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Shadowrun: Lifestyle 2073
Bewertung:
(4.1)
Von: Dirk Schlösser
Alias: Drumlin
Am: 09.11.2011
Autor:Lars Blumenstein, Rusty Childers, David A. Hill Jr., Jason M. Hardy, Adam Large, Je D. McLane, Cynthia Celeste Miller, William Murray, Elizabeth V. Nold, Malik Toms, Filamena Young, Russell Zimmermann
Übersetzer:André Wiesler
Typ:Kampagnenweltbeschreibung
System:Shadowrun 4
Setting:Die sechste Welt
VerlagPegasus Press
ISBN/ASIN:978-3-941976-23-8
Inhalt:175 Seiten, Hardcover
Preis:29,95 EUR
Sprache:Deutsch

Artwork

Lifestyle 2073 trägt das klassische Blau der Shadowrun-Quellenbücher von Pegasus. Das recht hübsche Cover besitzt auf den ersten Blick keinerlei Bezug zum Titel, dieser Eindruck wird jedoch in der In-time-Einleitung sofort korrigiert. Es stellt die Shadowrunnerin dar, wie die Werbeindustrie der sechsten Welt sie im Jahre 2073 darstellt. Die restlichen Illustrationen im Buch stammen von den verschiedensten Künstlern und das wird durch die stark unterschiedlichen Zeichenstile deutlich. Dabei scheint auch der alte Stil der zweiten Edition wieder etwas aufzuleben, aber wirklich nur etwas.

Sehr positiv fällt auf, dass die Einführungsstorys am Kapitelanfang sich wieder häufen.

Vom Material her ist auch dieses Buch sehr widerstandsfähig gebaut, mit einer anständigen Bindung und einem Papier von ausreichender Dicke. Dazu kommt noch das praktische Leseband. Alles in allem wieder einmal ein solides Äußeres für einen durchaus annehmbaren Preis. Aber leider wieder in Schwarz-Weiß. So schnell werden wir wohl keinen Shadowrun-Quellenband zu Gesicht bekommen, der in Farbe gehalten ist und gleichzeitig eine gute Bindung hat.

 

Inhalt

Der Inhalt von Lifestyle 2073 umfasst insgesamt 14 Kapitel und einige gesammelte Tabellen.

Begonnen wird aber mit einer In-time-Einleitung, wie schon oben erwähnt. Diese lässt durchblicken, worum es in dem Buch überhaupt geht und weshalb ein Runner überhaupt etwas über den Lifestyle 2073 wissen sollte.

Das erste Kapitel beschreibt die Ursprünge von Shadowrunnern und die Hintergründe, warum sie in die Schatten wechselten, um einem etwas weniger legalem Verdienst nachzugehen. Auch wenn das Kapitel relativ kurz ist, gefällt es mir qualitativ sehr gut. Es gibt einige Denkanstöße für die Vergangenheit des eigenen Charakters und fördert so das Rollenspiel.

Auch das zweite Kapitel liefert, in Form eines Schulungsprogramms, einige Ideen, wie ein Runner am Anfang seiner Karriere in den Schatten gelebt haben könnte. Das Kapitel ist interessant geschrieben und hilft weiter dabei, Leben in den eigenen SC zu pumpen.

Im dritten Kapitel dreht sich alles um Connections. Innerhalb und außerhalb der eigenen Runnergruppe. Der erste Teil des Kapitels richtet sich hauptsächlich an Spieler und dreht sich um Gruppendynamik und weshalb man welches Gruppenmitglied aufnehmen sollte.

Der zweite Teil richtet sich sowohl an Spieler als auch an Spielleiter und beschreibt, wie man eine Connection anständig behandelt. Anschließend werden die Connections noch in Themengebiete eingeordnet und beschrieben, wer was liefern kann und was er dafür wahrscheinlich als Gegenleistung verlangt.

Der letzte Teil des Kapitels behandelt schließlich Folgeaufträge und wie man sie bekommt. Außerdem wann man etwas während eines Auftrages zusätzlich mitnehmen kann und wann man es besser lassen sollte.

Das Kapitel ist eine gute Quelle für den SL, wenn er mal wieder Connections darstellen muss, was zwangsläufig passiert, schließlich spielt man Shadowrun. Einziger Kritikpunkt ist die Verwendung der Abkürzung SOTA ohne Erklärung, was es überhaupt bedeutet. Eine Internetrecherche stellte zwar relativ schnell klar, dass es wohl „state of the art“ bedeutet, aber wenigstens einmal ausschreiben wäre schön gewesen.

Nach den ersten drei, recht starken Kapiteln, folgt ein Kapitel über Runnerorganisationen, das zugegebenermaßen, mit dem bereits Beschriebenen nicht mithalten kann. Es zeigt mehrere Beispielorganisationen und eine Sekte, denen häufig Runner angehören. Das Kapitel ist ganz nett, aber wie schon erwähnt nicht sehr gut, denn es fehlt sowohl eine Einleitung, worum es in dem Kapitel überhaupt geht, noch warum man in eine Gruppierung eintreten sollte. Stattdessen werden einfach gedankenlos Beispielorganisationen hintereinander gereiht und so stehen gelassen.

