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Fronteinsatz
Bewertung:
(2.5)
Von: Dirk Schlösser
Alias: Drumlin
Am: 30.05.2011
Autor:David Hill, Aaron Pavao, Michael Wich, Filamena Young, Peter M. Andrew Jr., Peer Bieber, Heiko Oertel
Übersetzer:Aleksandra Dominiak, Manfred Sanders, André Wiesler
Typ:Kampagnenweltbeschreibung/Regelerw.
System:Shadowrun 4
Setting:Die Sechste Welt
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:978-3-941976-32-0
Inhalt:240 Seiten, Hardcover
Preis:34,95 EUR
Sprache:Deutsch

In der Sechsten Welt ist Krieg ausgebrochen! Lange Zeit schon köchelte die Situation im südamerikanischen Dschungel. Nun ist es soweit: Aztlan hat Amazonien den Krieg erklärt und so wird sich fröhlich, mit allen möglichen und unmöglichen Waffen, gegenseitig in die Luft gesprengt und umgebracht. Und so behandelt Fronteinsatz, das im englischen Original War! heißt, alle Ereignisse in und um den Krieg in Bogotá.

 

Design & Artwork

Fronteinsatz präsentiert sich im Standardgewand der Pegasus-Bücher. Das klassische und beliebte Leseband fehlt ebenso wenig, wie der, ebenso klassische, blaue Einband. Das Papier ist dünner geraten als bisher und man hat einen eher ungewohnten haptischen Eindruck.

Kommen wir zu den Illustrationen. Bin ich anfangs noch schwer begeistert, was die Zeichner auf dem Cover und im Buch geleistet haben, so werde ich zunehmend enttäuscht, wie weiter ich im Buch nach hinten blättere. Die Qualität nimmt stetig ab und als ich dann recht weit hinten ein computergeneriertes Bild entdecke, das aus einem circa fünf Jahre alten Computerspiel stammen könnte, ist es aus. So was sollte man sich meiner Meinung nach nicht leisten. Es macht den Eindruck, als hätten die Macher keine Lust mehr gehabt.

Auffällig ist der farbige „Mil-Spec-Tech-Katalog“, der Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge, sowie einige Waffen präsentiert die im Krieg verwendet werden. Da frage ich mich jedoch, warum gerade Farbe für so einen unspektakulären Teil? Da hätte ich mir für einige andere Bilder im Buch eher Farbe gewünscht, als für Panzer und Hubschrauber, die auf den Bildern absolut nichts tun, außer gut auszusehen.

Auch muss ich feststellen, dass viele Kapitel von Fronteinsatz ohne die schönen Ingame-Stories daherkommen. Das finde ich gerade in einem Quellenband mehr als schade.

 

Inhalt

Fronteinsatz besteht aus zehn Kapiteln, wenn man den farbigen Waffenkatalog mitzählt.

Das erste Kapitel nennt sich „Nützliche Fakten“ und beschreibt das Leben in Kriegszeiten in der Stadt Bogotá, die den zentralen Handlungsort dieses Quellenbandes darstellt. Dazu gehören neben den offensichtlichen Sachen, wie Kommunikation oder Verkehrsmittel, auch aktuelle Trends.

Dieses Kapitel hätte ruhig etwas länger ausfallen können, kratzt es doch meist nur an der Oberfläche der Themen.

„Bogotás Geschichte“ fasst die Historie dieser Stadt zusammen, wobei der Fokus auf den letzten Jahrzehnten vor dem Krieg liegt. Auch werden hier die Sangre del Diablo- und Sangre del Drago-Bäume eingeführt.

Schön finde ich an diesem Kapitel, die absolut ungeschönte Darstellung des Krieges und die Einführung der Kriegshelden auf beiden Seiten. Auch die Bäume sind auch keine schlechte Idee.

Schließlich folgt das Kapitel „Bogotás Kultur“ und ich verstehe die Namensgebung nicht mehr. Denn hier werden eigentlich alle Fraktionen vorgestellt, die ein Interesse an Bogotá haben. Da wären die offensichtlichen Verdächtigen Aztlan und Amazonien, aber auch weniger offensichtliche, wie die katholische Kirche und die kolumbianische Freiheitsbewegung. Auch einzelne Schlüsselfiguren werden hier beschrieben und für Runner am interessantesten: Die Meistgesuchten inklusive der Höhe des Kopfgeldes.

