Links zur Rezension Inhalt:Den Auftakt machen zwei überaus interessante Seiten, in den Frau Lerchenwald die Entführung ihres Sohnes durch den eigenen Vater der örtlichen Polizei meldet und um die Fahndung nach Heinrich Lerchenwald bittet. Noch ehe man Zeit hat, sich mit dieser anregenden Wendung auseinanderzusetzen, gibt es einen Blick zurück auf die Geschehnisse, die sich vor einigen Stunden zugetragen haben.
Leander hat Lerchenwald zu seiner Schwester Lisa geführt, jenem Mädchen, welches in einem Kamin eingemauert war. Hier soll er sein Versprechen einlösen, Lisa zu helfen und sie von ihren Qualen zu erlösen, schließlich schlägt in ihrem Körper das Kupferherz, welches sie trotz allen Leidens immer noch in ihrem fast schon untoten Körper am Leben erhält. Lerchenwald sieht sich außerstande Lisa alleine zu helfen und so benachrichtigt er Hirschmann und Frau D., die ihn unterstützen sollen. Er spricht mit Leander aber auch über seine eigenen Pläne und darüber, das Herz seinem eigenen todkranken Sohn einzupflanzen. Auch wenn sein Vorhaben gegen alle Vorschriften eines Bizarromanten verstößt, bittet Lerchenwald seine Freunde um Hilfe, die in die Umsetzung des Planes einwilligen.
So machen sich Frau D., als auch Hirschfeld und Lerchenwald ans Werk, um ihren Plan umzusetzen und der Leser erfährt einiges über die Arbeit von Lerchenwald an Strahlengeräten, die Seelen und ihre Verzerrung vernichten kann. Und während Dr. Presteau seinen ganz eigenen Plänen über die Verwendung des Kupferherzes nachhängt, schickt sich seine Tochter Manuela an, eine neue Verbündete des Trios zu werden und macht Frau D. ihre Aufwartung. Aber letztlich sollen sich die Dinge anders entwickeln, als man meint und Lerchenwald muss eine denkbar bittere Erfahrung machen.
Schreibstil & Artwork:Für das Szenario und den Text zeichnet sich seit dem zweiten Band der Reihe Verena Klinke verantwortlich. Eigentlich wollte Verena Klinke nach ihrem Abitur 2009 Regisseurin werden, merkte bei einem einjährigen Praktikum an der Filmakademie Baden-Württemberg aber ziemlich schnell, dass ihr Herz eher für das Schreiben von Geschichten schlägt. Weil ihr ein begonnenes Studium der Germanistik und Anglistik zu theoretisch war, arbeitet sie als freie Autorin.
In „Steam Noir“, ihrem ersten Comicprojekt, hat sie gleichzeitig ein Herzensprojekt gefunden. Von Beginn an begleitet sie „Steam Noir“ und betreute es zeitweilig redaktionell als Lektorin beim Cross-Cult-Verlag. Da Verena Klinke bereits sehr früh in den Entstehungsprozess des gesamten Szenarios eingebunden war, war der Wechsel der Autoren im zweiten Band der Reihe für den Leser kein Bruch in der Konzeption der Geschichte. Da das komplette Konzept ohnehin mit Felix Mertikat gemeinsam entwickelt wurde, steht der grobe Handlungsrahmen, der von Verena Klinke hervorragend mit Leben gefüllt und überzeugend weiterentwickelt wird. Und so gibt es in diesem Band ein noch weitaus höheres Maß an detaillierter Ausarbeitung und Formsprache der Protagonisten, welches sich insbesondere in den sehr lesenswerten und geschickt arrangierten Dialogen äußert.
Der Zeichenkünstler und Maler Felix Mertikat wurde 1983 in Esslingen bei Stuttgart geboren. Nach dem Abitur hat er sich erst einmal als Biologie-Student versucht, sich jedoch dann nach einem einjährigen Praktikum in einer Werbeagentur dafür entschieden, an der Filmakademie Baden-Württemberg sein Glück zu versuchen. Während seiner Studienzeit hat er als Illustrator für verschiedene Projekte und Verlage gezeichnet (Call of Cthulhu, Shadowrun, DSA, Snickers, etc.) und 2008 sein eigenes Rollenspiel „Opus Anima“ auf den Markt gebracht. „Jakob“ war seine erste Comic-Veröffentlichung. Derzeit baut er zusammen mit Autorenkollegen Benjamin Schreuder und weiteren kreativen Partnern die Crossmedia-Agentur „ZEITLAND“ auf, für die er weitere Graphic-Novel-Projekte in Planung hat.
