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Dramatis Personae - Campaign Ready NPCs
Bewertung:
(1.8)
Von: Patrick Pricken
Am: 30.01.2004
Autor:Bradley Kayl, Johanna Olson, Christian Gossett, Nathaniel Downes
Typ:
System:d20
Setting:Universell
VerlagArchangel Studios
ISBN/ASIN:0-9714714-0-1
Inhalt:40 Seiten Softcover
Sprache:Englisch

Dramatis Personae - Campaign Ready NPCs

Vorwort - in dem der Rezensent seine Vorlieben erklärt

Ich liebe interessante Nebenfiguren. NSC, an die sich die Spieler erinnern, sind das Salz in der Suppe. Irgendwann fällt der dicke Wirt, der keinen Schnaps trinkt, nicht mehr besonders auf - stets eine gute Idee auf Lager zu haben, ist aber auch nicht einfach. Um Abhilfe zu schaffen, schien mir "Dramatis Personae" gerade richtig. Um meine Rezension aber richtig einschätzen zu können, hier meine Erwartungshaltung an das Buch: Ich möchte in einer beliebigen Situation das Buch aufschlagen können und den betreffenden NSC direkt ins Spiel einbinden können.

 

Erster Teil - in dem das Design beschrieben wird

"Dramatis Personae" ist ein vierzig Seiten starkes Softcover mit farbigem Umschlag und Schwarzweißzeichnungen innen. Die Bilder sind mit einem Comic-Flair gezeichnet, was aber grundsätzlich nicht abträglich ist. Die Schrift ist gut lesbar, manchmal aber sehr groß (s.u.). Es gibt nur wenig Fehler in dem Buch, die vom Lektorat übersehen wurden. Das Cover zeigt eine spärlich bekleidete - aber keineswegs so sehr wie bei Mongoose sexualisierte - Fee, der Rücken den Kopf einer Medusa.

Jeder NSC ist mit demselben Layout beschrieben: An der Außenseite befindet sich eine große weiße Schrift auf schwarzem Grund, die Aufschluss über die Klasse und Stufe des NSC gibt. Die Gesamtstufe ist in einer besonders großen Ziffer angegeben, was auf den ersten Blick die Macht des NSC verkünden soll - eine grundsätzlich gute Idee. An der oberen linken Ecke der Seite sind die Attribute aufgeführt, sowohl als Zahlenwert als auch in Form einer Punkteskala, wie man sie für Superhelden bei Marvel benutzt. Daneben verkünden verschnörkelte Buchstaben den Namen des NSC, sowie den Beinamen (z.B. "Karthalia", und darunter "Sister of The Shadows").

Unter der Attributsskala sowie dem Namen steht der Werteblock des Charakters. Hier fällt extrem auf, wie sehr 3.5 diesen Block verbessert hat. außerdem sind selbst nach Maßstäben von 3.0 die Informationen im Block nicht sehr ausführlich, ein Rüstungsklasseneintrag lautet z.B. "18 (Dex, Armor, Amulet)" - nicht sehr hilfreich. Andererseits stimmen die Werte fast immer; die einzigen beiden Fehler werden auf der Website des Herausgebers per Errata korrigiert.

Unter dem Block folgen meistens drei Unterpunkte, die den Charakter beschreiben: Description, Background, und Combat.

 

Zweiter Teil - in dem genauer auf den Inhalt eingegangen wird

Insgesamt gibt es vierundzwanzig NSCs in dem Buch, sowie sechs weitere Begleiter und neun verstorbene Geister, die ebenfalls als NSC gelten könnten. Dabei gibt es sieben NSC, einen Begleiter und zwei Geister, die weiblich sind. Also entweder 7 von 24, 8 von 30 oder 10 von 39. Ich achte normalerweise nicht auf so etwas, aber hier fiel es mir auf, und dann sind bei den weiblichen NSC noch zwei Drow und eine Medusa, also klassisch weibliche Rollen - na ja.

Die Stufen der NSC liegen zwischen 4 und 11, was aber nicht gleichbedeutend mit ihrem Herausforderungsgrad ist. Dort liegt der höchste bei 14. Und schon haben wir unser erstes Problem. Angenommen, ich wähle einen NSC aus dem Buch aus, bei dem die Gesamtstufe 7 ist, und plötzlich hat der NSC einen HG von 14. Durch solche Irregularitäten wird die gute Idee, die Macht des NSC auf einen Blick zu zeigen, gleich zunichte gemacht.

Die meisten NSC haben eine recht umfangreiche Hintergrundgeschichte, und nahezu jeder hat einen besonderen magischen Gegenstand (bis hin zum Artefakt), der am Ende des Buches erläutert wird, ebenso wie zwei Talente und zwei Zauber.

Die Werteblöcke sind, wie schon geschrieben, grundsätzlich knapp, aber fehlerfrei (eine Ausnahme sind die Schwierigkeitsgrade der Medusa-Fähigkeiten). Leider fehlen Angaben zu Größe, Alter oder anderen Kennzeichen des NSC, die seine Geschichte abrunden könnten. Die Attribute reichen von hoch über ziemlich hoch zu sehr hoch.

Zu erwähnen ist, dass einige neue Rassen eingeführt werden, insgesamt vier, obwohl die Grundvölker von D&D doch genügend Möglichkeiten geben sollten. Ebenso wie die magischen Gegenstände bekommt man hier den Eindruck, dass immer dann eine neue Rasse gewählt wurde, wenn der NSC irgend etwas können sollte, das von den bestehenden Regeln nicht abgedeckt wird. Ein solcher Ansatz könnte auch Faulheit genannt werden, obwohl er das Design einer neuen Rasse bzw. eines neuen Gegenstandes beinhaltet.

