Links zur Rezension Im Jahre 1826 erstmals veröffentlicht, gehört der Roman „Der letzte Mohikaner“ des amerikanischen Schriftstellers James Fenimore Cooper sicherlich zu den größten und bekanntesten historischen Romanen in der Geschichte der Literatur, der sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem Klassiker der Weltliteratur entwickelt, dem man zu Unrecht das Etikett eines Kinder- und Jugendbuches anhaftet.
InhaltDie Adirondack Mountains im Norden des heutigen Bundesstaats New York. Im Sommer des Jahres 1757 soll der Major Duncan Heyward, ein junger Offizier der englischen Armee, die beiden Töchter Alice und Cora zu ihrem Vater, dem Oberst Munro nach Fort William Henry bringen.
Unter der Führung des indianischen Kundschafters Magua macht sich der Tross auf die gefährliche Reise durch das von Franzosen und Engländern umkämpfte Gebiet. Glücklicherweise trifft Heyward auf dem Weg durch das unwegsame Gelände auf den Waldläufer Falkenauge, der gemeinsam mit seinen beiden indianischen Freunden Chingachgook und Unkas in dem Gebiet unterwegs ist und wird von Lederstrumpf gewarnt, das es sich bei Magua um ein Stammesmitglied der Huronen handelt, die mit den Franzosen verbündet sind. Allen Anschein nach will man den Tross von Heyward und seinen Begleitern in einen Hinterhalt locken. Es kommt und zu einer Schießerei und Magua gelingt die Flucht aus dem Lager der Engländer. Falkenauge erklärt sich dazu bereit Heyward bis zum Fort zu führen, doch rasch müssen sie feststellen von den Huronen verfolgt zu werden. An einem Wasserfall kommt es zu einem erbitterten Kampf zwischen den Soldaten und den Huronen, doch schafft man es das Fort zu erreichen.
Doch Fort William Henry ist zwischenzeitlich von allen Seiten durch französische Truppen unter Befehl des Kommandeurs de Montcalm eingeschlossen worden. Zwar wehren sich die englischen Truppen, doch sind sie zahlenmäßig unterlegen und so wird eine Kapitulation unausweichlich. Die Franzosen gewähren Kommandant Munro freien Abzug, der diesen dafür im Gegenzug Fort William Henry überlässt. Die verbündeten Huronen sehen sich an diese Abmachung allerdings nicht gebunden und so sieht Magua seine Stunde gekommen um Rache zu nehmen. Auf ihrem Marsch werden die Engländer von den indianischen Verbündeten der Franzosen angegriffen und es kommt zu einem schrecklichen Kampf, der zahlreiche Tote fordert und die Töchter Munros zu Gefangenen der Huronen macht. Doch Magua hat sich mit seinem Plan verschätzt, da Falkenauge, Chingachgook, Unkas, Oberst Munro und Heyward sich anschicken Magua und seine Männer zu verfolgen, um die beiden Frauen zu befreien.
Schreibstil & Artwork:James Cooper - den Namen Fenimore nahm er erst im Jahre 1826 von seiner Mutter an - wird am 15. September 1789 in Burlington im Staat New Jersey geboren. Sein Vater, ein wohlhabender Richter, hatte einige Jahre zuvor die Pionierkolonie Cooperstown am Lake Otsego gegründet, wohin die Familie ein Jahr nach der Geburt von James übersiedelt. James ist das elfte von insgesamt zwölf Kindern. Mit elf Jahren bekommt er in Albany seinen ersten Unterricht von einem Pfarrer und studiert zwei Jahre später am College in Yale. Bereits 1805 geht er als Schiffsjunge zur Marine und bereist auf dem Segelschiff „Sterling" Europa. Sechs Jahre bleibt er der Marine treu, wird Kadett und verbringt seine Dienstzeit auf den großen nördlichen Seen Amerikas, insbesondere dem Ontariosee.
1811 heiratete er, gab seine Marinelaufbahn auf und zog sich auf seine Güter in Cooperstown zurück. Ein bloßer Zufall machte ihn zum Schriftsteller, als er 1819 einen englischen Gesellschaftsroman las und meinte, er selbst könne besseres zu Papier bringen. Er wurde aufgefordert, sein Wort einzulösen, und das Resultat war seine erste Novelle: „Vorsicht" (Precaution), die im Herbst 1820 erschien, der aber kein großer Erfolg beschieden war, zumal die Geschichte in der Englischen Upper-Class angesiedelt war und somit einer Cooper gänzlich fremden Welt. Für seinen nächsten Roman wählte er einen ihm besser vertrauten Stoff und so dreht sich die Geschichte in dem 1821 erschienen Roman „The Spy“ (Der Spion) um einen Spitzel, der im Dienste von Washington, die Stützpunkte der Engländer auskundschaften soll.
