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Northlanders 7 -  Die Island-Trilogie
Bewertung:
(3.9)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 25.03.2013
Autor:Brian Wood (Autor) Paul Azaceta, Declan Shalvey und Danijel Zezelj (Zeichner)
Übersetzer:Bernd Kronsbein
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:Island 871 - 1260
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-86201-288-6
Inhalt:192 Seiten, broschiertes Softcover
Preis:19,95 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Teil 1. bis 3.

Im Jahr 871 landet Val Hauker, der Vater der ersten Generation mit seiner Frau und seinem Sohn Ulf an der Küste von Island. Sie kommen aus Norwegen sind im Rahmen der Herrschaftskriege von ihrem Land vertrieben worden. In dem öden und kargen Land schickt sich die kleine Familie an, sich ein neues Leben aufzubauen. Doch sie sind nicht die einzigen Flüchtlinge, die es nach Island treibt. Bald schon folgen andere Siedler, unter ihnen auch reiche Männer mit Titeln und großen Familien, die dem politischen Einfluss von Norwegen entkommen wollen. Es kommt zu Streitigkeiten mit den Neuankömmlingen über das Land mit Val Hauker und Val muss seinem Sohn eine überaus harte Lektion über das Leben und das Verhalten eines Hauker auf Island geben, die Ulf für den Rest seines Lebens prägen wird.

 

Die Belgarssons werden rasch zum erklärten Feind der Hauker und so entwickelt sich zwischen den beiden Familien eine Fehde, deren Ursprung sich im Laufe der Jahrhunderte niemand mehr richtig erklären kann. Als Ulf älter wird und sein Vater immer schwächer, wird es Zeit den Belgarssons die Stirn zu bieten. Ein Kampf, vor dem sich Val Hauker immer gefürchtet hat, da seine Konsequenzen unabsehbar sind für die Insel. Doch Ulf geht rücksichtslos gegen die Belgarssons vor und gewinnt schon bald die Oberhand.

 

Ulf befreit während eines Kampfes bei den Belgarssons eine irische Sklavin, die er zur Frau nimmt und vertreibt sogar später seinen alten und gebrechlichen Vater vom Hof – es scheint, als würde die zweite Generation, nunmehr die Haukssons, eine wichtige Position auf der Insel einnehmen.

 

Teil 4. bis 6.

Brida Hauksson, Tochter der fünften Generation, muss im Jahr 999 gemeinsam mit ihrem Bruder, Mar Hauksson, das Erbe der Familie weiterführen. Aus dem ehemaligen Hof ist eine stattliche kleine befestigte Anlage geworden und der Einfluss der Familie auf der Insel ist groß. Aber immer noch sind die Belgarssons die erklärten Feinde in einem erbitterten Kampf. Durch ein Attentat der Belgarssons fast tödlich von einem Armbrustbolzen getroffen, sinnt Brida nach Vergeltung.

 

Das Eintreffen von christlichen Missionaren auf der Insel zeigt Brida deutlich, in welch fatale Position ihre Familie hineingeraten ist, da die Belgarssons den Dienern der Kirche ihren Schutz angeboten haben. Sollte die dem altem Glauben verbundene Brida weiterhin gegen die Missionare vorgehen, so würde sie die Rache der Belgarrsons treffen. Es ist ein Kampf, den Brida vorerst alleine aufnehmen muss, da sich ihr Bruder auf Beutefahrt befindet und so bedient sie sich Ott, dem nichtehelichen Nachkommen ihres Vaters, der fortan an ihrer Seite steht. Ein ungleicher Kampf entbrennt und sowohl Brida als auch die Belgarssons bedienen sich aller Mittel um die Gunst der Stunde und den Einfluss des neuen Glaubens für sich zu nutzen. Schmerzhaft muss Brida letztlich einsehen, gegen den neuen christlichen Gott keine Chance zu haben, doch weiß sie selbst in ihrer bittersten Stunde, dass es für den Fortbestand der Haukssons eine Lösung gibt.

 

Teil 7. bis 9.

Seit Jahrzehnten regierten sich die Familien auf Island mittels des Althings selbst und es schien, würden Entscheidungen immer zum Wohle aller getroffen. Doch die Zeit hatte das Althing ausgehöhlt und so machten sich Korruption, Neid und Gier auf der Insel breit. Bald standen Clan gegen Clan in der Schlacht, allen voran die mächtige Familie der Sturlungar, die sich dem norwegischen König verpflichtet hatten. Das Jahr 1260 sollte zum Schicksalsjahr der Haukssons werden, da Godar Hauksson, Vater der zehnten Generation, nichts vom nahenden Krieg hören will. Ganz im Gegensatz zu seinem Sohn Oskar Hauksson, der sich in den Kampf einmischen will und Schluss machen möchte mit dem ewigen Gezauder der Familie Hauksson, die bisher immer aus den Zwistigkeiten herausgehalten hat.

