Links zur Rezension Inhalt:Eustache und Mücke, ein überaus ungleiches Duo, welches seinen Lebensunterhalt als überaus versierte und ambitionierte Einbrecher bestreitet. Ihr neuester Coup soll ein Einbruch in das Haus des wohlhabenden und angesehenen Baron von Harcourd sein, wobei sich der Inhalt des Tresors zunächst als nicht sonderlich wertvoll herausstellt. Lediglich eine Filmrolle und ein Notizbuch mit einer ganzen Reihe von Adressen, die sich im Tresor befinden, sollen später noch wichtig werden.
Es ist Mücke, der auf der Filmrolle eine erschreckende Entdeckung macht. Auf dem gestohlenen Filmstreifen ist zu sehen, wie eine Prostituierte bei perversen Sexspielen grausam misshandelt wird. Scheinbar hat Baron von Harcourd nicht alleine eine Vorliebe für solche Filme, entdeckt Mücke doch in dem Notizbuch des Barons den Hinweis auf regelmäßige Vorführungen solcher Streifen im „Boa“, einer Mischung aus elitärem Nachtclub und Bordell. Eustache und Mücke gelingt es ins „Boa“ zu gelangen und so können sie mit eigenen Augen an einer Filmvorführung teilnehmen, bei der eine Prostituierte zu sehen ist, die bei den Aufnahmen wirklich ermordet worden ist. Doch scheint die Geschichte der Prostituiertenmorde im „Boa“ nichts ungewöhnliches zu sein – vor einigen Jahren soll es ähnliche Vorführungen direkt auf der Bühne gegeben haben.
Eustache und Mücke machen aus der Not eine Tugend und erpressen den Baron mit einem Schnipsel der gestohlenen Filmrolle. Allerdings konnten sie nicht damit rechnen, es mit einem überaus einflussreichen und jähzornigen Gegner zu tun zu haben, für den selbst korrupte Bedienstete der örtlichen Polizei arbeiten. Eustache hat zudem noch ein ganz anderes Problem, da er bei Nachforschungen im „Boa“ über seine eigene Vergangenheit durch Zufall ein Gespräch belauscht und erfahren muss, das seine Freundin, die Prostituierte Zibeline, eine zentrale Rolle im nächsten Film des Barons übernehmen soll.
Biographie der AutorenDer Autor Éric Corbeyran wurde am 14.12.1964 in Marseille geboren. Nachdem er eine Zeit lang als Animateur in einem Urlaubzentrum gearbeitet hatte, schaffte er es als freiberuflicher Grafiker in der Werbung zu arbeiten. Seine ersten Schritte im Bereich der Comics machte er einige Jahre später mit dem Szenario der Reihe „Die Klauen des Sumpfes“, der mit dem Zeichner Patrick Amblevert entstand und 1990 veröffentlicht wurde. Nach nunmehr rund 180 Alben wird Corbeyran nicht nur von einigen wenigen Liebhabern, sondern einem breiten Publikum hoch geschätzt. So wurde er unter anderem für den „Prix du meilleur album“ in 2000 für „Lie-de-Vin“ mit Zeichner Olivier Berlion auf dem „Festival International de la Bande Dessinée d'Angoulême“ nominiert.
Nach seinem Kunststudium in Bordeaux schlug sich der am 18.05.1966 geborene Christophe Coronas, der erst später seinen Künstlernamen „Cecil“ verwenden sollte, als Bibliothekar, Graphiker und Illustrator durch. Sein Comic-Debut war „L'Empreinte des Chimènes'“, welches er noch unter seinem Namen Coronas veröffentlichte und das 1990 im Verlag Vents d'Ouest erschien. Bereits 1999 startete er mit Eric Corbeyran die Reihe „Le Réseau Bombyce“ (Schmetterlingsnetzwerk), die zunächst im Arboris-Verlag auf deutsch erschien. Gemeinsam mit Denis-Pierre Filippi begann er 2004 die Reihe „Contes et Récits de Maître Spazi“, aber auch anspruchsvollere Arbeiten wie beispielsweise für „Holmes“ nach dem Szenario von Luc Brunschwig.
Schreibstil & Artwork:Die Idee zu diesem Szenario mag vielleicht einem Film wie „8 mm“ mit Nicolas Cage entliehen sein, der 1999 erschien und das Thema „Snuff“ einem breiten Publikum zugänglich machte. Warum also dieses Thema nicht aufnehmen und es in einer etwas ungewöhnlichen Variation dem Publikum servieren, obwohl ja eigentlich die Amerikaner für Remakes zuständig sind.
