen Grundton der Charaktere eigentlich hervorragend unterstreicht.

 

Die Aufteilung der Panels ist insgesamt recht klassisch und so gibt es nur wenige Bildfolgen in unterschiedlichen Formaten, wechselnde Umrandungen oder großflächige Bildkompositionen, in denen die einzelnen Panels ineinander übergehen – obwohl für die Geschichte für Experimente sich hervorragend anbietet. Von ihrem Einfallsreichtum (und der Gestaltung) dürften die Zeichnungen von Dillon weder etwas für schwache Gemüter oder friedliebende Zeitgenossen sein, da mit zahllosen und zum Teil schonungslosen Details die gewalttätigen, düsteren Ideen des Autors in Szene gesetzt werden. Die derbe Wortwahl, die nur bei Auseinandersetzungen, sondern oft auch bei „normalen“ Dialogen vorherrscht, ist zwar manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, doch wirkt sie in ihrer Art nie aufgesetzt, sondern lässt die Figuren authentisch erscheinen und macht einen hohen Reiz dieser Reihe aus.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Mit „Einsam sind die Tapferen“ legt Panini Comics nunmehr den 7 Band der auf neun Bände angelegten Gesamtedition der Preacher-Reihe vor, wobei der vorliegende Sammelband die Hefte 41 bis 50 beinhaltet. In Sachen Qualität kann auch dieser schwere Hardcover-Band mit seinen 276 Seiten auf jeden Fall wieder überzeugen. Man erhält nicht nur die Einzelhefte in gebundener Form, sondern auch die Nachdrucke der Cover der Einzelausgaben (die man fast schon als Gemälde bezeichnen müsste) nebst einigen Entwurfszeichnungen des famosen Glenn Fabry, die ebenfalls Einzug in den Sammelband hielten, nebst entsprechenden Kommentierungen zu den Ausführungen und Änderungen zum endgültigen Layout. Als Extra gibt es den Nachdruck der „Preacher-Pin-ups“ der Ausgabe 50, bei der unter anderem Jim Lee, Fabry, Tim Bradstreet, John McCrea, Doug Mahnke mitgewirkt haben.

 

Etwas störend, aber sicherlich nicht zu vermeiden, ist die Fadenheftung, die es manchmal etwas schwierig macht, auch Textpassagen, die nah am Innenrand liegen zu lesen, ohne den Band dafür gehörig aufzuknicken. Das ist allerdings bei gebundenen Sammelbänden keine Neuheit und auch hier zu verschmerzen. Die Übersetzung der Texte stammt von Fred Fliege & The Wild Bunch, die es auch weiterhin schaffen, den oftmals nicht ganz einfachen „Umgangston“ der Akteure ins Deutsche zu Übersetzen. An dieser Stelle sei auch das Lettering von Alessandro Benedetti lobend erwähnt, da sowohl die Optik als auch der Lesefluss einfach passt!

 

Fazit

Die „Preacher“-Reihe dürfte sicherlich alle Vorurteile bestätigen, die von konservativer Seite in den 90ern modernen Comics entgegengebracht werden: Sie seien primitiv, brutal, zynisch und verderben die Jugend bis auf die Knochen. Und dennoch möchte ich an dieser Stelle lieber die New York Daily News zitieren, die es meines Erachtens nach sehr gut auf den Punkt gebracht hat: „Preacher gibt einem den Glauben an gute Comics zurück“.

 

Nach dem ziemlich drastischen Finale des 6 Bandes liefern Ennis und Dillon in Band 7 eine etwas ruhigere Geschichte um den charismatischen Prediger, der nunmehr ohne seine übliche Begleitung unterwegs ist. Zwar gibt es auch in diesem Band wieder allerhand plakative Boshaftigkeiten, Gewalt und eine manchmal recht derbe Ausdrucksweise, aber es scheint so, als wolle man dem Prediger eine kleine Auszeit bei seiner Suche nach Gott geben. Die Ernennung von Jesse zum Sheriff einer texanischen Kleinstadt dürfte hierbei der ideale Kunstgriff gewesen sein, zumal es ohnehin die Absicht von Ennis gewesen war mit der Preacher-Reihe einen modernen Western zu erschaffen und er sich mit der Kleinstadt Salvation (hier dürfte alleine der Name schon Programm sein!) endlich das passende Umfeld geschaffen hat.

 

Und so gibt es trotz der kurzfristig unterbrochenen Suche nach Gott eine mehr als unterhaltsame Geschichte, die mit ihren Dialogen, bizarren Gegnern, dem Ku-Klux-Clan und einigen anderen interessanten Begegnungen und Handlungssträngen den Leser in seinen Bann zieht. Wenn es dann zum Schluss auch noch die Geschichte über die Erlebnisse von Jesses Vater im Vietnamkrieg gibt, so dürfte dies zumindest für einen gestandenen Amerikaner einiges sein, worüber man ziemlich lange nachdenken könnte. Mit diesem Band beweisen Ennis und Dillon nicht zu Unrecht, warum die Reihe „Preacher“ in den 90er Jahren Kultstatus erlangt hat, der nach wie vor gilt und schwierig zu übertreffen ist. Ein Lesevergnügen mit viel schwarzem Humor und einer überzeugenden Geschichte.