Links zur Rezension Inhalt:Die Expedition erreicht den Planeten Ilo, doch die Landung verläuft durch eine Beschädigung der Steuerdüsen anders als geplant. Um nicht unnötig Zeit zu verlieren, beschließt Cyann mit den Landemodulen das geplante Zielgebiet in der Ipsa-Ebene anzufliegen, doch werden die beiden Module, welche von Cyann bzw. Crysane angeführt werden, durch Schwierigkeiten beim manövrieren voneinander getrennt und so erreicht Cyann mit ihrem Trupp nur mit knapper Not die Oberfläche. Geschützt an Bord eines riesigen Transportfahrzeuges, einem Stamos, der auch in unwirtlichen Gelände eingesetzt werden kann, versucht Cyann Kontakt mit Crysane aufzunehmen – diese scheint aber samt ihrer Mannschaft wie vom Erdboden verschluckt zu sein.
Mit ihrem Stamos macht sich Cyann und ihr Trupp auf die Spur von Crysane und bekommt einen faszinierenden Einblick in die Welt von Ilo mit seinen weiten verschneiten und kargen Landschaften die sich langsam in einen gigantischen Dschungelbereich ändern. Allerdings bekommt Cyann bei ihrer langwierigen Suche auch den Unmut ihrer Mannschaft zu spüren, welche ihre Führungsrolle bei dieser Expedition nicht gänzlich akzeptieren will und das Verschwinden von Crysane rasch als die Tat einer Verräterin abtut, die sich den Rebellen auf Ilo angeschlossen hat. Zudem scheint das Ziel, ein Mittel gegen das Purpurfieber zu finden, immer mehr in Vergessenheit zu geraten.
Inmitten der menschenfeindlichen Pflanzen- und Tierwelt gelingt es Cyann Freundschaft mit Illui, einem Bändiger der Trotil, zu schließen. Die Trotil sind Nutztiere, welche sowohl von den Rebellen als auch den Kolaben benutzt werden. So erfährt Cyann einiges mehr über den seltsamen Planeten, seine Wunder und seine Bewohner. Allerdings ist es eine Freundschaft, die ein plötzliches und sehr tragisches Ende findet.
Es gibt allerdings auch ein unverhofftes Wiedersehen mit Crysane, die Cyann einige Enthüllungen über den Tod von Vairon macht und ebenfalls erklärt, das die deO den ganzen Norden von Ilo beherrschen und es somit eine Erklärung für die Rebellion auf Ilo gibt. So erfährt Cyann ebenfalls von dem Purpurfieber, welches von den deO eingesetzt wurde, um den Aufstand ihrer Sklaven niederzuschlagen und dem existierenden Gegenmittel, welches von den deO als Belohnung für reumütige Rebellen verwendet wird.
Für Cyann und den verbliebenen Tross ist das Ziel ihrer Reise nunmehr klar – nach Norden und den deO unter allen Umständen das Mittel gegen das Purpurfieber entwenden, gilt es doch nicht nur die Leben auf ihrem Heimatplaneten zu retten, sondern auch die unterdrückten Menschen auf Ilo zu befreien. Allerdings erwarten Cyann im Norden die Priester des bOrn und ein geheimnisvolles Transportnetz, welches weit entfernte Planeten miteinander verbindet
Schreibstil & Artwork:Der französische Comiczeichner François Bourgeon wurde am 05.07.1945 in Paris geboren und wurde an der Pariser Ecole des Métiers d'Art zum Glasmaler ausgebildet. Bereits 1971 musste er allerdings seinen Beruf aufgeben, da die schlechte Auftragslage bei weitem nicht für seinen Lebensunterhalt reichte. Anfang der 70er Jahre gelangte er eher zufällig in Kontakt mit der Jugendzeitschrift „Lisette“, für die er 1972 die Serie „L´Ennemie vient de la mer“ erschuf, die mit ihren stark schematisierten Zeichenformen noch deutlich Bourgeons Prägung durch die Glasmalerei erkennen ließ. Nach dem Konkurs von „Lisette“ folgten weitere kleinere Arbeiten für Magazine wie „Fripunet“, „J2“ und „Pif Gadget“.
Einen ersten, wenngleich auch kurzen Ausflug ins Mittelalter unternimmt Bourgeon 1973 mit dem Comic „Brunelle et Colin“ (dt. „Britta und Colin“, Carlsen). Die von Robert Génin für das Comicmagazin „Djinn“ geschriebene Serie um eine tollkühne Prinzessin und ihren Pagen gibt er allerdings bereits nach zwei Bänden wieder auf, die Genin dann aber ab 1982 mit Didier Convard fortsetzt. Im Jahr 1979 gelingt Bourgeon mit dem historischen Zyklus „Reisende im Wind“ der Durchbruch in der frankobelgischen Comicszene. Dies allerdings nicht unbedingt durch seinen Zeichenstil, sondern vielmehr durch seine Neuerungen auf dem Gebiet der Bilddramaturgie des Comics. Doch den durchaus umtriebigen Bourgeon zog es auch mit der Reihe „Gefährten der Dämmerung“ ins Mittelalter und so war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis er sich der Science-Fiction zuwandte. 1993 begann er mit seinem Freund Claude Lacroix an einer Geschichte zu arbeiten, an die er sehr hohe Erwartungen hatte – der Grundstein für „Cyann“ wurde gelegt.