Im fünften Kapitel geht es dann endlich mit dem eigentlichen Lifestyle los. Es trägt den Titel „Die Musik-Szene“. Wie man sich jetzt sicher denken kann, geht es um Musik. Nach einem kurzen Abriss der Musikgeschichte werden einige der „neueren“ Musikrichtungen vorgestellt, wie „Afroflash“, „OrxRock“, „Synthcore“ oder auch „Voodoo Blues“.

Anschließend wird eine ganze Horde von Bands und Solokünstlern aller Couleur vorgestellt, inklusive ihrer wichtigen Alben. Zu meinem Leidwesen findet Doria Gray, aus dem Pegasus-Abenteuer „Schattenspieler“ keinerlei Erwähnung. Schade.

Umso besser gefällt mir dann aber auch schon die Abhandlung über nicht metamenschliche Musik. Und auch die Erläuterung der Synthinstrumente sowie der Aufgaben einer Bandcrew finden Spielleiter sicherlich nützlich. Dieses Kapitel gibt einige Aufhänger für Aufträge her. Auch zur Ausgestaltung von Clubs und Konzerten ist es sehr nützlich.

Das darauffolgende Kapitel dreht sich ganz um die Filmindustrie. Um der Welt Leben einzuhauchen, werden die wichtigsten Blockbuster und Serien (unter anderem die beliebte Karl Kombatmage Serie) vorgestellt, aber auch einige noch nicht fertige Filmprojekte sind vorhanden, damit die Runner auch dort mal etwas unternehmen können. Man glaubt gar nicht, zu was manche Menschen bereit sind, um Regisseur eines ganz bestimmten Films zu werden.

Als wäre das nicht genug, wird ausführlich beschrieben, wie man selbst zum Star eines Trideos wird, auch wenn das nicht unbedingt gesund für die Runnerkarriere ist. Aber schließlich kann man ja auch hinter den Kulissen arbeiten.

Damit man mit diesem Kapitel auch als SL garantiert etwas anfangen kann, werden zum Abschluss noch einige „Standardjobs“ vorgestellt, die Runner so am Set erledigen können.

Das siebte Kapitel trägt den Namen „Die BTL-Szene“. Als erstes fällt ein großer böser Schreibfehler in der Illustration auf. Groß und breit prangen da die Worte „Arcadium Oline“, statt „Arcadium Online“. Wer hat denn das da reingelassen?

Aber zum Inhalt: Zunächst wird einmal geklärt, was ein BTL überhaupt ist und wo man es herbekommt. Da BTLs hochgradig illegal sind, muss ein spezielles Verteilernetz aufgebaut werden, das hier auch beschrieben ist. Und endlich bekommt der Shadowrunfan auch einmal erklärt, was genau denn jetzt der Unterschied zwischen Tripchips, Moodchips und Dreamchips ist. Und weil auch Spieler manchmal in Versuchung geraten, sind einige der Chipprogramme genauer beschrieben.

Irgendwer muss BTLs aber auch herstellen und so werden die wichtigsten Produzenten vorgestellt und welche Jobs man in der BTL-Branche so übernehmen kann, um sich ein wenig Geld zu verdienen.

Kritikpunkte an diesem Kapitel sind zum einen der bereits erwähnte Schnitzer in der Illustration und zum anderen ein Abschnitt, der sich BTL-Lexikon nennt. Dieser Name ist aber wenig mehr als eine Anmaßung. Ein paar Begriffe werden in einem Seitenkasten stichwortartig erklärt und im eigentlichen Abschnitt geht es um BTL-Preisverleihungen.

Ansonsten ist „Die BTL-Szene“ aber ganz brauchbar.

Selbst in der sechsten Welt ist Sport noch extrem beliebt und so darf auch ein Kapitel darüber nicht fehlen. So wird zunächst die Sportindustrie beleuchtet, bevor einige Beispielmannschaften und die beliebtesten Sportarten vorgestellt werden. Besonders beleuchtet werden hierbei selbstverständlich kybernetisch aufgewertete, magische Menschen und Technomancer. Und natürlich spielt auch Doping im Profisport eine Rolle.

Das Kapitel ist insgesamt ganz passabel und gibt einige Ideen für Runs im Sportbereich. Auch wenn ich mich immer noch frage, was ein Raketenwerfer im Logo eines Fußballvereins zu suchen hat.

Das Kapitel „Piratenmedien“ dreht sich um alles was künstlerisch, aber leider illegal ist. Darunter fallen Autoren illegaler Bücher, Datenräuber, Filmdiebe, illegale Kopien von Lehrmaterialien, Softwarepiraterie und - mein persönliches Highlight - Guerilla-Theater. Man übernimmt ein Gebäude und zwingt die Menschen darin, am Stück teilzunehmen. Eine wirklich interessante Idee.

