Links zur Rezension Zur Rock-Institution Alice Cooper muss man sicher nicht mehr viel sagen. Der Musiker hat seit den späten 60ern zunächst mit der gleichnamigen Band, später als Solokünstler über Jahrzehnte Rockgeschichte geschrieben. Es gab anfänglich Höhen und Tiefen und auch in den frühen Jahren war Alice Cooper durchaus erfolgreich (man denke an „School’s Out“ oder „No more Mr. Nice Guy“), aber den endgültigen Durchbruch fand Alice Cooper - als Einzelkünstler, die eigentliche Band gabs schon lange nicht mehr – mit seinem 1989er Comeback „Trash“ (u.a. „Poison“) und dem zwei Jahre später folgenden „Hey Stoopid“, Alben die Geschichte schrieben. Doch Alice Cooper war von Anfang ein Konzeptalben-Fanatiker und 1994 brachte er mit „The Last Temptation“ ein weiteres Album dieser Art heraus. Was viele allerdings nicht wissen, dass Alice Cooper schon während der Produktion den Autor Neil Gaiman mit dazu holte, der zunächst massiv an der Story von „Last Tempation“ (also des Albums) beteiligt war. Aus dieser Arbeit heraus entstand dann zusätzlich der vorliegende Comic…
Inhalt:Kurz vor Halloween ziehen vier Freunde – darunter auch der eher ängstliche Steven - durch ihren kleinen Ort und bekämpfen ihre Langeweile mit Gruselgeschichten. Plötzlich stehen sie vor dem Eingang zu einem Theater, das eigentlich nicht hätte an dieser Stelle sein dürfen und ein skurril aussehender Türsteher (das Ebenbild von Alice Cooper) bittet ausgerechnet Steven in eine kostenlose Vorstellung. Weil er seinen Freunden etwas beweisen will folgt Steven dem Portier tatsächlich in die Show und muss feststellen das er der einzige Gast der Vorstellung ist – so scheint es zumindest. Die Show hat es in sich und Steven bekommt ungewollt seine Zukunft vorgehalten, was so erschreckend ist, das er vor dem Finale das Theater verlässt. Natürlich lässt der skurrile Entertainer Steven nicht in Ruhe und so plagen den Jungen Alb- und Tagträume, die in freiwillig zurück zum Theater treiben. Dort schlägt der Entertainer ihm einen Handel vor: ewige Jugend und Unsterblichkeit. Das Einzige was Steven tun muss ist dem Ensemble des Puppenspielers beizutreten…
Schreibstil & Artwork:Gleich vorweg: auch wenn „Die letzte Versuchung“ als Idee aus dem gleichnamigen Rockalbum von Alice Cooper seinerzeit entstanden ist, so dreht sich die Story keineswegs um den Rocksänger, ja, dieser findet nicht mal namentlich Erwähnung innerhalb der Geschichte, einzige Ausnahme: der Titel des Comics. Aber der besagte Entertainer oder besser der düstere Verführer basiert sowohl optisch, wie auch von seinem Gebaren her, eben auf Alice Cooper. Das war es dann aber auch schon mit den Parallelen und die wenigen sind mit Sicherheit einfach eine Hommage an den Rockkünstler – eine Geste des Autors Gaiman, der selbst ein großer Fan des Musikers ist (so sagt er zumindest im Vorwort) – und niemals eine Huldigung. Letzteres wäre aber auch sicherlich nicht Neil Gaimans Stil und dem selbigen folgt der berühmte (und berüchtigte) Autor wieder einmal mit seiner, ihm eigenen soliden und typischen Gangart. Dabei wirkt die Story zunächst nicht sehr aufwändig, tatsächlich sogar recht übersichtlich. Doch Gaiman wäre nicht Gaiman, wenn er selbst aus unspektakuläre wirkenden Grundelementen, nicht etwas umwerfend skurriles zaubern könnte. Und genau das macht der Ausnahmeautor hier, er nimmt verschiedene alltägliche Dinge, Gewohnheiten und Gepflogenheiten und bastelt daraus eine tiefschichtige und abwechslungsreiche Erzählung, die eine unglaublich dichte und stimmige Atmosphäre aufweist und den Leser schon mit wenigen Panels in ihren Bann zieht. Wer Gaimans Werke kennt und den Autor zu schätzen gelernt hat, weiß, dass der Autor gerne mit gehaltvollen und tiefgründigen Dialogen glänzt und auch gerne mit verschiedenen Blickwinkeln auf ein und dieselbe Sache spielt. Auch diese Vorgehensweise findet man in „Die letzte Versuchung“ wieder und genau das ist es, was Fans des Autors sehen respektive lesen wollen.
Aber ein gute Story ist nur die halbe Miete bei einem Graphic Novel, die andere Seite sind die Artworks, die beim vorliegenden Comic von Michael Zullis realisiert wurden und komplett in schwarz-weiß gehalten sind. Das unterstützt auf jeden Fall die düster melancholische Stimmung, die die Erzählung grundsätzlich aufweist. Der Zeichner zeigt dabei viel Liebe zum Detail und arbeitet mit verschiedenen Schraffur-Arten, sorgt aber gleichzeitig auch für eine klare Trennung von Vorder- und Hintergrund. Sehr geschickt benutzt er Schatteneffekte, um seine kunstvollen Panels ins richtige Licht zu setzen und auch die Inszenierung der einzelnen Panels wirkt durchdacht und zeigt auflockernd unterschiedliche Perspektiven. Letztendlich passt der Stil sehr gut zur Erzählung, auch wenn er mit persönlich nicht hundertprozentig gefällt, aber das ist wieder einmal reine Geschmackssache.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungDer Band kommt als Hardcover und ist wieder einmal hervorragend produziert. Die Übersetzung erscheint gut und lässt sich flüssig lesen, was gerade bei Gaiman Geschichten ungeheuer wichtig ist. Extras gibt es keine, nur ein umfangreiches und informatives Vorwort von Gaiman, das man unbedingt lesen sollte.
Fazit:Mit “Die letzte Versuchung” erhält man einen typischen Gaiman-Comic respective eine typische Gaiman-Geschichte, die dazu noch von einem erstklassigen Zeichner umgesetzt wurde. Die Erzählung fesselt von der ersten Seite an und bringt all das mit sich, was man von Gaiman gewohnt ist: Skurrilität, bitterbösen Humor, Mystik, aber auch bezaubernde Dialoge und klassisch wirkende Bilder. Gaiman überlässt dabei nichts dem Zufall und präsentiert alles mit äußerst durchdachter Sorgfalt. Entgegen dem, was der Titel vermuten lässt, ist der vorliegende Comic nicht nur an Alice Cooper Fans gerichtet - tatsächlich spielt der Name nur eine sehr untergeordnete Rolle (fürs Merchandise schätze ich mal) - sondern sollte bei jedem Neil Gaiman Sympathisant im Regal stehen, vor allem da das Hardcover auch noch schmuck aussieht. Hervorragend!
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