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Yiu - Die Apokalypse 7 - Das letzte Testament
Bewertung:
(3.9)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 28.05.2011
Autor:Téhy (Szenario), Nicolas Guenet (Zeichnungen) und J. M. Vee (Ausarbeitung)
Übersetzer:Tanja Krämling
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Science-Fiction
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-005-7
Inhalt:72 Seiten, Hardcover
Preis:14,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt

Ein irrer namens Gott – er allein hatte die Welt, den Himmel, das Land, die Ozeane und alle Arten, die diese bevölkern, erschaffen. Dann kam die Arroganz der Menschen.

 

Im Sankt-Johannes Krankenhaus von Jerusalem machen sich die Augen der energetischen Einheiten auf die Suche nach Ji-A, dem Bruder von Yiu, welcher krampfhaft versucht, vor diesen zu fliehen. Yiu hingegen ist noch auf dem Weg zum Krankenhaus, unterwegs auf den Straßen einer Stadt, die dem vollständigen Untergang geweiht ist. Bei ihrer Ankunft am Krankenhaus kämpft sich Yiu durch die Reihen der energetischen Wesen, die das Krankenhaus umzingelt haben.

 

Immer noch mit Yiu verbunden ist Medir Daka Daka Dakadiran, der sowohl als Orientierung in diesem Chaos als auch als mentaler Verbündeter dient. In dem verlassenen und geplünderten Krankenhaus trifft Yiu auf keine Menschen mehr – der gesamte Komplex liegt halb in Trümmern. Es dauert eine Weile, bis Yiu einen Hinweis auf den Verbleib ihres Bruders findet, doch gilt es in dem Gewirr von Gängen zu überleben.

 

An einer Eingangsschleuse, die von zwei andromorphen Killern bewacht wird, trifft sie auf den Geno-Chirug Claus Dreammaker, der das Chaos bislang überlebt hat und Yiu davon berichtet, ein Kind vollständig repariert zu haben, doch nun sei der verdammte Gott hinter ihm her. Mit der Hilfe von Dreammaker schafft es Yiu zur Eingangsschleuse, hinter der sich ihr Bruder und die seltsame Wesenheit befinden müssten.

 

Die Wesenheit hält Ji-A in ihren Händen und Dreammaker und Yiu sind gezwungen, sich auf einen überaus ungleichen Kampf einzulassen, um Ji-A zu retten. Die einzige Chance, die Yiu mit ihrem Bruder bleibt, ist, einen der Heliko-Transporter zu erreichen, die vor dem Komplex noch unterwegs sind. Doch die Wesenheit und die anderen Kreaturen verfolgen Yiu. Sie haben es auf ihren Bruder abgesehen, der für sie durch seine Operation zu einer Art Heiligen geworden ist.

 

Der Weg nach draußen ist gefährlich, doch Daka schafft es, Yiu und ihren Bruder nach draußen zu dirigieren. Die Dinge entwickeln sich aber gänzlich anders und Yiu muss eine ganz besondere Erfahrung machen, denn die Wesenheiten haben es eigentlich nicht auf die DNA ihres Bruders abgesehen...

 

Aber der Fall der Welt beschleunigt sich und auf allen Kontinenten öffneten sich Wunden und bluteten. Von nun an konnte nichts mehr die Blutung, die Qualen und die Schreie stoppen.

 

 

Schreibstil & Artwork:

Der Szenarist und Zeichner Thierry Terrason (Jahrgang 1966) studierte nach seinem BAC (Baccalauréat) zunächst an der renommierten „École de bandes dessinées“ in Angoulême, bevor er gemeinsam mit seinem Bruder im Animationsbereich zu arbeiten begann, bis er 1988 in den Bereich der Comics wechselte und erstmalig unter dem Pseudonym Téhy für den Verlag Vents d´Ouest an dem Band „La Teigne“ arbeitete und in Erscheinung trat. Allerdings blieb er dem Animationsbereich treu und arbeitete ab 1992 für verschiedene Fernsehsender, wie beispielsweise Canal J., Canal + und France 3, im Bereich Layout und Storyboard.

