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Orbital 2.2 - Verwüstung
Bewertung:
(3.8)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 28.04.2011
Autor:Sylvain Runberg (Autor) und Serge Pellé (Zeichner)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Science-Fiction
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-109-2
Inhalt:48 Seiten, Hardcover, Albumformat
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Die Lage in Kuala Lumpur spitzt sich zu und die Menschen sind aufgebracht, da die Konföderation wegen der bevorstehenden Zeremonie das Massaker an den Fischern in den Mangroven herunterzuspielen scheint. Doch der Unmut schafft sich Luft und im Viertel der Fischer bricht ein Aufstand aus. Die Sicherheitskräfte sind umgehend vor Ort, um die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. Auch Kaleb Swany und sein Partner, der Sandjare Mezoke Izzua (wobei man als Leser nach wie vor nichts über das Geschlecht von Mezoke weiß) machen sich auf den Weg. Nur mit knapper Mühe gelingt es ihnen einen Angriff zu überleben und mit Hou-Chi, der zum Verband der Fischer gehört, zu reden und in Verhandlungen zu treten.

 

Während man in Kuala-Lumpur noch mit den Fischern verhandelt und der Innenminister zu drastischen Zugeständnissen bereit ist, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen, sind Nina und ihr lebendes Raumschiff, das Semi-Autonom Angus, unterwegs, um den Hinweisen nachzugehen, welche sie von den Rapakhuns über deren letzten Aufenthaltsort erhalten hatten. Dabei macht Nina eine überaus interessante, aber auch schlimme Entdeckung. Scheinbar haben Wilderer versucht, eine Gruppe von seltenen Nargoval zu harpunieren, wobei einer ihrer Gleiter abgestürzt ist. Bei der Untersuchung des Gleiters findet Nina einen Überlebenden, von dem sie sich weitere Informationen zu erhalten erhofft. Tatsächlich weiß der gerettete Sulfurer was die Zone auf dem Planeten verwüstet hat und berichtet Nina darüber: Bei dem Wesen, welches für das Massaker verantwortlich ist, handelt es sich um einen Varosash, einen aggressiven und elitären Parasiten, der zu den ältesten nicht-integrierten Völkern gehört.

 

Die IDA unternimmt derweil alle Anstrengungen, diesem gefährlichen Wesen in den Mangrovensümpfen zuvor zu kommen – kein leichtes Unterfangen angesichts der anstehenden Zeremonie. Und so macht sich Kaleb Swany alleine auf den Weg in die Mangroven um dort nach weiteren Hinweisen bei den Rapakhuns zu suchen, nachdem man die Überreste von ungewöhnlich aussehenden Leichen entdeckt hat. Von der Entdeckung durch Nina weiß er noch nichts und verdächtigt die Rapakhuns hinter der ganzen Sache zu stecken.

 

Aber die Bemühungen scheinen zu spät zu sein – der Varosash ist unaufhaltsam auf dem Vormarsch in Richtung Kuala Lumpur und nichts scheint ihn aufhalten zu können.

 

Schreibstil & Artwork:

Sylvain Runberg wurde 1971 in Tournai geboren und wuchs in Südfrankreich auf. Seinen Hunger nach Comics stillte er in seiner Kindheit mit Asterix, Batman und Spirou und nährte seine Fantasiewelt zwischendurch mit historischen Erzählungen und zahllosen anderen Romanen. Nach seinem Abitur (das er unter anderem im Fach Bildende Kunst machte) trieb es ihn an die Universität nach Aix-en-Provence, die er mit einem Magister in Geschichte verließ. Während seiner Studienjahre unternahm er viele Reisen durch Europa und veranstaltete unter anderem Konzerte mit Rockgruppen aus dem Independent-Bereich.

Nach seinem Abschluss an der Universität arbeitete Runberg mehrere Jahre als Buchhändler, bevor er in der Verlagslandschaft Fuß fassen konnte, nach Paris umzog und eine Stelle bei dem Verlag „Les Humanoides Associés“ antrat.

