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Comanche 7 - Der Mann mit dem Teufelsfinger
Bewertung:
(4.0)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 28.01.2011
Autor:Greg (Szenario) und Hermann (Zeichnungen)
Übersetzer:Dr. Marcus Schweizer
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Western
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-058-3
Inhalt:64 Seiten, Hardcover, Albumformat
Preis:15,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Ganz Greenstone Falls bereitet sich auf den großen Festumzug im Rahmen des Wahlkampfes von Richter Barton Robert Dillon vor, der sich anschickt Gouverneur von Wyoming zu werden. Die letzten Vorbereitungen sind getroffen, doch Red Dust, der als Deputy in der Stadt unterwegs ist, bleibt nicht um dem Spektakel beizuwohnen. Es ist sein letzter Tag als Deputy und so kann er endlich seine Entlassungspapiere unterschreiben und ist wieder ein freier Mann. Nichts scheint ihn mehr in dieser Stadt zu halten und so ist es nur ein leiser Abschied einzig von Ten Gallons, der in einer Seitenstraße auf ihn wartet.

 

Sein Weg führt Red Dust Richtung Norden, bis nach Montana, wo er hofft dem Fortschritt und den Vorschriften entfliehen zu können. Seine Reise verläuft friedlich, bis er unweit von Livingston, am Yellowstone an eine Gruppe von Männern gerät, die zwei Gefangene mit sich führen. Aber Red Dust besitzt genügend Menschenkenntnis, als dass er nicht ein sicheres Gespür für Unrecht hat. So befreit er die beiden Männer, die sich als die Farmer Bob Fletcher und sein Kumpel Baldy herausstellen. Beide wurden von ihrem Land vertrieben, auf dem sich ein großes Kupfervorkommen befindet. Nach dem Apex-Gesetz hat jeder Landbesitzer in Montana das Recht, eine Ader, die auf seinem Gebiet zutage tritt, vollständig abzubauen. Und so machte sich der Unternehmer Augustus Heinze daran die Nachbargrundstücke der Farm zu kaufen, um an das vorhandene Kupfer zu kommen und so ganz legal nach und nach den Boden der Farm im Rahmen der geltenden Gesetze aufzureißen, um die Ader abzubauen. Doch dies alleine war nicht der Grund für die Gefangennahme durch die „Wachmänner“ – beide haben sich gerächt und den Lohn der Minenarbeiter gestohlen um woanders eine neue Zukunft zu beginnen.

 

Fast scheint es, als sei Red Dust vom Regen in die Traufe gekommen. Der Zivilisation von Wyoming entkommen, trifft er auf ein raues Land, in dem das Recht des Stärkeren herrscht und das von zahllosen Minen der Anaconda Copper Mining Company geprägt ist. Doch er hat Glück, als er endlich auf eine Herde Rinder trifft, die Joseph Duncan und seiner Tochter Patricia gehören. Nach anfänglicher Skepsis willigen sie ein, Red Dust auf ihrer Farm zu beschäftigen, doch muss er hierzu seine Waffen abgeben.

 

In den nächsten Tagen hat Red Dust Gelegenheit sich ein wenig auf der Farm umzuschauen und muss feststellen, das sich hinter der Fassade des vermeintlich friedlichen Farmers weitaus mehr verbirgt. Scheinbar handelt es sich bei Joseph Duncan um niemand anderes als um Jed „Devil´s Finger“ Dexter – den Mann der schneller schießt, als man sehen kann und der sein altes Leben als Revolverheld hinter sich gelassen, um in Montana als Farmer einen Neuanfang zu wagen.

 

Zudem scheint aber die große Minengesellschaft Matthews & Powers auch an dem Land von Duncan interessiert zu sein und schickt drei Revolverhelden für Verhandlungen zur Farm, die zunächst noch friedlich verlaufen. Aber Red Dust kennt diese Art von Männer – üble Gestalten, die ohne mit der Wimper zu zucken für Geld töten. Duncan verweist die Männer seines Landes und will von ihrem Angebot nichts hören, doch diese werden sicherlich wiederkommen und beim nächsten Besuch dürfte es längst nicht mehr so friedlich von statten gehen. Und es kommt wie es kommen muss – die drei Revolverhelden kehren zurück, doch Red Dust und Jed „Devil´s Finger“ Dexter stehen bereit.

 

Schreibstil & Artwork:

Michel Régnier, besser bekannt unter seinem Pseudonym „Greg“, wurde am 5. Mai 1931 in Ixelles, einem Vorort von Brüssel geboren und zählt mit über 250 veröffentlichten Alben in gänzlich unterschiedlichen Genres unbestritten zu den ganz großen und enorm produktiven Autoren der franko-belgischen Comic-Szene.

