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Warhammer 40k - Deathwatch (Grundregelwerk)
Bewertung:
(3.9)
Von: Aeringa Voyno
Alias: Aeringa
Am: 09.01.2012
Autor:Ross Watson, Sam Stewart, Jay Little et al.
Übersetzer:Daniel Schumacher
Typ:Grundregelwerk
System:Warhammer 40k
Setting:Warhammer 40k
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:978-3-942857-04-8
Inhalt:432 Seiten, Hardcover
Preis:49,95 EUR
Sprache:Deutsch

Das nunmehr dritte in der grimmen Finsternis des 41sten Jahrtausends angesiedelte Rollenspiel ist für viele Fans des Settings die Krönung der Produktlinie geworden. So gut wie jeder, der schon einmal mit der dystopischen, gotischen Zukunftsvision von Games Workshop in Kontakt gekommen ist, kennt sie, die legendären Verteidiger der Menschheit – die Space Marines.

In Deathwatch dürfen Spieler endlich in die Rolle dieser übermenschlichen Krieger schlüpfen und epische Schlachten gegen das Schlimmste, was das Universum zu bieten hat, bestreiten. Denn die Engel des Todes stellen sich Bedrohungen entgegen, denen selbst die zahllosen Legionen der imperialen Armee nicht gewachsen sind; sie kämpfen gegen weltenverschlingende Xenos, Horden von gotteslästerlichen Ketzern und ihre eigenen gefallenen Brüder, die Chaos Space Marines.

Die Aufregung war bereits bei der Ankündigung des Regelwerks groß – nun ist endlich auch die deutsche Ausgabe des Rollenspiels erschienen.

 

Aufmachung

Mit seinen 432 vollfarbigen Seiten in einem robusten Hardcovereinband wirkt das Regelwerk schon auf den ersten Blick solide. Die vielen, zum größten Teil sehr gut gelungenen Illustrationen in schwarz-weiß und in Farbe und die nicht überladene, strenge Optik vermittelt einen passenden und überzeugenden Eindruck vom düsteren Setting des Spiels – so, wie man es bereits von den Vorgängern Schattenjäger und Freihändler gewohnt ist.

Die deutschen Texte, übersetzt von Daniel Schumacher, lesen sich zumeist angenehm und flüssig, vor allem muss man allerdings lobend erwähnen, dass die bis dato erschienenen Errata in die deutsche Ausgabe eingepflegt wurden. Leider hat auch diese Medaille ihre Kehrseite, denn die Jungs von Feder&Schwert haben nicht nur die Fehler der englischen Erstausgabe ausgemerzt, sondern auch ein paar neue fabriziert, was natürlich wiederum eine eigene Errata erfordert. Auch ist das Lektorat ein zweischneidiges Schwert – zum einen findet man zwar nur selten flapsige Druckfehler und Buchstabendreher, zum anderen stoßen einem die leider fast schon zu regelmäßigen Grammatik- und Interpunktionsfehler recht bitter auf. Besonders die peinlichen Schnitzer im Klappentext mussten wirklich nicht sein.

Gehen wir nun aber den inneren Werten auf den Grund.

 

Inhalt

0: Einleitung

Im allerersten Abschnitt des Regelwerks werden Spieler und Spielleiter umfassend darüber informiert, worum es hier geht – um die Elite der Elite. Hier erfährt man, wer und was Space Marines eigentlich sind und wie sie aus gewöhnlichen Sterblichen durch hartes Training und vor allem die genetisch veränderten Implantate erschaffen werden. Selbst ein frischgebackener Scout eines Space Marine-Ordens ist einem erfahrenen Soldaten haushoch überlegen – und in Warhammer 40k ist alles extra groß und die Häuser sind besonders hoch.

Die Charaktere in Deathwatch sind jedoch nicht irgendwelche Space Marines, sie gehören der namensgebenden Geheimorganisation an, die nur die herausragendsten Todesengel rekrutiert. Die Botschaft kommt rasch an – in diesem Spiel geht es um die Superlative.

 

I: Charaktererschaffung

Schattenjäger- und Freihändler-Veteranen werden die Geburtsstunde eines Warhammer 40k-Charakters bereits kennen – das Auswürfeln der neun Attribute mit 2W10. In Deathwatch dürfen SC satte 30 Punkte auf die erwürfelten Werte addieren, immerhin spielt man einen wahren Übermenschen.

