Links zur Rezension Todd McFarlane ist einer der ganz großen des modernen Comic-Business. In den 80er Jahren machte er mehr und mehr durch verschiedene Arbeiten für Marvel und DC auf sich aufmerksam, nicht zuletzt aufgrund seines bemerkenswerten Zeichenstils. Der große Durchbruch kam dann 1990, als er eine eigene Spiderman-Heftserie bekam, die zum meistverkauften Comic aller Zeiten avancierte und in der Todd auch erstmalig Venom vorstellte. Nach nur 16 Heften - auf dem Zenit seines Erfolges - verließ McFarlane Marvel, um mit ein paar anderen Künstlern Image Comics zu gründen, denn die großen Verlage ließen ihnen ihrer Meinung nicht genug Freiraum. 1992 veröffentlichte McFarlane dann Spawn unter dem neuen Verlag und der Rest ist Comicgeschichte. McFarlane selbst zeichnet aber schon seit geraumer Zeit keine Comics mehr und auch wenn er als Autor mit an einer neuen Spawn-Strecke (End Game) gearbeitet hat, ist es in Sachen Comics doch eher ruhig um den Meister geworden. Doch der Zufall wollte es, dass McFarlane und Robert Kirkman (The Walking Dead) aufeinander trafen und ein gemeinsames Projekt ins Leben gerufen haben. Dabei ist das vorliegende "Haunt" herausgekommen, was in den USA fast augenblicklich zu einem Mega-Erfolg wurde.
Inhalt:Kurt Kilgore ist ein Geheimagent und war an zahlreichen schmutzigen Operationen beteiligt. Eine bringt ihm den vorzeitigen und gewaltsamen Tod. Doch Kurt hat ein Problem: aus irgendeinem Grund ist er an seinen Bruder Daniel gebunden, der Priester ist. Nur Daniel kann Kurt sehen und zusammen können sie eine Symbiose eingehen, aus der eine neue Wesenheit namens Haunt entsteht und die übernatürliche Kräfte hat. Daniel sieht sich plötzlich inmitten einer tiefgehenden Verschwörung stehen, in die Kurt verwickelt war. Kurts einziger Gedanke dabei ist, seine Frau Amanda zu beschützen, die ebenfalls mit in die Sache gezogen wurde. Außerdem will er gerne ergründen, wer ihn umgebracht hat. Daniel ist von der ganzen Sache zunächst nicht sehr begeistert, zumal er und sein Bruder eigentlich nicht sehr gut aufeinander zu sprechen sind. Doch wirklich wehren kann er sich auch nicht und so beginnt eine actionreiche Jagd..
Schreibstil & Artwork:Der erste Gedanke: "Wow, endlich eine neue Serie von McFarlane (denn ich bin ein Spawn-Fan, der allerersten Stunde)... und dann auch noch mit Robert Kirkman zusammen (dessen "Walking Dead"-Reihe ich genauso liebe). Weltklasse!" Doch die erste Ernüchterung kommt quasi sofort und war eigentlich abzusehen. McFarlane ist "nur" Co-Creator von "Haunt", hat das Setting also mit Kirkman zusammen erdacht, aber leider - und meine große Hoffnung war das er es macht - hat McFarlane die Reihe nicht gezeichnet. Schade. Blöd. Ärgerlich. Allerdings kommt jetzt das große Aber... die Artworks von Ryan Otterly sehen schon auf den ersten Blick umwerfend aus und wenn man es nicht wüsste, könnte man sie glatt für McFarlanes Zeichnungen halten. Und dann ist da noch Greg Capullo, der sich ums Layout gekümmert hat. Kenner wissen wovon ich rede.