Dieses Kapitel ist ganz nett, aber nicht besonders originell. Wie gesagt, verstehe ich die Namensgebung nicht, da hier nicht die Kultur Bogotás, sondern alle Kriegsbeteiligten beschrieben werden. Ich persönlich hätte den Namen dieses Kapitels mit dem des ersten getauscht.

In jedem Krieg gibt es Söldner, die ihr Geld damit verdienen für den Meistbietenden zu arbeiten. Da das so ist, werden im Kapitel „Söldner“ internationale und lokale Söldnerorganisationen präsentiert. Die Internationalen, wie die MET2000 oder die 10.000 Daggers werden Shadowrunnern bekannt vorkommen.

Ja, noch so ein Kapitel an dem ich zu Mäkeln habe. Erst ein Übersetzungspatzer, denn die 10.000 Daggers wurden mit 10.000 Dolche übersetzt. Wörtlich gesehen richtig, es stellt sich aber die Frage: Seit wann übersetzt man bitte Firmennamen? Vor allem, da in einem späteren Kapitel die MET2000 einen englischen Firmenslogan hat. Mag aber sein, dass nur ich mich daran störe.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Einfallslosigkeit, die die Autoren bei den lokalen Organisationen an den Tag legen. Die meisten davon sind absolut klischeehaft (vor allem die Führer der einzelnen Gruppierungen).

„Der Krieg“ erklärt kurz die Motive der Kriegsbeteiligten, bevor über die Taktik und Zusammensetzung kleinerer Einheiten Aztlans und Amazoniens philosophiert wird. Dabei wird auch die amazonische Magietradition in Werten vorgestellt. Die aztlanische sucht man leider vergeblich. Nicht einmal ein Hinweis auf Straßenmagie ist zu finden. Wenigstens das wäre schön gewesen, denn dort kann man sie finden.

Anschließend werden noch die beachtenswerten Eigenheiten der verschiedenen Schlachtfelder dieses Krieges, wie der Dschungel, die Stadt und der Untergrund, vorgestellt.

Zum Abschluss des Kapitels folgt ein Teil, den ich beim besten Willen nicht in „Der Krieg“ gepackt hätte. Der Abschnitt trägt den Titel „Bogotá heute“ und referiert über Kultur, Lebensweise und Religion in Bogotá. Diesen Abschnitt hätte ich in „Bogotás Kultur“ erwartet oder auch im ersten Kapitel, aber bestimmt nicht hier.

Immerhin beschreibt das nächste Kapitel, das was es verspricht. Es trägt den Titel „Bogotás Stadtteile“ und es wird seiner Aufgabe gerecht. Was ich jedoch hier vermisse ist eine Karte der Stadt. In anderen Quellenbändern ging das schließlich auch.

„Globale Hotspots“ verlässt erwartungsgemäß das gebeutelte Bogotá und widmet sich anderen Zonen, die sich kurz vor, in oder kurz nach einem Krieg befinden. Im Speziellen tauchen hier das Konzil von Marienbad, die Freie Republik Polen, Somalia, Nepal und Albuquerque auf. Alle werden nach dem gleichen Muster beschrieben: Nach einer kurzen Ingame-Einleitung zum jeweiligen Ort werden Abenteuervorschläge gemacht, die jedoch meist nicht sehr gut ausgearbeitet sind. Oft bestehen sie nur aus Hintergrundinformationen und zum eigentlichen Auftrag wird lediglich ein einziger, nicht besonders hilfreicher Satz gesagt.

Nun folgt der farbige „Mil-Spec-Tech-Katalog“, wie er sich nennt. Darin werden Panzer, Flugzeuge, U-Boote und Waffen in Form eines Verkaufskatalogs von Ares und Dassault (einer Aztechnology-Tochterfirma) angeworben. Der Katalog ist recht nett, und die Farbe ist auch schön. Allerdings denke ich mir beim Anblick des Katalogs: Warum die Farbe nicht auch woanders? So viel toller sind die Bilder jetzt auch wieder nicht, dass sie die Farbe verdient haben und andere Bilder nicht.

Wie immer hat auch Pegasus selbst ein paar Seiten zu dem Quellenband beigesteuert. „Heimatfront“ stellt die MET2000 von einem „deutscheren“ Standpunkt aus dar und auch die Bundeswehr bekommt einen kleinen Abschnitt geschenkt. Leider finde ich die Abschnitte sehr kurz geraten und auch ein Schnitzer hat sich eingeschlichen, denn der Preis für den Militärhelm der MET2000 ist irgendwie verloren gegangen.