Bourgeon ist nicht unbedingt für die Geschwindigkeit berühmt, mit der er seine Alben produziert. Ähnlich verhält es sich mit seinen Szenarien, die Zeit benötigen, um sich zu entwickeln und sich auch immer wieder mit vermeintlichen Nebensächlichkeiten und verspielten Details einlassen. Wer die bisherige Entwicklung von Cyann verfolgt hat, merkt rasch, wie sich die verzogene Göre aus hohem Haus langsam aber stetig zu einer charakterstarken Frau entwickelt, die Gefahren trotzt und dabei nicht ihre ganz eigene Unbekümmertheit verliert. Natürlich gibt es mit der Landung auf Ilo eine komplett neue Welt, die nicht nur in Bildern sondern auch mit einer Fülle von neuen Akteuren bevölkert werden will. Hier versteht Bourgeon in seinem groß angelegten Epos ebenfalls diese überzeugend und voller Tiefgang darzustellen, egal wie wichtig oder unwichtig diese für den Fortgang des Szenarios sind.
Unterstützung sowohl im Konzept als auch im Szenario erhielt Bourgeon durch den französischen Zeichner und Szenaristen Claude Lacroix, der auch unter dem Pseudonym „Tartempion“ bekannt ist. Seine ersten humoristischen Zeichnungen veröffentlichte der 1944 geborene Lacroix ab 1964 in französischen Magazinen wie „Elle“ oder „Hara-kiri“. Als Comiczeichner und Szenarist wirkte er erst an Comics für Kinder und Jugendliche mit. Später zeichnete er sechs Alben der Weltraum-Fantasy-Serie „Yann le migrateur“ für den französischen Markt, deren Texte von Robert Génin stammten. Sein großer Erfolg wurde die humoristische Comicserie „L´homme au capeau mou“ (dt.: „Der Mann mit dem weichen Hut“), deren skurrilen Episoden in Deutschland in den Magazinen „Pilot“ und „U-Comix“ erschienen. Daneben war Lacroix aber auch als Szenarist überaus aktiv und war für Bourgeon deshalb nicht nur durch seine Freundschaft, sondern dank seiner SF-Erfahrung erste Wahl, als es um die Gestaltung der Reihe „Cyann – Tochter der Sterne“ ging.
Erneut gibt es unzählige spektakuläre oder auch schrullige Ideen im Bereich Kleidung, Architektur, Flugmaschinen, Objekten, Flora, Fauna, Sprache, Ernährung und noch vieles anderes zu entdecken, so das man in der schieren Fülle von prallen Panels mit seinen Blicken zu ertrinken droht. Wer von beiden letztlich der Ideengeber für bestimmte Dinge war, lässt sich nicht mehr ohne weiteres feststellen. Eins dürfte allerdings feststehen: Selten hat man so viel Phantasie und Einfallsreichtum in einem Szenario erlebt. Einzig Bourgeon muss ich immer wieder für seine manchmal etwas zu kantigen Figuren schelten, die in der Darstellung ihrer Körper absolut korrekt gezeichnet sind, aber hin und wieder ein wenig lebhafter und glatter sein könnten. Doch dürfte dies wahrscheinlich auch den unverwechselbaren Stil des Meisters ausmachen.
Qualität, Ausstattung & Übersetzung:Auch im zweiten Band der Reihe „Cyann – Tochter der Sterne“ bietet der Splitter Verlag seinen Lesern einen schwergewichtigen Band, der mit 128 Seiten nicht nur in Sachen Qualität und Verarbeitung, sondern auch durch ein einwandfreies Druckbild auf schwerem Papier überzeugt. In Sachen Ausstattung gibt es auf 32 Seiten wiederum ein Sketchbook, welches nicht nur mit zahllosen Skizzen, Entwürfen und ausgearbeiteten Zeichnungen aufwarten kann, sondern auch mit Kommentaren, die Aufschluss über den umfangreichen Entwicklungs- und Schaffensprozess von Bourgeon und Lacroix geben. Die Cover für die Neuausgabe wurden von Bourgeon extra neu angefertigt und das für Bourgeon typische Lettering übernommen. Die tadellose Übersetzung des Bandes stammt wiederum von Harald Sachse und Domiki Madecki lässt sich angenehm lesen.
Fazit:Bourgeon und Lacroix nehmen sich in der Reihe „Cyann – Tochter der Sterne“ die Zeit, das Szenario als auch die Charaktere langsam aber stetig zu entwickeln. Im zweiten Band nimmt die Darstellung des Planeten Ilo und die verzweifelte Suche von Cyann nach Crysane wohl den größten Raum ein. Während Bourgeon sich Detailverliebt in der Darstellung der Flora, Fauna und der unterschiedlichen Landschaften des Planeten austobt, bleibt das Szenario etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück und entwickelt sich eher zu einem Kammerspiel der Besatzungsmitglieder, welche sich auf einer ungewissen Fahrt befinden und ihre Freizeit scheinbar am liebsten mit allzu menschlichen Freuden innerhalb der Besatzung verbringen. Erst im letzten Drittel des Bandes kommt Bewegung in das Szenario und es gibt eine unerwartete Auflösung, die neugierig auf die weiteren Teile dieser Reihe macht.
Das von Bourgeon vorgelegte Tempo lässt allerdings auch Raum für die Entwicklung von Cyann, die sich langsam aber stetig vom „Partygirl“ zu einer echten Anführerin der Gruppe entwickelt und letztlich den Rest der Mannschaft von ihren Entscheidungen überzeugen kann. So bleibt das manchmal etwas trockene Szenario weiterhin interessant, bis es schließlich im letzten Drittel an Spannung zunimmt und einige offene Fragen beantwortet werden. In prachtvollen Panels ausgeführt, mit weiterhin unverblümt dargestellter weiblicher Sexualität, allerlei Symbolik und exotischen Schauplätzen ausgefüllt, bleibt ein sehr intensives Szenario, welches nicht zu Unrecht zu den „Klassikern“ zählt und mit dieser opulenten Ausgabe in keinem Comic-Regal fehlen sollte.
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