 

Andere Arbeiten folgten unter dem zweiten Pseudonym Jim, wobei er allerdings auch unter dem Namen Téhy Szenarios für Zeichner wie Béatrice Tillier („Fee et Tendres Automates“), Curd Ridel („Rigoletto Loustic“) oder aber Fredman und Gaston verfasste. Mit bislang über 70 veröffentlichten Alben, von denen mehr als eine Millionen verkaufter Exemplare unter dem Namen Jim bzw. über 300.000 unter dem Namen Téhy erschienen, dürfte Thierry Terrason, der Mann mit den zwei Pseudonymen, heute sicherlich zu den kommerziell herausragenden französischen Künstlern des Genres gehören.

 

So ziemlich alles wurde bisher in der gängigen Literatur, Film oder im Comic thematisiert, sodass inzwischen eine gewisse Eintönigkeit im Genre „Weltuntergang“ Einzug erhielt. Was aber geschieht, wenn man düstere SF mit etlichen religiösen Versatzstücken verziert und einen Widersacher wie Delfi Miyazannhauer erschafft, der nichts anderes im Sinn hat, als mit modernstem High-Tech eine Wesenheit zu erschaffen, die der Welt den Untergang bringt, dann kann sich diese Idee durchaus sehen lassen.

 

Ist noch gut die erste Hälfte des Bandes geprägt durch die rasante Fahrt von Yiu zum Krankenhauskomplex, wobei sich Medir Daka Daka Dakadiran als Braincopy im Gehirn von Yiu in vielen Lebenslagen als überaus nützlicher Helfer erweist und sich natürlich sowohl ein recht abstrakter Kampf zwischen Yiu und ihm gegen den Wesenheiten als auch eine Odyssee durch die verfallenen Gänge des Komplexes anschließt, so ändert sich doch die Thematik im weiteren Verlauf des Szenarios merklich. Erneut nimmt die A.I.-Figur von Daka gehörig Raum ein und fungiert praktisch als Erzähler und Kommentator. Es wäre eigentlich am Charakter von Yiu gewesen, dem Leser unter Umständen etwas über ihre Gesinnung, Einstellung oder ähnliches kundzutun. Dies geschieht nur recht halbherzig – da hätte ich durchaus anderes erwartet.

 

Nichtsdestotrotz steuert das Ende des Szenarios allerdings auf einen überaus denkwürdigen Schluss zu, den ich in dieser Weise nicht erwartet hätte, der rückblickend vielleicht aber abzusehen war. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, jedoch weiß man nach nunmehr sechs Bänden die Autoren, die nicht unbedingt für ein strahlendes Happy-End bekannt sind, einzuschätzen.

 

Nach seinem Kunststudium begann Nicolas Guénet 1993 bei dem Verlag Soleil zu arbeiten. Hier arbeitete er unter anderem mit dem Szenaristen Eric Corbeyran an der Reihe „Dédal“ und „Le Voleur de Paradis“. Seit 1999 arbeitet er als Zeichner und Grafiker gemeinsam mit seinem Kollegen Renéaume an der Reihe „Yiu“ bzw. später an „Yiu – Die Apokalypse“, die er seit dem dritten Band der Reihe allerdings alleine betreut. 2002 begann er seine Reihe „Suleyman“ nach einem Szenario von Hubert Touzot. Gemeinsam mit Tacito illustrierte er die Reihe „Magika“, deren Skript von Angleraud stammt.

 

Ich kann nicht oft genug betonen, wie sich Nicolas Guénet mit der Unterstützung von J. M. Vee unermüdlich in dynamischen und rasanten Szenen austobt, die immer wieder durch ihren Einfallsreichtum bezüglich der technologischen Ausgestaltung bestechen. Hier stimmt die Anordnung der Panels, der Einstellungen und der Perspektive fast in Perfektion. Im aufwändigen Artwork selbst gibt es – wie in den anderen Bänden auch – eine ganze Reihe von Details zu entdecken, egal ob es sich um Kleidung, Bilder des futuristischen und halbzerstörten Jerusalems oder aber technische Dinge handelt. Positiv hervorgehoben sei auch hier wiederum die hervorragend abgestimmte Koloration, welche der dunkle Endzeitstimmung und der verheerenden Apokalypse den letzten Schliff gibt.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung

Der siebte und damit letzte Band der Reihe „Yiu – Die Apokalypse“ kann sich in Sachen Qualität und Verarbeitung auf jeden Fall sehen lassen. Ein robuster Hardcoverband mit Fadenheftung, der auf 72 Seiten in Sachen Druckqualität keine Wünsche offen lässt. Die Übersetzung besorgte Tanja Krämling, deren Texte sich überaus angenehm lesen lassen.