Konnte schon die beiden ersten Bände der Reihe durch ihren modernen und zum Teil recht innovativen Bildaufbau, der niemals aufdringlich wirkt, überzeugen, so scheint es, als habe Mertikat in diesem Band seine Leistung noch einmal gesteigert. Die Panels sind zwar weiterhin modern aufgeteilt, aber die Führung durch den Seitenaufbau ist nunmehr absolut intuitiv und nur selten muss man überlegen, wo man weiterlesen soll. Ähnliches gilt für die Anordnung der Texte, die sich nicht nur in reinen Sprechblasen erschöpfen, sondern in kompletten Dialogen, für die normalerweise weitaus mehr Einstellungen notwendig gewesen wären. Hier wird geschickt mit den Möglichkeiten des Mediums jongliert, die technischen Errungenschaften der Welt in wunderbar ausgearbeiteten Bildern fast beiläufig dem verblüfften Leser präsentiert und auch die Kolorierung wirkt jetzt wesentlich ausgeglichener und stimmiger als noch im zweiten Band. Grafische Unterstützung in diesem Band erhielt er von der deutschen Comiczeichnerin Kim Liersch, die einigen Lesern besser unter ihrem Künsternamen „Tamasaburo“ und ihren im Mangastil gezeichneten Arbeiten bekannt sein dürfte.
Qualität, Ausstattung & Übersetzung:Ein weiterer qualitativ hochwertiger Hardcoverband, wie man ihn vom Cross Cult Verlag gewohnt ist. Neben einer sehr guten Verarbeitung überzeugt der solide verarbeitete Band durch seine ansprechende äußere Gestaltung als auch durch die hohe Druckqualität und Verarbeitung. Daneben erwartet den Leser ein kurzes Porträt des Autoren- und Zeichnerteams nebst Hinweisen auf andere beteiligte Künstler im Vorsatz.
In Sachen Ausstattung bietet auch der dritte Band einiges an zusätzlichem Material: In den „Appendices“ bekommt man einen Einblick in die Gestaltung des Ghettos, zu dem einige Skizzen und Anmerkungen abgedruckt sind, eine Galerie mit Illustrationen von Ingo Röhmling, Marvin Ciffod und Kim Lieresch zum Thema „Steam Noir“ und eine Karte von Aurich mit den eingezeichneten bisherigen Handlungsorten der vorliegenden drei Bände.
Fazit:Felix Mertikat und Verena Klinke beweisen im dritten Teil von “Steam Noir – Das Kupferherz” eindringlich, wie ein hervorragendes Szenario nahtlos weitergeführt werden kann und es möglich ist, komplexe Dialoge in einem sehr gut gezeichneten Comic unterzubringen. Es scheint so, als wäre die bislang schon vortreffliche Entwicklung der Reihe, die nicht umsonst mit dem ersten Band der Reihe den Sondermann-Preis der Frankfurter Buchmesse als Beste Comicpublikation National 2012 erhalten hat, immer noch dazu in der Lage, ihr Niveau noch weiter zu steigern.
Nicht zuletzt durch die Dialoge, die markanten Zeichnungen und die Wendungen im Szenario erhalten die Charaktere noch mehr Tiefgang und wirken in ihren Handlungen absolut überzeugend. Natürlich steuert dieser Band mit seiner Entwicklung (zu denen jetzt auch mehr oder weniger einige „Gegenspieler“ gehören) dem vierten und abschließend Band der Reihe zu und es gibt einen wahrlich wunderbaren Cliffhanger am Schluss, der einen mehr als gespannt macht, wie sich die Geschichte bis zu ihrem Ende noch entwickeln wird.
Auch diesen Band kann ich nur uneingeschränkt empfehlen, bietet er doch alles, was man von einem guten Comic erwarten darf: Neben einem frischen und unverbrauchten Szenario vor dem Hintergrund einer dystopisch-verschrobenen Alternativwelt gibt es auch zeichnerisch einige beachtenswerte Leistungen zu sehen, die mit ihrer Kolorierung beindruckende Eindrücke fürs Auge bietet.
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