Links zur Rezension Inhalt:Fetzen von Nachrichten, Interviews und Reportagen rauschen mit ihren Textblasen durch die beklemmende Atmosphäre des Weltraums und vermischen sich mit Gedanken und Überlegungen, während sich die bewaffneten Marines Denver und Benitez auf den Weg zum Generator befinden, wo sie hoffen Pototski einzuholen, bevor er dort Schaden anrichten kann. Auch Chet und die anderen Mitglieder der Crew hören die seltsamen Geräuschsplitter, welche die Kommunikationsgeräte überlagern und Gespräche fast unmöglich machen. Doch Denver und Benitez sind mit Phasern ausgerüstet, die lahmgelegt werden müssen, da die Triebwerke des Generators die Entladung nicht aushalten könnten. Eine schwerwiegende Entscheidung die Chet treffen muss – den beiden Marines wegen des gestörten Funkkontaktes aber nur in Bruchstücken mitteilen kann.
Denver und Benitez ahnen nichts von ihren ausgefallenen Waffen, als sie sich im Generatorgebäude auf getrennten Wegen auf die Spur von Pototski machen, den sie tot auffinden. Währenddessen erhält Chet von Deborah, die sich auf den Weg zum Schneepanzer gemacht hat, neue Informationen, die mit den bisherigen Verlusten und mit den Morden zu tun haben. Nach Meinung von Deborah scheint es sich um eine Art von Parasit zu handeln, der die Menschen wie eine Tröpfcheninfektion heimsucht und sie dann nach und nach zu aggressiven Handlungen drängt.
Deborah ist überrascht, als Denver unverhofft und ohne Begleitung von Benitez am Schneepanzer auftaucht. Sie will die rasche Flucht vom Planeten organisieren, so lange noch Zeit und Gelegenheit dazu ist. Sie ist mittlerweile überzeugt, dass Pototski den Virus in sich trägt und ihn weiter verbreiten wird – was er auch getan hat, da Denver von den gefundenen Überresten von Pototski infiziert ist.
Und so beginnt langsam aber sicher ein gnadenloses Katz und Maus-Spiel in der eisigen Einöde des Planeten und es kommt zu einem recht philosophisch anmutenden Ende in dessen Mittelpunkt Chet und Benitez stehen, die eine tiefe Freundschaft verbindet und nicht zuletzt auch der Roman „Der Meister und Margarita“ von Bulgakow – der Lektüre von Benitez.
Schreibstil & Artwork:Der 1971 in Fontenay-aux-roses geborene Zeichner und Szenarist Richard Marazano widmete sich zunächst einem naturwissenschaftlich geprägten Studium mit den Schwerpunkten in Astrophysik und Wissenschaftsgeschichte, bevor er nach einigem Zögern seine eigentliche Karriere begann. Er arbeitete geraume Zeit im Atelier Sanzot, bevor er seinen großen Durchbruch 2004 hatte, als er mit dem Band “Cuervos“ in Angoulème für einen Preis nominiert wurde. Bekanntheit in Deutschland erlangte er insbesondere als Zeichner der erfolgreichen Reihe „Der Schimpansen-Komplex“, aber auch mit der Reihe „Eco Warriors“.
Das grundlegende Konzept der Reihe „Absolute Zero“ oblag Christophe Bec - Szenarist Richard Marazano kümmerte sich um die inhaltliche Gestaltung der Texte. Wie bereits in den beiden vorangegangenen Bänden bietet er überaus intensive und auch subtil angelegte Dialoge zwischen den einzelnen Akteuren, der in diesem Band sehr weit davon entfernt ist, sich mit stereotypen Äußerungen einer wilden und entschlossenen Horde von Marines auseinanderzusetzen.
Das Szenario bleibt weiterhin recht komplex in seinem Aufbau bis zu dem Punkt, als man erfährt, was unter Umständen hinter den grausamen und zugleich seltsamen Geschehnissen steckt. Hier wird es etwas linear und wortkarg, bis es dann einen recht schön arrangierten Showdown gibt, der mit seinen geradezu philosophisch angehauchten Aussagen dem Szenario zumindest wieder ein Stück seiner bisherigen Größe verleiht.
Die Einbindung von weiteren Bruchstücken aus dem Roman „Der Meister und Margarita“ ist nach wie vor ein interessantes und überaus schönes Motiv, welches allerdings in der Kombination mit der „Auflösung“ des Rätsels aber irgendwie einen schalen Beigeschmack bekommt. Hier hätte ich in der Zusammenarbeit von Bec und Marazano doch einiges mehr am Schluss erhofft.
Der französische Zeichner und Szenarist Christophe Bec wurde am 24.04.1969 in der südfranzösischen Stadt Rodez geboren. Seit frühester Kindheit war Christophe Bec von Comics begeistert und so entstand in seiner Jugend das Fanzine „Esquiss“ mit einer bescheidenen Auflage, welches er in seiner Heimatstadt an den Mann zu bringen versuchte. Der Erfolg dieses kleinen Fanzine sollte sich allerdings erst 1990 einstellen, als es für den „Alp´art“ in der Kategorie „Bestes Fanzine“ auf dem Comic-Festival in Angoulême nominiert wurde. Noch im gleichen Jahr bestand er die Aufnahmeprüfung an der Kunsthochschule in Angoulême und traf dort einige andere talentierte junge Künstler, so zum Beispiel Eric Hübsch, Servain, David Prudhomme und Aristophane, die zum Teil entscheidenden Einfluss auf seinen eigenen Stil hatten.
