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Paranoia Grundregelwerk
Bewertung:
(0.0)
Von: Dirk Schlösser
Alias: Drumlin
Am: 20.06.2011
Autor:Dan Gelber, Greg Costikyan, Eric Goldberg, Allen Varney
Übersetzer:Alexander Kühnert
Typ:Grundregelwerk
System:Paranoia
Setting:Alpha Komplex
VerlagMantikore Verlag
ISBN/ASIN:978-3-939212-02-7
Inhalt:277 Seiten, Hardcover
Preis:34,95 EUR
Sprache:Deutsch

 

Anm. der Redaktion: Da es sich bei der Review um die Rezension zu einem Grundregelwerk handelt, verzichten wir - wie bei uns üblich - auf eine Benotung!

 

 

Layout & Design

Wenn man das Buch das erste Mal in die Hand nimmt, fällt natürlich erst einmal das Cover ins Auge. Jede Menge Typen in rot, mit Gewehren, die zwischen Schreibtischen umherschleichen, an denen schwarzgekleidete Leute sitzen und arbeiten. Dominiert wird das Bild von einem riesigen Auge über dem die Worte „In the Computer we trust“ prangen. Darüber hängt noch eine gewaltige Bombe. Wie man nach dem Studium des Buches feststellen kann, beschreibt das Cover das dazugehörige Spiel unglaublich gut.

Innerhalb des Hardcovers findet man dann leider nur noch schwarz-weiße Illustrationen, die aber nichtsdestotrotz ihren Witz und ihren Charme behalten und mich vom Zeichenstil her an die Fallout-Zeichnungen erinnern.

Der Text selbst ist dreispaltig gehalten und in insgesamt vierzig (!) Kapitel unterteilt, die jedoch meistens Häppchengröße besitzen und deshalb gut gelesen werden können.

Das Papier und das Hardcover wirken auf mich recht stabil und können einiges aushalten. Man sollte es natürlich trotzdem nicht übertreiben. Auf den ersten Blick wird das Buch seiner Aufschrift „Ein satirisches Rollenspiel“ definitiv gerecht. Ich muss schon beim ersten Durchblättern ab und zu mal grinsen. Allein die Kommentare unten rechts auf jeder Doppelseite verursachen einige Lippenbewegungen in Richtung Ohren.

Jetzt aber zum Interessanten:

 

Inhalt

(Vorsicht Spoiler!!!)

Das Buch wurde inhaltlich in zwei Teile zerlegt. Der erste ist für Spieler und darf von jedem gelesen werden, der zweite für Spielleiter. Spielern ist unter Androhung der Todesstrafe durch den Computer verboten, den zweiten Teil zu lesen (außerdem ist es dann viel lustiger).

 

Erster Teil:

 

Im ersten Teil, der die ersten zehn Kapitel umfasst, wird, wie in jedem Rollenspielgrundregelwerk, dem Leser erst einmal erklärt, was überhaupt ein Rollenspiel ist. Anders, als in anderen Büchern, wird anschließend aber erst einmal erläutert, warum Paranoia anders ist als andere Rollenspiele. Schließlich darf man sich noch über das Nicht-Beispiel freuen, das zeigt, wie Paranoia nicht funktioniert, beziehungsweise, wie andere RSPs funktionieren würden, wenn sie wie Paranoia funktionierten.

Anschließend wird dem geneigten Spieler erklärt, dass er in Paranoia einen „Troubleshooter“ spielt, einen Agenten des Computers. Dazu kommt natürlich die Aufgabenbeschreibung eines solchen Troubleshooters und welche Ziele man für gewöhnlich als solcher besitzt. Das Skurrile an diesem Job: Man muss Verräter finden, die sich unter anderem dadurch auszeichnen, dass sie in Geheimgesellschaften oder Mutanten sind. Wenn man als Spieler sein Charakterblatt studiert, stellt man jedoch fest, dass man beides ist.

Damit man den Unterschied zu gewöhnlichen Bürgern versteht, werden auch deren Ziele noch kurz angesprochen, bevor das Charakterblatt, das man wie immer ganz hinten im Buch findet, erläutert und ein kurzer Überblick über die möglichen Spielstile geboten wird.

Wenn der SL „in seiner unendlichen Güte“, den Spielern erlaubt ihre eigenen Charaktere zu bauen, dann dürfen sie auch diesen Teil des Buches nutzen, um das zu tun. Man beachte, dass die Spieler hier zwei Attribute zugeteilt bekommen, von denen sie dann zwar wissen, dass sie sie haben, aber nur der Spielleiter weiß, wie hoch sie sind. Ähnlich funkitioniert es mit der Mutantenkraft. Der Spieler kennt den Namen, aber nur der Spielleiter weiß, was diese Kraft überhaupt tut.

Der Rest des ersten Teils widmet sich dann den Grundregeln, die ein Spieler kennen sollte und einige Tipps für Troubleshooter und Verräter. Darunter fallen die Klon-Backups, die obligatorischen Sonderaufgaben und Abartigkeitspunkte, die man einsetzen kann, um Würfe zu verbessern oder zu verschlimmern (ja, man darf auch die Würfe anderer Spieler verändern, man muss nur eine Erklärung für den Modifikator finden).

