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Savage Worlds - Hellfrost: Spielerhandbuch
Bewertung:
(3.8)
Von: Moritz Mehlem
Alias: Glgnfz
Am: 03.10.2013
Autor:Paul “Wiggy” Wade-Williams
Übersetzer:Sascha Schnitzer, Jörg Theobald, David Grashoff
Typ:Regel-/Settingband
System:Savage Worlds
Setting:Verlag:
VerlagPrometheus Games
ISBN/ASIN:978-3-941077-07-2
Inhalt:214 Seiten, vollfarbiges A5-Hardcover
Preis:34,95 Euro
Sprache:Deutsch

Inhalt

(Vorsicht Spoiler!!!)

Lesebändchen! Es gibt ein Lesebändchen – und das ist blau!

So! Das wäre erledigt, ran an die Rezi.

Ich sehe mir ja immer zuerst den Umschlag an und da habe ich als alter Mann schon mein erstes Problem. Ich wollte ja nicht auf die Erstauflage eingehen, aber hier ist es doch zumindest einen Nebensatz wert, dass der Umschlag des A4-Buches 1:1 übernommen wurde. Jetzt mit dem (etwa) A5-Format ist natürlich die Schrift etwas klein geraten und ich muss mein verbliebenes Augenlicht sehr dazu zwingen, das lesen zu können. Außerdem ist so im Text auf der Rückseite noch vom „Weltenfrostdrachen“ und vom „Weltenfrostwind“ die Rede – und das, wo man in einer Box auf der ersten Textseite im Inneren des Buches erklärt bekommt, dass „Weltenfrost“ in dieser Ausgabe dem Begriff „Helfrost“ gewichen ist.

 

Im Inneren hat man dann neu layoutet und die Schriftgröße ist absolut angemessen und gut lesbar. Dass man dann im Fahnenlektorat etwas geschludert hat und die Trennungen von InDesign einfach übernommen hat, ärgert mich weniger, als dass es mich amüsiert, denn ansonsten wären mir Perlen wie Gra-banlage, Helf-rost, Ta-igaelfen, Grabs-tätten, Star-tressourcen auf immer verborgen geblieben.

 

Schon alleine der Name des Settings, die wenigen Illustrationen und das spärliche, fast „unterkühlte“ Layout geben einen guten Eindruck davon, womit man es hier zu tun hat.

Der Grundkonflikt ist dann auch schnell erzählt: Die Menschenreiche von Rassilon liegen am Boden und nun werden die Winter immer kälter, die Ernten spärlicher und immer mehr Land liegt unter einer dicken Schneeschicht versteckt.

Aber nicht nur die Natur wendet sich gegen die Menschen auch die Magie ist seit 30 Jahren nicht mehr absolut zuverlässig und auf ihre Hilfe bei der Abwehr der unterschiedlichsten Gegner kann man sich nicht mehr bedingungslos verlassen.

 

Wenn ich es richtig verstanden habe, bezieht sich dieses Setting auf die Regeln der deutschen „Gentleman’s Edition“ – auf den Seiten 7-9 gibt es dann Anpassungen an die derzeit aktuellen Regeln der „Gentleman’s Edition Revised“. Das könnte etwas deutlicher kommuniziert werden, aber so gewaltig sind die Unterschiede nun nicht, als dass es sich besonders heftig auswirken würde.

Nur, um das Offensichtliche einmal ausgesprochen zu haben: Wir haben es hier nicht mit einem eigenen System zu tun, sondern Hellfrost ist eine Hintergrundwelt für Savage Worlds. Anders als bei den bisher auf Deutsch erschienenen Settings wird Hellfrost nicht in Form einer Plot Point-Kampagne präsentiert, sondern kommt klassisch daher mit Setting-Infos und separat daherkommenden Abenteuern.

 

Was aber bietet nun dieses Spielerhandbuch? In 11 Kapiteln gibt es eine Einführung, Regeln zur Charaktererschaffung, Ausrüstungslisten, 4 Kapitel zu den unterschiedlichen Formen der Magie (wenn man die Religion da mal subsumiert), ein Kapitel mit Ruhmesregeln, allgemeinen Infos zum Leben in Rassilon (erstaunlicherweise in zwei unterschiedlichen kapiteln) sowie zu Organisationen.

 

Okay – was also kann ich alles spielen? Auf Rassilon gibt es Engros, Frostzwerge, Frostblütige, Herdelfen, Taigaelfen und Menschen – allerdings jeweils keine Hybridrassen wie bei vielen anderen Systemen und Settings. Die meisten sprechen für sich, man könnte lediglich erwähnen, dass die Engros vom Spielgefühl her eine Mischung aus Halblingen und Gnomen sind, die Frostblütigen können unter den meisten Rassen plötzlich auftauchen und stehen dann am Rand der jeweiligen Gesellschaft.

Nach der Wahl der Rasse könnt ihr eure Charaktere mit einem Haufen neuer Talente und Handicaps versehen. Verdammte Axt – diese Seiten sind in meinen Augen der Schwachpunkt des Settings – die muss man doch irgendwie übersichtlicher präsentieren können. Das ist allerdings nicht die Schuld der deutschen Fassung, daran krankt schon das Original.

Das Ausrüstungskapitel bietet dann nicht nur die üblichen Schwerter und Lederrüstungen, nein, hier wird „größer gedacht“. Neben coolen Elementen wie speziellen Materialien (Maerathril, Schwarzes Eis – sonst ja nur aus Shadowrun bekannt *kicher* - und Sternmetall)kann man hier über Belagerungswaffen und Walblubber bis hin zur ausgewachsenen Festung alles kaufen, was das Charakterherz begehrt.