 

Nach einem schweren Unfall im Jahr 2001 machte er sich ans Schreiben und stellte dabei seine eigentliche Berufung fest. 2004 erscheint sein erstes Album „Astrid“ beim Verlag „Soleil“, das er gemeinsam mit Karim Friha realisiert. Danach folgen diverse Projekte unterschiedlicher Genres: „Les Colcataires“ entsteht in Zusammenarbeit mit Christopher beim Dupuis-Verlag, eine Serie, die an seine Studienjahre in Aix anknüpft, „Hammerfall“ mit Boris Talijanic, eine fantastisch-mittelalterliche Saga, die im 8. Jahrhundert in Skandinavien angesiedelt ist nicht zuletzt auch die Science-Fiction-Serie „Orbital“, die er gemeinsam mit Serge Pellé als Zeichner realisiert.

 

Der zweite Teil des zweiten Bandes der Reihe „Orbital“ schließt sich nahtlos an die Geschehnisse des ersten Teils (2.1 - Nomaden) an und so gibt es für den Leser keinerlei erkennbare Brüche in der Geschichte. Allerdings wird nunmehr die Geschwindigkeit erhöht und das Szenario entwickelt eine wesentlich höhere Spannung, selbst wenn manche Szenen nur aus Dialogen zwischen den unterschiedlichen Akteuren bestehen. Doch Runberg weiß auch genau, wann seine Geschichten Action brauchen – und von der gibt es in diesem Band eine ganze Reihe. Dabei nutzt er geschickt zum Teil harte Schnitte zwischen den einzelnen Erzählebenen des Szenarios um die Spannung hochzuhalten und voranzutreiben.

 

Es ist recht „realistische“ SF, die Runberg dem Leser präsentiert und stellenweise vergisst man fast den futuristischen Hintergrund der Geschichte. Bei der Fülle von Möglichkeiten, die das Universum des Autors noch aufzuweisen hat darf man auf jeden Fall auf die weiteren Einsätze des Binoms gespannt sein, zumal der Autor nach einem recht gemächlichen ersten Teil in dieser Fortsetzung erzählerisch sehr positiv zu überraschen weiß.

 

Der als Comic-Zeichner einem großen Publikum sicherlich noch etwas unbekannte Serge Pellé wurde 1969 geboren und studierte an der Brassart-Schule, die er 1989 mit einem Abschluss als Werbegrafiker verließ. Danach zog es ihn nach Paris, wo er seine Karriere zunächst in der Werbebranche begann und er Rasenmäher, Waschmaschinen, Schutzhüllen für Autos und andere Dinge zeichnete. 1993 traf er Laurent Galmont vom Vent-d'Óuest-Verlag und realisierte mehrere Auftragsalben mit Thomas Mosdi als Texter. Im Jahr 1996 zeichnet er unter dem Namen Torgnoll den ersten Band der Serie „Le Grand Chambardement“, die beim Téméraire-Verlag erscheint. Da dieser Verlag bedauerlicherweise schon recht bald aus finanziellen Gründen seine Tore schließen musste, endete auch die Serie entsprechend frühzeitig. In der Folgezeit hat Pellé sein vielfältiges Talent unter anderem beim Entwerfen von Bühnenbildern, beim Design von Videospielen und beim Zeichnen von Trickfilmen unter Beweis gestellt. So arbeitete er unter anderem für die Fernsehserie „Malo Korrigan“ und hat an dem Storyboard für die Serie „Kaputt & Zosky“ mitgearbeitet. Seit 2005 realisiert er gemeinsam mit Sylvain Runberg die Comicserie „Orbital“, die in Frankreich beim Dupuis-Verlag erscheint.

 

Serge Pellé bleibt in diesem Band seinem bislang gezeigten Stil treu und so präsentiert er weiterhin einen geradezu klassischen Seitenaufbau, der immer wieder mit größeren, schön angelegten Panels das Auge erfreut. Die Stärke von Pellé liegt auch weiterhin in einer recht überzeugenden Darstellung der Charaktere, die sowohl durch ihre Mimik als auch Bewegung überzeugen können. Aber auch in den zahlreichen Actionsequenzen beweist Pellé sein Können, da es ihm scheinbar mühelos gelingt, die von Runberg aufgebaute Spannung in passende Zeichnungen zu packen, die nicht überladen wirken und eine recht eigentümliche Dynamik ausstrahlen.

