Links zur Rezension Inhalt:Langsam neigt sich der Spätsommer dem Ende zu und Ratte genießt einen langen Spaziergang entlang der Hecken und Büsche am Fluss, die voller Betriebsamkeit der anderen Tiere sind, die sich mit Vorräten für den nahenden Winter eindecken oder sich auf ihre Reise in den Süden vorbereiten. Ein wenig Wehmut ergreift Ratte, der selbst gerne einmal die heimischen Gefilde verlassen würde, um die große weite Welt kennen zu lernen. Seine Phantasie wird noch mehr angestachelt, als er auf einen Artgenossen trifft, der auf Malta geboren wurde und viele Jahre zur See gefahren ist. Inspiriert von dessen Reiseerzählungen kommt Ratte nicht umhin seinen Freunden bei einem Abendessen bei Kröterich am nächsten Tag von seinen Wünschen, aber auch dem heimeligen Gefühl des Lebens am Fluss zu erzählen. Bei Kröterich hat die Erzählung von Ratte über ferne Länder aber eine ungeahnte Wirkung, da er sich bereits am nächsten Tag auf den Weg zum Hafen macht und als blinder Passagier an Bord eines Schiffes geht. Ratte und der Maulwurf verfolgen ihn bis zum Schiff, aber an eine Rückkehr zum Fluss ist nicht mehr denken, hat das Schiff doch zwischenzeitlich abgelegt und gemeinsam sind sie mit Kröterich unterwegs auf dem Meer in Richtung eines unbekannten Ziels.
Ihre Reise verschlägt die drei Freunde nach Nordafrika, wo sie an Land gehen und einen ersten Eindruck dieser für sie völlig fremden Umgebung bekommen. Da sie alle über keine ausreichenden Mittel für eine Rückreise Verfügung haben, müssen sie sich etwas einfallen lassen. Nach anfänglichen Problemen treffen sie auf Samir Djerbill, eine Maus, die ihnen ein Dach über dem Kopf bietet und bei sich aufnimmt. Mit Samirs Hilfe finden Ratte, Maulwurf und Kröterich neue Freunde in der Fremde und Kröterich gelingt es sogar als Geschichtenerzähler auf dem örtlichen Basar etwas für den Lebensunterhalt zu verdienen.
Doch trotz neuer Freundschaften zu einigen Einheimischen und der Gastfreundschaft von Samir, so treibt dennoch die Sehnsucht nach ihrem heimischen Fluss die drei Freunde an, auch wieder nach Hause zu kommen. Allerdings gilt es vorher noch einige Abenteuer in diesem fremden Land zu bestreiten, von denen man später noch viel erzählen kann. Schreibstil & Artwork:Michel Plessix wurde am 10.11.1959 in Saint-Malo geboren. Er studierte Medizin und Kunst und arbeitete zwischendurch als Krankenwagenfahrer und Koch. Er verbrachte den Großteil seiner Freizeit in dem Comic-Atelier von Jean-Claude Fournier, wo er auf Jean-Luc Hiettre und Emmanuel Lepage traf. Gemeinsam mit Hiettre veröffentlichte er seine erste Geschichte mit dem Charakter „Mark Jones“. Sie wurden ab 1987 in der Lokalzeitung Frilouz veröffentlicht und erschienen später als Sammelband.
Plessix arbeitete später für Fanzines wie „Dommage“, in der Mitte der 1980er Jahre an einigen Gemeinschaftsprojekten oder unterstützte Künstler wie Yves Magne bei „Défi dans l'Atlantique“ und Malo Louarn bei „Rona“. Sein Debüt als professioneller Comic-Künstler gab Plessix mit dem Band „La Déesse aux Yeux de Jade" (Die Göttin mit den Jadeaugen, Carlsen), das erste und einzige Album der Serie „Ed et Benjamin“, das von Milan veröffentlicht wurde und zugleich seine erste Zusammenarbeit mit Dieter war.
