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Comanche 5 - Das Tal ohne Licht
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 07.08.2010
Autor:Greg (Szenario) und Hermann (Zeichnungen)
Übersetzer:Marcus Schweizer
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Western
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-056-9
Inhalt:64 Seiten, Hardcover mit Spotlack
Preis:15,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Nachdem Red Dust den berüchtigten Russel Dobbs in Laramie erschossen hat, wird er verhaftet und von einem Gericht zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt. Red Dust hat Glück, das er in den Geschworenen einige Fürsprecher für das Ende von Dobbs gefunden hatte, ansonsten wäre seine Strafe sicherlich höher ausgefallen. Dank seiner Freunde – und nicht zuletzt auch dem Einfluss von Comanche – kann Red Dust das Zuchthaus bereits nach 20 Monaten verlassen und macht sich mit der Eisenbahn zurück auf den Weg zur Triple-Six-Ranch.

 

Der Empfang durch Ten Gallons und Clem an der mittlerweile eigenen Station der Triple-Six-Ranch ist herzlich, wird allerdings durch das Erscheinen von Davis, einem Mitarbeiter des Sheriffs überschattet. Zu den Bewährungsauflagen von Red Dust gehört es, sich zweimal in der Woche beim Sheriff in der Stadt zu melden, keine Waffen zu tragen, Alkohol zu trinken oder dem Glückspiel nachzugehen. Dust kennt diese Regeln und erträgt sie zähneknirschend – die 20 Monate im Zuchthaus haben ihn verändert und fast scheint er wie ein gebrochener Mann.

 

Auf der Ranch hat sich zwischenzeitlich einiges getan: Die Viehzucht läuft gut und man beschäftigt rund 50 Cowboys. In seiner Abwesenheit hat Toby die Arbeit eines Vormannes übernommen – ehemals der Job von Red Dust. Doch der macht keinerlei Anstalten diesen wieder für sich einzunehmen. Egal ob auf der Ranch oder in der Stadt, überall wird Red Dust belächelt, da scheinbar jeder um seine Auflagen Bescheid weiß. Als er gemeinsam mit Comanche in die Stadt fährt, da diese einige Besorgungen zu erledigen hat, entgeht er nur knapp einem betrunkenen Cowboy im Saloon „Velvet Spur“, als er der Comtesse einen Besuch abstatten will. In letzter Sekunde kann Sheriff Wallace eingreifen und schießt dem Betrunkenen seinen Colt aus der Hand.

 

Aber neues Unheil zeichnet sich ab. Als wären die Dobbs vor fast zwei Jahren nicht schlimm genug gewesen, so treibt Shotgun Marlowe mit seinen Männern sein Unwesen in der Gegend von Greenstone Falls und hat als deutliches Zeichen seines Erscheinens die Postkutsche von Wells Fargo überfallen und die beiden Kutscher erschossen. Red Dust und Comanche finden den Wagen, als sie abends von der Greenstone Falls zurück zur Triple-Six sind. Während sich Toby umgehend auf den Weg in die Stadt macht, um den Sheriff zu alarmieren, will Red Dust nichts von der Sache wissen. Seine Erfahrung mit Russ Dobbs hat ihn viel gekostet und ihm steht nicht der Sinn wieder ins Zuchthaus zu kommen, weil er gegen seine Auflagen verstoßen hat.

 

Der Sheriff nimmt die Warnung mit der überfallenen Kutsche sehr ernst, ist doch Shotgun Marlowe das Oberhaupt einer Band von rund zwanzig skrupellosen Killern, die wie Heuschrecken über kleinere Siedlungen herfallen, alles niederschießen, Banken und Geschäfte plündern. Doch Rettung dürfte nur schwerlich zu erreichen sein, da Marlowe die Telegrafenleitung gekappt hat und Greenstone Falls im Zweifel nunmehr gänzlich auf sich alleine gestellt ist.