 

Die Koloration stammt auch in diesem Band ausschließlich von Pellé, der auch weiterhin ein sicheres Gespür dafür besitzt, seine Zeichnungen durch den überzeugenden Einsatz von Farbe zu visuell sehr ansprechenden Kompositionen zu machen.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Die Qualität der Verarbeitung ist beim Splitter-Verlag über jeden Zweifel erhaben und so erhält man einen solide verarbeiteten Hardcoverband mit einer guten Heftung, der zudem durch seine Druckqualität und die gelungene Übersetzung von Tanja Krämling überzeugen kann. In Sachen Ausstattung zeigt sich dieser Band leider ziemlich karg und so erhält man für sein Geld ausschließlich den Comic. Dass es auch anders geht, zeigte der erste Doppelband der Reihe, welcher mit einer Fülle von kleinen Extras aufwarten konnte. Das ist schade, da man als Leser gerne noch mehr über die Konföderation erfahren oder aber einige Skizzen bzw. alternative Cover gesehen hätte.

 

Fazit:

Vielleicht war es nicht unbedingt glücklich die beiden ersten Bände der Reihe als Gesamtausgabe mit dem Titel „Brüche“ auf den Markt zu bringen, um dann den Folgeband der Reihe in zwei Einzelbänden zu präsentieren. Man mag dem Leser zwar hierdurch schneller Nachschub liefern, aber um ein Haar wäre mir dadurch der wieder versöhnlich stimmende zweite Teil dieser insgesamt sehr guten Geschichte vielleicht nicht in die Hände gefallen.

 

Der von mir als leidenschaftslos bezeichnete Plot der Geschichte im ersten Teil von „Nomaden“ (2.1) war nunmehr rückblickend folgerichtig aufgebaut und konnte unmöglich einen vernünftigen Cliffhanger präsentieren, wie man ihn vielleicht erwartet hätte. Dieses Szenario benötigt durch seinen umfangreichen Hintergrund allerdings etwas mehr Vorlauf um richtig in Fahrt zu kommen – doch dann lohnt sich diese Geschichte auf jeden Fall. Zwar mag es für den Leser absehbar sein, dass die Friedenszeremonie in Kuala Lumpur wahrscheinlich noch ein gutes Ende nehmen wird, aber der Weg dahin entwickelt sich dann doch spannender und facettenreicher, als geahnt. Einzig der Schluss ist vielleicht etwas unbefriedigend (trotz hervorragenden Zeichnungen), doch hier möchte ich nicht zuviel verraten, zumal dies auch ein Stück weit Geschmackssache ist.

 

Die Mischung des ungleichen „Binom“ von Mensch und Sandjarin wird zwar in diesem Band etwas vernachlässigt, doch hierfür wird der Spannungsbogen, der im ersten Teil recht flach war, nunmehr zu neuen Höhen getrieben und es zeigt sich, das die bisherige Begeisterung für den ersten Band der Reihe „Brüche“ (1.0) nicht einem Zufallsprodukt geschuldet war. Die Reihe „Orbital“ besitzt dieses kleine Quentchen, um mehr als nur ein konventioneller SF-Mix aus Agenten- und Abenteuerstory zu sein und dürfte mit dieser Mischung in hoffentlich einigen weiteren Bänden der Reihe überzeugen.

 

Das Duo Runberg und Pellé dürfte mit den Bänden „Nomaden“ (2.1) und „Verwüstung“ (2.2) der Reihe „Orbital“ unbestritten bewiesen haben, dass sie einen phantastischen und absolut lesenswert Entwurf für einen sehr komplexen SF-Hintergrund vorgelegt haben, der wahrscheinlich in dieser Form und solchen Protagonisten zurzeit seinesgleichen sucht. Für mich nunmehr eine absolute Empfehlung – aber Achtung: Beide Bände am besten direkt zusammen kaufen!