Auch in diesem Kapitel finden sich einige Ideen für den Spielleiter, aber, meiner Meinung nach, bei weitem nicht so viele, wie in den vorhergehenden Kapiteln.

Das nächste Kapitel besteht im Grunde aus dem Tagebuch eines toten Runners, der zur Prominenz aufgestiegen ist. Unnötig zu erwähnen, dass er dieses „Glück“ nicht lange überlebt hat.

Dieses Kapitel ist zwar sehr schön geschrieben, gibt aber leider nur wenig her. Es sei denn, die Spieler sind in der gleichen Situation wie der Protagonist des Kapitels.

Das elfte Kapitel dreht sich vollständig darum, was man beachten muss, wenn man aus seinem illegalen Runnerberuf ein legales Geschäft machen will. Anhand eines Sicherheitsunternehmens wird gezeigt, wie man ein Unternehmen gründet, wie man es ausbaut und wie man die Finanzen im Auge behält.

Auch dieses Kapitel ist wie das Vorherige ganz nett, aber leider nur sehr selten nutzbar. Der Spieler muss dann eben ein Unternehmen haben wollen. Ansonsten kann man höchstens noch Organisationen auf den Ideen aufbauen, die für oder gegen die Spieler arbeiten können.

Das zwölfte Kapitel wiederum ist ausgezeichnet für Spieler geeignet, denn es beschreibt, wie man einen Run überleben kann und wie man einen Glückspilz am besten einsetzt. Wer kennt ihn schließlich nicht, den Spieler, der mit drei Würfeln immer noch drei Erfolge würfelt und damit die Probe geradeso schafft.

Das vorletzte Kapitel stellt jede Menge Prominente der sechsten Welt aus den unterschiedlichsten Bereichen vor. Dabei tauchen auch einige Personen aus dem Musikkapitel wieder auf, was ich etwas unschön finde, hat man dann doch zwei Beschreibungen derselben Person an unterschiedlichen Stellen um Buch.

Dieses Kapitel stellt hauptsächlich eine NSC-Sammlung für den SL dar und ist im großen und ganzen das schlechteste Kapitel im Buch. Aber nicht unbedingt insgesamt schlecht, eher mittelmäßig.

Das letzte Kapitel schließlich dreht sich hauptsächlich um ungewöhnliche Mode. Dazu zählt sowohl der Steampunk-Stil, als auch der Postapokalyptische Stil, sowie deutlich ungewöhnlichere Klamotten wie Holo-, Feen- oder gar lebende Kleidung. Die lebende Kleidung strahlt dabei eine groteske Schnittmenge aus Widerlichkeit und Faszination aus.

Mode sind nicht nur Klamotten, sondern auch Accessoires wie AR-Make-Up, Körperkunst und jede Menge anderes Zeugs. Und deshalb wird auch darüber kurz gesprochen.

In diesem Kapitel finden sich auch die einzigen Regelzusätze. So wurde der Zauber „Mode“ (aus Straßenmagie) geändert und jede vorgestellte neue Kleidung mit Regeln ausgestattet.

Als Abschluss findet sich im Buch ein Tabellenwerk, dass nochmal alle regeltechnischen Details (oder Crunch, wie der Rollenspieler sagt) zusammenträgt. Leider hat sich wohl niemand bei der Sortierung Gedanken gemacht, denn die Tabellen sind chaotisch angeordnet und deshalb nur schwer zu überblicken.

 

Fazit:

Lifestyle 2073 beginnt sehr stark und Spieler, die die ersten Kapitel nutzen, können ihren Charakteren damit Leben geradezu einprügeln. Auch der Spielleiter wird in diesem Werk sehr viele Ideen finden, mit denen sich etwas machen lässt. Was spricht gegen eine Kampagne im Musik- oder im Filmbusiness? Oder eine Drogenkampagne? Sport? Alles drin.

Leider baut Lifestyle 2073 gegen Ende immer mehr ab, ohne jedoch dabei in abgründige Tiefen zu stürzen. Das letzte Kapitel reißt dann auch die Qualitätslatte noch einmal kräftig hoch, bevor die Tabellen dann noch einmal etwas lasch abschließen.

Insgesamt ist Lifestyle 2073 etwas für die, die ihrem Charakter etwas mehr Leben zu geben, um so etwas mehr Rollenspiel in die Runde zu bringen. Aber noch mehr ist das Buch etwas für Spielleiter, die der sechsten Welt an ihrem Tisch mehr Leben einhauchen wollen, und/oder an chronischem Ideenmangel für Kampagnen oder Abenteuer leiden. Hier sollte der geneigte Leser genügend finden. Kein Muss, aber eine definitive Kaufempfehlung.