Dann steht die Wahl des Herkunftsordens an, die den Charakter vermutlich am stärksten prägen wird. Denn jeder Orden besitzt seine eigenen Aufnahmeriten, Glaubensdogmen, Gepflogenheiten und kulturelle Besonderheiten. Ein Space Marine wird sich vielleicht nicht mehr an seine Kindheit und Jugend vor der Initiation erinnern, doch die Lehren seines Ordens sind auf ewig ein Teil von ihm. Obwohl es im Imperium der Menschheit an die tausend Space Marine-Orden gibt, werden im Grundregelwerk nur sechs vorgestellt, von denen immerhin fünf zu den berühmtesten gehören: Black Templars, Blood Angels, Dark Angels, Space Wolves, Stormwardens und Ultramarines. Bloß die Stormwardens sind eine Eigenerfindung von Fantasy Flight Games und dürften alten Tabletop-Hasen daher nicht bekannt sein. Jeder Orden modifiziert geringfügig die Anfangswerte des Charakters, legt aber auch dessen archetypischen Wesenszüge fest und schafft damit ideale Vorlagen fürs Rollenspiel.

Des Weiteren wird der SC mit einer Fülle an Spezialfähigkeiten überhäuft, denn die Bioimplantate, die ihn von Normalsterblichen abheben, haben eine ganze Reihe regeltechnischer Auswirkungen – praktischerweise sind sie alle auf dem Charakterbogen vermerkt. Auch bekommt ein Space Marine schon zu Beginn etliche Fertigkeiten und Talente, die seine elitäre Ausbildung repräsentieren – dann würfelt er seine Lebens- und Schicksalspunkte aus (für alle nach gleichem Muster) und muss sich für eine Spezialisierung entscheiden, die seine taktische Rolle im Team darstellt.

Anschließend kommen Tipps und Hilfen, um den SC jenseits der spielmechanischen Werte auszugestalten, etwa Anregungen zum Aussehen oder zu persönlichen Vorlieben und Abneigungen. Interessanterweise spielt die zentrale, am meisten ausgeprägte Charaktereigenschaft, hier ‚Gebaren’ genannt, dennoch eine spieltechnische Rolle – der Spieler darf einmal pro Spielsitzung das Gebaren seines Charakters besonders dramatisch ausspielen, um die Wirkung eines ausgegebenen Schicksalspunktes zu emulieren. Die Frage, inwiefern der Spieler zum Darstellen seiner Charakterrolle durch besondere Belohnungen geködert werden muss, ist durchaus berechtigt. Meiner Meinung nach ist dies keine optimale Designentscheidung, allerdings könnte es im Falle von Rollenspielneulingen ein hilfreicher Anreiz sein.

Zu guter Letzt erhält der Charakter 1000 Erfahrungspunkte, die er für im nächsten Kapitel angeführten Steigerungen aufwenden darf. Schattenjäger- oder Freihändler-Spielern mag das viel vorkommen – da Steigerungen in Deathwatch jedoch teurer sind, als in den beiden anderen Systemen, relativiert es jedoch sich schnell.

 

II: Spezialisierungen

Die Karrierepfade der beiden anderen Systeme ersetzen in Deathwatch die Spezialisierungen. Auch sie führen einen Charakter von Rang 1 zu Rang 8, indem er seine Erfahrungspunkte für Talente und Fertigkeiten aus verfügbaren Steigerungstabellen ausgibt.

Die sechs Spezialisierungen – Apothekarius (Medizinexperte), Devastator (Spezialist für schwere Waffen), Scriptor (Psioniker), Sturmmarine (Nahkampfspezialist), Taktischer Marine (Allrounder und Commander) und Techmarine (Technikexperte) – decken jedoch lediglich die taktische Rolle des Space Marines innerhalb des Exterminatorenteams ab und sind weit weniger breit gefächert als Karrierepfade in Schattenjäger oder Freihändler. Dafür dürfen SC in Deathtwach auch auf andere Steigerungstabellen zurückgreifen, die ebenfalls Teil dieses Kapitels sind. So gibt es etwa eine ebenfalls nach Rängen gegliederte allgemeine Space Marine-Tabelle, sowie eine, die die besonderen Erfahrungen eines Deathwatch-Streiters repräsentiert. Auch jedem einzelnen Orden steht eine spezielle Steigerungstabelle offen, sodass die SC im Endeffekt sehr verschieden und individuell in ihren Begabungen werden können.

