Allgemeine Informationen und AufmachungSumublüten ist der Nachfolgeband von "Knochenblei und Schwarzes Blut" und bildet zusammen die "Myranische Horror-Kampagne". Beide Werke stammen aus der Feder von Marc Jenneßen. Sumublüten ist 128 Seiten stark und kann problemlos alleine als Minikampagne bezeichnet werden, die Handlungsmöglichkeiten und Freiräume sind sehr groß, so dass man viele Spieleabende mit diesem Band ausfüllen kann, mehr dazu aber später. Der Band kommt als Hardcover, was der Haltbarkeit sehr zuträglich ist und einen sehr wertigen Eindruck hinterlässt. Das Cover wurde von Markus Koch gestaltet und stimmt bereits auf den düsteren Hintergrund des Abenteuers ein. Licht- und Schatteneffekte sind hier sehr gut gelungen. Die Innenillustrationen sind in schwarzweiß, von zumeist guter Qualität, wenn auch oft etwas zu dunkel. Auch hätte die ein oder andere bunte Illustration dem Abenteuer sehr geholfen, manches schwarzweiße Bild konnte einfach ohne Farbe nicht seine volle Stimmung entfalten, besonders die eher blutrünstigen Abbildungen. Vier Karten, die als Faltblatt dem Abenteuer beiliegen, sind jedoch bunt und ein schönes Extra.
Die ersten Seiten gehören zu den absoluten Stärken des Bandes, das Vorgängerabenteuer Knochenblei und Schwarzes Blut, die Handlungsstränge von Sumublüten und die Einbeziehung unterschiedlicher (Problem-)Spieler werden kurz angerissen, der Autor legt dazu dar, was auf den Meister und die Helden zukommt ("Mehr Blut, mehr Gewalt, mehr Innereien."). Auf den folgenden Seiten gibt es unterschiedliche, z. T. extrem stimmungsreiche Wege die Gruppe in das Abenteuer einzuführen, dazu jedoch später mehr. Die Stimmung des Abenteuers ist außerordentlich wichtig, der Band widmet sich dieser konzentriert auf einer Seite. Das Abenteuer steht zwischen eher unernstem Splatter und reinem Horror, wobei es dem Meister überlassen wird, welcher Weg eingeschlagen wird. Manches muss allerdings vom Meister geändert oder weggelassen werden, dazu gehört z. B. das Warhammer 40.000-artige Kettenschwert Artefakt "Carafais Reißzahn", welches nur für einen Splatterstil ideal ist, ansonsten aber leicht die Stimmung zerstören kann. Warhammer 40.000 scheint es dem Autor auch angetan zu haben, denn der Leibwächter eines vorkommenden Optimaten sieht einem Space Marine in Rüstung zum verwechseln ähnlich. Andere Elemente des Bandes dagegen eigenen sich nicht zum lustigen Zombiemetzeln, z. B. Folter, Vergewaltigung oder Kannibalismus.
Auch die alternativen Kampfregeln wollen wohlüberlegt angewandt werden, kampfhungrige Gruppen werden es sicherlich gerne sehen, wenn die gegnerischen Zombies nicht nur LeP, sondern zeitgleich auch Köpfe, Arme und Beine verlieren, rollenspielerische Gruppen werden dagegen sicherlich den im Band präsentierten erzählerischen Kampfstil bevorzugen, zumal es an Kämpfen nicht mangelt. Diese alternativen Kampfregeln und auch viele andere wichtige Informationen (z. B. über Städte, Spieler-Belohnungen oder Hinweise) sind gut sichtbar in grau unterlegten Kästen über das ganze Abenteuer verteilt. Zur musikalischen Untermalung wird eine sehr schöne, kommentierte Liste geliefert, die sich auch als Anreiz bietet bestimmte Filme zu schauen, z. B. "The Walking Dead" oder "The Thing".
Der Anhang lässt keine Wünsche offen, das bereits erwähnte Artefakt, die Seuche des Untodes, die magiobionische Garde der Phraisiar, alle wichtigen NSCs werden mit einer kurzen Beschreibung präsentiert und auch die Kopiervorlagen finden sich hier.
