Links zur Rezension InhaltDer texanische Prediger Jesse Custer verschmilzt durch einige überaus dumme Zufälle mit einer spirituellen Macht namens Genesis, die ihm besondere Kräfte beschert. Mit diesen Fähigkeiten ausgestattet, macht sich Custer auf die Suche nach Gott, der nach diesem „Unfall“ scheinbar seine Schöpfung im Stich gelassen hat und auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist, um diesem hierfür „kräftig in den Arsch zu treten“. Auf seiner recht absonderlichen und oftmals auch gewalttätigen Odyssee durch die USA wird er von seiner schießfreudigen Freundin Tulip sowie dem versoffenen irischen Vampir Cassidy begleitet, die nunmehr ihr Ende finden soll.
Reverend Jesse Custer hat scheinbar einen Plan, wie er Gott eins auswischen kann. Er beschwört den Heiligen der Killer und schließt mit ihm einen Pakt: Der Heilige der Killer soll Gott in seinem Himmelreich stellen, sobald dieser wieder auf seinem Thron sitzt. Hierzu ist es allerdings notwendig, Gott davon zu überzeugen, dass keine Gefahr mehr von Jesse ausgeht bzw. Genesis befreit wird – was zwangsläufig den Tod von Jesse voraussetzt. Der Heilige willigt in diesen seltsamen Plan ein und die Dinge nehmen ihren Lauf.
Jesse macht sich nach dem Treffen mit dem Heiligen der Killer auf dem Weg ins Hotel, in dem er mit Tulip untergekommen ist. Hier versucht Jesse mit überaus versöhnlichen Worten und Gesten, sich von Tulip zu verabschieden, die er bei der Durchführung seines Planes nicht an seiner Seite wissen will – zu schmerzlich wäre dieser Moment. Aber Jesse muss sich nicht nur von Tulip verabschieden, er hat auch noch eine Rechnung mit dem Vampir Cassidy übrig, den er später am gleichen Abend noch in einer Bar trifft.
Featherstone, die getreue Sekretärin von Starr, erhielt einen Hinwies, man könne Jesse Custer in San Antonio aufspüren. Starr ist sein Orden mittlerweile gleichgültig geworden – er sinnt nur noch auf Rache an dem Mann, der seinen Körper zum Krüppel gemacht hat und will Custer einfach nur töten. Die noch verbliebenen restlichen Mitglieder der Samsoneinheiten werden eiligst einberufen und machen sich auf den Weg nach San Antonio.
Und während sich die verbleibenden Truppen des Grals zusammenziehen, können Jesse und Cassidy unterdessen ihre „Meinungsverschiedenheiten“ in einer Schlägerei klären, die von Starr und seiner Truppe beobachtet werden. Zwar sollte man meinen, dass Cassidy wesentlich stärker als Jesse ist, doch der Prediger weiß, wie man sich richtig prügelt. Die Zielfernrohe des Grals wachen auf diesem seltsamen Paar, welches sich gegenseitig tot zu prügeln scheint.
Und das Ende? Was ist aus Jesse, Tulip und Cassidy geworden? Wird Starr seine Rache bekommen und was wurde aus Arschgesicht? Ob es ein Happy-End in dieser fulminanten Serie gibt, welches den Leser zufrieden stellt, muss man schon für sich selbst erleben.
Schreibstil & ArtworkDer Nordire Garth Ennis wurde am 16.01.1970 in Hollywood geboren. Eigentlich wollte er studieren, doch nach nur 3 Monaten warf er alles hin und begann, mit dem festen Vorsatz Comic-Autor zu werden, 1989 seine Karriere mit der Serie „Troubled Souls“, die von John McCrea gezeichnet wurde und in der kurzlebigen Anthologien-Reihe „Crisis“ erschien. Diese war überaus erfolgreich und erhielt sogar eine Fortsetzung. Mit „True Faith“ folgte eine weitere Serie für „Crisis“, die sich als Satire auf die Religion bezog, allerdings durch die massiven Proteste religiöser Verbände recht schnell wieder eingestellt wurde.