 

Bereits im Alter von 16 Jahren veröffentlichte er 1947 im belgischen Magazin „Vers l'Avenir“ seinen ersten selbst gezeichneten Comic: „Nestor et Boniface“. Der Erfolg als Szenarist sollte Régnier allerdings in seiner Arbeit bestätigen und so begann er bereits recht früh als Texter für andere Zeichner zu arbeiten. So arbeitete er zwischen 1960 bis 1966 für die von André Franquin gezeichnete Serie „Spirou und Fantasio“ und verfasste auf Bitten Hergés ein Szenario für „Tim und Struppi“, das bedauerlicherweise jedoch nie als Album realisiert wurde.

 

Seine kreativste Schaffensphase hatte Régnier in der Zeit zwischen 1965 bis 1974, in der er als Chefredakteur des Magazins „Tintin“ arbeitete. Mit damals zum Teil noch jungen und recht unbekannten Zeichnern schuf er eine ganze Reihe von Veröffentlichungen, die sich später zu Klassikern des franko-belgischen Comics entwickeln sollten: Ab 1966 schrieb er für Hermann „Andy Morgan“, ab 1967 für Paape „Luc Orient“, ab 1968 für Vance „Bruno Brazil“ und ab 1970 - ebenfalls für Hermann – „Comanche“. Großen Bekanntheitsgrad erreichten diese Serien dann aber auch in Deutschland durch ihre Veröffentlichung in dem seit Anfang der 70er Jahre erschienenen Comic-Magazin ZACK.

 

Bis zu seinem Tod im Jahr 1999 schrieb Régnier insgesamt vierzehn große Abenteuer für „Comanche“ sowie einige Kurzgeschichten für diese Serie. Als sein langjähriger Zeichner Hermann nach dem zehnten Abenteuer ausstieg, übernahm Michel Rouge 1990 dessen Nachfolge. Bei seinem Tod im Oktober 1999, hinterließ er ein 19 Seiten umfassendes unvollendetes Szenario für ein fünfzehntes Abenteuer von „Comanche“: „Red Dust Express“. Dieses wurde im Auftrag des Verlagshauses Dargaud von Rodolphe und Michel Rouge beendet.

 

Regnier war einer der wenigen herausragenden Autoren, der sowohl in dem Genre „Humor“ als auch „Abenteuer“ durch geniale Szenarien überzeugen konnte. Doch Regnier zeigte noch viele weitere Talente: So agierte er als Roman- und Drehbuchautor, und wirkte für das Comic-Magazin „Tintin“ und das Verlagshaus Dargaud in führender Position, für das er auch viele Jahre in den USA verbrachte. Michel Regnier starb am 29.10.1999

 

Hermann wurde 1938 in Bévercé in der Nähe von Lüttich in Belgien geboren. Nach einem Studium in Möbeldesign arbeitete er zunächst als Innenarchitekt, entdeckte jedoch bald seine Liebe zu Comics und arbeitete ab 1964 unter anderem für die Magazine „Spirou“ und „Tintin“, wobei er für das Magazin „Spirou“ seinen ersten eigenen Comic schrieb und zeichnete.

Greg erkannte sein Talent und bat ihn, weiterhin als Comiczeichner zu arbeiten. 1966 begann er mit Greg als Texter mit der Serie „Andy Morgan“, die in der Zeitschrift „Tintin“ erschien. 1969 kam als weitere Serie „Comanche“ hinzu.

1977 begann er eigene Geschichten zu schreiben und realisierte die sehr erfolgreiche Serie „Jeremiah“, die er für den deutschen Herausgeber Koralle erfand und die bis heute erscheint. 1983 kam die im Mittelalter spielende Serie „Die Türme von Bos-Maury“ hinzu.

Neben den Serien entstanden viele Einzelbände, so auch der mittlerweile verfilmte Band „Lune de Guerre“ (Die Bluthochzeit).

 

Als einer der wohl bekanntesten und renommiertesten Zeichner besitzt Hermann die wunderbare (und zugleich wohl auch wundersame) Gabe sich selbst immer wieder zu übertreffen und neu zu erfinden: Egal ob es sich um Menschen, Tiere oder die Darstellung von Technik handelt – er schafft es sowohl die Dynamik als auch zahllose Details in sauberer Perfektion zu einem absolut harmonischen Bild zu vereinen. Meinem Erachten nach dringt hier immer wieder ein Stück weit der Innenarchitekt durch, der deutlich Proportionen, Bildfolgen und Farben zu einem in sich schlüssigen Gesamtwerk zusammensetzt. Dabei ist Hermann noch nicht einmal unbedingt ein Schmeichler, betrachtet man sich seine manchmal fast schon „kratzig“ erscheinenden Figuren im Comic „Comanche“, die im Laufe der Reihe immer prägnanter in ihrer Gestaltung werden.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

In Sachen Qualität steht auch dieser 7. Band der Reihe seinen Vorgängern in nichts nach: Die 64 Seiten umfassende, gebundene Hardcover-Ausgabe ist solide verarbeitet, das Druckbild frischer denn je und auch der Einband mit seinem dezenten Spotlack-Cover dürfte jeden Käufer (und auch Sammler) erfreuen. Wie in den vorhergehenden Ausgaben gibt es als Beilage das Titel-Cover als herausnehmbaren Kunstdruck, der dem Einband beigelegt ist. Die gelungene Übersetzung stammt wiederum von Dr. Marcus Schweizer.