Etwas merkwürdig mutet bloß die Inflation der EP-Kosten an, denn obwohl die ursprüngliche Aussage der Entwickler lautet, Charaktere aus allen drei Systemen mit demselben EP-Stand seien grob ebenbürtig, so beginnen Deathwatch-Space Marines bereits mit 13000 EP und müssen deutlich mehr EP für Steigerungen aufwenden, als Akolythen oder Freihändler, was die doch sehr beachtlichen Startvorteile irgendwann ausgleicht.

 

III: Fertigkeiten

Das Fertigkeitssystem in Deatwatch basiert wie in allen Rollenspielen der Warhammer 40k-Linie auf dem Prozentwurf. Ist das W%-Ergebnis kleiner/gleich dem Attributswert (mit eventuellen Boni oder Abzügen), gilt die Probe als bestanden. Alle zehn Punkte unter dem Zielwert wird ein Erfolgsgrad erzielt; genauso verhält es sich auf der anderen Seite mit Misserfolgen.

Indem der SC seine Fertigkeitswerte steigert, erhöht er seine Erfolgschancen bei bestimmten Aufgaben, vom Schleichen über das Legen von Sprengladungen bis zur sozialen Interaktion. Die Anzahl der möglichen Fertigkeiten ist beachtlich und deckt recht engmaschig all die unterschiedlichen Herausforderungen ab, die ein Charakter im Laufe des Spiels überwinden muss. Mich persönlich stört diese gründliche Aufspaltung keineswegs; im Gegenteil, ich finde es durchaus interessant, wenn Charaktere sich in engen Fachgebieten spezialisieren können.

Manche Fertigkeiten verfügen über besonders hervorgehobene Spezialanwendungen; diese stehen häufig in direktem Bezug zu dem blutigen Alltag der Deathwatch. Selbst auf den ersten Blick so zivile Fertigkeiten wie Schätzen bekommen neue Anwendungsoptionen – so kann ein im Schätzen geschulter Space Marine rasch die Schwachstellen der Deckung bewerten, in die er sich begibt, und damit überaus praktischen Nutzen auf dem Schlachtfeld daraus ziehen.

Ein finsterer Fehlerdämon der Copy/Paste-Gattung hat allerdings etliche Fertigkeiten mit der Kategorie „Erforschung“ versehen, die es in Deathwatch nämlich nicht mehr gibt.

 

IV: Talente und Eigenschaften

Talente befähigen Charaktere zu besonderen Leistungen, machen sie besser in dem, was sie können, oder ermöglichen ihnen, etwas völlig Neues zu vollbringen. Deathwatch-Space Marines stehen über hundert Talente zur Verfügung, die Nahkampf, Fernkampf, Führungsqualitäten oder auch Wissensfähigkeiten unterstützen.

Viele der Talente stammen noch aus Schattenjäger oder Freihändler, es gibt allerdings auch etliche neue, die vor allem die Deathwatch-spezifischen Mechaniken, etwa Hordenkämpfe und Zusammenhalt (s.u.), bereichern.

Im selben Kapitel sind auch Eigenschaften untergebracht – Merkmale, die normalerweise nicht durch Erfahrungspunkte erlangt werden können und gravierende physische, mentale oder metaphysische Unterschiede von gewöhnlichen Menschen darstellen. Dank ihrer Implantate verfügen Space Marines in der Tat über eine Reihe von solchen Eigenschaften, die meisten sind jedoch Gegnern und Monstern vorbehalten. Damit würde dieser Abschnitt also eigentlich ins Monsterkapitel gehören, doch da Deathwatch-SC im Gegensatz zu Akolythen, Thronagenten und Freihändlerentouragen auch eine gehörige Portion davon mitlöffeln, wurde er vorverlegt.