Inhalt(Vorsicht Spoiler!)Wie bereits oben erwähnt gehört der Anfang zum Besten des Abenteuers und die verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten zu Beginn haben nur den einzigen Haken, dass man sie nicht alle nutzen kann.
Der erste Einstieg widmet sich den Helden, die bereits den Vorgängerband Knochenblei und Schwarzes Blut gespielt haben und schließt dort unmittelbar an. Es ist eine klassische Flucht aus einem von Zombies verseuchten Land mit verzweifelten Überlebenden, panischen Infizierten und am Ende einer schwerbewaffneten Postenkette von Haus Icemna, die die Helden vor die Wahl stellt: eine Aufgabe erfüllen oder die Anwendung tödlicher Gewalt... Trotz guten Ideen und Szenen, die man als Meister während der Flucht nutzen kann und die Stimmung erhöhen, besitzt dieser Einstieg zu wenige Wahlmöglichkeiten für die Helden.
Der zweite Einstieg beginnt recht harmlos mit der Sicherung der Küsten Era'Sumus und der Jagd auf Schmuggler. Während der Jagd stoßen die Helden jedoch auf ein U-Boot, einen nequanischen Demergator. An Bord des Schiffes finden sich jedoch zuerst nur Leichen, erst später stellt sich heraus, dass ein kaum noch erkennbarer, hungriger, verseuchter Mutant das Schiff unsicher macht und mit dem Schiff für eine klaustrophobische, an die Nostromo aus "Alien" erinnernde Stimmung erzeugt. Sicherlich der ungewöhnlichste, aber auch gelungenste Einstieg.
Der dritte Einstieg ist eher konventionell gehalten, die Helden sollen im Auftrag des Thearchen als Ermittler der imperialen Obrigkeit nach Era'Sumu reisen. In Dorinthapolis weiß man, dass etwas auf der Insel Era'Sumu passiert ist, aber zu viele Gerüchte kursieren, um sicher zu sein. Gleich zu Beginn wird man von einem Meuchler besucht, auch die Ankunft in der Stadt Eratu ist alles andere als freundlich und die ersten Ermittlungen laufen schleppend. Kein schlechter Einstieg, aber im Vergleich zur Demergator doch etwas blass.
Drei weitere Einstiege werden nur sehr kurz angerissen: "Untote Liebe", "Felides Blut" und "Das Rezept des Untodes".
Egal welchen Einstieg man als Meister gewählt hat, die Helden landen zum Schluss angeworben durch Haus Icemna im zombieverseuchten Teil von Era'Sumu und müssen dort die die weissagende Satu Priesterin Ahrs'at aus Hu'het zu einem Heiligtum bringen, um ein Heilmittel zu finden. Der Weg ist beschwerlich, nicht nur wegen Zombies und Mutanten, sondern auch wegen verrückten, zu allem bereiten, verzweifelten, wilden oder einfach nur gefährlichen Überlebenden der Seuche. Allein dieser Teil bietet erstaunlich viele Möglichkeiten des Rollenspiels, die überlebenden Gruppen werden nur kurz angerissen, z. T. in Stichworten. Für rechtschaffene Helden sicherlich eine Herausforderung, besonders in der diktatorischen "Festung", denn die Zeit drängt.
Das Heiligtum, welches wie ein Magnet für die Untoten ist, erweist sich nur als Etappe, doch hier erfahren die Helden nach einer letzten Weissagung der Priesterin, die auch ihr Leben gibt, dass es eine Heilung gibt, einen Auserwählten, einen verschleppten Era'Sumier, der die Saat der Heilung in sich führt, sich derzeitig aber im Imperium aufhält. Die Helden sind nun die einzigen, die vom Heilmittel wissen.
Die Reise führt ins Herz des Imperiums, nach Dorinthapolis, wo sich ein schwerer Konflikt zwischen Haus Icemna, welches mit der Zombieplage auf Era'Sumu zu kämpfen hat und Haus Phraisopos, welches für die Seuche verantwortlich ist, anbahnt. Beide Parteien klagen sich des Hochverrats an und ein Kampf scheint unausweichlich. Selbst eine dritte Partei, Haus Onachos, mischt sich in den Konflikt ein, denn die magische Macht der Seuche, deren (dämonische) Ursprünge langsam immer klarer werden, scheint zu verlockend zu sein.
