Links zur Rezension AufmachungWie schon beim artverwandten John Sinclair Abenteuerspiel ist der erste Eindruck hervorragend. Das Format von etwa A5 ist handlich, das Hardcover fasst sich sehr gut an und macht einen stabilen Eindruck, da hätte es das schicke schwarze Lesebändchen fast gar nicht mehr gebraucht. Auf dem Buchrücken prangt neben dem Schriftzug „Justifiers Das Abenteuerspiel“ und dem schicken Ulisses-Logo noch eine große „1“, was wohl bedeutet, dass (ebenfalls wie beim „Bruder“ JS) die Produkte durchnummeriert werden sollen, was in jedem Bücherregal nur schick aussehen kann. Schon die Titelillu ist angenehm im Hintergrund angesiedelt und man erkennt merkwürdige Tiermenschen, die sich mit nicht sichtbaren Gegnern ein hitziges Feuergefecht liefern. Mehr zu diesen Tiermenschen folgt schon im nächsten Abschnitt... Zum Layout muss man nichts sagen – es ist klar und übersichtlich; gut gegliedert und die Illustrationen passen gut zur Welt (auch wenn sie wohl nicht jedermanns Sache ist).
Die ebenso rührselige, wie vielleicht wahre Geschichte hinter dem Spiel ist folgende: Markus Heitz erinnerte sich an ein kleines schnuffeliges System aus den Mitt-Achzigern, erwarb die Lizenz aus Nostalgie und großer Begeisterung und frage Ulisses, ob sie bereit wären, es mit ihm herauszubringen. Eine alternative, vielleicht aber unwahrere Genese könnte sein, dass Ulisses nach dem Erfolg des John Sinclair Abenteuerspieles gerne ein weiteres solches Spiel herausbringen wollte und mit Markus Heitz einen großen Namen der deutschen Fantasy-Szene an Land ziehen konnte, um es erfolgreicher zu vermarkten. Sei es, wie es sei, sehen wir uns das Spiel doch mal genauer an.
Inhalt„Beta“ ist das Zauberwort. Im Justifiers-Spiel spielt man diese Tier-Mensch-Hybride, die von großen Korporationen im Labor künstlich hergestellt werden, um fremde Planeten erforschen zu können.
Ganz grob ist das Buch unterteilt in eine (lange) Kurzgeschichte von Markus Heitz, den Regelteil, ein Beispielabenteuer und kopierbare Karten, die im Spiel verwendet werden können.
In der Kurzgeschichte führt der Beta „Ice McCool“ - überraschenderweise ein Eisbärenmeta – in die Hintergrundwelt ein und vermittelt Spielleiter und Spieler ein Gefühl für das Setting. Im Anschluss folgen weitere Setting-Spezifika wie eine Timeline von 2018 AD bis 3042 AD (heute), ein Abschnitt zum Leben im Jahr 3042 und eine kleine Vorstellung von Gauss Industries. Nachdem nun – um mal eines der Steckenpferde von Jörg D. zu zitieren – der gemeinsame Vorstellungsraum synchronisiert ist, kann es ja endlich losgehen. Wir befinden uns übrigens schon auf Seite 53. „Echte Rollenspieler“ können die nächsten zehn Seiten überspringen, denn es wird von der Pike auf erklärt, wie man sich einen Abend mit diesem mysteriösen, neuen Spiel vorstellen kann. Völlige Neulinge in diesem Bereich erhalten hier allerdings wichtige Hinweise, die zum Erfolg des Spieles beitragen können und der Spielleiter erhält Hilfen an die Hand, wie er potentielle Spieler mit wenigen Sätzen für das Spiel gewinnen kann. Eine nette Idee, die ich sonst noch nirgends gesehen habe. Kommen wir zum Wichtigsten: der Charaktererschaffung. Die geht angenehm schnell, da nur wenige Entscheidungen zu treffen sind, der Charakter aber schon so angelegt werden kann, wie der Spieler es wünscht. Man verteilt Punkte auf die drei Attribute Körper, Geist und Seele und die ihnen zugeordneten Fertigkeiten wie zum Beispiel Athletik und Survival (Körper), Technik und Wissen (Geist) sowie Charisma und Wahrnehmung (Seele). Nun kann man noch ein paar Fertigkeiten kaufen, bestimmt Ausdauerwert, Abenteuerpunkte und Schicksalspunkte, legt den Beta-Typ fest und im Prinzip war es das schon. Diese Stelle ist auch die einzige, die ich kritisieren möchte. Zuerst werden die Elemente des Charakterbogens erklärt, dann kommen die Kampfregeln und im Anschluss eine Schritt-für-Schritt-Charaktererschaffung. Das finde ich didaktisch von der Reihenfolge her nicht besonders geschickt gelöst, aber das ist wie gesagt der einzige Haken. Der Rest des Buches ist absolut selbsterklärend und gut strukturiert. Angriff und Verteidigung sind an dieser Stelle schnell erklärt und sind in Form einer mathematischen Formel auch optisch übersichtlich dargestellt: Angriffswert = Attribut + Fertigkeit + besondere Eigenschaften + Waffen-Boni + Ausrüstungsboni +/- Modifikationen Fast gleiches gilt für den Verteidigungswert; nur