 

Mit der Hilfe von Freya, seiner Geliebten, schafft es Oskar seinen Vater in ein eisiges Gefängnis an einem abgelegenen Ort der Insel zu schaffen und somit den Weg für sich als Anführer frei zu machen. Oskar zieht in den Krieg – zum Wohl der Familie und für Island, doch Godar ist noch lange nicht tot und redet Freya, die ihn mit Vorräten versorgt, ins Gewissen. Nur wenn dieser Wahnsinn endet, hat die Familie Hauksson eine Chance zu überleben, zumal sich das Blatt wendet und die Männer von Oskar täglich im Feld sterben, ihm das Geld ausgeht und man zum Teil offen seine Befehle missachtet.

 

Und so scheint es, als würde der Sieger in diesem großen Kampf feststehen: Die Sturlungar und ihre Hörigkeit für den norwegischen König. Doch es ist eine andere Sehnsucht, welche die Isländer für ihre Heimat antreibt und sie nicht untergehen lässt.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Autor Brian Wood wurde 1972 in Essex Junction, Vermont (USA) geboren und lebt seit 1991 in New York City, wo er 1997 an der „Parsons School of Design“ seinen Bachelor in Illustrationen machte. Seine Abschlussarbeit, die anti-utopistische SiFi-Miniserie „Channel Zero“ wurde im gleichen Jahr vom Image-Verlag veröffentlicht. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich bis 2003 bei der Spiele-Schmiede „Rockstar Games“, wo er unter anderem an der Entwicklung von Spielen wie „Grand Theft Auto“, „Max Payne“ und „Manhunt“ beteiligt war. Parallel dazu spielte sich seine Karriere als Comic-Autor (und Zeichner) eher im Independent-Bereich ab. So entstanden für „AIT“ und „Oni“ mehrere Mini-Serien, darunter auch die erfolgreiche Reihe „Demo“. Im Jahr 2003 begann seine Zusammenarbeit mit DC/Vertigo, bei denen er sich vornehmlich als Autor betätigte. Nach dem von Mangas inspirierten „Fight for Tomorrow“ folgte 2005 „DMZ“, sein bisher kommerziell größter Erfolg. Seit 2007 schreib er zuletzt eine Fortsetzung zu „Demo“, eine „DV8“-Miniserie und eine Miniserie zur TV-Reihe „Supernatural“. Nach dem Abschluss von „DMZ“ und „Northlanders“ arbeitet er derzeit für den Verlag Dark Horse an „Conan“ und „The Massive“, als auch für Marvel an „Ultimate Comics X-Men“ und „X-Men“.

 

Lange Zeit, nachdem in anderen europäischen Ländern schon große Reiche entstanden und zum Teil auch wieder unter gegangen waren, blieb Island unbewohnt. Unter dem norwegischen König Harald Schönhaar flohen immer mehr unzufriedene Menschen aus ihrer Heimat und so waren es Siedler aus Norwegen, aber auch von den nördlichen Britischen Inseln, die sich von etwa 870 an auf Island niederließen. Die Siedler waren durchaus nicht nur arme Leute, unter ihnen befanden sich auch sehr wohlhabende Bauern, die zusammen mit ihren Frauen, ihren Bediensteten und natürlich ihrem Vieh auf die Insel kamen. Hier hofften sie, unabhängig von der Willkür des Königs zu sein und in nur knapp 60 Jahren folgte ein regelrechter Strom von Auswanderern nach Island. Als eine der Folgen des raschen Bevölkerungswachstums, bildeten die Stammesführer im Jahr 930 einen isländischen Freistaat und beriefen das erste Alfling (Volksversammlung) ein. Es folgte ein Jahrhundert, welches später den Begriff „Saga-Zeitalter“ erhielt und seinen Höhepunkt in der Kolonialisierung Grönlands, der Entdeckung Amerikas und der Annahme des Christentums fand. Im Jahre 1262 fand diese Freiheit jedoch ein jähes Ende, als Island unter norwegische Herrschaft geriet.

 

Wer meint, Brian Wood hätte alle Möglichkeiten ausgeschöpft und sei am Ende seiner Kreativität in der Reihe „Northlanders“ angelangt, den muss ich enttäuschen. Wood nimmt sich der nicht einfachen Besiedlung Islands an und schildert eine Familiengeschichte, die sich über etliche Generationen erstreckt und mit der Landung von Val Hauker mit seiner Familie an der Küste Islands beginnt und mit dem schweren Erbe von Brida und Mar Hauksson tragisch endet. Ein überaus imposantes Epos über den Clan der Haukssons, bei denen wiederum die gewohnten Themen wie Krieg, Gewalt, Verrat und Ehre gleichsam ein Leitmotiv sind.

