Links zur Rezension Keine Leseprobe vorhanden. Vorbemerkung:Selten habe ich mich so sehr auf das Erscheinen eines Star Trek Romans in deutscher Sprache gefreut, wie das bei „Die Gesetze der Föderation“ (nachfolgend kurz „GdF“) der Fall war. Das Buch, das ursprünglich unter dem englischen Titel „Articles of the Federation“ erschien, unterscheidet sich grundlegend von all dem, was bisher an Romanen im Star Trek Universum erschienen ist. Denn dieses mal stehen politische Ränkespiele und die große Kunst der Diplomatie im Mittelpunkt der Handlung und nicht das Schicksal einer Crew, die auf einem Raumschiff oder einen Sternenbasis Abenteuer erleben. Bekannte Figuren aus den TV-Serien wie Admiral Ross, Botschafter Spock, Captain Picard oder Admiral Janeway, aber auch in Romanserien etablierte Charaktere wie Admiral Leonard Akaar geben sich zwar auch in diesem Star Trek Werk die Ehre, aber im Fokus steht die politische Entwicklung der Föderation, die Bewältigung innenpolitischer und außenpolitischer Krisen durch die neugewählte Föderationspräsidentin Nan Bacco.
Diese Handlungsanlage erinnerte mich sehr an Romane von Michael A. Stackpole, der mit seiner Darstellung von politischen Verknüpfungen und Ränkespielen in zwei großen Sci-Fi-Settings (Battle Tech und Star Wars) eine hohe Messlatte für solche Unternehmungen geschaffen hat.
Leider verpasste ich es, mir ein englisches Exemplar des Buches zu besorgen. Binnen kurzer Zeit war der Roman auf Englisch restlos vergriffen. Ob dies daran lag, dass das Buch in einer kleineren Auflage als typische Star Trek Romane produziert wurde, die zumeist noch Jahre nach ihrem Erscheinen lieferbar bleiben, habe ich bis heute nicht herausbekommen. Daher war ich glücklich, als ich die Ankündigung bei Cross Cult gelesen habe, dass das Buch auf Deutsch erscheinen würde.
Zeitlich gesehen ist die Handlung von GdF nach den Star Trek – The Next Generation Kinofilmen angesiedelt und folgt auf die (gruselig schlechte und bis heute glücklicherweise nicht ins Deutsche übersetzte) „A Time To...“-TNG-Romanreihe. Die Handlung spielt in etwa im Jahr 2380 und nimmt besonders auf den Inhalt der letzten drei Bände der Reihe („A Time to kill“, „A Time to Heal“ und „A Time for War a Time for Peace“) bezug, ohne eine direkte Fortsetzung zu sein. Diese drei Romane sind noch am ehesten die, die die ganze „A time to...“ Reihe lesenwert machen. In „A Time for War, a Time for Peace“, das ebenfalls von DeCandido stammt, wird Nan Bacco erstmals vorgestellt und ihr Werdegang zur Präsidentin der Föderation beschrieben.
Der Autor, der Inhalt und der ganze RestEines gleich vorne Weg: Keith R.A. DeCandido ist, so traurig es auch sein mag, leider kein zweiter Michael A. Stackpole. Dabei macht DeCandido seine Sache an sich recht ordentlich: Sprachlich ist sein Roman gut lesbar und auch inhaltlich entwickelt er Figuren, die man beobachten möchte und mit denen man sich gerne beschäftigt. Etablierte Figuren erkennt man wieder und DeCandido kennt sich sichtlich im Star Trek Universum (in Wort und Bild) gut aus, was seinen Ausführungen Stimmigkeit und verleiht. Er greift viele Details aus den Filmen und Serien auf und stellt Verbindungen her zu den Ereignissen aus diversen Romanen. Aber einem Meister der gut dargestellten und brillant erdachten Intrige und Charakterisierung wie Stackpole kann er leider (noch?) nicht das Wasser reichen. Viele Dialoge (oder innere Monologe) der Figuren überzeugen nur teilweise und die von DeCandido benutzen Bilder zur Veranschaulichung der Gedankengänge einzelner Personen treffen nicht immer meinen Geschmack.
Inhaltlich werden in GdF naturgemäß weniger Forschungsmissionen von Raumschiffsbesatzungen, Rätsel oder lebensgefährliche Herausforderungen beschrieben, die in kurzer Zeit gelöst werden müssen, um das Überleben der Crew, des Quadranten oder sogar des ganzen Universums zu sichern. Vielmehr geht es um die politischen Entwicklungen der großen (und kleinen) Mächte, die sich mit der Föderation nach dem Dominion Krieg um eine gewisse Erholung und Neuordnung der Quadranten bemühen.
So wird etwa die politische Situation um das Romulanische Imperium, seinen Problemen mit den Remanern und dem klingonischen Protektorat vor seiner Haustür (siehe Star Trek Titan Band 1 – Eine neue Ära) aufgegriffen und thematisiert.