Doch kommen wir zunächst zur Story. Die Ansätze von "Haunt" sind vielversprechend und der erste deutsche Band (der die US-Hefte 1-5 beinhaltet) ist ein Kracher. Einige Elemente von "Haunt" lassen dabei Parallelen zu "Spawn" erkennen. Ein Agent stirbt und kehrt irgendwie von den Toten zurück (zumindest als Geist). Das erinnert an Spawn, aber mehr Gemeinsamkeiten sind dann auch wieder nicht vorhanden. Die ersten Seiten von "Haunt" führen in das neue Setting ein und sind noch locker und seicht hinsichtlich der Erzählung. Schnell geht es dann aber ans Eingemachte und der "Haunt" betritt das erste Mal die Bühne... und das recht famos. Von da an beginnt ein wilder Ritt durch eine spannende Agentenstory, das Ganze gespickt mit ein paar übernatürlichen Elementen (schon allein hinsichtlich des "Haunt"). Kirkman und McFarlane erzählen hier eine dichte Geschichte, was aber auch irgendwie zu erwarten war, denn die beiden sind nicht umsonst so bekannt in Comic-Kreisen. Wie auch immer, der Hintergrund von "Haunt" wirkt gut durchdacht. Die Charaktere - allen voran die beiden Brüder - haben ordentlich Tiefgang und ihre eigenen Persönlichkeiten. Mit jeder Seite werden sehr geschickt neue Facetten bezüglich der Beziehung der beiden offenbart. Dazu gehört auch Kurts Frau Amanda, denn die drei haben eine gemeinsame Vergangenheit. Das führt zu weiteren Problemen, erklärt aber auch gewisse Dinge. Gut, spannend gemacht und fesselnd von der ersten Sekunde an. Wenn Daniel dann mit dem Wissen von Kurt noch in die Einheit seines Bruders rutscht, wird die Sache ganz rund. Vor allem da es dort noch einen Maulwurf gibt, der mit an der Verschwörung beteiligt ist. Das einzige was wirklich auffällt ist, dass auch nach dem Ende des Bandes immer noch nicht klar ist, wie oder warum der "Haunt" als Symbiose der beiden Brüder überhaupt zustande gekommen ist. Aber wahrscheinlich wird das bewusst verschwiegen und soll Stoff für später bleiben. Man darf also gespannt sein, wie die Reihe weitergeht und das tut sie auf jeden Fall. Weiter darf man hoffen, dass das Team die Messlatte dabei weiterhin so hoch ansetzt und auch weiterhin eine so überzeugende Story präsentiert.
Die Artworks stammen, wie bereits angedeutet, von Ryan Ottley und der Herr macht seine Sache wirklich enorm gut. Sein Stil erinnert stark an den von Todd McFarlane persönlich, wenn er auch bei genauerer Betrachtung nicht ganz so detailreich ist. Man erkennt aber auch deutliche Parallelen, beispielsweise erinnert der „Haunt“ gerade im Kopfbereich schon stark an „Spawn“ selbst, was aber nicht wirklich schlimm ist, denn schließlich ist McFarlane ja beteiligt. So oder so, die Artworks sehen umwerfend aus und werten die sowieso schon sehr gute Story noch einmal auf. Beide Elemente passen hervorragend zusammen und ergänzen sich nahezu perfekt. Das liegt mit Sicherheit auch zu einem nicht unerheblichen Teil daran, dass Greg Capullo (Spawn, The Creech) sich um das Layout der Panels gekümmert und diese sehr actionlastig und dynamisch angelegt hat. Diese Anordnung füllt Ottley dann gekonnt und strichsicher mit seinen anspruchsvollen Illustrationen. Eine passende Kolorierung rundet die Sache dann ab.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungVerlagsüblich kommt der Band im Softcover und im US-Format. Die Produktionsqualität hinsichtlich Papier, Druck und Bindung ist hervorragend und die Texte lesen sich durchweg flüssig. Ein direkter Vergleich mit einem der US-Hefte zeigt dabei, dass auch die Übersetzung gut gelungen ist. Der Band enthält die ersten fünf US-Einzelhefte und beinhaltet keine Extras, mit Ausnahme einer Covergalerie.
Fazit:Ich war von Anfang an begeistert, als ich hörte, dass es eine neue McFarlane-Serie geben wird und dass auch noch Robert Kirkman beteiligt sein soll. Damit lag die Messlatte für diese neue Serie allerdings auch von vornherein sehr hoch. Zugegebenermaßen nahm ich an, dass McFarlane auch für die Artworks verantwortlich zeichnet und wurde hier zwar enttäuscht. Das währte aber nur kurz, denn der involvierte Zeichner macht seine Sache ebenso hervorragend und sein Stil erinnert dabei sogar stark an die Optik von Spawn. Storytechnisch ist der erste deutsche Band von „Haunt“ sehr gut gelungen und ist extrem spannend. Natürlich werden gerade diese ersten Seiten vornehmlich dazu genutzt, das Setting und die Charaktere vorzustellen und den Grundstein zu legen, aber das machen die Autoren professionell, gekonnt und mit viel Elan und Spannung. „Haunt“ überzeugt auf ganzer Linie und hat das Potential, sich als eine der ganz großen Serien zu etablieren. Man darf weiterhin gespannt sein. So oder so ist „Haunt“ tatsächlich spektakulär und einen genaueren Blick wert.
|
||||||||||||||||||||||