Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Prometheus 3 - Exogenesis
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 10.03.2011
Autor:Christophe Bec (Autor und Zeichner) und Alessandro Bocci (Zeichner)
Übersetzer:Resel Rebiersch
Typ:Comic
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-085-9
Inhalt:56 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Erneut springt die Geschichte mit einzelnen Episoden zwischen verschiedenen Jahrhunderten und wechselnden Schauplätzen und führt den Leser zu Beginn sogar 73.000 Jahre vor Christus nach Toba (Sumatra), wo er Zeuge wird, wie Urzeitmenschen Zeuge eines gewaltigen Vulkanausbruches werden. Somit gibt es direkt einen Schwenk in die Wissenschaft, wonach gemäß der unter Paläoanthropologen nicht unumstrittenen Toba-Katastrophen-Theorie die Ausbreitung des Menschen durch diesen gigantischen Vulkanausbruch nachhaltig beeinflusst wurde.

 

Ohne weitere Erklärung geht es in das Jahr 1513 nach Darién (heute eine Provinz Panamas im Grenzgebiet zu Kolumbien), wo spanische Konquistadoren von einem Erlebnis mit einer seltsamen Metallstadt sprechen und beschließen das verfluchte Land zu verlassen, um sich zurück in ihre Heimat zu begeben – doch die Schiffe, mit denen sie gelandet sind, scheinen spurlos verschwunden zu sein.

 

Am 16.08.1976 macht sich die Mission Apollo XX auf der Rückseite des Mondes daran, ein außerirdisches Raumschiff zu untersuchen, welches die menschliche Vorstellungskraft bei weitem übersteigt und scheinbar schon seit Jahrtausenden hier verborgen liegt. Doch scheint eine seltsame Kraft in diesem Raumschiff zu wohnen, welche die Expedition mehr als nur in Bedrängnis bringt.

 

Gegenwart: In Bay Pines in Florida werden auf dem National Cemetery die Toten des letzten Fluges der Atlantis-Raumfähre beigesetzt. Colin Kramer, der Kommandant dieser Mission und der einzige Überlebende der vier Besatzungsmitglieder, befindet sich in psychologischer Behandlung und kann sich nur schwer an die Geschehnisse erinnern, die an Bord der Raumfähre stattgefunden haben und bei der seine drei Kameraden auf mysteriöse Art und Weise ums Leben gekommen sind.

 

Bec wird in seinem atemberaubenden Reigen der unterschiedlichen Akteure und Protagonisten nicht müde, den Leser mit immer neuen Geschehnissen und Bildern einzudecken, die allesamt aufeinander aufbauen, aber nie geradlinig verfolgt werden. Es gibt neue Charaktere, wie beispielsweise Hassan Turan, einen Archäologen, ein Wiedersehen mit der Besatzung des U-Bootes USS Thunder Bay ebenso wie mit dem Golfprofi, der sich, abgestürzt mit seinem Sportflugzeug, immer noch auf einer scheinbar einsamen Insel befindet, wo er eine seltsame Entdeckung macht.

 

Weiteres Unheil ereignet sich aber auch aktuell um 13.13 Uhr und Kellie Lambert, die Nachrichtensprecherin von Fox News Channel, sorgt weiterhin dafür, dass diese Geschehnisse nicht am Leser vorbeiziehen. Doch in Jacksonville in Florida gibt es die wohl aufschlussreichste Passage des Bandes: Ein Dialog zwischen Mr. Spaulding, dem Flugleiter der NASA, und einer Professorin, die sich mit den Begegnungen mit Außerirdischen in der gesamten Geschichte der Menschheit auseinandersetzt.