 

Am nächsten Tag erscheint Sheriff Wallace auf der Triple-Six. Gerade rechtzeitig, als Red Dust in seiner Wut mit seinem Revolver versucht einen alten Eimer zu treffen. Wallace nimmt Red Dust mit sich in die Stadt und während der Strecke haben sie genug Zeit um miteinander zu reden. Wallace will ihn überzeugen ihm zu helfen die Stadt geben Marlowes Männer zu verteidigen und macht den sprachlosen Red Dust kurzerhand zu seinem Deputy. Der karrieresüchtige Davis ist darüber nicht sonderlich erfreut und würde Red Dust am liebsten als Boten zum nächsten Fort schicken, damit man die Armee alarmieren kann. Aber dafür ist es zu spät – es hilft nur noch die Zufahrtswege zur Stadt zu blockieren und mit den wenigen Freiwilligen das Schicksal gemeinsam in die Hand zu nehmen.

 

Ausgerechnet mit Davis nimmt Red Dust am Ende der Stadt seine Position ein und es soll nicht lange dauern, bis die Schergen von Marlowe durch den Regen angeritten kommen um Tod und Verderben in die Stadt zu bringen. Für Red Dust ist die Zeit des Zögerns vorbei und er entschließt sich einzugreifen. Davis wird bereits bei der ersten Angriffswelle schwer verletzt und Marlowes Männer schaffen es, den Sheriff in ihre Gewalt zu bringen.

 

Es ist ein sehr ungleicher Kampf der zwischen Red Dust und Shotgun Marlowe entsteht und der sich schon bald zu ungunsten von Red Dust wendet. Er sitzt in einer Scheune fest, während die Marlowes Männer ihre Chance wittern und diese in Brand stecken wollen...

 

Schreibstil & Artwork:

Michel Régnier, besser bekannt unter seinem Pseudonym „Greg“, wurde am 5. Mai 1931 in Ixelles, einem Vorort von Brüssel geboren und zählt mit über 250 veröffentlichten Alben in gänzlich unterschiedlichen Genres unbestritten zu den ganz großen und enorm produktiven Autoren der franko-belgischen Comic-Szene.

 

Bereits im Alter von 16 Jahren veröffentlichte er 1947 im belgischen Magazin „Vers l'Avenir“ seinen ersten selbst gezeichneten Comic: „Nestor et Boniface“. Der Erfolg als Szenarist sollte Régnier allerdings in seiner Arbeit bestätigen und so begann er bereits recht früh als Texter für andere Zeichner zu arbeiten. So arbeitete er zwischen 1960 bis 1966 für die von André Franquin gezeichnete Serie „Spirou und Fantasio“ und verfasste auf Bitten Hergés ein Szenario für „Tim und Struppi“, das bedauerlicherweise jedoch nie als Album realisiert wurde.

 

Seine voll kreativste Schaffensphase hatte Régnier in der Zeit zwischen 1965 bis 1974, in der er als Chefredakteur des Magazins „Tintin“ arbeitete. Mit damals zum Teil noch jungen und recht unbekannten Zeichnern schuf er eine ganze Reihe von Veröffentlichungen, die sich später zu Klassikern des franko-belgischen Comics entwickeln sollten: Ab 1966 schrieb er für Hermann „Andy Morgan“, ab 1967 für Paape „Luc Orient“, ab 1968 für Vance „Bruno Brazil“ und ab 1970 - ebenfalls für Hermann – „Comanche“. Großen Bekanntheitsgrad erreichten diese Serien dann aber auch in Deutschland durch ihre Veröffentlichung in dem seit Anfang der 70er Jahre erschienen Comic-Magazin ZACK.