Ein weiterer NSC bricht eindeutig die Regeln, ohne dass darauf näher eingegangen wird. Dieser arme Kerl wurde magisch verhext, sodass er nun vier verschiedene Identitäten hat, die im Widerstreit liegen. Mit jeder Identität hat er auch andere Fähigkeiten - der NSC ist effektiv 5. Stufe Kämpfer, Schurke, Barde oder Magier. Er hat ein dunkles Geheimnis. Aber sobald jemand "Heilung" auf ihn spricht, ist er gesund, erinnert sich an alles, etc. Nun ist Heilung ja kein seltener Zauber, der sogar in anderer Absicht auf den NSC gewirkt werden könnte. Insgesamt bekommt man leider den Eindruck, obwohl die Werte eigentlich stimmen, dass keine richtige Vertrautheit mit den Regeln vorherrschte.

 

Dritter Teil - in dem endlich ein loses Ende aufgegriffen wird

Ich hatte ja schon erwähnt, dass die Einträge alle in drei Teile geteilt sind: Description, Background, und Combat. Manche NSC haben noch Followers als vierten Punkt. Das Komische ist nur, obwohl alle dieselben Unterpunkte haben, steht immer etwas anderes drin.

Mal findet man unter Description Hinweise fürs Rollenspiel, dann wieder eine reine Beschreibung, dann Alter und Größe des NSC. Background liefert mal den Hintergrund, mal eine Idee, den NSC ins Spiel zu bringen. Und Combat verrät mal etwas über den Charakter, dann wieder nicht.

Dadurch weiß man leider nie genau, ob ein Eintrag jetzt eine bestimmte Information enthält, und wo sie steht. Auch unterscheiden sich die Einträge sprachlich und stilistisch stark voneinander. Man kann erkennen, welche NSC zu einem der vier Designer gehören, und welche nicht. Grundsätzlich sollte das nicht zu schlimm sein, da der Inhalt ohnehin nicht sehr zusammenhängend ist, aber es verringert die Möglichkeit, die NSC ad hoc einzusetzen, doch sehr.

Zu guter Letzt, sind viele Hintergründe zu ausufernd und spezifisch. Da werden Kontinente, Königreiche, Kriege und Götter eingeführt. So ist "Malador" z.B.  ein fanatischer Anhänger der Göttin Hypsiglena, die auch stark in seinem Hintergrund vorkommt. Aber was für eine Göttin das ist, bleibt ungewiss. Durch welche Gottheit soll man sie also ersetzen? Hier wäre ein direkteres Vorgehen ("Er glaubt an die chaotisch böse Gottheit der Rache") besser gewesen. Ein weiterer NSC ist der verschollene Thronerbe des "Raven Throne" (ratet mal, was ihn heilen kann). Seine einzige Daseinsberechtigung ist dieser Thron. Und wenn ich gerade den in meiner Kampagne nicht gebrauchen kann?

Andererseits kommt auch ein Kleriker vor, dessen Gottheit gar nicht erwähnt ist. Auch an anderen Stellen wird es plötzlich sehr vage. Insofern leidet das Buch paradoxerweise gleichzeitig an zu viel und zu wenig Hintergrund.

Einige NSC sind zudem untereinander verstrickt. Tatsächlich bilden sechs NSC den Hintergrund für eine Stadt, die eher vage beschrieben ist. Diese sechs NSC lassen sich nur sehr schwer ohne den anderen verwenden, was auch wieder nicht sehr passend für den mir vorschwebenden Gebrauch ist.

 

Letzter Teil - in dem alles zusammen kommt

Bislang hört sich das alles nicht sehr positiv an. Und tatsächlich finde ich das gesamte Design des Buches recht misslungen. Mir hätte es besser gefallen, wenn die NSC nur grobe Werte hätten, und stattdessen Augenmerk auf die Persönlichkeit gelegt worden wäre. Wie spiele ich die Figur, wie und in welcher Rolle könnte ich sie einbauen, etc. Für Rollenspiel-Fanatiker wie mich hat das Buch also nur begrenzten Wert. Gleichzeitig kommen auch Regelfüchse nur bedingt auf ihre Kosten, und ich kann nicht wirklich sagen, dass ein gutes Mittelmaß gefunden wird.

Was also stimmt? Zunächst einmal sind einige NSC trotzdem grundsätzlich interessant. Bei mehr als einem kamen mir spontan Ideen, wie ich ihn einbauen könnte, wenn ich seine Geschichte denn für ein Abenteuer nutzen wollte. Andere schienen mir für eine Einmal-Begegnung, die man später aufgreifen kann, nicht ungeeignet.

Gleichzeitig stimmen die Werte eben größtenteils, sodass man auf die schnelle zumindest Gegner für die Spieler hat, wenn es zu einer Kneipenschlägerei kommt oder sie die hiesige Diebesgillde ausrauben wollen. Auch wenn vieles den Wert der Einträge mindert, so stellen sie trotzdem viel Arbeit dar, die ich mir nicht mehr machen muss. Trotzdem ist meine Wertung eher wohlwollend geraten.

 

Fazit:

Wer sich "Dramatis Personae" zulegt, sollte darauf gefasst sein, neue Gegenstände und womöglich Völker in seinem Spiel zuzulassen. Ebenso sollte er eher auf der Suche nach NSC als Aufhänger für weitere Abenteuer sein, denn für farbige Szenenbeschreibung. Wenn er das Buch dann noch bei dem Entwurf der Kampagne verwendet und nicht ad hoc am Spieltisch, könnte dieser SL sogar sehr zufrieden sein. Ansonsten sollte man sich das Buch sehr gut durchlesen, bevor man sich zu einem Kauf entscheidet. Es gibt so viele gute d20-Bücher - dieses muss es nicht sein.