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Schmetterlingsnetzwerk 3 - Stigmata
Bewertung:
(3.9)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 22.05.2012
Autor:Cécil (Autor und Zeichner)
Übersetzer:Delia Wüllner-Schulz
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Steam-Punk
VerlagSplitter Verlag
ISBN/ASIN:978-3-86869-288-4
Inhalt:48 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Stand im zweiten Band die Vergangenheit des kleinwüchsigen ehemaligen Zirkusartisten Mücke im Vordergrund, so startet der letzte Band der Reihe mit einem Rückblick von Eustache, der sich an das grausame Schicksal seiner Schwester vor etlichen Jahren erinnert. Und so will Eustache endlich Antworten auf die Geschehnisse finden, die ihn seit vielen Jahren verfolgen und die eng mit dem grausamen Ende seiner Schwester verbunden sind.

 

Währenddessen trifft sich der Baron Harcourd am Bahnhof mit einem alten Freund, dem Hauptmann Guillaume, den er, samt seinen Männern, angeheuert hat, um die verhassten Hintermänner des Schmetterlingsnetzwerkes zu beseitigen. Eine Aufgabe die Monokel mit großer Skepsis verfolgt und nur mit einigem Widerwillen unterstützt. Und auch hochgestellte Mitglieder der feinen Pariser Gesellschaft sind nach den letzten Vorkommnissen um den verschwundenen Film nervös geworden, fürchten sie sich doch vor einem Skandal, der durch ihr sadistisches Treiben entstehen könnte, sollte dieser publik werden. Kurzerhand beauftragen sie selbst zwielichtige Häscher, die sich um das Schmetterlingsnetzwerk kümmern sollen, damit wieder Ruhe in das einträgliche Geschäft einkehrt.

 

Durch eine geschickt arrangierte Falle werden Eustache und Mücke von den bezahlten Handlangern der Unterwelt gefangen genommen und ironischerweise fast in letzter Sekunde von der Truppe des Hauptmanns Guillaume gerettet. Glücklicherweise können Mücke und Eustache in dem Kampfgeschehen fliehen – aber ihre Aussichten der Gefahr zu entkommen sind nicht sonderlich gut. Die verzweifelte Suche nach seiner Vergangenheit treibt Eustache weiter an, zumal es mehr als nur ein Wiedersehen mit einigen alten Bekannten gibt, bevor er sich seiner wahrscheinlich größten Herausforderung stellt.

 

Schreibstil & Artwork:

Nach seinem Kunststudium in Bordeaux schlug sich der am 18.05.1966 geborene Christophe Coronas, der erst später seinen Künstlernamen „Cecil“ verwenden sollte, als Bibliothekar, Graphiker und Illustrator durch. Sein Comic-Debut war „L'Empreinte des Chimènes'“, die er noch unter seinem Namen Coronas veröffentlichte und die 1990 im Verlag Vents d'Ouest erschien. Bereits 1999 startete er mit Eric Corbeyran die Reihe „Le Réseau Bombyce“, die unter dem Titel „Das Schmetterlingsnetzwerk“ zunächst im Arboris-Verlag auf deutsch erschien. Gemeinsam mit Denis-Pierre Filippi begann er 2004 die Reihe „Contes et Récits de Maître Spazi“, aber auch anspruchsvollere Arbeiten wie beispielsweise für „Holmes“ nach dem Szenario von Luc Brunschwig.