 

Bis zu seinem Tod im Jahr 1999 schrieb Régnier insgesamt vierzehn große Abenteuer für „Comanche“ sowie einige Kurzgeschichten für diese Serie. Als sein langjähriger Zeichner Hermann nach dem zehnten Abenteuer ausstieg, übernahm Michel Rouge 1990 dessen Nachfolge. Bei seinem Tod im Oktober 1999, hinterließ er ein 19 Seiten umfassendes unvollendetes Szenario für ein fünfzehntes Abenteuer von „Comanche“: „Red Dust Express“. Dieses wurde im Auftrag des Verlagshauses Dargaud von Rodolphe und Michel Rouge beendet.

 

Regnier war einer der wenigen herausragenden Autoren, der sowohl in dem Genre „Humor“ als auch „Abenteuer“ durch geniale Szenarien überzeugen konnte. Doch Regnier zeigte noch viele weitere Talente: So agierte er als Roman- und Drehbuchautor, und wirkte für das Comic-Magazin „Tintin“ und das Verlagshaus Dargaud in führender Position, für das er auch viele Jahre in den USA verbrachte. Michel Regnier starb am 29.10.1999

 

Hermann wurde 1938 in Bévercé in der Nähe von Lüttich in Belgien geboren. Nach einem Studium in Möbeldesign arbeitete er zunächst als Innenarchitekt, entdeckte jedoch bald seine Liebe zu Comics und arbeitete ab 1964 unter anderem für die Magazine „Spirou“ und „Tintin“, wobei er für das Magazin „Spirou“ seinen ersten eigenen Comic schrieb und zeichnete.

Greg erkannte sein Talent und bat ihn, weiterhin als Comiczeichner zu arbeiten. 1966 begann er mit Greg als Texter mit der Serie „Andy Morgan“, die in der Zeitschrift „Tintin“ erschien. 1969 kam als weitere Serie „Comanche“ hinzu.

1977 begann er eigene Geschichten zu schreiben und realisierte die sehr erfolgreiche Serie „Jeremiah“, die er für den deutschen Herausgeber Koralle erfand und die bis heute erscheint. 1983 kam die im Mittelalter spielende Serie „Die Türme von Bos-Maury“ hinzu.

Neben den Serien entstanden viele Einzelbände, so auch der mittlerweile verfilmte Band „Lune de Guerre“ (Die Bluthochzeit).

 

Als einer der wohl bekanntesten und renommiertesten Zeichner besitzt Hermann die wunderbare (und zugleich wohl auch wundersame) Gabe sich selbst immer wieder zu übertreffen und neu zu erfinden: Egal ob es sich um Menschen, Tiere oder die Darstellung von Technik handelt – er schafft es sowohl die Dynamik als auch zahllose Details in sauberer Perfektion zu einem absolut harmonischen Bild zu vereinen. Meines Erachtens nach dringt hier immer wieder ein Stück weit der Innenarchitekt durch, der deutlich Proportionen, Bildfolgen und Farben zu einem in sich schlüssigen Gesamtwerk zusammensetzt. Dabei ist Hermann noch nicht einmal unbedingt ein Schmeichler, betrachtet man sich seine manchmal fast schon „kratzig“ erscheinenden Figuren im Comic „Comanche“.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

In Sachen Qualität steht auch dieser 5. Band der Reihe seinen Vorgängern in nichts nach: Die 64 Seiten umfassende, gebundene Hardcover-Ausgabe ist solide verarbeitet, das Druckbild frischer denn je und auch der Einband mit seinem dezenten Spotlack-Cover dürfte jeden Käufer (und auch Sammler) erfreuen. Wie in den vorhergehenden Ausgaben gibt es als Beilage das Titel-Cover als herausnehmbaren Kunstdruck, der dem Einband beigelegt ist.

In dem sehr informativen und lesenswerten Nachwort von Volker Hamann gibt es eine ganze Reihe von seltenen Abbildungen aus älteren Magazinen und auch Zeichnungen, so wie die Kurzgeschichte „Palomino“, in der Ten Gallons erzählt, wie er einst das prachtvolle spätere Pferd von Red Dust fangen konnte. Die gelungene neue Übersetzung stammt wiederum von Marcus Schweizer.