dass Waffenboni gegen Ausrüstungsboni vertauscht werden müssen. Der Mechanismus ist einfach. Ich nehme mir so viele 6er Würfel, wie mein Wert angibt und muss mehr 5en und 6en würfeln, als der Verteidiger erreicht. Insgesamt ist das gesamte System auf den W6 abgestimmt – auch eine Maßnahme, um das Spiel jedem zugänglich zu machen, denn W6 hat man immer im Haus, selbst wenn man den Kniffelbecher plündern muss. Proben werden abgelegt, indem Attribut, Fertigkeit und Bonus/Malus gewürfelt werden – alle 5er und 6er sind Erfolge, eine bestimmte Anzahl von Erfolgen muss erreicht werden. Fertig. Zurück zur Charaktererschaffung: Man erledigt die oben genannten Schritte – an Beta-Typen gibt es dann: Armadillo, Bison, Eisbär, Fuchs, Katze, Nashorn, Schimpanse, Sibirischer Tiger, Waschbär und Wolf. Je nach Eignung kann man jetzt mit einer Spezialisierung kombinieren: Aufklärer, Feldarzt, Feldtechniker, Kontaktspezialist, Pilot, Sicherheitsexperte, Waffenexperte und Wissenschaftsexperte. Nun folgen einige Beispielcharaktere und ein kurzes Kapitel mit Waffen und Ausrüstung und wir können direkt ins Abenteuer durchstarten. Das Abenteuer beginnt damit, dass die Gruppe ihr Shuttle zusammenstellt und sich auf die Expedition vorbereitet. Zwei Teile machen nun das eigentliche Abenteuer aus: der Explorationsmodus und der Abenteuermodus. Im Explorationsmodus müssen die Stärken der jeweiligen Betas gezielt eingesetzt werden, um möglichst schnell und gründlich zu erkunden, wodurch Credits gewonnen werden können, mit denen sich die Betas im Laufe des Spiels freikaufen können. „Mission 11“ ist schließlich ein erstes Beispielabenteuer. Dieses Abenteuer ist extrem gelenkt und verläuft nach ganz klar vorherbestimmten Strukturen. Dieser Satz birgt auch den großen Vor- und den ebenso großen Nachteil des Abenteuerspiels: Justifers spielt sich unglaublich gut, ist leicht vorzubereiten und jeder kann sich einbringen. Justifiers zwängt Spieler und Spielleiter in ein enges Korsett. Das in vier „Unter-Abenteuer“ unterteilte Abenteuer ließ sich locker an zwei Abenden spielen – geplant sind laut Text etwa vier Stunden – und hat allen Beteiligten Spaß gemacht. Glücklicherweise hatte ich mit meinen Spielern (alle Marke: gestandener Rollenspieler) vorher schon einmal das John Sinclair Abenteuerspiel gespielt, so dass sie darauf vorbereitet waren, und sich auf diese etwas andere Art von Rollenspiel einließen. Wo wir schon bei JS sind – neben minimalen Anpassungen in den Grundregeln besteht der Hauptunterschied im Explorationsmodus, so dass das gesamte Spiel sich irgendwie „freier“ anfühlt, als es beim „großen Bruder“ ist.
Ein paar Worte zu den Karten: Der Satz bietet 150 Karten, die benötigt werden, um vernünftig spielen zu können. So gibt es Erzählerkarten, Gegner, Erkundungsfahrzeuge, Regionskarten, Karten zum Zusammenstellen von Shuttles und die Karten, die im Beispielabenteuer zum Einsatz kommen. Zusätzlich gibt es eine Startspieler- und eine Explorationsstarstspielerkarte, sowie die Fundstücke auf Holz 11. Die Karten selber sind schmucklos, aber zweckmäßig und aus stabiler, wenn auch dünner Pappe. Man kann die Karten zwar auch auf der Homepage herunterladen oder aus dem Buch herauskopieren, aber bevor die dann verwendbar sind, muss Pappe untergeklebt werden und dann kann man auch direkt die paar Euro für das offizielle Set ausgeben.
Fazit:Wem also kann man das Spiel empfehlen? Ganz klar Einsteigern in den Bereich „Rollenspiel“ - sprich: experimentierfreudigen Brettspielern oder Rollenspielern, die ohne viel Vorbereitung „einfach mal drauflos spielen“ wollen und sich darauf einlassen können, dafür weniger Wahlmöglichkeiten im Spiel zu haben und sich nicht an fremden Elementen wie Spielkarten stören.Sehr positiv ist die Netz-Unterstützung zu nennen, denn die drei Hauptköpfe hinter Justifiers – Markus Plötz, Markus Heitz und André Wiesler - kümmern sich im Rahmen von www.justifiers-spiele.de liebevoll um die „Just News“, von denen vor kurzem Ausgabe 2 erschienen ist. Für Interessierte ist die genannte Seite sowieso eine gute Anlaufstelle, denn es gibt dort Spielhilfen, Errata und Auszüge aus dem Buch sowie das hörenswerte, 70 Minuten lange Audiofile „Das Leben 3042“.
Heißer Lese-Tipp für Justifiers-Fans und solche, die es werden wollen, ist der Roman „Collector“ - Heitz' erster Sci-Fi-Roman aus dem Justifiers-Universum.
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