Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Skydoll Collection 2 - Lacrima Christi
Bewertung:
(3.9)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 21.11.2010
Autor:Barbara Canepa (Autor), Alessandro Barbucci (Zeichner) und andere
Übersetzer:Monja Reichert
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Science-Fiction
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-018-7
Inhalt:72 Seiten, Hardcover
Preis:15,80 EUR
Sprache:Deutsch

Seit Jahren gehört „Skydoll“ zu den attraktivsten und erfolgreichsten Comic-Serien der Welt. Der schillernde Kosmos des Duos Barbucci und Canepa eroberte die Herzen von unzähligen Lesern, die nicht genug bekamen von ihrer ungewöhnlichen Heldin Noa. Und da dies auch zahlreichen Kollegen des Kreativ-Duos aus Italien so ging, wurde kurzerhand der erste Sammelband „Skydoll Spaceship“ ins Leben gerufen, in der internationale Comic-Künstler Kurzgeschichten aus dem Skydoll-Universum illustrieren, dem nunmehr mit „Lacrima Christi“ der zweite Band der „Skydoll Collection“ folgt.

 

Der zweite Band der Reihe versammelt insgesamt 6 Kurzgeschichten mit einem Umfang von jeweils 8 Seiten, in denen zwar immer wieder die Päpstinnen Ludowika und Agape im Mittelpunkt der Handlung stehen, bei deren Entstehung aber unterschiedliche Künstler mit abwechselnden Stilrichtungen unter dem überaus weitgefassten Leitmotiv „Märchen“ mitgearbeitet haben:

 

In the Mirror (Alessandro Barbucci und Barabara Caneppa)

In der ersten Kurzgeschichte dreht sich das Geschehen um Ludowika, die sich dank eines Trunkes, der ihr verabreicht wird auf einen psychedelischen Trip in die Abgründe ihrer eigenen Seele begibt und der weitaus brutalere Ausmaße als ein gewöhnlicher Alptraum annimmt, zumal sie sich mit Agape auseinandersetzen muss.

Barbucci und Caneppa waren selbst begeistert von der Freiheit, mit ihren Figuren in diesem Sonderband zu experimentieren und so zeigt sich die Verabreichung einer halluzinogenen Droge als dankbares Mittel zum Zweck und Ausgangspunkt für einen wahren Bilderrausch.

 

The Saint in a Bottle (Alessandro Barbucci und Mikael Bourgouin)

In dieser Geschichte dreht sich alles um einen Dieb, der eine Reliquie in sein Eigentum gebracht hat und so urplötzlich mit deren „magischen“ Inhalt konfrontiert sieht. Dank dieser Einwirkung wird er zu einem Heiligen mit übermenschlichen Fähigkeiten. Doch wie der Name der Geschichte ein wenig schon zum Ausdruck bringt, so sollte man sich doch vorsehen, vor den Geistern die man ruft.

Zeichner Mikael Bourgouin, der dem Leser vielleicht durch den Comic „Codex Angélique“ (Ehapa Verlag) bekannt ist, weicht stark vom typischen Skydoll-Stil ab, besticht aber durch seine düsteren und detailfreudigen Bilder.

 

Sleeping Dreamer (Alessandro Barbucci und Benjamin)

Diese Geschichte bringt den Leser nach Aqua und er wird Zeuge, wie Gaia nach einem langen Schlaf wieder erwacht und sich an ein Gespräch mit Agape erinnert. Doch die Welt hat sich geändert und es wird Zeit für sie zu handeln – eine neue Ära wartet.

Eine faszinierende Komposition aus zarten Pastelltönen wird vom chinesischen Zeichner Zhang Lin, der einigen vielleicht besser unter seinem Künstlernamen Benjamin bekannt ist, entworfen und der mit der Fülle von Robotern, Tutoren genannt, sein Szenario bevölkert und die Gaia als dienstbare Geister umschwirren.

 

The Pappess´s new Clothes (Alessandro Barbucci und Gradimir Smudja)

Die neuen Päpstinnen sollen der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Passend zu diesem Anlass hat man einen extravaganten Stylisten damit beauftragt, die passende Garderobe für Ludowika und Agape zu entwerfen und so sieht man die beiden Päpstinnen in den zunächst in den unterschiedlichsten Kreationen. Aber keine Kleidung scheint gut genug zu sein und zu allem Unglück wurden die absoluten Glanzstücke der neuen Garderobe gestohlen.

Smudja feiert in seinen Bildern die Anmut und die außerordentliche und faszinierende Schönheit der beiden Päpstinnen – eingebunden in eine bittersüße Geschichte, an deren Schluss es zu einem überaus hässlichen Ende kommt.

 

Blood-Red Shoes (Barabara Caneppa und Afif Khaled)

Weniger eine Kurzgeschichte als ein Gebet oder eine Huldigung ist es, die dem Leser in dieser Kurzgeschichte präsentiert wird. Die Anbetung der Päpstin Ludowika wird von düsteren Bildern untermalt, die eine Welt zeigen, die voller Ungerechtigkeit, Missstände und Elend ist.

Afif Khaled, der sich selbst als großer Fan der „Skydoll“-Reihe bezeichnet hat, ist tief in die vergessenen Ecken der Welt des Skydoll-Universums eingetaucht und hat einige neue und eindrucksvolle Facetten geschaffen.

 

White Cinderella (Barabara Caneppa und Enrique Fernandez)

In einer Casting Show wird eine neue Päpstin für einen Tag gesucht und tausende von jungen Mädchen bewerben sich um diese Chance zu nutzen. Doch die Gewinnerin ist nicht nur Päpstin für einen Tag. Hinter den Kulissen des immer präsenten Fernsehens gibt es auch den Verlust der Unschuld, zerplatzte Träume und die Manipulation der Massen durch eine gelangweilte Agape.