 

Schreibstil & Artwork:

Der französische Zeichner und Szenarist Christophe Bec wurde am 24.04.1969 in der südfranzösischen Stadt Rodez geboren. Seit frühester Kindheit war Christophe Bec von Comics begeistert und so wundert es nicht, dass er bereits mit elf Jahren ein eigenes 46-seitiges Album mit dem Titel “ L'Enigme Bright“ gezeichnet hat. Held in diesem ersten Comic von Bec war ein Reporter namens Guy Rébut, der allerlei Abenteuer erlebte. Gemeinsam mit seinem Bruder Guilhem erschuf er einige Jahre später das Fanzine „Esquiss“ mit einer bescheidenen Auflage von 50 Exemplaren, welches die beiden in ihrer Heimatstadt an den Mann zu bringen versuchten. Der Erfolg dieses kleinen Fanzine sollte sich allerdings erst 1990 einstellen, als es für den „Alp´art“ in der Kategorie „Bestes Fanzine“ auf dem Comic-Festival in Angoulême nominiert wurde. Noch im gleichen Jahr bestand er die Aufnahmeprüfung an der Kunsthochschule in Angoulême und traf dort einige andere talentierte junge Künstler, so zum Beispiel Eric Hübsch, Servain, David Prudhomme und Aristophane, die zum Teil entscheidenden Einfluss auf seinen eigenen Stil hatten.

 

Bec erhielt 1991 die Anfrage des Fremdenverkehrsamtes von Marvejols einen historischen Comic zu zeichnen und so entstand innerhalb von nur vier Monaten „La Bête du Gévaudan“, von dem über 3.000 Exemplare verkauft wurden. Als erfolgversprechender Nachwuchskünstler unterzeichnete er 1992 nach seinem Studium einen Vertrag für den Verlag „Soleil“. Sein erstes Album für „Soleil“ erschien 1993 unter dem Titel „Dragan - Les Geôles D'Avade“ und basierte auf dem Szenario des überaus produktiven Autors Eric Corbeyran. 1997 erschien in Zusammenarbeit mit Richard Marazano der erste Band von „Zéro Absolu“ und mit dem Szenaristen Xavier Dorison entstand 2001 der erste Band der Reihe „Santuaire“ („Heiligtum“) für den Verlag „Humanoïdes Associés“, der sich zu einem Bestseller entwickeln sollte und bislang auf über 150.000 verkaufte Alben zurückschauen kann.

 

Im Jahr 2004 entstand der One-Shot „Anna“, nach einem Szenario von Stéphane Betbeder, den Christophe Bec bei dem kleinen Verleger „La Boîte à Bulles“ veröffentlichte. 2006 folgte der apokalyptische Western-Reihe „Le Temps des Loups“ und der Militärthriller „Bunker“ für „Humanoïdes Associés“. Seine nächste größere Arbeit folgte 2008, in der er mit dem ersten Band der auf drei Bände konzipierten Reihe „Prometheus“ ein überaus ambitioniertes Projekt vorstellte.

 

Nach einer Fülle von kurzen Episoden mit unterschiedlichen Schauplätzen, die uns Bec in den vorangegangenen beiden Bänden präsentiert hat und die irgendwie alle in Verbindungen miteinander zu stehen scheinen, wird er nicht müde auch im dritten Band mit dieser Konzeption fortzufahren und den Leser erneut mit eine Fülle von seltsamen Geschehnissen aus Vergangenheit und Gegenwart zu konfrontieren. Das bereitet auf der einen Seite großen Spaß, ist aber manchmal auch recht mühsam, wenn man der Geschichte als Gesamtheit folgen will.

 

Zentraler Mittelpunkt in diesem Band ist die Hypothese der „Panspermie“, die man noch am ehesten als „Saat aus dem All“ übersetzen könnte. Diese geht davon aus, dass sich einfache Lebensformen über große Distanzen durch das Universum bewegen und so die Anfänge des Lebens auf die Erde brachten. Aber auch die Prä-Astronautik, die sich mit der These beschäftigt, dass Außerirdische in der Frühzeit der Menschheit die Erde besucht und die menschliche Zivilisation beeinflusst oder sie sogar erst geschaffen hätten, wird bemüht, um für noch mehr Verwirrung zu sorgen. Das Ganze ist atmosphärisch recht dicht erzählt und so fragt man sich unweigerlich, was wäre, wenn es sich nicht um pseudo-wissenschaftliche Spinnereien handelt?