Seit 1991 verfasste er, neben einigen kürzeren Erzählungen, einige Episoden für die US-amerikanischen Comic-Serie „Hellblazer" und erhielt letztlich sogar seine eigene Serie: „Hitman". Regelmäßig arbeitet er mit den Zeichnern Steve Dillon, Glen Fabry und John McCrea zusammen. Als Comic-Autor erlangte er aber vor allem durch seine DC-Vertigo Comic-Serie „Preacher" großen Bekanntheitsgrad.
Gemeinsam mit Steve Dillon, den er während der Arbeit an „Hellblazer“ kennen und schätzen lernte, schufen sie gemeinsam die Serie „Preacher“. Diese Reihe brachte es beim DC Label Vertigo auf 66 Ausgaben und erzählt die Geschichte eines desillusionierten Predigers Jesse Custer mit übernatürlichen Kräften, der auf der Suche nach Gott ist, der seine Schöpfung im Stich gelassen hat.
Auch im letzten Band der Reihe bleibt es bei dem ätzend-böse schwarzen Humor, den Ennis seit Beginn der „Preacher“-Reihe pflegt, und auch der Einsatz von exzessiver Gewalt gilt als Stilmittel, wobei der Autor keinen Halt vor Minderheiten, Blasphemie und anderen, zum Teil abgrundtief kranken Einfällen macht. Allerdings gibt es in diesem letzten Band der Reihe eine gewisse Wandlung, die Jesse Custer durchmacht und die für den Leser vielleicht etwas ungewöhnlich ist. Fast scheint es, als wolle Jesse nicht nur endgültig mit Gott abrechnen, sondern auch seine nicht immer sonderlich netten Taten auf seiner denkwürdigen Reise irgendwie in Ordnung bringen – so wie Menschen halt ihre Dinge ordnen, bevor es vielleicht zu spät ist. Dabei verfällt Ennis aber nicht in einen melodramatischen Ton, sondern beweist im Gegenteil ein ziemlich feines und sicheres Gespür dafür, wie viel er seinem Protagonisten Custer als Charakter zumuten kann.
Doch nicht nur Custer hat einige denkwürdige Momente in diesem Band, auch für Tulip und für Cassidy gibt es einige sehr gelungene Szenen und Dialoge. Bemerkenswert dürfte sicherlich der Dialog von Cassidy und Custer sein, die sich prügelnd unter dem wachsamen Blick von Starr und seinen Männern über die „letzten Dinge“ unterhalten, bevor... aber hier möchte ich nichts vom Schluss des letzten Bandes verraten.
Und so bringt Ennis seine Geschichte nach 66 Heften und einigen Specials zu einem absolut lesenswerten Abschluss, auch wenn die Frage offen bleibt, was aus dem Heiligen der Killer und Gott geworden ist. Schließlich dürfte der als überaus unbarmherzig bekannte Heilige seinem Auftrag im Himmelreich nachgekommen sein.
Der Zeichner Steve Dillon, geboren 1962, hatte mit Garth Ennis bereits im britischen Comic-Bereich zusammengearbeitet, bevor dieser ihn für „Preacher" engagierte. Zum Verlauf der Geschichte soll Ennis nur eine Forderung an Dillon gestellt haben: „Überrasch mich!" Auf den ersten Blick wirken die Zeichnungen von Dillon recht unscheinbar und wenig spektakulär – vielmehr hat man sogar manchmal den Eindruck, als seien einige Bilder geradezu eilig geschaffen worden, um die Deadline zu schaffen. Doch gerade dieser Stil macht ein großes Stück der Atmosphäre von „Preacher“ aus, da er den rotzigen Grundton der Charaktere eigentlich hervorragend unterstreicht.
