Inhalt(Vorsicht Spoiler!!!)Ein wirklich gelungener Umschlag. Vorne haben wir einen einsamen Helden, der durch die verlassenen Straßen einer Großstadt streunt – an der Seite schrottreife Autos und zertrümmerte Fensterscheiben. Auf der Rückseite die gleiche Örtlichkeit, nun aber von etlichen Menschen bevölkert, die sich bei näherer Betrachtung als Zombies herausstellen. Das erweckt in Kombination den Eindruck, als würde der Mensch von den Zombies verfolgt – man hört sie förmlich gurgeln: „Braaaaaains!“ Ein cooler Kniff ist auch eine fiktive Radioreportage auf der Rückseite, die sich im eigentlichen Roman nicht mehr wiederfindet, die einen den Roman aber mit genau der richtigen Erwartungshaltung aufschlagen lässt. Es scheint zu brodeln in Deutschland – irgendwie scheinen Menschenhorden wild geworden zu sein und in den Innenstädten zu randalieren. Und so wird dann auch das Hospiz von der Polizei evakuiert, in dem sich gerade Karol von seinem sterbenden Vater verabschieden will. Er hat schon mehrere Tage hier verbracht und ist nicht so ganz auf dem Laufenden was außerhalb des Heims vor sich geht. Ein gelungener Kniff, denn wie der Protagonist tappt so auch der Leser im Dunklen und erschrickt mit ihm, als im verlassenen Hospiz auf einmal zwei definitiv tote Insassen auf einmal versuchen Karol an die Gurgel zu gehen. Und hier folgt auch schon der nächste gute Kunstgriff, denn die ersten drei Zombies, deren Schädel der Held zu – ich zitiere – „Gehirn-Püree“ verarbeitet, sind ihm alle bekannt und es hat doch eine ganz andere Qualität die verstorbenen ehemals freundlichen Rentner Herr Thurau und Frau Barth oder die Nachbarin Frau Possmann mit Stuhlbeinen zu Matsche zu verarbeiten als irgendwelche dahergelaufenen Fremden. Trickreich gemacht, um das Zombie-Splatter-Genre auf eine eher persönliche Ebene zu heben. Nun folgt eine lange Odyssee, die vorerst ihr sicheres Ziel in einem Supermarkt zu erreichen scheint, wo der anscheinend geistig etwas zurückgebliebene Pablo lebt und Karol, seine Ex-Freundin Vera und den religiösen Julius, den sie unterwegs aufgegabelt haben freundlich aufnimmt. Bis hierhin haben wir eine doch recht klassische Zombiekalypse, aber nun kippt die ganze Chose und der eher aus der Fantasy stammende Autor nimmt uns mit auf einen merkwürdigen Höllentrip, der mehr Fragen aufwirft, als beantwortet. Okay, es steht schon auf dem Cover, dass es Band 1 einer Serie ist, aber dennoch hätte ich lieber ein etwas „kompletteres“ Ende gehabt. Alles beginnt mit merkwürdigen Träumen, die sowohl Pablo als auch Karol und später auch Julius teilen – oder die sich zumindest ergänzen. Eine Reise zum Ort, an dem diese Träume spielen führt dazu, dass Karol in ein Paralleluniversum versetzt wird, in dem die Nazis mit Hilfe ihrer Zombie-SS gerade ganz Europa unterjochen. Absolut strange und ich hoffe sehr darauf, dass die nächsten Bände hier noch etwas Klärung bringen können. Ansonsten unterstelle ich dem Autor einfach mal, dass er diese Episode nur eingebaut hat, weil er schon immer mal Sätze wie: „Verdammte Nazi-Zombie-Sau! Verreck doch endlich!“ in einem Roman unterbringen wollte. Das würde in Szene-Kreisen nur noch durch die Erwähnung von Nazi-Zombie-Piraten-Clown-Ninjas getoppt und ist auch so schon literarisch ganz weit oben – knapp unter Thomas Mann, würde ich sagen – anzusiedeln. Nach dieser Zombie-Nazi Episode kehrt Karol wieder in die „normale“ Welt zurück und die Handlung laviert noch etwas vor sich hin und läuft dann einfach so aus…
Sorry, Thomas! Ich kann einfach nicht anders, als das Lektorat kurz zu erwähnen! Andy Schnell hat eine ganz eigene Schreibe und benötigt in meinen Augen einen knallharten Lektor, der seine teils sehr eigenen Formulierungen mit der Brechstange wieder gerade biegt. Aber auch abgesehen von Feinheiten sind teilweise pro Seite 3 das/dass vergeigt, Freundin Vera heißt auch mal Verena, auf ihrem T-Shirt „prangert“ ein Logo, Groß- und Kleinschreibung ist verhunzt, Zeitenbeziehungen liegen meilenweit daneben. Autsch! Das kannst du besser!
Fazit:Verdammte Axt! Eines der unterhaltsamsten Bücher, das ich in den letzten Jahren gelesen habe. Wenn das Ding jetzt noch ein den Namen verdienendes Lektorat und ein wirklich gutes – oder zumindest irgendwie abschließendes Ende gehabt hätte, wäre ich schier aus dem Häuschen und würde die 5.0 zücken. Dennoch ist dieser erste Teil der Siegel-Chroniken ein absolutes Muss für Zombie-Fans, für Apokalypse-Anhänger und für Zombie-Apokalypse-Freaks. Vom Aufbau her ist „Tage des Niedergangs“ einige Ligen besser als die beiden Heredium-Romane des Autors – dass der Kerl packend schreiben kann, hat man ja auch dort schon feststellen dürfen. Ihr könnt bedenkenlos zuschlagen. Ach was „könnt“ – „solltet“! Quark „solltet“ – „müsst“!
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