Der Roman war nicht nur in den Vereinigten Staaten ein großer Erfolg, sondern auch in England und Frankreich. Ab 1823 folgten die fünf Lederstrumpfromane: „Pioniere" (The Pioneers, 1823), „Der letzte Mohikaner" (The Last of the Mohicans, 1826), „Die Prärie (The Prairie, 1827), „Der Pfadfinder“ (The Pathfinder, 1840) und „Der Wildtöter" (The Deerslayer, 1841). Doch nicht nur durch seine Romane, sondern auch durch seine Reiseberichte und Erzählungen erlangt einen hohen Bekanntheitsgrad.
Neben einer mehrjährigen Europareise unternimmt Cooper 1848 eine Studienreise in den Mittelwesten, ansonsten aber verlässt er Cooperstown kaum noch. James Fenimore Cooper verstarb am 14. September 1851 und mit einer der wichtigsten Autoren der amerikanischen Literatur seiner Zeit.
Wie bereits ausgeführt, spielt der Roman von Cooper in einer Zeit, als die Vereinigten Staaten in ihrer jetzigen Form noch nicht existierten, sondern in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als sich England und Frankreich auf nordamerikanischem Boden blutige Kolonialkriege lieferten. Und so nimmt sich Cooper dieses Themas an, in dem er das historisch verbürgte Massaker an der britischen Garnison von Fort William Henry im Jahr 1757 unter dem Kommandanten Oberstleutnant George Munro als Ausgangspunkt nimmt, während die restlichen Figuren, wie beispielsweise Falkenauge und dessen indianische Freunde oder aber auch einige anderen Protagonisten (darunter auch die Töchter Cora und Alice) fiktiv sind. Doch Cromwell hat nicht einfach die Geschichte des gleichnamigen Klassiker von Cooper übernommen, sondern hat diesen unter der Mithilfe der Autorin Catmalou – bekannt durch das Online-Magazin „El Coyote“ – den Staub vom Umschlag gepustet und ihn in einer neuen und modernen Form adaptiert. Der Text erhält durch seine Straffung eine deutlich neue Qualität, ohne dabei gänzlich seine Herkunft verleugnen zu müssen.
Der französische Zeichner Didier David, besser bekannt unter seinem Künstlernamen „Cromwell“ wurde 1959 in Coëtquidan (Morbihan) geboren. Sein Vater diente als Oberst in der französischen Armee. Seinen Abschluss machte er an der renommierten Pariser Kunstschule „Gobelins“. In den frühen 80er Jahren schloss er sich einer Gruppe junger Künstler und Szenaristen mit dem Namen „Asylum“ an. Mit dem Abschluss in der Tasche arbeitete er zunächst für ein Jahr bei dem Fernsehsender France 2 an der Animationsserie „Mondes Engloutis“ mit, deren Umsetzung als Comic zwischen 1985 und 1986 bei Casterman erschien. Ungefähr zur gleichen Zeit entstand gemeinsam mit Riff Reb's (Dominique Duprez), Edith (Édith Grattery) und dem Szenaristen Ralph Meyer die beiden Bände von „Sergueï Vladi“, die 1985 und 1987 bei EDS erschienen. In der Zeit von 1989 bis 1992 entstand gemeinsam mit dem Szenaristen Joe Ruffner die dreibändige Reihe des Wild-West-Fantasy-Crossover „Les Minettos“ für Glénat, die 1992 bei Feest Comics veröffentlicht wurde.