Auch im letzten Band ist die Aufteilung der Panels ist insgesamt recht klassisch und so gibt es nur wenige Bildfolgen in unterschiedlichen Formaten, wechselnde Umrandungen oder großflächige Bildkompositionen, in denen die einzelnen Panels ineinander übergehen. Hier bleibt Dillon seinem bisherigen Stil der Reihe absolut treu und zeigt sich absolut zuverlässig und präzise in seiner Ausführung der Charaktere. Natürlich haftet den Bildern ein wenig der Geschmack der 90er Jahre an und so dürfte aus dem heutigen Blickwinkel Dillon – sollte er den Comic heute noch einmal zeichnen – sicherlich einiges anders gestalten.
Ennis und Dillon arbeiten in einer geradezu perfekten Symbiose miteinander und oft fragt man sich, ob zuerst die Zeichnungen entstanden sind oder aber die Dialoge. Auch wenn die Bilder nicht immer spektakulär sind und man nicht unbedingt Meisterwerke geboten bekommt, so überzeugen sie einfach durch ihren Einfallsreichtum und überraschen durch die zahllosen und zum Teil schonungslosen Details, mit der die gewalttätigen, düsteren Ideen des Autors in Szene gesetzt werden.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungMit Band 9 der auf insgesamt neun Bände angelegten Reihe präsentiert der Panini-Verlag im vorliegenden Sammelband „Abgerechnet wird zum Schluss“ die Hefte 59 bis 66 der Reihe. In Sachen Qualität überzeugt auch dieser bleischwere Hardcover-Band mit seinen 252 Seiten auf jeden Fall: Man erhält nicht nur die Einzelhefte in gebundener Form, sondern auch die Nachdrucke der Cover der Einzelausgaben (die man fast schon als Gemälde bezeichnen müsste) nebst einigen schrägen Anmerkungen zu ihrer Entstehung, Ausführung und Änderungen bis zum endgültigen Layout.
Etwas störend, aber bereits bei den anderen Sammelbänden angemerkt, ist die Fadenheftung, die es manchmal etwas schwierig macht, auch Textpassagen, die nah am Innenrand liegen zu lesen, ohne den Band dafür gehörig aufzuknicken. Darüber kann man aber bei der ansonsten sehr guten Qualität des Sammelbandes hinwegsehen. Die Übersetzung der Texte von Garth Ennis stammt von Claudia Fliege, die es absolut überzeugend schafft, den nicht immer ganz einfachen „Umgangston“ der Akteure ins Deutsche zu übersetzen und die gemeinsam mit dem Lettering von Alessandro Benedetti für einen angenehmen Lesefluss und gute Unterhaltung sorgt.
FazitEndlich ist der Punkt gekommen, an dem Jesse Custer in seinen letzten Kampf zieht und er sich vielleicht endlich von Genesis befreien kann. Der Preis, den er dafür zu bezahlen hat, ist hoch, doch Custer ist bereit, diesen zu leisten. Mit etwas Unbehagen habe ich dem Ende entgegen gesehen und kann abschließend nur eins feststellen: Diese Serie hat wirklich einen absolut würdigen und lesenswerten Abschluss gefunden, bei dem auch die anderen Akteure der Reihe nicht zu kurz kommen. Für einige gibt es ein Happy-End – für andere sieht es nicht so gut aus. Wer letztlich ungeschoren davon kommt und wie der fast schon minimalistisch geratene Showdown aussieht, das sollte der Leser am besten für sich selbst entdecken.
Ein Lesevergnügen mit reichlich bitter-schwarzem Humor und einer überzeugenden Geschichte, in der Ennis und Dillon mit diesem Abschluss beweisen, warum die Reihe „Preacher“ in den 90er Jahren zu Recht Kultstatus erlangt hat, der nach wie vor gilt und in dieser Art schwierig zu übertreffen sein dürfte. Für mich eine absolute Leseempfehlung, die in keinem gut sortierten Comic-Regal fehlen darf, wenn man nicht nur mitreden, sondern sich auch hervorragend amüsieren möchte. Wie immer sei an dieser Stelle ausdrücklich vor der Darstellung von Gewalt in diesem Band gewarnt, die nicht unbedingt jedermanns Geschmack sein dürfte und auch nichts für zartfühlende Gemüter ist!
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