Links zur Rezension Konzerndossier kann als geistiger Nachfolger von Unterwelten aufgefasst werden. Befasste sich dieses mit den Syndikaten der Sechsten Welt, so dreht sich in Konzerndossier alles um, nun ja, Konzerne.
Artwork & DesignPegasus hat Konzerndossier mit dem, für Shadowrun-Publikationen, üblichen Design und hohem Standard hergestellt. Die Bindung hält, was sie verspricht und das Papier ist angenehm dick und sorgt für ein angenehmes Blättergeräusch. Das Cover von Konzerndossier ist ganz passabel, auch wenn aufmerksamen Beobachtern auffallen dürfte, dass der Hintergrund des Covers schon einmal als Vorderseite verwendet wurde, nämlich bei Konzernenklaven. Dieses Recyceln von Covern gibt leider einen Punktabzug, denn wenn schon, dann bitte nicht so auffällig kopieren. Die Qualität der anderen Illustrationen des Buches schwankt stark, mal findet man eines, das faszinierend gut ist, mal eines, das man am liebsten aus dem Buch reißen würde. Und natürlich wurden sie wieder komplett in Schwarz-Weiß gehalten. Zudem passen die Bilder häufig einfach nicht zum Text. Positiv anzumerken ist aber das Lesebändchen und das, in der deutschen Ausgabe, zusätzliche ADL-Kapitel. Es gibt zwar immer noch keinen Index in diesem Buch, aber durch die vielen, gut strukturierten Kapitel reicht dieses Mal das Inhaltsverzeichnis vollkommen aus.
InhaltKonzerndossier ist in ganze fünfzehn Kapitel unterteilt. Das gibt nicht viele Seiten pro Kapitel her. Trotzdem, oder gerade deswegen, lässt es sich ziemlich zügig und flüssig lesen. Das erste Kapitel, „Megakon-Shuffle“ stellt Konzerne im Allgemeinen vor. Es klärt auf, was ein Konzern überhaupt ist, wie er gegründet wird, welche legalen und illegalen Waffen die Konzerne benutzen und natürlich für Runner das Wichtigste: Was die Einstufungen A, AA und AAA überhaupt bedeuten. Zusätzlich stellt es den kompletten Konzerngerichtshof und grob das Zürich-Orbital vor. Dieses Kapitel ist ganz nützlich, wenn man ein Abenteuer in der Gründungsphase eines Konzerns spielen möchte und hilft vollkommen unerfahrenen Spielleitern, indem es zumindest ein paar Grundlagen zur Wirtschaft liefert. Für langjährige Spieler wird es aber wenig neue Informationen bieten.
„Konzernleben“ beschreibt den Alltag eines Konzernbürgers von Kindesbeinen an. Dazu kommen allgemeine Informationen zur Mitarbeiterpolitik und Ethik der Konzerne. Auch wie man einem Konzern beitritt, sollte man das wollen, wird erklärt. Alle Informationen bieten einen Einblick, wie Konzernbürger ihren „Staat“ sehen, kratzen jedoch meist aufgrund der wenigen Seiten nur an der Oberfläche.
Die folgenden zehn Kapitel beschäftigen sich jeweils mit einem der großen Zehn. Da der Aufbau der Kapitel (nicht jedoch der Schreibstil) sich stark ähnelt, werde ich nicht jedes Kapitel extra beschreiben. Zunächst wird von jedem Konzern die Entstehungsgeschichte aufgerollt und wie seine jetzigen Besitzer an ihre Anteile gekommen sind. Die Besitzer und andere wichtige Persönlichkeiten innerhalb des jeweiligen Konzerns werden ausgiebig vorgestellt, häufig als mögliche Auftraggeber für Shadowrunner. Nicht fehlen darf eine Beschreibung der Struktur und der Kultur der Unternehmen. Ein Megakon zeichnet sich vor allem durch seine Produkte und Dienstleistungen aus, die er und seine vielen Tochterfirmen anbietet und deshalb werden auch dazu Fakten geboten. Meist sind die Abteilungen in einzelne Kontinente aufgeteilt. Schließlich werden bei den meisten Megakons noch ihre Besonderheiten bei der Vergabe von Aufträgen für Shadowrunnern erläutert. Wohlgemerkt, bei den meisten. Und das finde ich schade, denn gerade diese Informationen wären doch für Spielleiter und Shadowrunner besonders interessant gewesen. Auch fehlt eine Persönlichkeitsbeschreibung des Kopfes von Saeder-Krupp, Lofwyr. Genau eine solche hätte ich mir aber in so einem Buch gewünscht und auch erwartet. Trotz der Kritikpunkte sind diese Kapitel sehr gut geschrieben und: Sie machen aus dem Einheitsbrei namens Megakon zehn ganz individuelle Konzerne, die nach der Lektüre deutlich voneinander zu unterscheiden sind. In meinen Augen eine bitter nötige Maßnahme. Endlich weiß man, womit die Konzerne das Geld verdienen, das sie den Runnern geben und warum sie es den Runnern geben. Auch schön ist, dass von jedem Konzern der Werbeslogan abgedruckt ist. So kann man den Spielern subtil die Persönlichkeit des Konzerns näher bringen.