In Sachen Ausstattung präsentiert sich dieser Band allerdings sehr karg und so muss man auf die zwischenzeitlich liebgewonnenen Extras am Ende des Bandes verzichten, in denen es für den Leser noch einige ergänzende Informationen über beispielsweise wichtige Personen gab. Dafür wird man allerdings in einer Art „Epilog“ mit einigen großartig in Szene gesetzten Panels entschädigt, die über den weiteren Fortbestand der Welt informieren.

 

Fazit

Die Darstellung des Weltuntergangs ist seit je ein großes Thema der Kunst und Literatur – warum also nicht wieder einmal das Medium Comic bemühen, um uns diesen in einigen vielleicht neuen Facetten zu zeigen. Auch wenn man der Definition von Weltuntergang folgt, der allgemein als ein natürlich auftretendes oder künstlich herbeigeführtes Ereignis beschrieben wird, das die Menschheit, den Planeten Erde oder das Universum insgesamt vernichtet oder zumindest die herrschenden oder ansonsten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Lebens- und Begleitumstände massiv und desaströs zum Negativen verändert, so ist es schon imposant, mit welch beachtlichem künstlerischen Geschick und Können die Autoren, dieser eigentlich eher „schlichten“ Ausgangsidee folgen und sie durchaus gekonnt mit den düsteren SF-Elementen und der religiösen Thematik der Reihe von „Yiu“ mischen.

 

Und so gibt es zum Abschluss der Reihe einen Comic, der in der ersten Hälfte blendend funktioniert, ein perfektes Timing besitzt und nebenbei in der Darstellung der Apokalypse in jedem Maße beeindruckt. Die Inszenierung hat Dynamik, der Schrecken der totalen Vernichtung mit all der Urgewalt und Kraft wird glaubwürdig und mit beeindruckenden Szenen sichtbar gemacht, wie sie mit solch einer Macht und zum Teil technischer Perfektion selten im Comic zu sehen sind. Freunde des eher ruhigen und intellektuellen Comics möchten hier bitte ihren Blick abwenden und sich anderen Werken zuwenden, mögen aber bitte zugestehen, dass dies in „Yiu“ für das Genre ganz großartig funktioniert: Es gibt mehr als genug Actionszenen, als auch inmitten des vorherrschenden Chaos ruhige und intensive Momente so wie drastische, in ihrer Darstellung unbarmherzige Augenblicke.

 

Es hat allerdings den Anschein, dass sich der zweite Teil des Comics über weite Strecken überwiegend mit dem verzweifelten Kampf von Yiu gegen die Wesenheiten auseinandersetzt, um irgendwo Daka genügend Platz für seine Einlassungen und philosophisch-religiösen Betrachtungen zu geben. Hier driftet das Szenario zum Teil ab, sodass es manchmal schwer wird den Gedankengängen der Akteure (und der Handlung) zu folgen. Aber vielleicht war dies auch die Intention der Autoren, da die Apokalyptik die Wende vom Unheil zum Heil nicht mehr als ein Eingreifen Gottes in den Lauf der Weltgeschichte erwartet, sondern als sein Kommen zu deren Abbruch (um es auch einmal mit mystischen Worten auszudrücken).

 

Im Versuch, mit einem Maximum an Zerstörung ein Maximum an Schrecken und Spektakel zu verbreiten, setzt „Yiu – Die Apokalypse“ sicherlich Maßstäbe, denn selten war der Weltuntergang so drastisch in seiner Darstellung und ein temporeiches Spektakel auf zeichnerisch recht hohen Niveau.

 

Mit diesem Band sind 100,00 % der Geschichte abgeschlossen.