Daneben werden Unstimmigkeiten in der Politik aufgedeckt, die während des Dominion-Krieges selbst eine so von Moral gesteuerte Institution wie die Föderation an ihre Grenzen und darüber hinaus führte. Altlasten des Krieges müssen diplomatisch aufgearbeitet werden und neue Erst-Kontakte verlaufen auch nicht immer so, wie man es sich auf der höchsten Ebene, der Föderationsverwaltung in Paris auf der Erde, wünscht.
In GdF entwickelt DeCandido bereits zuvor in anderen Romanen (und Roman-Reihen) gestreute Saaten weiter und bereitet selber den Boden für die epische „Star Trek - Destiny“ Trilogie. Denn spätestens im Rahmen der Destiny-Bände wird es auch für den klassischen Star Trek Leser zu einem Treffen mit Präsidentin Nan Bacco kommen und ich empfehle an dieser Stelle, dass es ein Wiedersehen sein sollte. GdF ist ein lohnender Star Trek Roman, eben weil er anders ist und dennoch für Star Trek typische Themen aufgreift und problematisiert.
Das Buch:Für die deutsche Ausgabe wurde dieses mal das Originaltitelbild verwendet, was ja beim Cross Cult Verlag keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Das US-Cover war aber auch einfach gut gelungen. So zeigt das zweigeteilte Cover zwei Szenen, die sich auch im Buch wiederfinden. In seinem oberen Bereich sieht man das „Lorbeerkranz und Sterne“ - Symbol der Vereinten Föderation der Planeten in den Händen diverser Starfleet-Gala-Uniform tragender Hände. Diese Szene gehört inhaltlich zu der Beerdigungsfeier für einen verstorbenen ehemaligen Föderationspräsidenten. Im unteren Bereich des Umschlagbildes sieht man dann Präsidentin Nan Bacco von hinten, wie sie sich auf ihren Schreibtisch stützt und auf die mit Vorhängen verschlossenen Fenster ihres Pariser Amtssitzes im Palais de la Concorde blickt.
Zur Qualität der Verarbeitung des Buches gilt das, was ich immer wieder gesagt habe: Bei Cross Cult Romanen ist alles in bester Ordnung. Gutes Druckbild, gutes Papier und stabile Bindung. So soll es sein. Negativ fällt mir jedoch auf, dass der Preis des Bandes angestiegen ist. Kosteten die Vanguard Bände etwa zuletzt weiter 12,80 €, ist man bei GdF direkt glatte 14 € an Kaufpreis los. Das ist extrem viel Geld, grade auch wenn man sich vor Augen hält, was eine vergleichbare englischsprachige Ausgabe im Original kostet. Diese Option bietet sich aber bei GdF aber auch schon gar nicht mehr und man sollte auch fairerweise erwähnen, dass das Buch mit mehr als 450 Seiten deutlich dicker ist als manch anderer Star Trek Roman der letzten Jahre.
Die Übersetzung von Annika Klüver macht auch einen soliden Eindruck.
Das Fazit:„Die Gesetze der Föderation“ ist ein in meinen Augen einzigartiger Star Trek Roman, den ich eigentlich jedem Fan ans Herz legen möchte. Dennoch braucht es, um das Buch genießen zu können, die Bereitschaft, sich auf etwas Neues einzulassen, was so nicht unbedingt etwas mit Star Trek im eigentlichen Sinne zu tun hat. Denn hier spielen keine Raumschiffe und ihre Crew die Hauptrolle, sondern Politiker und Diplomaten. Trotzdem ist hier, wenn man sich darauf einlässt und den Blick hinter die Kulissen der Macht wagt, viel Star Trek zu finden: Wie auch die Captains der diversen Raumschiffe mit dem Namen Enterprise sich immer wieder mit einem moralischen Dilemma, unangenehmen Wahrheiten und schweren Entscheidungen herumschlagen müssen, finden sich diese Themen auch in GdF, nur auf einer vermeintlich höheren Ebene und mit anderen neuen Spielarten zur Auflösung angelegt.
Ich habe mich schnell im Buch verloren und mich gut unterhalten gefühlt. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es Star Trek Fans gibt, denen die Action und der Nervenkitzel einer Star Trek Folge (egal ob im TV oder im Buchformat) fehlen werden.
Die hier erzeugte Spannung ist eine andere, als man sie aus einer Folge oder einem Film kennt. Im Nachwort äußert sich der Autor dahingehend, dass er versucht hat, mit GdF eine Umsetzung der TV-Serie „West Wing“ ins Star Trek Universum zu schreiben. Alles in allem ist das Experiment, einen ungewöhnlichen Star Trek Roman zu veröffentlichen, auf das sich Pocket Books, DeCandido und jetzt auch Cross Cult eingelassen haben, durchaus gut gegangen.
Ich bewerte den herausragenden, weil erfrischend anders angelegten und größtenteils gut gemachten, Star Trek Roman „Die Gesetze der Föderation“ mit 4,0 Punkten.
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