Unter den Kapiteln das Dreizehnte, kümmert sich um „Aufstrebende Mächte“, also Konzerne, die den A oder sogar AA-Status erreicht haben und noch immer nicht aufhören wollen. Darunter findet man alte Bekannte, wie Manadyne, den Frankfurter Bankenverein oder auch Amalgamated Studios aber auch einige Unbekannte, wie Aegis Cognito oder Chalmers & Cole. Die Beschreibung der Konzerne ähnelt denen der Megakons, fällt jedoch deutlich kürzer aus. Leider gibt es hier nicht zu jedem Unternehmen einen Slogan.
Für die Spieler in der ADL hat Pegasus ein weiteres Kapitel geschaffen. „Konzerne in der ADL“ besteht aus der Beschreibung der Tätigkeiten der zehn Megakons (wobei Saeder-Krupp natürlich den Löwenanteil des Abschnittes einheimst) und Zusätzen zu den schon im vorherigen Kapitel vorgestellten deutschen Konzernen. Außerdem werden auch einige neue Konzerne vorgestellt, wie die BuMoNA oder Ruhrmetall. Man spürt beim Lesen dieses Kapitels, dass die Megakons mehr einen Pflichtteil für die Autoren darstellten und sie sich dann bei anderen Konzernen ausgetobt haben. Der zweite Teil liest sich einfach besser und ist deutlich interessanter. Schön ist auch die Übersichtskarte, die die wichtigen Konzernquartiere und Arkologien in der gesamten ADL darstellt. Allerdings ist mir auf der Karte und im Kapitel ein Widerspruch aufgefallen. Denn im Wuxing-Kapitel wurde gesagt, dass sie in Europa kaum vertreten sind und die Orte genannt, in denen der Konzern eine Abteilung hat. Hamburg war nicht dabei. Allerdings steht dann plötzlich das ADL-Hauptquartier Wuxings am Hamburger Hafen. Es ist zwar nicht unbedingt ein Fehler, aber es stört mich trotzdem ein wenig.
Das letzte Kapitel schließlich heißt „Spielinformationen“. Es bietet Vorschläge für Spieler und Spielleiter die einmal die Seiten wechseln und eine Konzernkampagne spielen möchten. Wenn die Gruppe also zum Beispiel im Sicherheitsdienst oder als Spezialtruppen des Konzerns arbeitet. Persönlich finde ich die Idee sehr schön, aber ich hätte mir ein wenig mehr als nur vier Seiten dafür gewünscht.
Fazit:Konzerndossier ist was der Name verspricht. Ein Dossier über all die Konzerne, auf die man während seiner Runnerkarriere so treffen kann. Das Buch schafft es, die Konzerne individuell und einzigartig darzustellen, so dass der Leser endlich eine klare Vorstellung hat, was die einzelnen Megakons ausmacht und sie nicht mehr nur die Leute hinter Mr. Johnson oder das Ziel von Aufträgen sind. Auch einige kleinere Konzerne erhalten durch Konzerndossier ihre Existenzberechtigung. Oft hat man zwar den Eindruck den Großteil der Dinge schon einmal gelesen oder gehört zu haben, aber es ist auch viel Neues dabei und auch das bereits Bekannte wurde vorher nicht so komprimiert auf einer Stelle geboten. Auch die Vorschläge, wie man einmal die Seiten wechseln und im Konzern arbeiten kann, finde ich sehr gelungen, wenn auch recht kurz geraten. Die Übersetzung und das Lektorat sind einwandfrei. Ich habe ausnahmsweise einmal überhaupt nichts daran auszusetzen. Trotzdem muss ich einige Abzüge in der B-Note erteilen, der teilweise unpassenden Bilder wegen und der ab und zu unzureichenden Informationen, wie den fehlenden Besonderheiten in Bezug auf Shadowruns bei einigen Konzernen. Auch allgemein hätte es ab und zu gerne etwas mehr sein können. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Unterm Strich muss ich also sagen: Für jeden, der ernsthaft Shadowrun spielt, ist dieses Buch Pflichtlektüre.
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