Die Helden finden nach vielen politischen Ränken und Intrigen eine Laboranlage des Hauses Phraisopos, die sich jedoch in einen Resident Evil-artigen Komplex verwandelt hat. Die ehrgeizigen Forschungen am Schwarzen Blut sind völlig außer Kontrolle geraten. Überlebt hat zum Glück jedoch der Auserwählte, ein Klosterkrieger namens Agasteliostes. Nach einem Abstecher, um einen gewissenlosen Forscher aufzuspüren, der das Schwarze Blut für düstere Zwecke nutzen möchte
Zuletzt müssen die Helden nach Era'Sumu zurückkehren, finden dort jedoch nur noch wenige Untote, stattdessen jedoch einen gewaltigen Berg aus Untoten (!), ein wahres Fleischdungeon, in dem Agasteliostes sein Schicksal erwartet. Haus Phraisopos ist ebenfalls hier, jedoch nicht als Feinde, sondern als mögliche Verbündete. Das Fleischdungeon ist vielleicht das bizarrste, was das ganze Abenteuer zu bieten hat, es mutiert ständig und die Räume sind eher Organe, die unterschiedliche Herausforderungen zu bieten haben, in den Lungen z. B. können unterschiedlich starke Toxine auftreten, in Gedärmen, Venen oder dem Magen kann es zu schrecklichen Mutationen kommen, verwachsene Untote lauern überall oder gefährliche Blutwürmer
Am Ende wartet die Mutter allen Übels, die Königin des Chaos, eine dreieinhalb Schritt hohe, kuhgesichtige, fette, eitrige Monstrosität, mit diversen Mäulern, Würmern und Skelettarmen. Ein sehr harter Kampf. Es besteht nicht nur die Chance die Seuche des Schwarzen Blutes ein für alle Mal aufzuhalten, sondern auch die Ordnung im Imperium durch die Schlichtung zwischen den Häusern Icemna und Phraisopos wiederherzustellen.
Fazit:Ein sehr abgedrehtes Abenteuer, das gewollt alle Klischees aus Zombiefilmen bedient und einen hohen Anteil an Gewalt und Ekelszenen zu bieten hat, allerdings auch viele moralische Entscheidungen und zudem mit einen Ideenreichtum aufbietet, der zwar z. T. sehr krank, aber auch sehr einfallsreich ist, vielleicht bisher das ungewöhnlichste Abenteuer für DSA, was ich je gelesen habe. Der gewitzte Einbau von einerseits sehr kleinteiligen Gebieten mit viel Interaktion zwischen Helden und NSCs in zombieverseuchten Landschaften, bzw. die klaustrophobische Enge mancher Dungeons wird gut mit den großen Geschehnissen und der hohen Politik im Imperium kombiniert, hier können die Helden zeigen, dass sie nicht mehr nur einfach Mietlinge sind, sondern sich auch großen Geschehnissen beweisen, gerade bei den Häusern Icemna und Phraisopos kann man sich sehr viele Freunde und Feinde machen. Das Abenteuer besitzt natürlich einen roten Faden, die Aufdeckung der Seuche und das Finden bzw. Anwenden der Heilung, aber dazwischen wird den Helden sehr viel Freiraum geboten, Railroading wird im Abenteuer kleingeschrieben. Allenfalls die Gefahr sich zu verzetteln besteht das ein oder andere Mal, für einen erfahrenen Meister ist dies sicherlich kein großes Problem. Insgesamt finde ich das Abenteuer sehr, sehr gelungen, wenn auch die Anpassung an den eigenen Spielstil etwas Zeit erfordert, die Handlungsstränge wandern oft zwischen Splatter und Horror, eine klare Entscheidung für das ein oder andere hätte ich besser gefunden. Nichtsdestotrotz ist Sumublüten ein sehr gutes, durchdachtes und sehr schön aufgemachtes Abenteuer, ich vergebe die wohlverdiente Note von 4.5.
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