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Fables 1 - Legenden im Exil
Bewertung:
(4.5)
Von: Gordon Gurray
Am: 25.01.2011
Autor:Autor: Bill Willingham, Zeichner: Lan Medina
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Fables
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86607-269
Inhalt:132 Seiten, Softcover, US-Format, US-Orginale: Fables 1-5
Preis:14,95 EUR
Sprache:Deutsch

Die „Fables“-Reihe ist keine nagelneue Reihe, sondern eine amerikanische Serie, die bereits seit 2006 sehr erfolgreich läuft und es in der deutschen Übersetzung mittlerweile schon auf 12 Bände und 5 Ableger (Jack of Fables) gebracht hat. Die ersten vier Bände wurden bei uns jedoch nie begutachtet, was wir nun (zumindest partiell) nachholen. Die bereits erschienen Reviews zu den Bänden 5-12 und Jack of Fables 1-5 findet ihr hier!

 

Inhalt:

Wer hat Rose Red ermordet?

Diese Frage stellt sich ganz Fabletown. Der Kreis der Verdächtigen ist groß: War es ihr Liebhaber Jack, ihre eifersüchtige Schwester Snow White oder der notorische Massenmörder Bluebeard? Fables erzählt die Geschichte von aus Märchen, Fabeln und Büchern bekannten (und weniger bekannten) Charakteren, die in unsere "reale" Welt fliehen mussten, und im New York der heutigen Zeit eine Zufluchtsstätte namens "Fabletown" gegründet haben. Dabei nimmt Bigby Wolf – seines Zeichens eins der große böse Wolf, den man aus einigen Märchen kennt – die Detektivarbeit, denn Bigby ist der Sheriff von Fabletown.

 

Schreibstil & Artwork:

Bill Willingham ist sowohl geistiger Vater, wie auch dauerhafter Autor der „Fables“. Während er später beständig beweist, dass er mit immer neuen und überraschenden Ideen auftrumpfen und seine Reihe spannend und einzigartig halten kann, fängt er im ersten Band sehr besonnen und bedächtig an. Das ist gut so, denn Willingham nimmt sich damit ausreichend viel Zeit, um die ersten Charaktere vorzustellen und dem Leser näher zu bringen. Dabei geht er sehr penibel und feinfühlig zu und schafft tiefgründige und vielseitige Charaktere, die dadurch sehr real und glaubwürdig werden. Storytechnisch ist der erste Band zu einem sehr großen Anteil eine Kriminalgeschichte. Zwar werden ein paar grundlegende Elemente – wie Fabletown, die Farm und auch der Feind – bereits erwähnt und angerissen, aber wobei es darum wirklich geht, erfährt man erst später in der Serie. In „Legenden im Exil“ geht es erst einmal um den Mord an Red Rose, der allerdings auch gravierende Auswirkungen auf die späteren Episoden hat. Autor Willingham scheint hier sehr vorausschauend an die Sache heranzugehen.

Die Story ist an sich gesehen unglaublich dicht und atmosphärisch, vor allem aber ist es das Setting das so umwerfend gut ist und auch in der Zukunft immer wieder überrascht (nun ja, ich kenne eben die späteren Bände auch alle). Es ist enorm interessant und spannend was der Autor aus den bekannten Märchenfiguren gemacht hat und wie er sie nicht nur teilweise sehr stark verändert präsentiert, sondern ihnen sehr viel mehr Tiefe und Gehalt gibt. Außerdem haben die Fables allesamt ihre ganz eigenen Persönlichkeiten. Die Neuinterpretationen haben es dabei wirklich in sich: Snow White (Schneewittchen) ist die stellvertretende Bürgermeisterin (und hat eigentlich die Zügel in ihren Händen). Von ihrem einstigen Märchenprinz ist sie längst geschieden, denn der ist nichts anderes als ein Playboy, der den Frauen nachstellt und sie in sein Bett schafft. Snow Whites Schwester Rose Red war eine davon und als Snow White die Beiden in Flagranti erwischte, war es aus mit der Ehe. Der böse Wolf – bekannt als Bigby – ist wie erwähnt der Sheriff und will so seine bösen Taten von früher wieder gut machen. Rose Red ist eine Draufgängerin und Goldi Locks eine Schlampe. Das sind nur ein paar der vorgestellten Charaktere und viele mehr kommen später in der Serie noch dazu, aber allesamt haben sie eben Persönlichkeit und Tiefe.

