Links zur Rezension InhaltNach dem fulminanten Cliffhanger am Ende des ersten Bandes von „Salzträume“ schließt sich der zweite Band nahtlos mit seiner Erzählung an die bisherigen Geschehnisse an.
Charlotte von Sandling ist weiterhin gezwungenermaßen an der Seite von Graf Arpad in dem labyrinthischen Höhlensystem im Toten Gebirge gefangen und beide suchen sie nach einem rettenden Ausgang. Charlotte ist derweil die einzige Nahrungsquelle für den vampirischen Si Arpad, doch ohne selbst Nahrung zu sich nehmen zu können, schwinden auch ihre Kräfte und die bisherige Zurückhaltung von Arpad lässt immer mehr nach. Es dürfte vielleicht nur eine Frage der Zeit sein, bis sein unsäglicher Durst nach Blut ihn seine Contenance vergessen lässt und er sich alles nehmen wird.
Dank dem Sí-Blut von Corrisande ist es den Damen gelungen, mit einigen uralten Wesen Kontakt aufzunehmen, welche um das verderbte Treiben des Wissenschaftlers, seines Magiers und seiner Helfer um die mysteriöse Maschine in den Gängen des ehemaligen Salzbergwerkes wissen. Um dieses aufzuhalten, helfen sie Corrisande, Cerisé und Sophie auf ganz besondere Art und Weise. Das bedingungslose Vertrauen der drei äußerst ungleichen Damen auf dieses seltsam anmutende Entgegenkommen dieser Wesen sollte allerdings auch im weiteren Verlauf der Geschichte nicht enttäuscht werden. Es gelingt den mutigen Damen in das Bergwerk zu gelangen, wo sie sich anschicken ihre verlorenen Männer zu finden.
Philip Fairchild und sein Begleiter, der Magier McMullen konnten sich befreien und schicken sich an, in den Tiefen des Höhlensystems nach einer Lösung zu suchen, wie sie dem Treiben der Männer ein Ende setzen und die seltsame magische Maschine zerstören können, mit deren gewaltiger Kraft, die durch die Energie von Feyons gespeist werden soll, ganze Landstriche verwüstet werden können. Dabei gerät auch McMullen an seine Grenzen, da er sich mit einem Magier konfrontiert sieht, der um einiges stärker ist als er selbst. Doch auf ihrer Wanderschaft durch die dunklen Gänge haben die beiden Gefährten scheinbar etwas anderes aus seinem Schlaf geweckt, welches sich nunmehr anschickt sie zu verfolgen.
Und so kreuzen sich letztlich die unterschiedlichen Handlungsfäden der einzelnen Akteure in den Katakomben und Gängen des Toten Gebirges zu einem stellenweise unerwarteten Finale, da nicht allen daran gelegen ist, die unheilvolle Maschine zu zerstören.
Über die AutorinEigentlich als Juliane Honisch 1956 in Berlin geboren und in Bayern aufgewachsen, entdeckte die Umgebung die Sperrigkeit des Vornamens und wandelte ihn kurzerhand in Ju um. Eine Entscheidung, die der angehenden Schriftstellerin behagte und bei der es letztlich auch blieb. Trotz erster, scheinbar überaus intensiver Ausflüge in die Bereiche der Phantastik und einigen sehr privaten schriftstellerischen Versuchen, schaffte Ju Honisch ihr Abitur und studierte Englisch und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Über einen Magister und zwei Staatsexamina kam sie über einige Umwege ins Verlagsgeschäft und arbeitete als Schriftstellerin. Nachdem sie einige Zeit in Irland gearbeitet hatte, lebt sie nunmehr mit ihrem Mann, dem Perkussionisten der Band Celtic Chakra und einer Hundertschaft Teddybären in Hessen.
Ihr erstes Buch, die Anthologie „Bisse“ mit eher psychologischen Gruselgeschichten, erschien im Oktober 2007 beim Hexentorverlag und avancierte, nicht zuletzt durch die positive Resonanz auf die stimmungsvollen Lesungen der Autorin, rasch zu einem kleinen Geheimtipp. Nicht so sehr der spektakuläre Horror, sondern leise Töne und der Aufbau rund um das Normale sind es, welche sich sanft und plötzlich als anormal entpuppen und den Leser frösteln lassen. Ihr Debütroman „Das Obsidianherz“, den sie bereits 2001 geschrieben hatte, brauchte allerdings einige Jahre bis zu seiner Drucklegung und erschien erst im Februar 2008 in der Reihe origin des Mannheimer Feder&Schwert Verlages, der sich, im Gegensatz zu anderen deutschsprachigen Verlagen, denen der Roman von Ju Honisch vermeintlich zu wenig „Fantasy“ war, zur Veröffentlichung in ihrer neuen Reihe entschied. Ein Wagnis, das sogar 2009 mit dem Deutschen Phantastik Preis als bestes Romandebüt ausgezeichnet wurde.