 

V: Ausrüstung

Wer an einen Space Marine denkt, hat sofort das Bild eines riesenhaften Kriegers in einschüchternder High-Tech-Rüstung vor Augen, ein Kettenschwert in der einen Hand und einen Bolter in der anderen. Um dieses Schlachtwerkzeug, und natürlich auch viele andere Utensilien, geht es in diesem Kapitel.

Es behandelt Ausrüstung von Waffen über kybernetische Implantate und Kampfdrogen bis zu legendären Reliquien, die nur den ehrenhaftesten, herausragendsten Veteranen anvertraut werden. Da Space Marines keine Verwendung für Geld haben und als eine Art Kriegermönche über keinen Privatbesitz verfügen, wird das Erlangen der Ausrüstung nicht über Throngelt, sondern über Requisitionspunkte abgehandelt. Jeder Gegenstand besitzt einen Wert in Requirierungspunkten, und zu Beginn einer Mission dürfen SC Punkte aus einem vom SL festgelegten Pool ausgeben.

Natürlich haben nur die bewährtesten Deathwatch-Krieger Zugang zu dem seltensten und mächtigsten Kriegsgerät; dies wird über Ruhmstufen abgehandelt, die Charaktere durch erfolgreiche Missionsabschlüsse erlangen können.

Problematisch erscheint hingegen der Umstand, dass Boltwaffen, die zur Startausrüstung eines jeden Space Marines gehören, in der Effektivität zahlreiche andere Waffenkategorien übertrumpfen und man sich somit nicht wirklich darauf freuen kann, z.B. Plasmawaffen requirieren zu dürfen. Fantasy Flight Games hat dem inzwischen mit einer alternativen Waffenliste Abhilfe geschaffen; es bleibt zu hoffen, dass die Heidelbären die deutsche Version dieses PDF-Dokuments nachreichen, da spätere Publikationen der Reihe mittlerweile auf diese neuen Werte umgestellt wurden.

 

VI: Psi-Kräfte

Psioniker im 41sten Jahrtausend zu sein, ist kein leichtes Los. Dennoch verwenden zahlreiche Institutionen des Imperiums diese gesegneten und verfluchten Individuen, und viele Space Marine-Orden sind da keine Ausnahme.

Die Psionik-Regeln in Deathwatch greifen das in Freihändler eingeführte System auf – Würfe zum Manifestieren einer Kraft entsprechen Willenskraft- oder Psi-Gespür-Würfen, die durch den aktuellen Psi-Wert modifiziert werden. Ein Psioniker ist normalerweise in der Lage, seinen Psi-Wert für den Einsatz einer Kraft zu erhöhen oder zu verringern; eine Erhöhung birgt allerdings hohe Risiken, bis hin zur völligen Vernichtung durch Warpflammen oder dem Auftauchen eines grauenhaften Dämonenprinzen, der es alleine mit einem ganzen Exterminatorenteam aufnehmen kann.

Im Vergleich zu Psionikern, die die Vorgänger-Rollenspielreihen zu spielen ermöglichen, sind Space Marine-Scriptoren dennoch die sichersten; auch können sie auf besonders spektakuläre Kräfte zurückgreifen, die von ihrem jeweiligen Orden gelehrt werden.

In diesem Kapitel werden allerdings auch andere Arten von Psi-Anwendern umrissen, die als NSC die Bühne betreten können, etwa sanktionierte Psioniker der Imperialen Armee, abtrünnige Hexer oder mysteriöse Xenos-Psioniker.

 

VII: Das Spiel

An dieser Stelle wird zunächst die grundlegende Mechanik des Spiels beleuchtet, die sehr intuitiv ist und im Kern aus einem W%-Wurf gegen einen entsprechenden Wert besteht. Auch Anfänger dürften mit dem Grundgerüst schon nach wenigen Würfen vertraut sein. Etwas mau erklärt werden an dieser Stelle bloß die erweiterten Würfe, sprich solche, bei denen man den Würfel mehrmals zur Hand nehmen und möglichst viele Erfolgsgrade über einen vorher festgelegten Zeitrahmen ansammeln muss – hier halte ich den extrem kurzen Absatz für am falschen Ende gespart.