 

Für die insgesamt 9 Einzelhefte der Trilogie verpflichtete Brian Wood drei Zeichner, deren Stil zwar zum Teil recht unterschiedlich ist, denen aber allen ein überaus markanter und harter Strich eigen ist:

 

Der Zeichner Paul Azaceta (1. bis 3. Teil) lebt in Bayonne, New Jersey, und ist seit über 10 Jahren in seinem Beruf aktiv. Erstmals erregte er Aufsehen mit der Miniserie „Grounded“, die 2005 für Image entstand. Im Anschluss zeichnete er die B.P.R.D.-Miniserie „1946“ (2008), gefolgt von „Punisher Noir“ (2009) und „Amazing Spider-Man“ (2010) für Marvel. Derzeit kümmert er sich vor allem um die spektakuläre Zombieminiserie „Graveyard of Empires“, die seit 2011 bei Image erscheint.

 

Der waschechte Ire Declan Shalvey (4. bis 6. Teil) hat nach verschiedenen Independent-Comics mittlerweile einen Fuß in der Tür der US-Comic-Branche. Er arbeitete an „28 Days Later“ für Boom! Studios sowie an „Thunderbolts“, „Captain America: Allies and Enemies“, „Dark Avengers“ und „Venom“ für Marvel.

 

Danijel Zezelj (7. bis 9. Teil) ist Grafiker und Illustrator so wie Autor von über zwanzig Graphic Novels. Seine Comics und Illustrationen erscheinen in zahlreichen Zeitschriften und Anthologien in vielen Ländern Europas, Südafrika und den USA, unter anderem bei DC Comics/Vertigo und Marvel, in der New York Times Book Review, im Harper´s Magazine, dem San Francisco Guardian, Washington Chronicle und vielen anderen. Außerdem arbeitet er zusammen mit der Musikerin Jessica Lurie an einer Reihe von Multimedia Performances, die bereits in den USA, Italien und Kroatien zu sehen waren. Danijel Zezelj gründete in Zagreb außerdem das Verlagshaus und Grafikstudio Petikat. Er lebt und arbeitet heute in Brooklyn, New York.

 

Diesem Trio an Zeichnern gelingt ein kleines Kunststück: Eine Reise durch drei Generationen der Haukssons, mit einem jeweils unterschiedlichen Gesicht aber immer wieder der gleichen Atmosphäre. Mal mehr oder weniger grob in den Ausführungen der Zeichnungen der Charaktere, besitzen die durchwegs recht modern arrangierten Panels mit ihren breiten Panoramen und der Farbgestaltung von Dave McCaig eine höchst eigentümliche, aber irgendwie auch authentische Atmosphäre. So entsteht mit dem vorliegenden Band zwar kein ausgesprochenes Meisterwerk, aber ein in sich bündiges Konzept von miteinander verwobenen Szenarien, das durchaus überzeugt und von den Bildern getragen wird.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

Auch bei diesem Sammelband aus der Reihe „Northlanders“ gibt es in Sachen Qualität nichts zu bemängeln: Panini präsentiert einen solide geklebten Softcoverband, der einen überaus haltbaren Eindruck macht, ohne das man Gefahr läuft, nach mehrmaliger Lektüre könnten einem einzelne Seiten aus dem Band rutschen.

Außer den gesammelten 9 Heften (Northlanders #42 – #50) mit den oben genannten Geschichten gibt es in Sachen Ausstattung wiederum die atmosphärisch dichten und stimmig gearbeiteten Originalcover der Einzelausgaben von Massimo Carnevale zu entdecken. Ein kleiner, aber bedauerlicher Druckfehler hat sich allerdings in meinem Exemplar eingeschlichen. So sind die Cover von Teil 6 und 7 direkt hintereinander abgedruckt, anstatt jeweils zu Beginn des jeweiligen Teils. Das ist zu verschmerzen, wenn auch etwas ärgerlich. Die gelungene Übersetzung erfolgte durch Bernd Kronsbein, das Lettering von RAM und es gibt – wie auch bei den anderen Bänden der Reihe – im Faltcover einen knappen Text mit einigen Informationen zu Autor und Zeichner.

 

Fazit:

Ein Stück weit Geschichte im Zeitraffer, aber dennoch präsentiert Brian Wood mit diesem Band sein gesamtes erzählerisches Können, wenn er die Neuankömmlinge auf der weitgehend unbewohnten und unwirtlichen Insel im Nordatlantik begleitet, deren Aufstieg skizziert und auch das brutale Ende der vermeintlichen Freiheit in ihrem Wahnsinn schildert. Es scheint manchmal, als wären diese Geschichten ein Extrakt aus allen vorhergegangenen Bänden, da man zum Teil Motive und Handlungsmuster erkennt, wie man sie bereits in ähnlicher Form gesehen hat. Es regieren Brutalität, Hass, Neid und Gier, die sich mit Liebe, Naturverbundenheit und Ehre mischen und eindrucksvoll ein Bild über das Leben und die Geschichte der Nordmänner liefert.

 

Für mich bleibt auf jeden Fall mit diesem Schlussband eine außergewöhnliche Reihe, die mit ihren zum Teil intelligent arrangierten Szenarien und einer jeweils passenden zeichnerischen Gestaltung überzeugen kann. Insgesamt eine Empfehlung von meiner Seite für Leser, die Geschichte hautnah erleben möchten und nicht immer unbedingten Wert auf historische Genauigkeit legen.