„The best novel Salvatore has ever written.“ – Paul Goat Allen, BarnesandNoble.com, so steht es auf dem Umschlag des neuen Buches von R. A. Salvatore. Als ich das Buch erhalten habe, war ich doch mehr als skeptisch, ob diese Aussage auch für mich so zutreffen würde, denn ich hatte von vorneherein aufgrund von drei Dingen Bedenken:
1. „The Last Threshold (Neverwinter IV)“, der Vorgängerroman um Drizzt Do´Urden, hatte mich nicht hundertprozentig überzeugt. Salvatore hat(te) in meinen Augen zu viel nur angerissen und Potential verschenkt. 2. „The Companions“ ist ein Stand-Alone. Fast alle bisherigen Werke zu Drizzt Do´Urden waren Teil einer Reihe und ich war gespannt, ob Salvatore eine gute Geschichte auch in einen Band bzw. auf knapp 400 Seiten erzählen könnte. 3. WotC hatte die Buchreihe „The Sundering“ als den Auftakt der Neuordnung der Forgotten Realms für D&D Next angekündigt. „The Companions“ als erster Roman trägt jetzt die Bürde, Leser auf die (wieder mal) „neuen“ Forgotten Realms vorzubereiten.
„The Companions“ ist das erste Buch einer Reihe unter den Namen „The Sundering“. In den nächsten Monaten werden weitere Werke aus dieser Reihe folgen, von den unterschiedlichsten Autoren inklusive Ed Greenwood, Richard Lee Byers, u. a.. Bei diesem Buch hier handelt es sich um die Hardcoverversion (das Softcover erscheint im Februar 2014) mit insgesamt 378 Seiten. Die Aufmachung des Buches ist hervorragend: Auf der Innenseite des Buchdeckels ist jeweils vorne wie hinten die Karte Faerûns abgebildet, die Buchdeckel selber sind schwarz gehalten mit grün-goldener Schrift verziert. Der Einband zeigt eine sehr gute Illustration von Tyler Jacobson, die Drizzt und Guenhwyvar vor den Bergen Icewind Dales zeigt.
Nun mag man mich für kleinlich halten (und Ja, hier erfolgt nun der erste Spoiler!), aber so toll ich das Cover finde…es täuscht den Leser über den Inhalt des Buches. Wer mit „The Companions“ einen Drizzt Do´Urden Roman erwartet, der wird hoffnungslos enttäuscht sein, denn um ihn geht es in dem Buch, wenn überhaupt, nur am Rande. Im Vordergrund stehen ganz andere Figuren aus Salvatores Werken. Deshalb hätte man hier meiner Meinung nach durchaus ein anderes Cover wählen können, das den Inhalt mehr wiederspiegelt.
Inhalt(Vorsicht massive Spoiler!)Normalerweise versuche ich, bei Romanrezensionen so wenig wie möglich zu spoilern, aber bei „The Companions“ ist dies nicht möglich. Wenn man nur ein wenig vom Inhalt erzählt, hat man schon so viel bzw. die Hauptpointe des Buches preisgegeben, dass man auch problemlos mehr erzählen kann. Wer also wirklich ohne Vorwissen ans Lesen gehen will, der sollte jetzt ganz ans Ende dieser Rezension gehen und das „spoilerfreie Fazit“ lesen.
„The Companions“ beginnt an der Stelle, an der „Gauntlgrym (Neverwinter I)“ aufhört bzw. 21 Jahre vor dem Ende von „The Last Threshold (Neverwinter IV)“.
Cattie-Brie. Tot. Regis. Tot. Wulfgar. Tot. Bruenor. Gefallen in Gauntlgrym. Aber alle treffen sich wieder, im mystischen Garten Iruladoon der Göttin Mielikki. Hier bekommt jeder die Chance, ihrem Freund Drizzt Do´Urden nochmal zur Seite zu stehen und ihn in seinen Kämpfen zu unterstützen. Jeder von ihnen hat die Wahl: Wiedergeboren zu werden in dem Körper eines Kindes und in genau 21 Jahren in Icewind Dale wieder zusammenzukommen, um Drizzt zu helfen…oder in den endgültigen Tod zu gehen, in die Reiche ihrer jeweiligen Götter. Schnell ist klar: Cattie-Brie, die als Stimme Mielikkis fungiert, Regis und Bruenor werden den Weg in ein neues Leben gehen, Wulfgar nicht.