 

Erneut dürfte es für Fans von „Comanche“ eine kleine Sensation geben, da diese Ausgabe mit der vollständigen und ungekürzten Fassung der ursprünglich unter dem Titel „Revolverwölfe“ im Zack-Magazin, welches 1976 erschien, aufwarten kann. So dürfte man als Sammler oder einfach nur als Liebhaber „klischeebehafteter Western-Geschichten“, vollends zufrieden sein, da man mit dem vorliegenden Band eine tadellose Ausgabe in Händen halten, die den Namen „Collectors Edition“ verdient.

 

Fazit:

Ein Stück muss ich mich in dieser Rezension wiederholen, da auch mit dem 5. Band der Reihe einem deutschen Verlag nach nunmehr fast 30 Jahren es endlich gelungen ist, eine komplette und glänzend editierte Ursprungsfassung von „Das Tal ohne Licht“ zu veröffentlichen. Sicherlich mag es in den siebziger Jahren ein Zugeständnis an die jugendliche Leserschaft in Deutschland gewesen, der für damalige Verhältnisse brutalen Darstellungsweise in einem Comic Einhalt zu gebieten, doch damit ging auch ein echtes Meisterstück aus der Feder von Greg und Hermann verloren.

 

Beherrschendes Thema in diesem Band sind erneut die zahlreichen Zeichen der Moderne, die dem ehemals „Wilden Westen“ langsam aber sicher ein Ende bereiten: Waren es bereits in den letzten Bänden das Erscheinen der Eisenbahn, so folgen nunmehr Recht und Gesetz nach Greenstone Falls, das nicht länger nur aus einer Ansiedlung von Holzhäusern besteht sondern mittlerweile zu Recht behaupten kann, eine Kleinstadt geworden zu sein, in welcher der Gebrauch von Waffen verpönt ist. Ausgerechnet hier taucht ein nach zwanzig Monaten Zuchthaus gebrochener Red Dust auf, der seinen Glauben an eine gerechte Welt verloren hat, um dann von einem Sheriff wieder daran erinnert zu werden, wofür es sich lohnt zu kämpfen. Das mag sich zwar pathetisch anhören, ist aber von Greg mit überzeugenden Dialogen in Szene gesetzt.

 

Die fortgeschrittene Verfeinerung des Pinselstrichs von Hermann sorgt dafür, das dieser Comic eine wahres Schmuckstück ist: Wie kaum zuvor in den Bänden gelingt es Hermann eine Dynamik aufzubauen, wie man sie nur selten erlebt. Jede Bewegung scheint zu stimmen und der große Showdown im strömenden Regen am Schluss des Bandes dürfte mit seinem Realismus auch heute noch seines gleichen suchen. Hinzu kommen hervorragend gewählte Perspektiven und einige – für damalige Verhältnisse – recht mutige Neuerungen im Aufbau der Panels.

 

Ein echtes Meisterwerk wurde hier vom Splitter Verlag wieder ans Tageslicht gebracht und diesen „vergessenen“ Band in seiner vollständigen Ursprungsfassung zu lesen war für mich ein Vergnügen ganz besonderer Art. Zudem gibt es noch den vollständigen Abdruck der Kurzgeschichte „Palomino“, die dem interessierten Leser etwas mehr über die Herkunft des Pferdes von Red Dust geben kann. Wer die etwas antiquierten Geschichten aus dem Wilden Westen mit ihren nicht immer eindeutigen Bösewichten und Helden mag, dürfte hier mit Sicherheit gut aufgehoben sein. Für mich besitzt diese Reihe ohnehin einen großen Charme, da ich die Geschichten zum Teil noch aus meiner Kindheit kenne und ich den Eindruck habe, das sie wirklich etwas zeitloses besitzen. Absolute Kaufempfehlung – nicht nur für Sammler!