 

Nach dem zweiten Band hat sich Autor Éric Corbeyran bedauerlicherweise aus der Reihe verabschiedet und so oblag es Cecil sowohl die Texte als auch die Zeichnungen für den Abschlussband der Trilogie zu konzipieren. Schwierig scheint es ihm nicht gefallen zu sein, hatte er doch bereits ausreichend Gelegenheit gehabt das Szenario gemeinsam mit Éric Corbeyran zu gestalten. Und so gelingt es ihm recht mühelos auch ohne diese Unterstützung das bisherige Flair und die Atmosphäre des Szenarios weiterzuführen und den Spannungsbogen bis hin zu einem denkwürdigen und dramatischen Ende zu führen. Der Fokus in diesem Band liegt sicherlich auf der Figur des Eustache, der mit seinen zahlreichen Rückblicken auf seine Vergangenheit immer mehr Licht in seine verzweifelte Suche nach dem mysteriösen verborgenen „Schatz“ gibt. Facettenreich bleiben auch die Schurken, egal ob es sich um den Baron, Monokel oder Hauptmann Guillaume handelt, die sich auf die Spur des Schmetterlingsnetzwerkes gemacht haben, um es zu vernichten.

 

Doch nicht nur das Szenario mit seinen Dialogen ist gelungen, wobei sich Cecil für den letzten Band Unterstützung von Cuveele geholt hat, auch seine Zeichnungen können sich wiederum sehen lassen. Es sind weiterhin routiniert in Szene gesetzte Panels, in denen Cecil sein im ausgehenden 19. Jahrhundert scheinbar fiktives Paris angesiedelt hat und die weiterhin durch ihren Detailreichtum beeindrucken. Man ist sich nie ganz sicher, ob sich um das „echte“ historische Paris handelt oder um eine Parallelwelt, die diese Stadt als Vorlage nutzt, um ihr ein ganz eigenes und besonderes Flair zu verleihen, welches noch am ehesten seine Wurzeln im Steam-Punk hat. Farbe in diese fantastischen Panels brachte diesmal Tatto Caballero, der es ohne Probleme versteht, die bisherige Koloration aufzunehmen und weiter zu führen. Zwar sind die von mir bereits bemängelten Gesichtsausdrücke der Charaktere immer noch etwas schwach in ihrer Ausführung und die Bewegung nicht immer sonderlich dynamisch in Szene gesetzt, aber das ist dann auch schon jammern auf recht hohem Niveau, wenn man sich die vorliegende handwerkliche Leistung betrachtet.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Der Splitter Verlag bietet seinen Kunden auch mit diesem Hardcoverband gewohnt hochwertige Qualität, die durch ihr klares Druckbild und die absolut solide und langlebige Verarbeitung besticht. In Sachen Ausstattung gibt es leider keine Extras, wobei ich mir hier gerne einen Blick in den Skizzenblock von Cecil geworfen hätte, wobei es mir da dann allerding eher um seine Darstellung des überaus imposanten Paris geht. Die gelungene Übersetzung stammt diesmal von Tanja Krämling, welche im dritten Band Delia Wüllner-Schulz ablöst.

 

Fazit:

Die lange Zeit des Wartens hat endlich ein Ende und so bekommt der Leser, der sich vor etlichen Jahren mit den beiden ersten Bänden im Arboris Verlag eingedeckt hat, nunmehr seine Erlösung und kann Eustache und Mücke in ihrem letzten Gefecht begleiten um einem denkwürdigen Ende entgegen zu fiebern.

 

Klassische Elemente des Thrillers, in denen sich der Protagonist gegen moralische, seelische oder physische Gewalteinwirkung durch seinen Gegenspieler behaupten muss, werden hier mit tiefen Einblicken in die Seele von Eustache und Mücke ergänzt und ergeben somit im Szenario eine absolut überzeugend emotionale Stärke. Doch es ist auch das atmosphärisch dichte Artwork des „fiktiven“ Paris mit seinen zahlreichen Steampunk-Anleihen, egal ob es Technik oder Architektur betrifft. Hier kommt die absolut passende Ergänzung zu dem nicht immer leicht zu durchschauenden Szenario, welches sich bis zum Schluss durch seine geschickt Inszenierung steigert.

 

Insgesamt ist diese Reihe – trotz einiger kleiner Schwächen bei der zeichnerischen Ausführung der Figuren – eine sehr hübsche und gelungene Neuauflage, die ich dem Leser nur vollends empfehlen kann.