Zum Schluss kommt, wie so oft bei Shadowrun-Quellenbändern, das Kapitel „Spielinformationen“.

Es präsentiert Ideen für Runneraufträge in Militärkampagnen und erweiterte Regeln für Runden, die lieber eine Söldner- oder Soldatenkampagne spielen wollen. Dazu gehören auch Regularien für posttraumatische Stresseffekte und erweiterte Regeln für die Führungs-Fertigkeit.

Es folgen einige weitere Neuregelungen. So gibt es Vorschläge für den Umgang mit großen Würfelpools, die durchaus brauchbar klingen, und Regeln für den taktischen Fahrzeug- sowie den Luftkampf. Aber gerade der Luftkampf scheint mir recht kompliziert ausgefallen zu sein.

Ein kleiner Führer zu Moral und Militärtaktik für Strategieunkundige soll helfen auch nicht so erfahrenen Spielleitern zu ermöglichen eine Militärkampagne zu starten. Als Hilfe für alle werden einige neue, ausgearbeitete Militärschergen und -connections geliefert.

Schließlich kommen wir zu dem für die meisten Spieler interessantesten Teil, der Ausrüstung. Hier findet man jede Menge neues Spielzeug, das ordentlich rummst. Außerdem findet sich hier Regeln für den Hochseekampf mit großen Schiffen. Ein weiteres Mal bin ich verwundert, denn ich frage mich, warum diese Regeln nicht schon vorher beim Fahrzeug- und Luftkampf eingeordnet wurden.

Ein lediglich zwei Seiten starkes Militärgrimoire mit neuen militärischen Zaubern und Adeptenkräften schließt das Kapitel ab. Auch hier hätte ich mir deutlich mehr Umfang gewünscht. Es kommt mir doch etwas ärmlich vor, zwei Seiten ein Grimoire zu nennen.

Abgeschlossen wird das Buch mit Tabellen. Darin findet man fast sämtliche Ausrüstung, die im entsprechenden Part vorgestellt wurde. Aber eben nur fast. So fehlen nämlich alle Boden-, Luft- und Wasserfahrzeuge, sowohl aus dem Mil-Spec-Tech-Katalog, als auch aus dem Rest des Buches.

 

Fazit:

Ich bin enttäuscht. Schwer enttäuscht. Also bitte, das könnt ihr doch besser. Nach den letzten Werken waren hohe Erwartungen an die Shadowrun-Autoren gerichtet, die sie nicht einmal im Ansatz erreichen konnten. Ich habe das Gefühl einen Entwurf und kein fertiges Buch vor mir liegen zu haben. Fronteinsatz glänzt mit schlechten Illustrationen, wirrer Kapitelbenennung und fehlenden Angaben im Ausrüstungskapitel und dem Tabellenabschnitt. Der Erzählstil wechselt ständig zwischen Ingame und Outgame, auch an extrem unpassenden Stellen. Die Regeln hätte man auch besser ordnen können. So sind sie über das ganze Buch verteilt, und ohne Index darf man ständig durch das Buch blättern, um das zu finden, was man gerade sucht. Nicht einmal die thematisch zusammengehörigen Regeln stehen beieinander, sondern sind durch andere Abschnitte getrennt. Schließlich fielen auch bei vielen Kapiteln die schönen Stories zu Beginn weg, die doch so typisch für Shadowrunbücher sind. Die einzigen Dinge, die aus diesem Quellenband zu gebrauchen sind, sind einige wenige Informationen über Bogotá und die neue Ausrüstung, die aber auch nur für Militärkampagnen geeignet ist, da sie nach dem Motto, „großes Rohr – großes Wumms!“ gebaut wurden. Ich kenne zumindest keine Runnergruppe, die oft mit einer Haubitze durch die Gegend fährt oder Zugang zu Thorlenkraketen hat. Um dem Ganzen noch eins draufzusetzen, kann man das Buch vergessen, wenn man das Arsenal 2070 nicht zu seinen Besitztümern zählt.

Entschuldigung, aber das Buch ist fast schon eine Zumutung. Wären da nicht einige wenige brauchbare Informationen, würde ich das Buch in die Tonne treten. Da hilft das bisschen Farbe, das dem Buch spendiert wurde, auch nichts mehr.