Anschließend folgt ein kurzer Abschnitt über die Kräutermagie, die eigentlich nur „Magie“ heißt, aber ganz ohne Magie lediglich mit einem Expertentalent gelernt und gewirkt werden kann.

Danach geht es dann mit der „echten“ Magie ans Eingemachte – als spielrelevantes und außergewöhnliches Element möchte ich hier den „Sog“ herausgreifen, mit dem sich rassilonische Magier seit etwas 30 Jahren herumschlagen müssen. Dieser entzieht scheinbar völlig willkürlich dem Magier seine Fähigkeit mit magischen Energien zu hantieren. Dies geschieht mit Hilfe einer kleinen, aber umso fieseren Tabelle, auf der man als Spieler eines Magiers sicher nicht gerne häufiger würfelt.

Auch die Religion hat einen festen Platz im Setting und werden lang und in jedem schmutzigen Detail vorgestellt. Im Anschluss folgen erst die Zaubersprüche – warum die nicht direkt bei der Magie stehen, ist mir ein kleines Rätsel aber egal – mit den Kapiteln findet man sich doch schnell zurecht. Dankenswerterweise werden die neuen Sprüche dann auch in Kurzform zusammengefasst, um die Suchzeiten während des Spiels zu verkürzen. Danke!

Bisher war noch nicht viel zu erkennen, was Hellfrost von anderen eisigen Settings unterscheidet – mal abgesehen von der doch recht interessanten Geschichte, die immer mal wieder durchscheint, und dem Magie-Sog, aber die nun folgenden Ruhmes-Regeln gefallen mir ausgesprochen gut.

Anstatt wie im DSA der 90er davon auszugehen, dass die Helden sich als – nun ja – Helden gebärden, gibt es hier messbare Kriterien für den Ruhm einer Gruppe. Schöne Idee und sieht noch dazu halbwegs funktional aus.

Die folgenden Kapitel dienen dazu, der Hintergrundwelt Fleisch auf die Rippen zu geben – zuerst gibt es Infos zum alltäglichen Leben inklusive eigenem Kalender, Hinweisen zur Ehe, zur Rechtsprechung, zu Festlichkeiten… Halt alles, was dem Spielleiter hilft, die Welt mit Leben zu füllen. Ich persönlich habe immer Probleme mit eigenen Kalendern, aber wer sich richtig auf diese Welt einlassen will, für den sind solche Kleinigkeiten eine große Hilfe. Auch eine Beschreibung der wichtigsten Regionen (im Rassilon Weltenband dann vertieft) und eine doppelseitige Geschichtszusammenfassung in Form eines Zahlenkanons, der alte Wunden an die Abiturvorbereitung im Geschi-Leistungskurs aufreißt, dürfen nicht fehlen.

Eher für den Spielleiter als für den Spieler interessant sein dürften die Organisationen – ein absolutes Pfund, mit dem das Setting wuchern kann. Es werden 13 unterschiedliche Organisationen vorgestellt, die in sich schon einiges an Konfliktpotential bieten. Ein guter Spielleiter wird hier mit leuchten Augen durchblättern und sich gleich schon überlegen wie er die Eisengilde auf die Graue Legion prallen lässt die Interessen der Reliquiare genüsslich mit denen der Wissenshüter kollidieren lässt.

Abschließend folgt noch ein Kapitel mit speziellen Settingregeln – mal unter uns Klosterschwestern: „Warum hat man die nicht mit den anderen Settingregeln zusammen präsentiert?“

Glossar und (schicker und übersichtlicher) Charakterbogen runden die Chose ab.

 

 

 

Fazit:

Ich mag Hellfrost ja irgendwie. So ganz sehe ich immer noch nicht den großen Vorteil gegenüber anderen – ähnlich gelagerten – Settings, aber wer mit Savage Worlds etwas leicht Düsteres, Nordisches spielen möchte, der wird hier perfekt bedient.

Müsste ich zwischen den beiden nordischen Settings der „hippen Systeme“ wählen, dann würde ich wohl Malmsturm (für Fate) den Vorzug vor Hellfrost (für Savage Worlds) geben. Spielen würde ich allerdings eher Hellfrost, denn da würde bei mir persönlich sympathischerer Regelkern gegen bildgewaltigeres Setting obsiegen.

Apropos „bildgewaltig“. So schön klar und stimmungsvoll das Layout ist – so sehr vermisse ich doch einfach viele, viele Illustrationen, die ja für das Ambiente der Hintergrundwelt nicht gerade unwichtig sind. Das gibt – neben den immer noch vorhandenen Fehlerchen und Haklerchen – einen leichten Abzug in der B-Note, aber ich denke eine Wertung knapp unter 4 Punkten kann ich immer noch gut vertreten.

 

Ich fasse zusammen: Ihr möchtet gerne Savage Worlds spielen? Ihr steht auf nordische Sagen und Wikinger? Ihr hättet gerne eine gut durchdachte Hintergrundwelt mit vielen Details, die die Stimmung unterstützen? Ihr findet – so wie ich – ein Ruhm-System total cool? Ihr mögt keine Plot Point-Kampagnen, sondern erarbeitet euch euren Meta-Plot lieber selber?

Ihr wisst schon, wie der nächste Satz nur heißen kann: „Dann ist Hellfrost genau euer Ding!“