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C.O.P.S. 1 – Absturz in South Central
Bewertung:
(3.4)
Von: Jörg Deutesfeld
Alias: Debaser
Am: 22.11.2013
Autor:Marc Sautriot (Autor) und Antonio Sarchione (Zeichner)
Übersetzer:Dr. Marcus Schweizer
Typ:Comic / Graphic Novel
Setting:SF / Near Future
VerlagAll Verlag
ISBN/ASIN:978-3-926970-21-3
Inhalt:48 Seiten, Hardcover
Preis:13,80 EUR
Sprache:Deutsch

Inhalt:

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben sich nach fünfundzwanzig Jahren des wirtschaftlichen Niederganges zu einem faschistischen Staat entwickelt und so erklärt sich Kalifornien im Jahr 2026 zur unabhängigen Republik. Da die Nationalgarde und die in Kalifornien stationierte Armee hinter dem Gouverneur stehen, sind den Vereinigten Staaten die Hände gebunden und so kann der Präsident die Separatisten lediglich verbal attackieren, ohne das diese militärische Konsequenzen zu spüren bekommen.

 

In den Monaten nach der Unabhängigkeit fördern die Vereinigten Staaten die Abwanderung von unerwünschten Bevölkerungsgruppen und Krimineller nach Kalifornien, wo sich außerhalb der großen Städte rasch Ghettos für die Flüchtlinge bilden. Folglich ist die öffentliche Sicherheit zu einer Hauptbeschäftigung für die Obrigkeit der Republik geworden. Um einen Ersatz für das FBI zu schaffen, wird 2027 die experimentelle Polizeieinheit C.O.P.S. (Central Organisation for Security) ins Leben gerufen, deren Wertschätzung in Bevölkerung und Politik jedoch in den folgenden Jahren beständig abnimmt. Soweit zum Hintergrund, doch nun zum eigentlichen Szenario:

 

Das Jahr 2031: Der Privatjet des Stadtrates und Pressezaren William McAdam stürzt mitten in South Central, einer rechtsfreien Zone im Zentrum von Los Angeles, ab. McAdam hat Glück, da er sich wegen einer kurzfristig anberaumten Besprechung nicht an Bord befand. Dafür gilt seine Tochter Brenda allerdings als verschollen, die sich im Flugzeug befand, doch konnten offizielle Rettungstrupps bislang keine Spur von ihr finden.

 

Gregory Colinas wird nach seiner bestandenen Kadettenprüfung zum Detective ernannt und zur C.O.P.S. abkommandiert. Dort wird er einem erfahrenen Kollegen zugeteilt und nur wenige Stunden im Dienst direkt einem neuen Fall zugeordnet: Der Suche nach Brenda McAdam, die sich an Bord der Augusta 696 befand, die in Lynwood, eine Meile vom Komplex Enterprise, abgestürzt ist. Die L.A.P.D. hat die Absturzstelle zwar zwischenzeitlich weiträumig gesperrt, doch droht die Anwesenheit von Sicherheitskräften in diesem Bezirk zu Spannungen mit den örtlichen Banden zu führen und die Situation zu eskalieren. Während die örtlichen Medien ausgiebig über den Absturz und die Lage in South Central berichten, macht sich auch William McAdam mit einer eigenen Eingreiftruppe auf die Suche nach seiner Tochter. Diese hat unterdessen ganz andere Probleme: Sie hat zwar den Absturz überlebt, wurde allerdings von Mitgliedern einer Straßengang aufgegriffen, die ihr ziemlich übel mitspielt.

 

Die Ermittlungen der C.O.P.S. an der Wrackstelle führen zu einigen überraschenden Ergebnissen, da insbesondere die Todesumstände des Piloten etliche Fragen aufwerfen. Und es gibt auch eine heiße Spur zum möglichen Aufenthaltsort von Brenda, der das Ermittlerteam tief nach South Central führt, wo man als Polizist gut auf sich Acht geben sollte.

 

Schreibstil & Artwork:

Der Deutsch-Franzose Marc Sautriot wurde 1973 geboren. Von Kindheit an pflegte er eine Leidenschaft für Rollenspiele. Nach einer Karriere in der Verwaltung, wendet er sich dem Schreiben von Comic-Szenarien zu.

Als er 2001 Julien Blondel, den damaligen Chefredakteur des Magazins „Backstab“ und Thomas Féron trifft, schlägt Féron Sautriot vor, mit ihm zusammen an dem Rollenspiel „Prophecy“ zu arbeiten. Dadurch wird Sautriot in der Rollenspielszene bekannt und wird als Szenarist für das erfolgreiche französische Pen&Paper-Rollenspiel „C.O.P.S.“ des Verlages „Siroz Productions“

ausgewählt. Sautriot beschließt nach einigen Szenarien mit Antonio Sarchione die Welt von „C.O.P.S.“ als Comic zu adaptieren und verfasst das Szenario für sein erstes Comic-Album, dessen erster Band 2008 im Verlag Delcourt erschien.

 

Mit einem für Comics des Genres eher ungewöhnlich ausführlichen Beschreibung der Welt und Hintergründe von C.O.P.S. ist man als Leser gespannt auf das Szenario, welches sich dann allerdings mit seinen zahlreichen Sprüngen zwischen den Akteuren und in den zeitlichen Handlungssträngen bedauerlicherweise etwas schwerfällig gibt. Die Protagonisten bleiben seltsam unscharf, obwohl bei dieser eher auf knallharte Action ausgelegten Story eigentlich keine Langeweile aufkommen sollte und es etliche gute Momente gäbe, der Handlung mehr Spannung zu verleihen. So kippt das Szenario leider manchmal ins belanglose und man ist als Leser gezwungen nicht den roten Faden zu verlieren, der sich in diesem Band manchmal geradewegs zu verstecken scheint. Vielleicht liegt dies unter Umständen daran, ein Szenario zu konzipieren, dessen Akteure und Geschichte wunderbar zu einem Rollenspiel passen, als Vorlage für einen Comic aber etwas zu sperrig ist.