Weiterhin findet man in diesem Kapitel die Regeln für die Verwendung von Schicksalspunkten – eine Besonderheit, die nur SC oder außerordentlich bedeutsamen NSC zur Verfügung steht. Die Schicksalspunkte sind ein sehr fühlbarer Segen des Imperators, denn sie erlauben dem Charakter, gescheiterte Würfe zu wiederholen, verlorene Lebenspunkte wiederherzustellen oder gar einen ansonsten tödlichen Angriff zu überleben. Damit gleichen sie die Tödlichkeit des Systems etwas aus – doch selbst als Space Marine sollte man nie leichtfertig werden, nur weil er ganze vier oder gar fünf Schicksalspunkte (Akolythen würden grün vor Neid anlaufen!) besitzt. Der Krieg ist brutal, und der Tod lauert überall.

Nach den Regeln für verschiedene Arten von Bewegung folgen schließlich erneut exklusive Deathwatch-Elemente – die Kampfmodi und die Missionsstruktur. Die Modi – der Einzelkämpfer- und der Teammodus – spiegeln die Art wieder, wie das Exterminatorenteam auf dem Schlachtfeld agiert, etwa als spezialisierte, jedoch eher einzelgängerische Elitesoldaten, oder als geschlossenes, eingespieltes Team. Durch Ordenszugehörigkeit, Spezialisierung und vor der Mission abgelegte Eide stehen den Space Marines zahlreiche Spezialfähigkeiten zur Verfügung, doch erst die Teamfähigkeiten machen die Gruppe zu einer nahezu unbesiegbaren Einheit. Der Einsatz von Teamfähigkeiten verbraucht natürlich seine eigene Ressource – die Zusammenhaltspunkte. Auf deren Haushalt sollte ein Exterminatorenteam genau achten, wenn es die schrecklichsten Feinde der Menschheit bezwingen soll. Ganz besonders diese Mechanik verleiht dem Spiel einen epischen Hauch – alle für einen, einer für alle!

Die Missionen sind Grundpfeiler der Deathwatch-Abenteuer und fallen somit in die Spielleiter-Hände. In diesem Abschnitt wird erklärt, wie man eine Mission aus Zielen unterschiedlicher Priorität aufbaut, wie sich daraus Requirierungspunkte berechnen oder welche Komplikationen den Spielern die Suppe versalzen können. Wer bei Deathwatch einen puren Kampfmarathon erwartet, mag ganz schön staunen, wenn die Gruppe plötzlich mit einem planetaren Gouverneur um dringend benötigte Verstärkung verhandeln oder nach einer schiefgegangenen Landung einen Weg aus dem unübersichtlichen Dschungel finden muss.

 

VIII: Kampf

Das Kampfkapitel fasst übersichtlich die Regeln für das tägliche Handwerk der Space Marines zusammen. Der Kern einer Kampfsequenz ist, wie man auch aus den anderen beiden Warhammer 40k-Rollenspielen gewöhnt ist, schlicht und übersichtlich – wenn man an der Reihe ist, darf man zwei halbe oder eine volle Aktion ausführen. Neben Standardangriffen stehen SC wie ihren Gegnern unterschiedliche Aktionen zur Verfügung, und gerade Deathwatch-Spieler sollten sich gut mit dem Repertoire und den Möglichkeiten ihrer Charaktere vertraut machen – überfordern dürfte es jedoch niemanden.

Auch Regeln für Verletzungen gehören hierhin, insbesondere die richtig gemeinen kritischen Verletzungen, die lange anhaltende und häufig schmerzhafte Nebenwirkungen haben können, bis hin zum Verlust von Gliedmaßen. Dies mag einige Rollenspieler abschrecken, doch gehört dieser Aspekt meiner Meinung nach einfach zur gnadenlosen Welt des 41sten Jahrtausends dazu.

 

IX: Der Spielleiter

Nach der obligatorischen, etwas knappen, doch prägnanten Einführung ins Spielleiterhandwerk behandelt dieses Kapitel den Aufbau von Abenteuern/Missionen, Richtlinien für SC/NSC-Interaktionen und Dinge wie Furcht, Wahnsinn und Verderbnis.