 

Es gibt allerdings für den Leser in diesem Band nicht nur Verwirrung, sondern auch die Gelegenheit, die bisherigen Geschehnisse in komprimierter Form auf sich wirken zu lassen, da es eine Zusammenfassung der bisherigen aktuellen Ereignisse im Comic selbst innerhalb einer Nachrichtensendung gibt und hierdurch auch eine gewisse Linie erkennbar wird.

 

Dieser Band kann aber auch mit einer Neuerung aufwarten, da Bec sich als Unterstützung den italienischen Zeichner Alessandro Bocci verpflichtet hat. Als Zeichner ist Bocci Autodidakt und hat erst mehrere Jahre im Vermessungswesen gearbeitet, bevor es ihn endgültig in den Beruf des Comiczeichners brachte. Für den italienischen Autor Ade Capone zeichnete er etliche Episoden der Kultserie „Lazarus Ledd“ für Star Comics, die es auf mehr als 150 Hefte und etliche Specials bringt.

 

Gemeinsam mit Bocci pflegt Bec in „Prometheus“ auch weiterhin einen fast schon fotorealistischen Stil, wobei allerdings die Bilder nunmehr etwas weicher und gefälliger aussehen, was aber auch an der Kolorierung von Sébastien Gérard liegen kann. Die Akteure sind mit sicherer Linienführung zu Papier gebracht, wirken aber nicht mehr ganz so hölzern wie in den beiden ersten Bänden der Reihe. Auch in diesem Band gibt es einige sehr schöne, großformatige Panels zu entdecken, in denen sich Bec und Bocci in einer Flut von beeindruckenden Details austoben.

 

Das Erzähltempo der Bilder selbst hat nur wenig an Geschwindigkeit eingebüßt und so dominieren auch weiterhin zahlreiche parallele Handlungsebenen, bei denen der Leser sich konzentrieren muss, um Anschluss an die Entwicklung der Geschichte zu behalten.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Die Qualität des vorgelegten Bandes ist einwandfrei, da sowohl die Verarbeitung als Hardcoverband als auch die Druckqualität absolut überzeugen kann. In Sachen Ausstattung gibt es auch in diesem Band bedauerlicherweise keine Extras. Die Übersetzung stammt wiederum von Resel Rebiersch, die es geschafft hat, die manchmal recht spröden und langen Ausführungen der Protagonisten in der Mitte des Bandes in angenehm zu lesende Texte zu übersetzen.

 

Fazit:

Das Konzept, welches Bec mit seiner Geschichte in der Reihe „Prometheus“ verfolgt, ist sicherlich erzählerisch mehr als ungewöhnlich und verlangt dem Leser viel ab. Immer wieder erhält man neue Bilder, Dialoge und Informationen, die scheinbar in keinerlei Zusammenhang miteinander stehen und deren Sinn sich bislang nicht recht erschließen mag. Es gibt zwar einige Akteure, wie beispielsweise die Moderatorin Kellie Lambert oder den NASA-Mitarbeiter Spaulding, denen man als Leser immer wieder begegnet, allerdings verzichtet Bec auch weiterhin auf einen zentralen Protagonisten, den er ins Rennen schickt und der die Fäden in der Hand hält.

 

Die bislang immer wieder thematisierten Außerirdischen erhalten nunmehr – zumindest theoretisch – einen Erklärungsansatz und man fragt sich, ob die Dinge vielleicht wirklich so sein könnten, wie sie Bec als Autor ausführt. Es ist gerade diese Mischung aus einer scheinbaren Verschwörung, die vielleicht von den Amerikanern angetrieben wird und dem dumpfen Gefühl, doch nur eine Art Experiment für eine außerirdische Gewalt zu sein, die beim Lesen dieses Bandes für Spannung sorgt.

 

Ausgelegt auf nunmehr insgesamt sechs Bände dürfte den Leser dieser Geschichte, die zwar im Moment nicht unbedingt viel mit dem sagenumwobenen Prometheus zu tun hat, auch weiterhin ein eher unkonventionelles Lesevergnügen erwarten, auf dessen Ende ich sehr gespannt bin.