Ab hier teilt sich das Buch in drei parallele Handlungsstränge auf, die zum Schluss wieder zusammengeführt werden. Untermalt von den Gedanken Drizzt Do´Urdens zu Beginn eines Kapitels, werden nun die ersten 21 Jahre des neuen Lebens der Gefährten aufgezeichnet.
Cattie-Brie: Cattie-Brie wächst als Tochter beduinischer Eltern in der ehemaligen Wüste Anuaroch auf, in der Nähe der Shade Enclave. Ihr (wie jedem der Gefährten) ist bewusst, wer sie eigentlich ist, ist als ein Erwachsener im Körper eines Kindes. Cattie-Brie trägt zwei sogenannte Spellscars, einerseits von Mielikki, andererseits von Mystra, was ihr sowohl göttliche wie auch arkane Zauberkräfte verleiht. Wie sich herausstellt, sind auch ihre Eltern arkane Zauberwirker, was insofern problematisch ist, da die Shades das Wirken von Magie bei den von ihnen unterjochten Beduinen strengstens untersagt haben und diese außerdem momentan auf der Suche nach „Chosen“ der Götter sind, da sie aufgrund einer Prophezeiung die bevorstehende Umgestaltung Faerûns spüren können. So ist Cattie-Brie schon in ganz jungen Jahren eigentlich beständig auf der Flucht vor den Shades, bis diese sie dann doch gefangen nehmen und, ganz zu ihrer eigenen Verwunderung, weiterhin als arkane Zauberwirkerin ausbilden. Doch Cattie-Brie ist sich ihrer Bestimmung bewusst und flieht eines Tages, um eine Reise quer durch Faerûn nach Icewind Dale anzutreten, um am vorgezeichneten Tag am Bestimmungsort zu sein. Unteranderem trifft sie dabei auch die Harpells wieder und sie ist auch die erste, die die Wiedergeburt der „Weave“ erlebt.
Regis: Regis hat sich geschworen, in seinem neuen Leben nicht mehr der „Klotz am Bein“ seiner Gefährten zu sein. Er wächst als Sohn einer Austerntaucherin mit Genasiblut (sie stirbt bei seiner Geburt) und einem alkoholkranken Halblings in den Strassen von Delthuntle in Aglarond auf. Ständig darauf bedacht, sich nichts mehr gefallen lassen, bekommt er schnell den Strassennamen „Spider“ und erregt die Aufmerksamkeit des Halblings Pericolo Topolino, „Grandfather of Assassins“, der sich seiner annimmt. Erst wird Regis von ihm als Austerntaucher eingesetzt, da er ein Verfahren entdeckt hat, in ihnen Perlen zu züchten, und Regis dank seines Genasibluts viel länger unter Wasser bleiben und viel tiefer abtauchen kann als jeder andere. Später wird Regis mit Hilfe der Enkelin und des Hausmagiers auch zum Kämpfer und Alchemisten ausgebildet, bis zum jenem verhängnisvollen Tag, als Pericolo Topolino das Wrack des Lichs Ebonsoul entdeckt. Regis taucht zu diesem Wrack herab und stiehlt unter anderem den Dolch des Lichs, der leider zum „Leben“ erwacht und ihn verfolgt. Mit Mühe kann Regis Delhuntle fluchtartig verlassen, in der Hoffnung, dass Ebonsoul seine Suche nicht fortsetzt. Sein Weg nach Icewind Dale führt ihn u. a. nach Luskan, wo er auf einen weiteren bekannten Charakter aus Salvatores Werken trifft: Jarlaxle.