 

Zweiter Teil:

 

Der zweite Teil kümmert sich um alle Belange des Spielleiters. Dazu gehören zuallererst die drei Grundregeln des Spielleiters. Die ersten beiden dürften den meisten erfahreneren Spielleitern schon bekannt sein. Die dritte ist für diese etwas überraschend, passt aber zur Stimmung von Paranoia. Es folgen dann eine allgemeine Beschreibung, was ein Spielleiter überhaupt tut.

Schließlich folgen die Paranoia-spezifischen Dinge, die man wissen sollte, wenn man Paranoia leiten will.

Diese Dinge sind da: Die Grundregeln von Paranoia und die Einteilung der Abenteuer in Szenen mit einer gewissen Gefahrenstufe. Das Kampfsystem muss natürlich auch erklärt werden. Dieses wirkt im ersten Moment etwas kompliziert, aber da man Paranoia spielt, kann man sie natürlich auch einfach weglassen. Es folgen die Erklärungen zu den Schadenszuständen, zur Einführung neuer Klone (die man ziemlich sicher braucht), zu den Attributen, die zugegeben etwas vage formuliert wurden, und natürlich den Fertigkeiten und Geheimfertigkeiten. Anschließend wird das Konzept der Verräter- und Belobigungspunkte erklärt.

Alles in allem erschlagen diese Regeln im ersten Moment den geneigten Leser, aber die Autoren erwähnen oft genug, dass man die Regeln, die einem nicht gefallen, einfach weglassen kann und das System mehr darauf ausgelegt ist, Spaß zu haben, als wirklich ein realistisches Regelkonstrukt zu bieten.

Es folgt ein kurzer Abstecher in den Fluff, der absichtlich gering gehalten wurde, damit der Spielleiter seinen Alpha Komplex darstellen kann wie er will, oder wie die Autoren zugeben, weil sie keine Lust hatten sich etwas auszudenken. Zum Fluff gehören allerdings ein paar Tipps, wie man am besten den Computer darstellt.

Nach dem Abstecher folgen wieder harte Regeln zur Ausrüstung und zu Mutantenkräften, bevor es wieder zum Fluff geht mit Geheimgesellschaften und obligatorischen Sonderaufgaben (wie der Hygiene- oder der Glücksoffizier), die den Mitgliedern der Troubleshooter zugeordnet werden und für zusätzlichen Trouble sorgen.

Die Autoren spannen schließlich einen Bogen über mehrere Kapitel, um dem neuen Spielleiter den Ablauf einer Mission näher zu bringen, in dem jedem Abschnitt ein eigenes Kapitel gewidmet wird. Besonders interessant finde ich hier, dass man den Missionsbesprechungsraum oft erst suchen muss und oft genug werden die Troubleshooter schon auf dem Weg dorthin terminiert. Zum Glück gibt es die Klon-Backups.

 

Damit man dann auch gleich loslegen kann, beinhaltet das Grundregelwerk auch noch zwei Abenteuer.

Im ersten sollen die Troubleshooter einen etwas gestörten Roboter reparieren, der nicht nur ständig seinen eigenen Stecker zieht, sondern sich auch vehement weigert, seinen Deckel zu öffnen.

Im zweiten Abenteuer landen die Troubleshooter, nach dem schwierigen Transport einer Kiste, auf die sämtliche Geheimgesellschaften scharf sind, in einer Spielshow, bei der man jede Menge Geld gewinnen oder terminiert werden kann.

 

Den Abschluss des Buches bilden eine Zusammenfassung der Kampfregeln, gepaart mit einer Menge Tabellen, inklusive der „PLV-Ausrüstungsantragsablehnungstabelle“, für den unkreativen oder gelangweilten Spielleiter. Ja, es gibt Tabellen, auf denen der Spielleiter auswürfeln kann, warum man etwas nicht bekommt. Es folgen einige Erläuterungen zu den verschiedenen Spielstilen, mit denen Paranoia gespielt werden kann, und ein nützlicher, ausführlicher Index.

 

Fazit:

Da es sich hier um ein Grundregelwerk handelt, verteile ich keine Note. Dennoch muss ich sagen, dass Paranoia für eine meiner besten Rollenspielsessions seit langem gesorgt hat. Es kam mehrere Male vor, dass wir vor Lachen auf dem Tisch lagen. Paranoia macht seinem Versprechen auf dem Einband alle Ehre.

Das einzige Problem ist, dass man mit diesem System wohl keine lange Kampagne aufziehen kann, denn dafür ist die Lebenszeit eines Charakters einfach zu kurz. Das haben die Autoren mit der Spielvariante „Pur“ zwar versucht auszugleichen, aber dadurch geht dann, meiner Meinung nach, auch eine Menge des ursprünglichen Paranoia-Feelings verloren, weil man eben deutlich seltener terminiert wird oder sonst irgendwie stirbt. Wenn man aber nichts gegen ständigen Charakterwechsel hat, spricht auch nichts dagegen eine Nicht-Kampagne zu spielen.