 

In dem sehr informativen und lesenswerten Nachwort, von Volker Hamann, gibt es den zweiten Teil der Biografie von Greg nebst einigen Fotos und Abbildungen, die einseitige Kurzgeschichte „Mangelnder Respekt" und den Abdruck einiger Zeichnungen von „Comanche“, die der Ausstellung „Hermann goes Western“ in Brüssel sowie der Western-Ausstellung anlässlich des Comic-Salons in Erlangen 2010 entnommen sind und mit einigen lesenswerten Erläuterungen zum Zeichenstil der Reihe aufwarten können.

 

Als Sammler oder einfach nur als Liebhaber klischeebehafteter Western-Geschichten dürfte man auch mit diesem Band der Reihe wieder sicherlich vollends zufrieden sein, da man eine tadellose Ausgabe in Händen hält, die den Namen „Collector's Edition“ verdient.

 

Fazit:

Ein wenig drängt sich der Eindruck auf, als seien Greg und Hermann die Ideen ausgegangen, welche sie in Greenstone Falls und um die Tripple Six – Ranch ansiedeln können. So ist es durchaus naheliegend ihrem Protagonisten Red Dust einen nachvollziehbaren Ortswechsel zu gönnen, um der Geschichte wieder mehr Schwung zu verleihen. Unglaubwürdig wird Red Dust als Charakter nicht – ganz im Gegenteil. Das oftmals beiläufig thematisierte Eindringen der Zivilisation in den Wilden Westen erreicht bereits auf den ersten Seiten des Bandes seinen absoluten Höhepunkt: Die Wahlkampfvorbereitungen in Greenstone Falls und der Auftritt von Comanche in eher untypischer Frauenkleidung – dies alles sind Faktoren, die nicht so ganz zu den Männlichkeitsvorstellungen von Red Dust über Freiheit und Unabhängigkeit zusammenpassen wollen.

 

Was würde in diesem Kontext besser passen als ein anderes großes amerikanisches Thema, in welchem es um das Recht des Stärkeren, Kampf um das Eigentum und um die Pionierzeit des Wilden Westen geht: „Der Goldrausch“.

 

1850 wurde in einer Flusssenke in Montana Gold entdeckt. Goldsucher strömten in das Tal und in der Nähe der Senke entstand „Butte City“, die 1851 bereits mehrere 1000 Einwohner zählte. Der Goldrausch hielt allerdings nicht lange vor und „Butte City“ drohte eine Geisterstadt zu werden, bis 1872 Silber entdeckt wurde und ein neuer Boom einsetzte.

 

Und dann kam 1874 die eine Person die alles veränderte: Marcus Daly. Unter seiner Leitung entstand das wohl bekannteste Monopol: Die „Anaconda Copper Mining Co.“. Durch das entdeckte Kupfervorkommen wurde „Butte Hill“ praktisch über Nacht zum „reichsten Hügel der Welt". Heute wird geschätzt, dass täglich ca. 140 000 Tonnen Erz und Gestein bewegt und pro Stunde fast 2 000 Tonnen Erz über Förderbänder in die Erzschmelze transportiert wurden.

 

Als Fritz Augustus Heinze (* 1869 in Brooklyn, New York; † 4. November 1914 in Saratoga County) nach Butte kam, hatten die Unternehmer William Andrews Clark und Marcus Daly ihre Claims schon abgesteckt und waren im Kupferbergbau als die berühmten „Copper Kings“ etabliert. Doch Heinze nutzte geschickt Details der Bergbaugesetzgebung und die im Comic erwähnte Apex-Regelung, wonach jeder Landbesitzer das Recht hat, eine Ader, die auf seinem Gebiet zutage tritt, vollständig abzubauen - auch wenn sie quer durch den Landbesitz anderer Leute verläuft. Heinze verdiente durch sein Geschick ein Vermögen und wurde innerhalb kürzester Zeit der dritte „Copper King“.

 

Dass Red Dust bei seinem Ritt durch Montana auf den Farmer Joseph Duncan und seine Tochter Pat trifft, verleiht dieser Geschichte zusätzlichen Reiz, scheint er doch in dem ehemaligen Revolverhelden, der sich als Farmer zurückgezogen hat, auf einen gleichgesinnten Zeitgenossen gestoßen zu sein, den er beim spannend in Szene gesetzten Showdown unterstützt.

 

Wer die etwas antiquierten Geschichten aus dem Wilden Westen mit ihren Bösewichten und Helden mag, dürfte hier mit Sicherheit gut aufgehoben sein. Für mich besitzt diese Reihe ohnehin einen großen Charme, da ich die Geschichten zum Teil noch aus meiner Kindheit kenne und ich den Eindruck habe, dass sie wirklich etwas Zeitloses besitzen. Absolute Kaufempfehlung – nicht nur für Sammler!