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Kapuzinerschule 2 - Der Erbe
Bewertung:
(3.9)
Von: Martin Möller
Alias: Goemoe
Am: 25.01.2011
Autor:JB Djian, Vincent
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Mystischer, historischer Krimi/Thriller
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-228-0
Inhalt:51 Seiten, Hardcover, übergroßes Albumformat(230 x 320mm)
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

Die Kapuzinerschule 2 - Der Erbe ist der zweite Teil eines Krimis/Thrillers und die Geschichte setzt auch mittendrin wieder an. Ohne die Kenntnisse aus dem ersten Band versteht man nicht, was den Richter Aristide Cuchard und die Protagonistin Camille zusammenführt. Schon in Band eins wird klar, dass es ein besonderer Hintergrund ist, der Camille bewegt, nach 20 Jahren wieder zurück auf jene Insel zu gehen, auf der sie die Leute für den Tod/das Verschwinden einer gewissen Emma verantwortlich machen. Emma war die große Liebe von Camilles heutigem Ehemann Honoré Pencrec'h. Das ist auch einer der Gründe, warum Honoré gar nicht glücklich war, wieder an die Stätte seiner Kindheit zurückzukehren. Doch die Dinge entwickeln sich nicht, wie Camille es sich vorgestellt hatte. Honoré trifft durch einen magischen Unfall sein jugendliches Ebenbild wieder und verstrickt sich damit in Aktionen, die er vor seiner Frau geheim hält. Sie wiederum hat ihre eigene Agenda, die sie vor Honoré geheim hält. Das Ergebnis ist vorbestimmt: das gegenseitige Misstrauen wächst, sie reden und leben zunehmend aneinander vorbei und kommen sie mit jeder Seite des Bandes weiter auseinander. Diesen Umstand nutzt der umtriebige Richter Aristide Cuchard, für den es nur zwei Werte im Leben zu geben scheint: der Kampf gegen gotteslästerliche Magie und der Einsatz von Recht und Macht seines Amtes für seinen eigenen Vorteil. Oder nutzt doch nur Camille ihre körperlichen Reize, um Aristide zu steuern?

 

Was ist vor 20 Jahren an der Kapuzinerschule tatsächlich geschehen? Warum zieht Camille nicht in das große Herrenhaus auf der Insel, das ihr gehört? Was treibt den Pfarrer des Ortes mit vollen Säcken nachts in das angeblich leer stehende Herrenhaus und lässt ihn mit leeren Säcken das Haus wieder verlassen? Und warum lässt Camille das zu? Wer ist dieser angebliche Sohn der Eltern von Emma und warum hat gerade Camilles Vater einst dessen Studium fern der Kapuzinerschule bezahlt? Düstere Familiengeschichten der angesehenen Familien des Ortes tauchen auf und düstere Gedanken Camilles weihen den Leser in pikante Details der Vergangenheit ein. Ihr Gatte Honoré rückt dabei immer mehr in den Fokus von Camille und Richter Cuchard. Sie suchen einen Sündenbock für die immer selbstsüchtiger und irrationaler werdenden Ziele, die beide antreiben. Als ein Notar aus Paris erscheint und unvermittelt die Geschehnisse der Vergangenheit offenbart, scheint Honoré geliefert. Er ist das unschuldige Opfer übler Machenschaften, aber Camille hat das Geld und der Richter die Macht ihre Ziele durchzusetzen. Und was hat Honoré?

 

 

Schreibstil & Artwork

Wie schon im ersten Band wissen die Texte und Zeichnungen auch im zweiten Band durchgehend zu überzeugen. JB Djian versteht es, seinen Figuren Charakter zu geben. Leider tauchen viele Figuren, die in dem ersten Band noch ganze Seiten gefüllt haben, hier nur in leisen Nebenrollen auf und der Leser braucht zwingend die Informationen aus dem ersten Band, um überhaupt zu wissen, zu wem die Gesichter gehören. Die Geschichte verlagert sich im zweiten Band komplett auf Camille und ein großes Stück weg von Honoré, was aber der eigentlichen Geschichte hilft, denn Camilles Gedanken zu den verschiedenen Situationen werfen manches Licht ins Dunkel. Der Autor zeigt auf diese Art sehr gekonnt die vielen Seiten der Camille Desfhouet, dass der Leser mit ihr mitfiebert, sowohl bei ihren selbstsüchtigen als auch bei ihren sensiblen Zügen. Sehr gut gemacht! Es fällt auch positiv auf, dass viele kleine Details sehr bewusst und gekonnt in Szene gesetzt werden. Wie bei guten Krimis üblich, wirft die Geschichte bei aufmerksamen Lesern Fragen auf, die am Ende alle schlüssig beantwortet werden. Zum Beispiel meine Fragen, im obigen Teil (Inhalt).

Der Stil des Zeichners Vincent unterstützt die Geschichte perfekt. Seine stets ganz leicht überzeichneten Gesichter und das latent düstere Flair von Farben, Gebäuden und Umgebungen früherer Jahrhunderte runden diesen Band wundervoll ab. Diese beiden Autoren sollten noch weitere Comics zusammen erstellen. Wieder ist es Tanja Krämling, die ein französisches Werk perfekt übersetzt.

 

Qualität und Ausstattung

Wieder kommt der Band als Hardcover in übergroßem Format, wie bei Splitter üblich. Druck, Einband und Material sind wie immer hervorragend. Zwar kommt der Band mit einer Menge Skizzen zur Entstehung der beiden Bände, was sicher schön ist, doch gerade in einem solchen Folgeband, bei dem die Figuren und nicht die Action im Vordergrund stehen, wäre ein kleines Glossar der wichtigen Personen hilfreich und wünschenswert gewesen.

 

 

Fazit:

Alles in allem haben wir hier einen guten, historischen Comic-Thriller mit Tiefgang. Die Protagonisten und Nebendarsteller haben Charakter und Geheimnisse, die den Fluss der Geschichte maßgeblich beeinflussen, so soll es sein. Die eigentliche Geschichte ist solide, wird aber so gut gewürzt, dass Freunde von historisch angehauchten Krimis auf ihre Kosten kommen. Immerhin spielt die Geschichte in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ich hatte zwar keinen WoW-Effekt am Ende, doch so manche nette Überraschung bietet der zweite Band schon. Beide Bände haben ein ähnliches Niveau und sind durchaus zu empfehlen. Hoffentlich machen die Autoren noch mehr in der Richtung. Es sei angemerkt, dass in beiden Bänden ein Schuss Magie die Geschichte in Gang bringt und auch wieder abschließt. Das muss man natürlich mögen. Ich gebe hier 78% oder eben 3.9 Punkte.