Lässt man diesen kleinen Seitenhieb auf die nicht immer originelle Verwertung von Ideen durch die amerikanische Filmindustrie beiseite, so muss man doch unterm Strich feststellen, das Corbeyran mit den beiden Charakteren Eustache und Mücke ein Duo erschaffen hat, welchem man noch weitere Abenteuer zutraut und die sicherlich hierzu auch das Potential besitzen, zumal sie den Leser auch in einer längeren Reihe mit ihren ungleichen Charakterzügen zu unterhalten wissen dürften. Allerdings ist Corbeyran in seinem dramaturgischen Aufbau des ersten Bandes etwas behäbig, so dass die Geschichte zunächst lediglich an den Dialogen der beiden Charaktere hängt und sich ein Spannungsbogen nur zäh aufbaut. Wenn das Szenario dann allerdings richtig in Fahrt kommt und die beiden Helden sich auf den Weg machen, um die Freundin von Eustache zu retten, ist der Band auch schon fast in seinem letzten Drittel angelangt und stimmt letztlich wieder etwas versöhnlich.
Was in diesem ersten Band noch ein wenig zu kurz kommt, ist das „Schmetterlingsnetzwerk“, ein Untergrund-Kartell der Diebe und Einbrecher, dem auch Eustache und Mücke angehören. Hier dürften wahrscheinlich die noch folgenden Bände der Reihe etwas mehr Aufschluss geben.
Da die Geschichte in einem mehr oder weniger fiktiven Paris im ausgehenden 19. Jahrhundert angesiedelt ist, nimmt sich Coronas Zeit und Muße die Hintergründe seiner Bilder mit hervorragend und liebevoll gearbeiteten Details zu schmücken, die in ihrer Mischung an Jugendstil und „Fin de sciel“ erinnern. Ergänzt wird das Ganze mit einer gehörigen Portion Technik, die das Flair von ungewöhnlichem Steam-Punk atmet und an Ideen von Jules Vernes gemahnt. Extravagante Panels oder ein ausgefallener moderner Seitenaufbau sind Coronas dabei weitestgehend fremd, was dem Bildaufbau aber keinen Abbruch tut. Seine Charaktere bleiben dabei in den Zeichnungen allerdings etwas schwach und manchmal könnte man meinen, es fehle ihnen trotz der durchaus ansprechenden Geschichte ein wenig an Tiefgang.
Qualität, Ausstattung & Übersetzung:In Sachen Qualität gibt es wie so oft bei den Produkten des Splitter Verlages keinen Grund zur Klage: Die Verarbeitung des gebundenen Hardcoverbandes ist einwandfrei und verfügt über ein klares und sauberes Druckbild. In Sachen Ausstattung gibt es für den Leser allerdings keine Extras, wobei ich hier gerne einige Skizzen und Entwürfe von Coronas gesehen hätte, der dieses seltsam moderne und doch zugleich morbide Paris in überaus atmosphärischen dichten Bildern einfängt. Die Übersetzung stammt von Delia Wüllner-Schulz und bietet keinen Anlass zu Kritik.
Fazit:Diese „neue“ Reihe im Splitter Verlag dürfte vielleicht für einige Leser keine sonderliche Überraschung sein, erschien sie doch bereits vor über 10 Jahren bereits im Arboris Verlag. Dennoch dürfte es allerdings nunmehr alle drei Bände der Reihe in der gediegenen Aufmachung des Splitter Verlages geben und die mühsame Suche nach antiquarischen Ausgaben ein Ende haben.
Eric Corbeyran, der als Autor von Cecil unterstützt wurde, präsentiert einen recht gelungenen Auftakt einer Reihe, die sowohl optisch als auch inhaltlich sehr solide gearbeitet ist. Das ungleiche Duo des kleinwüchsigen Mücke und des manchmal etwas lebensfremd wirkenden Eustache lädt auf jeden Fall zu spannenden Exkursionen vor der Kulisse eines (wahrscheinlich) alternativen Entwurfes von Paris ein und bietet recht gute Unterhaltung. Für mich auf jeden Fall und trotz aller Kritik eine Empfehlung, was vielleicht aber auch meinem Faible für Steampunk zuzuschreiben ist.
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