Unter Umständen ist dem einen oder anderen der Name Ju Honisch aber bereits hinlänglich aus einem gänzlich anderen Bereich vertraut, steht doch Ju Honisch gemeinsam mit Kerstin Dröge als Duo „Katy und Ju“ des öfteren auf etlichen Bühnen und verbreitet die freundlich-chaotische Subkultur der Filk-Musik. Filk ist eine Musikrichtung, die sich formal an Folk anlehnt (daher der Name) und inhaltlich Science-Fiction und Fantasy-Themen verwendet, wozu auch Themen aus dem Rollenspiel, insbesondere aus dem Bereich LARP, mit zu diesem Genre zählen. Beim Filk hat der Liedtext einen besonderen Stellenwert, da in den Liedern oft Geschichten erzählt oder Bezüge auf literarische Vorlagen genommen werden, aber auch Parodien sehr beliebt sind. Bereits fünfmal für den internationalen „Pegasus Award“ (For Excellence in Filking) nominiert und zweifache Preisträgerin des britischen Filk Award „Sam“ kann Ju Honisch einiges an Reputation vorweisen.
FazitBereits in ihrem Roman „Das Obsidianherz“ konnte der Leser einen Einblick in die Alternativwelt-Utopie von Ju Honisch erhalten, die sie, in einer Kombination von hervorragenden recherchierten Schauerromanen mit einigen dezenten Elementen des Steampunk und einer recht wundervollen Mythologie um die Feyon, vorgelegt hat. Mit dem Roman „Salzträume“ legt sie indirekt eine Fortsetzung vor, da es ein Wiedersehen mit einigen Charakteren aus „Das Obsidianherz“ gibt. Es lohnt sich also im Zweifel diesen Roman vorher zu lesen, da einem ansonsten recht viele Anspielungen schlicht und ergreifend entgehen und manche Handlungsweise vielleicht nur schwer zu verstehen ist.
Auch in „Salzträume“ spielen die Fey oder auch Sí eine nicht unwesentliche Rolle, sind sie doch zentraler Bestandteil für die mit Dampftechnik und Magie betriebene Maschine, die der kranken Gedankenwelt skrupelloser Wissenschaftler entstammt und somit insgesamt im harten Gegensatz zur anderweltlichen und mythischen Herkunft der Fey steht, die als phantastische und überaus intelligente Kreaturen, egal ob als Vampir, Wassermann oder Baumgeist, als Wesen zwischen den Welten existieren.
Da der Roman „Salzträume“ insgesamt schlichtweg zu umfangreich war, um ihn als ein Buch zu produzieren (immerhin bringen es beide Bände auf fast 1.200 Seiten!), entschied sich der Verlag zwei Bände daraus zu machen, was ich nach Ende des zweiten Bandes auch nicht bereue, zumal ich auch nicht unbedingt gewusst hätte, wo man diesen Roman hätte kürzen sollen, ohne ihm sein Flair zu nehmen. Allerdings scheint es mir, als habe Ju Honisch gegen Ende des zweiten Bandes erzählerisch ein wenig den Schwung verloren, auch wenn sie es nach wie vor schafft ein sehr gelungenes Timing für ihre Figuren in den kurzen Kapiteln an den Tag zu legen und den einzelnen Akteuren weiterhin ein glaubwürdiges und authentisches Auftreten verleiht. Das Ende des zweiten Bandes möchte ich an dieser Stelle nicht vorweg nehmen, aber den Leser möchte ich darauf hinweisen, das dieses weniger heldenhaft ist als man meint und so manch lieb gewonnener Charakter gerät weit mehr als nur in arge Bedrängnis!
Ich kann Ju Honisch insgesamt nur großen Respekt für dieses opulente Werk aussprechen, da sie sich als Autorin die Zeit nimmt, um ihre Geschichte und Charaktere zu entwickeln und das historische Umfeld für sie mehr ist als nur reine Kulisse. Wie bereits im ersten Band schwelgt sie in wunderbaren und ausführlichen Beschreibungen und bemüht sich ihre Akteure sowohl die sprachlichen als auch die gesellschaftlichen Gepflogenheiten der damaligen Zeit ausleben zu lassen. Das kann in einigen Passagen durchaus anstrengend und auch langatmig sein, aber gerade in diesem Stil liegt eine große Stärke der Autorin, die sich wohltuend von vielen anderen Romanen des Genres abhebt.
Insgesamt legt Ju Honisch mit den beiden Bänden von „Salzträume“ einen weiteren stimmungsvollen und beeindruckenden Roman vor, der sich durch seine sprachliche Gestaltung und seinen Einfallsreichtum wohltuend von der Masse der Neuerscheinungen im Bereich „Phantastik“ hervorhebt und wiederum bestätigt, wie weit dieser Begriff zu fassen ist und welche zahlreiche Facetten er aufweisen kann. Für mich eine Empfehlung, die allerdings nicht unbedingt jedermanns Geschmack treffen dürfte, da man Zeit und Muße haben sollte, um sich auf dieses Treiben im Salzkammergut einzulassen.
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