Bruenor: Bruenor wächst als Sohn eines nicht-adligen, aber ruhmreichen Zwergenkriegers in der Citadel Felbarr auf, der kurz nach seiner Geburt aber von Orks getötet wird. Bruenor ist der einzige der Gefährten, der mit der Wiedergeburt nicht zurechtkommt. Er fühlt sich von den Göttern vergessen, er ist ein König, er findet die Situation unwürdig und bereut es, auf den Pakt mit Mielikki eingegangen zu sein. Zornig und ungehalten wird er dennoch zum ruhmreichen Kämpfer, so dass er als Wunsch äußern kann, Citadel Felbarr verlassen zu dürfen. Er ist der Meinung, dass er den Fehler der Vergangenheit, nämlich den Friedensvertrag mit Obould Many-Arrows, wieder gutmachen kann, in dem er jetzt, als es anscheinend wieder eine Bedrohung durch die Orks gibt, die Länder im Norden vereint und in die siegreiche Schlacht führen kann. Bei dieser Mission führt es ihn auch wieder nach Gauntlgrym, zum dortigen Thron und seinem eigenen Grab. Er will sich, neben seiner geliebten Axt, auch die Zustimmung der Zwergengötter einholen, doch zu seiner Überraschung akzeptieren sie seine Entscheidung nicht. Ihm wird bewusst, dass auch für sie Freundschaft über alles steht. Eine gewisse Entscheidungshilfe ist natürlich hier auch das Zusammentreffen mit Thibbledorf Pwent, der in Gauntlgrym als Vampir lebt und trotz seines Daseins seinem König beisteht. Erschüttert über das Schicksal Pwents macht sich auch Bruenor auf nach Icewind Dale. (An dieser Stelle sei angemerkt, dass Salvatore hier für mich vieles wieder gut macht, was mich u. a. in „The Last Threshold“ gestört hat. Pwents „Tod“ dort in wenigen Seiten am Rande abzuarbeiten, war mir sehr sauer aufgestoßen!).
Alle Gefährten treffen zu exakt jenem Zeitpunkt ein, an dem „The Last Threshold“ endet: Kurz bevor Drizzt, schwer verletzt durch den Kampf mit Dahlia, sterben würde. Durch ihr Eintreffen (und das eines weiteren Gefährten..) kann er jedoch noch gerettet werden und die „Companions of the Hall“ sind wieder vereint. Auch die „andere Gruppe“ aus Drizzt Leben um Dahlia und Entreri haben einen kurzen Gastauftritt.
Fazit (mit Spoilern!):Ist „The Companions“ das beste Werk R. A. Salvatores? Das ist wohl Geschmackssache. Ist es ein neuer Salvatore? Mit Sicherheit! Meiner Meinung nach wurde hier viel mehr Wert auf Charaktertiefe und Gedankengänge der Charaktere gelegt, als es in früheren Werken der Fall war. Es war in meinen Augen definitiv abwechslungsreicher, denn die typischen Kampfszenen kamen trotzdem nicht zu kurz. Über den Inhalt des Buches kann man natürlich geteilter Meinung sein. Salvatore hatte mit den Neverwinter-Büchern eigentlich gute Charaktere wie Dahlia, Effron und Co. geschaffen, mit denen er auch in den „neuen“ Forgotten Realms hätte arbeiten können. Ob es wirklich Cattie-Brie und Co. gebraucht hat, muss jeder selbst entscheiden. Auf jeden Fall hat Salvatore hier ein Buch vorgelegt, dass die Basis für viele weitere Romane sein kann, hoffentlich auch mit Artemis Entreri, Jarlaxle und den anderen Charakteren.
Ich kann „The Companions“ nur empfehlen, wenn man auf leichte Kost (denn das sind Forgotten Realms-Romane nun mal) steht. Über die Skimming-Strategie bei Büchern (Hardcover für sehr hohen Preis, Softcover günstig, aber wesentlich später..) kann man streiten, muss man aber nicht. US-$ 27.95 ist ein stolzer Preis für noch nicht mal 400 Seiten und wenn man kein absoluter Fan ist, kann man sicherlich auch bis Februar 2014 warten.
Trotzdem für mich unbedingt lesenswert!
Fazit (ohne Spoiler!):Ob „The Companions“ wirklich Salvatores bestes Werk ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber es ist definitiv anders als andere Werke von ihm und das bedeutet in diesem Fall durchaus auch „besser“ in vielen Bereichen. Ich habe den Roman in 3 Tagen verschlungen, es macht einfach Spass, weiterzulesen. Man darf natürlich keine Hochliteratur erwarten, das können Forgotten Realms-Romane nicht gewährleisten. Deshalb muss man hier auch über den hohen Preis reden: US-$ 27.95 ist ein stolzer Preis für knapp 400 Seiten und auch, wenn sich das Buch gut im Regal macht, kann man sich natürlich überlegen, bis Februar 2014 zu warten und dann das Softcover zu lesen.
Inhaltlich lohnt es sich auf jeden Fall, eine klare Kaufempfehlung von mir!
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