Als erfolgversprechender Nachwuchskünstler unterzeichnete er 1992 nach seinem Studium einen Vertrag für den Verlag „Soleil“, bei dem auch 1993 der Band “Dragan - Les Geôles D'Avade“ erschien, der auf einem Szenario des überaus produktiven Autors Eric Corbeyran basierte. 1997 erschien in Zusammenarbeit mit Richard Marazano der erste Band von „Zéro Absolu“ und mit dem Szenaristen Xavier Dorison entstand 2001 der erste Band der Reihe „Santuaire“ („Heiligtum“), der sich zu einem Bestseller entwickelte. Im Jahr 2004 entstand der One-Shot „Anna“, nach einem Szenario von Stéphane Betbeder, den Christophe Bec bei dem kleinen Verleger „La Boîte à Bulles“ veröffentlichte. In 2006 folgte der apokalyptische Western-Reihe „Le Temps des Loups“ und in erneuter Zusammenarbeit mit Stéphane Betbeder der Militärthriller „Bunker“, dem 2007 die Reihe „Carthago“ und 2008 die Reihe „Prometheus“ folgte.
Auch im dritten und abschließenden Band der Reihe überzeugt der fotorealistische Stil Christophe Bec mit seiner Mischung aus recht gelungenen Darstellungen seiner Akteure, phantastischen SF-Bauten, die mit ihrer imposanten und technisch versierten Ausführung immer wieder beeindrucken als auch durch den weiteren Einsatz der Perspektive aus Überwachungs- oder Kontrollkameras, deren Bilder grün oder rot eingefärbt sind. Was natürlich noch hinzukommt, sind Einschübe mit Motiven aus dem Text des Romans von Bulgakov, und unzählige andere Motive, die Bec aus dem reichhaltigen Fundus des 20. und 21. Jahrhunderts als Vorlage für etliche seiner zeichnerischen Einschübe benutzt.
Was den Figuren von Bec wie so häufig fehlt ist eine stärkere Dynamik. So bleiben seine Akteure meist in der Darstellung ziemlich statisch, als handele es sich um Standbilder aus einem Film. Dennoch schafft es Bec die überaus moderne Mischung dieser verschiedenen Versatzstücke von Panels in einen durchaus sehenswerten Kontext zu bringen, wobei er in diesem Band von Santos Urigel unterstützt wird, der sich um die Farben kümmert, die in düster-beklemmenden Blau-, Schwarz- und Grüntönen dominieren.
Qualität, Ausstattung & ÜbersetzungIn Sachen Qualität können die Bände des Splitter Verlages immer wieder überzeugen. So auch dieser Band, der von seiner Verarbeitung geradezu vorbildlich ist: Der tadellose verarbeitete und stabile Hardcoverband, dessen Covergestaltung Bajram Denis oblag, überzeugt sowohl durch sein klares Druckbild als auch durch die Papierqualität. In Sachen Ausstattung gibt es auch im Abschlussband keine Extras, was allerdings durchaus zu vertreten ist. Die gelungene Übersetzung stammt von Waldemar Kesler.
Fazit:Über zwei Bände hinweg haben sich Bec und Marazano sichtlich viel Mühe gegeben, ein SF-Szenario aufzubauen, welches es in dieser Form vielleicht noch nicht unbedingt gab. Doch scheint es nunmehr so, als habe man die eigenen Ziele zu hoch gesteckt: Ein Rausch über ambitionierte Panels, die mit Figuren bevölkert sind, wie man sie schon leider in etlichen Zeichnungen von Bec gesehen hat. Hier gibt es keine ausgefallenen Charaktergesichter, selbst wenn der Hintergrund der Figuren geradezu einlädt etwas mehr zu Papier zu bringen als möglicherweise das Porträt bekannter (oder auch weniger bekannter) Schauspieler. Die bedrohliche Atmosphäre mit ihrer düsteren und beklemmenden Grundstimmung weiter aufrecht zu halten, nachdem man als Leser einigermaßen im Bilde über die Hintergründe der seltsamen Vorkommnisse ist, fällt dem Szenario schwer. Hier sind es die fast schon philosophisch angehauchten Dialoge, die Marazano liefert, die helfen über einige Schwächen hinweg zu trösten.
Bereits in meiner Rezension des ersten Bandes habe ich darauf hingewiesen, dass diese Reihe ein wenig Zeit benötigt um ihre Wirkung zu entfalten. Das ist nicht sonderlich schlimm und bei mehrmaliger Lektüre kann man dem nicht immer einfachen Handlungsfaden auch gut folgen. Bedauerlich ist jetzt allerdings die Auflösung des großen Rätsels, welches die Marines schließlich auf ihrer vermeintlichen Routinemission nach Siberia gebracht hat. Hier hätte ich schlicht und ergreifend „mehr“ erwartet. Bei aller sonst immer wieder vorherrschenden Begeisterung über die Szenarien von Bec, dürfte diese Reihe nicht unbedingt seine beste Veröffentlichung sein und sich eher an Fans richten. Eine Frage blieb für mich auch bis zum Schluss unbeantwortet: Welche Bedeutung der bekannteste Roman des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow (und zugleich ein Klassiker der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts) in diesem Szenario spielt.
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