Durch unterschiedliche Anregungen wird hier mit dem möglichen Vorurteil aufgeräumt, Deathwatch habe außer Kämpfen wenig zu bieten. Dem Spielleiter werden Tipps und Ideen an die Hand gegeben, wie er trotz des martialischen Fokus dennoch abwechslungsreiche Aufgaben für seine Spieler entwerfen und sie mit verschiedenen Aspekten des Settings konfrontieren kann, ohne dass die Elitekrieger-Thematik darunter leidet.

Furcht, Wahnsinn und Verderbnis sind ein Thema für sich – hier unterscheiden sich die Regeln für die Space Marines von jenen für gewöhnliche Menschen. Anders als in Schattenjäger oder Freihändler läuft ein Ordensbruder nie Gefahr, vor Angst zu türmen oder in Ohnmacht zu fallen – denn Space Marines kennen keine Furcht. Nun, nicht ganz, doch die Auswirkungen der Angst auf Deathwatch-SC sind vergleichsweise geringfügig.

Auch entwickeln Space Marines durch das Ansammeln von Wahnsinnspunkten (was ohnehin recht langsam vonstatten geht) keine gemeinhin üblichen Geisteskrankheiten, sondern können Kampftraumata erleiden oder dem Fluch ihres Primarchen erliegen, indem die Verfehlungen ihrer Urväter zum Teil ihrer Persönlichkeit werden und sie signifikant behindern.

Verderbnis hat, bis der SC 100 Punkte angehäuft hat, überhaupt keine Auswirkungen auf den Charakter – die Gensaat der Space Marines bewahrt sie vor Mutationen oder geistigen Regressionen.

 

X: Das Imperium

Das Imperium der Menschheit erstreckt sich beinahe über die gesamte Galaxis und umfasst daher mannigfaltige Facetten, die in diesem Kapitel zusammengefasst werden. Die wichtigsten imperialen Institutionen finden hier Erwähnung, der Fokus liegt jedoch auf den zahlreichen Kriegsgebieten und der Kriegsmaschinerie, denn dies sind die Aspekte, mit denen Space Marines zumeist konfrontiert werden – daher ergibt die Schwerpunktsetzung durchaus Sinn.

 

XI: Deathwatch

Der geheimnisvollen Organisation, der jeder SC angehört, wird selbstverständlich auch eine ausführliche Schilderung gewidmet. Als Waffenarm des Ordo Xenos, eines Zweiges der Inquisition, der sich auf die Bedrohung durch Aliens spezialisiert, besitzt die Deathwatch etliche Privilegien und noch mehr Geheimnisse, Riten und Bräuche, in die Initianden erst nach und nach eingeweiht werden. Spieler finden an dieser Stelle Anregungen fürs Rollenspiel und Ausgestalten ihrer Charaktere, Spielleiter mögliche Abenteueraufhänger.

 

XII: Jericho-Weite

Die Jericho-Weite ist der offizielle Schauplatz von Deathwatch, ein auseinanderbrechender imperialer Raumsektor, den der Massen an Material und Menschenleben verschlingende Achilus-Kreuzzug wieder unter unbestrittene imperiale Kontrolle bringen soll. Die Bedrohungen sind unzählig – eine vorrückende Tyraniden-Schwarmflotte, die wie ein Heuschreckenschwarm Welten um Welten befällt und nichts als karges, lebensfeindliches Ödland hinterlässt; das aufstrebende Sternenreich der Tau, das mit Technologie und Propaganda dem Imperium ernsthafte Konkurrenz macht; Streitmächte des Chaos, die nach Verderben und Vernichtung trachten, und andere, weniger offensichtliche und doch nicht minder ernstzunehmende Gefahren lauern allgegenwärtig in jedem Winkel des Sektors.

Drei Keile des Kreuzzuges bilden drei verbittert umkämpfte Fronten, und auch hinter diesen herrscht selten Frieden. Die Jericho-Weite bietet mannigfaltige Schauplätze für Abenteuer unterschiedlichster Art, von geradlinigen Fronteinsätzen über düstere Erkundungsmissionen in uralten Xenosruinen im Auftrag der Inquisition bis zu auf den ersten Blick harmlos wirkenden diplomatischen Aufgaben.

Ein geheimnisvolles Warptor verbindet die Jericho-Weite mit dem Calixis-Sektor und der Koronus-Weite, in denen Schattenjäger und Freihändler angesiedelt sind. Dies ermöglicht, Kampagnen aller drei Systeme miteinander zu verflechten und in eine glaubwürdige, vernetzte Welt einzutauchen.