Die Kriminalstory des ersten Bands, die Suche nach dem Mörder von Rose Red, ist recht spannend gemacht. Vor allem da Jack (der Jack der verschiedensten Märchen) hier schon direkt eine wichtige Rolle spielt (später bekommt er wegen seiner Beliebtheit sogar seine eigene Spin-Off Serie). Jack ist ein Draufgänger, Aufschneider, Egoist, Geldgeier und Rockjäger, aber wahrscheinlich ist es genau das, was in so trottelig sympathisch macht. Wie auch immer, die Erzählung ist spannend und hat ein paar sehr gute Facetten, kann oftmals überraschen, ist aber streckenweise auch vorhersehbar. Das macht aber nichts, denn die Story funktioniert hervorragend. Vor allem die zahlreichen Ideen, die oft im Detail versteckt sind, machen die Sache so stimmungsvoll und fesselnd. Und nicht nur das, denn auch die Dialoge stimmen einfach, sind teilweise bitterböse schwarzhumoristisch, ironisch und niemals flach. Nicht umsonst wurde diese Serie mit zahlreichen Eisner-Awards ausgezeichnet.

 

Einen davon hat der philippinische Zeichner Lan Medina davon abgegriffen, der für diesen ersten Zyklus der „Fables“ verantwortlich zeichnete. Seine Artworks sind unglaublich detailreich und zeigen an allen Ecken und Enden massenhaft Feinheiten. Dabei bestechen die Illustrationen mit klar definierten Strichen und die Panels wirken trotz der hohen Detailfülle, niemals überladen. Der Zeichner hebt gekonnt die wichtigen Elemente heraus respektive setzt sie perfekt in Szene. Die Kolorierung ist dabei eher dezent gehalten und unterstreicht die facettenreichen Zeichnungen damit. Medinas Stil ist atemberaubend schön und weist der Serie ganz klar die Richtung und den Weg, auch wenn die Reihe bereits mit dem nächsten Zyklus (also dem zweiten deutschen Band) von dem ebenso grandiosen (vielleicht sogar noch besseren) Mark Buckingham übernommen wird, der die Serie dann auch sehr lange weiter betreut.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Der Band kommt als Softcover im US-Format. Produktionstechnisch auf obersten Niveau, beinhaltet der Band die ersten fünf US-Hefte. Extras gibt es keine, mit Ausnahme der Cover.

 

Fazit:

Der Auftakt der „Fables“ lässt schon erahnen, wie grandios und umwerfend diese Serie später noch wird, schon allein wegen dem erfrischenden und unverbrauchten Setting. Die Story des ersten Bandes ist dabei eine solide Kriminalgeschichte, die zwar nicht übermäßig überraschend endet, aber auf jeden Fall von der ersten Seite an sehr unterhaltsam und spannend ist. Zwar ist dieser Krimi nur die Spitze des Eisberges, denn die „Fables“ bewegen sich bald in eine viel interessantere Richtung, aber die Erzählung bietet viel Platz, um die verschiedenen Hauptcharaktere schon mal ausschweifend vorzustellen. Die Story weiß zu fesseln und macht schon alleine wegen der ultrawitzigen und oft bös ironischen Dialoge sehr viel Spaß.

Wer die „Fables“ bisher nicht kennt, sollte sich diesen ersten Band auf jeden Fall mal näher ansehen. Der Auftakt zu einer der besten und genialsten Serien des letzten Jahrzehnts!