Nach einigen Beiträgen für verschiedene Magazine sowie dem 1993 mit anderen Autoren und Zeichnern erschienen Sammelband „7 Histoires de Pirates“ begannen Cromwell und Ruffner an der bemerkenswerten Science-Fiction-Reihe „Anita Bomba“ zu arbeiten, die eine humorvolle Kombination aus zeichnerischen Einfallsreichtum und skurrilen Charakteren präsentierte und von der zwischen 1994 bis 1997 insgesamt vier Alben erschienen. Im Jahr 2003 arbeitet er wiederum erneut mit Riff Reb's zusammen, um einen neuen Band der Reihe „Sergueï Vladi“ fertig zu stellen, dessen Szenario wiederum von Joe Ruffner stammt. Er hat ebenfalls am Design der Serie von Zeichentrickfilmen Malo Korrigan teilgenommen, zahlreiche Illustrationen für Bücher, Magazine und Cover entworfen. Im Jahre 2005 erhielt er anlässlich des Festivals „Des Planches et des Vaches“ den Großen Preis für sein Gesamtwerk. Zudem betätigt sich Cromwell auch als Sänger der Gruppe „La Bonne, la Brute et le Truand“
Es sind zunächst die monochromen Farben des Hintergrundes, die den Leser vielleicht erst erschrecken, aber dann im Kontext von Figuren und Text ihre Wirkung entfalten. Auf dunkelrot, schmutziggelb oder –grün mit Ölfarbe grundierten Blättern sind nordamerikanische Landschaften entstanden, die Cromwells mit seinen eigenwilligen, fast schon exzentrischen Figuren bevölkert und sie in drei Akten in Position bringt. Eine realistische Darstellung ist nicht sein eigen – fast schon erscheinen die Menschen wie einem expressionistischen Gemälde entsprungen. Ein Zugeständnis macht Cromwell allerdings: Während die Indianer kantig und langgezogen daherkommen, werden die Weißen Akteure doch eher etwas klassisch dargestellt. Die Anordnung der wenigen Panels , da Cromwell zumeist die komplette Fläche benötigt, ist durchdacht und der Fließtext sucht sich vorsichtig seinen Platz inmitten der Handlung. Das Lettering von Delia Wüllner-Schulz ist ebenfalls hervorragend auf die Atmosphäre abgestimmt und so bleibt dem Leser nur noch eins übrig – mit großen und begeisterten Augen diesem opulenten und grandios in Szene gesetzten Werk bis zur letzten Seite zu folgen.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungIn Sachen Qualität und Verarbeitung steht die Reihe der kleinen handlichen Splitter Books den großformatigen Alben des Splitter Verlags in nichts nach. Die Verarbeitung des Hardcover-Bandes (nebst Schutzumschlag) ist solide, die Druck- und Papierqualität gut und die Übersetzung von Tanja Krämling wie immer sehr gelungen. Die Splitter Books dürften zweifelsohne mittlerweile eine ideale Plattform für die Veröffentlichung von „Experimenten“ geworden, die es vielleicht sonst so nicht ins Verlagsprogramm geschafft hätten. Und so kann man zur Auswahl dieses Bandes – bei dem es in Sachen Ausstattung keine nennenswerten Extras – nur gratulieren.
FazitVon Cromwell dürften dem deutschen Leser bislang nur die Reihen „Minettos Desperados“ und „Anita Bomba“ bekannt sein, welche zeichnerisch durchaus überzeugen und sich auch beide durch ihre unkonventionellen Protagonisten auszeichnen. Was Cromwell allerdings hier in Zusammenarbeit mit Catmalou abliefert ist ein fulminanter Rausch von Figuren, Text und Farben, der fast schon ein Stück weit an moderne Kunst erinnert. Das klassische Text von „Der letzte Mohikaner“ dürfte sicherlich einigen Lesern noch vertraut sein, doch in dieser neuen, komprimierten und eindringlichen Form gewinnt er eine literarische Qualität, wie man sie dem Original nicht unbedingt zugetraut hätte.
Der als SplitterBook erschienene Band „Der letzte Mohikaner” gehört ebenso wie der Band „An Bord der Morgenstern” von Riff Reb’s zur neuen Kollektion „Noctambule“ des französischen Verlags Soleil, in der Klassikeradaptionen und neue Abenteuergeschichten in Graphic-Novel-Form erscheinen sollen. Man darf also gespannt sein, ob auch der deutsche Leser in den Genuß einiger weiterer gelungener Klassiker kommt!
Insgesamt dürfte diese Graphic Novel (die diesen Namen auch redlich verdient) nicht unbedingt etwas für Freunde des klassischen Comics sein, da er in seiner Komposition überaus eigenwillig und gewöhnungsbedürftig ist. Wer sich allerdings auf dieses Wagnis einlässt, der dürfte nicht enttäuscht sein von diesem wirklich wunderbaren Band, der einen Klassiker der Weltliteratur neues Leben und Gestalt gibt. Für mich persönlich eine absolute Kaufempfehlung!
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