 

Der 1969 in Italien geborene Antonio Sarchione entwickelte von frühester Kindheit an eine Leidenschaft für Comics. Er machte an der Kunstschule von Vasco seinen Abschluss und studierte an der Akademie der schönen Künste Malerei. Nachdem er in Italien mit „Star Comics“ und „Hammer 10“ (1994) einige Veröffentlichungen hatte, entschied er sich, sein Glück auf der anderen Seite der Alpen zu suchen.

 

2005 erscheint gemeinsam mit dem Texter Dominique Latil sein erstes Album bei Soleil Productions mit dem Titel „Federation“. Noch im gleichen Jahr nimmt David Chauvel vom Verlag Delcourt Kontakt mit ihm auf und schlägt ihm, nach einigen Probearbeiten, vor, der Zeichner von C.O.P.S. zu werden. Nachdem ere zusammen mit Luca Blengino 2010 den 5. Band von „LeCase“ gestaltet hat, folgt 2012 seine bisher letzte Veröffentlichung. Zusammen mit dem Szenaristen David Chauvel fügt er der Anthologie „Sept“ den 14. Band mit dem Titel „Pistoleros“ hinzu.

 

Mit seinem Stil eifert Sarchione eher amerikanischen Zeichnern nach, die man aus klassischen Superheldengeschichten kennt. Umso interessanter ist die Umsetzung des Szenarios eines Franzosen mit diesen Stilmitteln, welches zwar deutlich franko-belgische Züge trägt, seinen amerikanischen Ursprung aber nicht verleugnen kann. So gibt es recht realistisch gezeichnete Charaktere, denen allerdings ein Stück weit Seele fehlt, zu unentschlossen zeigt sich hier Sarchione mit dem Zeichenstift und der ständigen Überlegung, seine Figuren markanter zu zeichnen. Da es sich um ein „Near-Future“-Szenario handelt, bietet die Geschichte eigentlich viel Platz für eindrucksvolle Stadtkulissen, moderne Fortbewegungsmittel und Kommunikationstechnik, doch zeigt sich Sarchione hier eher sparsam. Sein Augenmerk liegt eindeutig auf der Handlung der Personen und deren Darstellung.

 

Bei der Aufteilung der Seiten zeigt sich Sarchione sehr modern und bietet einige kreativ variierte Seitenaufteilungen, die von mir als ästhetisch angenehm empfunden wird und gut zu lesen sind. Ähnliches gilt für die Wahl der Perspektive und die Einstellungen, die der jeweiligen Situation angepasst sind. Unterstützt wird Sarchione durch Lou, der sich für die Farben verantwortlich zeigt und Aleksi Bricolot, der das Design betreut.

 

Qualität, Ausstattung & Übersetzung:

In Sachen Qualität braucht sich dieser großformatige Band des noch jungen All Verlages vor der Konkurrenz nicht zu verstecken. Der Band präsentiert sich in Hochglanzoptik, der durch seine gute Verarbeitung, ein sauberes Druckbild und die gelungene Übersetzung von Dr. Marcus Schweizer überzeugt. In Sachen Ausstattung gibt es zudem ein ausführliches Vorwort über den Hintergrund der Welt von C.O.P.S. als auch ein Glossar am Ende des Bandes.

 

Fazit:

Die Reihe „C.O.P.S. präsentiert eine mehr oder weniger apokalyptische Zukunftsvision, wie man sie bereits aus zahlreichen anderen Comics oder auch Filmen kennt. Dabei sind hier unverkennbar Motive aus dem Film „Die Klapperschlange“ von John Carpenter zu erkennen. Während die Charaktere in die „Klapperschlange“, allen voran Kurt Russel in der Rolle des Snake Plissken, wunderbar konzeptioniert und aufeinander abgestimmt sind, wirken die Akteure in diesem Band recht schwach. Wo der Charakter von Snake Plissken das wunderbare Klischee eines wortkargen, zynischen und gemeingefährlichen Actionhelden ist, bleiben sowohl der Neuling Gregory Colinas als auch sein erfahrener Kollege bedauerlicherweise noch recht farblos. Zugegebenermaßen ist die Darstellung der Action und Brutalität von C.O.P.S. ziemlich kompromisslos, doch fehlt irgendwie der letzte Funke in der Handlung, welche zudem immer wieder harte Sprünge zwischen den Handlungsebenen hat, die es dem Leser manchmal schwer machen, der Entwicklung zu folgen.

 

Insgesamt hat der Comic einen düsteren und recht ansprechenden Look. Die Zeichnungen von Antonio Sarchione schaffen die überzeugende Vision einer Zukunftsvision, die nicht unbedingt abwegig ist und es letztlich nur eine Frage der Zeit ist, bis diese in den USA zur Realität wird. Bei aller Kritik bietet dieser Band mit seinen klaren Figurenzeichnungen dennoch, nicht nur auf der optischen Ebene, sondern auch in Sachen Ideen und Einfallsreichtum einige gute Ansätze, die Fans des Genres sicherlich zufrieden stellen werden. Trotz recht gedämpfter Erwartungshaltung bin ich dennoch gespannt auf den nächsten Band, da die Welt von C.O.P.S. auf jeden Fall einen Blick wert ist.