Die Zeichnungen von Fernandez sind bewusst lustig und unschuldig gestaltet und fast könnte man meine, man sei in einem Funny gelandet, wenn seine Botschaft nicht so bitterböse ernst wäre…

 

Schreibstil & Artwork:

Barbara Canepa wurde 1969 in Genua, Italien geboren. Nach ihrem Architekturstudium begann sie zunächst als Werbezeichnerin zu arbeiten. Ab 1996 arbeitete sie dann für die italienische Walt Disney Company und illustrierte Disneybücher, -magazine und Merchandisingartikel. Für drei Jahre war sie Coverartist für das Disney-Magazin „La Sirenetta“ und seinem Nachfolger „Principesse Disney“, für die sie allerdings auch Geschichten illustrierte. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Alessandro Barbucci schuf sie einige Comics und Illustrationen, darunter für die „Paperinik New Adventures“ in denen Donald Duck als Superheld gegen Aliens kämpft. Sie half auch 1997 dabei die erfolgreiche Reihe „W.I.T.C.H.“ auf den Markt zu bringen und im gleichen Jahr die gemeinsam mit ihrem Mann Alessandro Barbucci erschaffene SF-Saga „Sky Doll“ zu veröffentlichen.

 

Alessandro Barbucci wurde 1973 geboren und machte Karriere bei der italienischen Disney Company. Nach zahlreichen Zeichnungen für unterschiedliche Donald Duck – Comics, begann er mit seiner Arbeit an der „W.I.T.C.H.“-Reihe und später an „Monster Allergy“, die sich beide als überaus kommerziell erfolgreiche Disney-Produkte herausstellen sollten. 2004 wurde „W.I.T.C.H.“ sogar auf dem Comic-Salon Erlangen in der Kategorie „Beste deutschsprachige Comic-Publikation für Kinder- und Jugendliche" mit dem Max-und-Moritz-Preis ausgezeichnet. Barbucci arbeitet nunmehr als Dozent an der italienischen Disney Akademie.

 

Die Reihe „Skydoll“ ist auf dem Planeten Papathea angesiedelt, auf dem die Päpstin Ludowika herrscht. Mit großartigen Wundern verzückt sie ihre Gläubigen, doch regiert sie auch mit der Hilfe eines riesigen Medien- und Polizeiapparates die Massen.

 

Protagonisten der Reihe ist allerdings Noa, eine aufziehbare Puppe, die allgemein Skydoll genannt werden und die rechtlos gezielt für die Befriedigung der unterschiedlichsten Bedürfnisse ihrer Besitzer erschaffen wurden. Doch Noa, die in Astrowaschanlage Heaven arbeitet, ist anders – sie hat scheinbar einen eigenen Willen und verfügt über Gefühle. Sie flüchtet von ihrem bisherigen Arbeitgeber und merkt, das sie weitaus mehr ist, als nur eine gewöhnliche Skydoll.

 

Es ist schon erstaunlich, wie dieses Duo nach einem ziemlich vom Disney-Universum geprägten Werdegang es geschafft hat, bereits nach den ersten drei Bänden der Reihe „Skydoll“ mit ihrer Protagonisten Noa sowie der Veröffentlichung eines Artbook zur Reihe einen dermaßen hohen Kultstatus zu erreichen, der sich nicht zuletzt auch in der Veröffentlichung des ersten Bandes, der unter dem Titel „Spaceship Collection“ im Splitter Verlag erschien, gezeigt hat.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

In Sachen Qualität gibt es bei diesem Band nichts zu beanstanden – ganz im Gegenteil: Der Hardcoverband besticht schon rein äußerlich durch seine Farbgebung und sein abgesetztes Spotlackcover, dessen Gestaltung Dirk Schulz oblag. Doch auch das Innere kann sich sehen lassen, gibt es doch vor jeder Kurzgeschichte ein Vorsatzblatt mit Illustration und einem passenden Zitat, als auch am Ende des Bandes im „Archivum Secretum“ sowohl einige Äußerungen der beteiligten Künstler und zusätzliches Artwork nebst einigen Hommagen weiterer bekannter Künstler. Die gelungene Übersetzung von Monja Reichert nebst dem Lettering von Delia Wüllner-Schulz machen diesen Band zudem zu einem nicht nur optischen Leckerbissen.

 

Fazit:

Bei einer solchen Versammlung von Zeichnern gibt es – neben den einzelnen Szenarios – sicherlich einige Höhen und Tiefen. Doch eines dürfte jeder dieser kurzen Geschichten zu eigen sein – sie ergänzen das Universum von „Skydoll“ und geben den Blick frei auf die zahllosen Möglichkeiten, welche die phantastische Geschichte um Noa bietet.

 

Wer die Reihe „Sky Doll“ von Canepa und Barbucci bislang noch nicht kennt, sollte vielleicht besser die Finger von diesem Band lassen, da er ansonsten sicherlich nur sehr wenig mit den phantastischen Kurzgeschichten anfangen kann, die in diesem Band versammelt sind. Ansonsten dürften den Fan der Reihe sicherlich einige wunderbar gezeichnete Geschichten erwarten, die sich mal mehr, mal wenig mit den Päpstinnen Ludowika und Agape beschäftigen.

 

 

Wer „Skydoll“ kennt und liebt, dürfte um diese durchaus spektakuläre Sammlung von einigen hervorragend in Szene gesetzten Kurzgeschichten nicht herumkommen.