 

XIII: Antagonisten

Eine Auswahl an häufig vorkommenden Feinden und Verbündeten (in der Hinsicht täuscht die Kapitelüberschrift) darf in einem Grundregelwerk natürlich nicht fehlen. Das tut sie in Deathwatch auch nicht – im dreizehnten Kapitel findet man Werte für die wichtigsten Gegnerarten und die archetypischen NSC, die Space Marines in der Jericho-Weite antreffen können.

Feinde, die ein Exterminatorenteam zur Beseitigung erfordern, sind wirklich formidabel, denn schon ein einzelner Space Marine kann es mit einem ganzen Soldatentrupp aufnehmen. Auch dazu gibt es nun Regeln, nämlich für Hordenkämpfe. Anstatt dass die SC die schwächeren Gegnersorten über Dutzende von Runden hinweg einzeln bekämpfen müssen, können diese nun zu Horden zusammengefasst werden, was zum einen die Herausforderung steigert und zum anderen die epische Stimmung des Spiels unterstreicht.

 

XIV: Evakuierung

Zum Schluss wartet das Grundregelwerk mit einem kurzen Einführungsabenteuer auf. Dieses ist wirklich knapp und umfasst eine zeitlich begrenzte, geradlinige Mission, die das Exterminatorenteam mit einer Bergungsaufgabe auf einer dem Untergang geweihten Welt betraut. In der Kürze liegt jedoch die Würze, denn es wirft die Charaktere mitten ins Geschehen und vermittelt perfekt die düstere Atmosphäre voller allgegenwärtiger Bedrohungen. Für Anfänger eignet sich Evakuierung sehr gut, um die grundlegenden Spielregeln auf spannende und actionreiche Art und Weise zu erlernen; erfahrene Spielleiter können den Einsatz sicherlich ebenfalls als Inspiration für eine rasante Nebenmission verwenden.

 

Fazit:

Wer seit der inzwischen schon ein paar Jahre zurückliegenden ersten Ankündigung eines Warhammer 40k-Rollenspiels sehnsüchtig darauf gewartet hat, in die ehrfurchtgebietende Servo-Rüstung eines Space Marines zu schlüpfen und mit Bolter und Kettenschwert die grausigsten Schrecken des Universums zu läutern, dem wird mit Deathwatch sein Traum erfüllt.

Selbst ich, die ich nie davon geschwärmt habe, große Männer mit großen Waffen zu spielen, bin vom System inzwischen überzeugt. Trotz der recht einseitig scheinenden Kriegsthematik hat Deathwatch nicht weniger zu bieten, als seine älteren Geschwister Schattenjäger und Freihändler, und bereichert das bespielbare Warhammer 40k-Universum sehr. Indem es die Spieler nicht bloß in die Rolle der „einfachen“, bei ihren Orden dienenden Space Marines versetzt, sondern sie in die Reihe einer inquisitorischen Spezialeinheit einführt, schafft es Möglichkeiten für Abenteuer unterschiedlichsten Schlages, in denen man sich zurecht als wahrer Held fühlen darf und sich dennoch stets der Tödlichkeit des Universums bewusst ist.

Natürlich müssen die Spieler und der SL wissen, auf welches Kaliber sie sich da einlassen. Schon zu Beginn verfügen die SC über mehr Macht, als ein einfacher Sterblicher sich je erträumen kann, und es besteht noch gehörig Raum nach oben. Dementsprechend überwältigend fallen auch die Herausforderungen aus; vor allem der Spielleiter muss stets vor Augen haben, dass er keine durchschnittlicher Truppe Söldner oder Abenteurer vor sich hat, sondern die Elite der Elite.

Mag man sich mit diesem bombastischen Stil anfreunden oder ihn gar favorisieren, bekommt man mit Deathwatch ein prächtiges Rollenspiel voller heroischer Schlachten, epischer Heldentaten und weltenerschütternder Geschichten.

(Einen Zehntelpunkt ziehe ich der deutschen Ausgabe aufgrund der Lektoratqualität ab; möglicherweise ist es zu pingelig, meiner Meinung nach leidet die Präsentation schon etwas darunter.)