Mit der Zeit wurden die Zeichnungen von Plessix immer realistischer, so das Dieter und Plessix sich für eine Veränderung der Landschaft und Charaktere entschlossen. 1989 begannen sie an der psychologischen Abenteuer-Serie „Julien Boisvert“ für den Verlag Delcourt (dt. Julian B.) zu arbeiten. Die von den Kritikern gefeierte Serie endete nach vier Folgen in 1995, als Plessix und Dieter feststellten, die psychologische Entwicklung ihres Globetrotter-Abenteurers sei nunmehr abgeschlossen.
Ein Jahr nach dem Abschluss der Reihe „Julien Boisvert“, wandte sich Plessix einem jüngeren Publikum mit seiner international gefeierten Comic-Adaption des Kenneth Grahame Roman „Der Wind in den Weiden" zu. Der Verlag Delcourt veröffentlichte die vier Bände des poetischen „Le Vent dans les Saules", ein Projekt, für das Plessix das komplette Szenario des Romans und eine neue Art der Färbung entwickelte. Die überaus erfolgreiche Reihe wurde in dreizehn Sprachen übersetzt. Zusätzlich schrieb Plessix „Les Forell“ für Künstler Bruno Bazile und beteiligte sich an einer Hommage an Will und einem gemeinsamen Buch über La Fontaine, bevor er sich der nächsten Reihe, basierend auf einer Idee von Kenneth Grahame „Der Wind in der Wüste" widmete, die 2005 veröffentlicht wurde.
Es ist eigentlich nicht sonderlich verwunderlich, wenn sich Plessix nach seiner jahrelangen Arbeit an „Der Wind in den Weiden“ an einer Fortsetzung der Geschichte versucht und dabei erneut ein unglaublich wohltuendes Leseerlebnis beschert. Dabei gibt es nicht nur ein Wiedersehen mit den einzigartigen Charakteren aus der „Der Wind in den Weiden“, sondern auch ein ungewöhnlich dichtes und zugleich frisches Szenario, wie es sich Kenneth Grahame nicht besser selbst als Bettkantengeschichte für seinen Sohn hätte ausdenken können.
Michel Plessix versteht es mit großem Einfühlungsvermögen und stilistischer Sicherheit die Charaktere aus „Der Wind in den Weiden“ in diesem neuen Band weiter zu entwickeln und erneut in wunderbar arrangierten Bildern auftauchen zu lassen. Wiederum lässt er den Leser in ein malerisches und poetisches Universum eintauchen, auch wenn es diesmal die Akteure in ferne Länder zieht, die der grafischen Genauigkeit und Detailverliebtheit in nichts nachstehen. Qualität, Ausstattung & Übersetzung:Der Toonfish Verlag legt hier, den ursprünglich in fünf Bänden erschienenen Comic als qualitativ absolut hochwertige Gesamtausgabe vor, die sowohl vom Druckbild als auch von der Verarbeitung absolut überzeugt. Etwas wehmütig haben mich fehlende Extras gestimmt, die ich mir bei einer Gesamtausgabe gewünscht hätte, aber man kann ja schließlich nicht alles haben. Die angenehm zu lesende Übersetzung aus dem französischen stammt von Harald Sachse, der bereits die Gesamtausgabe von „Die Weiden im Wind“ übersetzt hat. Das gewöhnungsbedürftige Lettering stammt wiederum von Kai Frenken, dem es gelungen ist eine optisch ansprechende als auch leidlich gut lesbare Schrift zu finden, die den Leser zu einem gemächlichen Lesegenuss zwingt. Fazit:Michel Plessix legt nach seiner überzeugenden Adaption des Romans „Der Wind in den Weiden“ von Kenneth Grahame ein eigenes Szenario um die liebenswerten Charaktere vor, dem man nicht anmerkt, ob es von Plessix oder einem verschollenen Skript von Grahame stammt. Wer den Band „Der Wind in den Weiden“ gemocht hat, wird auch hier seine Freude an der feinsinnigen Gestaltung der einzelnen Charaktere haben und sich an einigen neuen Abenteuern erfreuen können, welche die vier Freunde aus der heimeligen Atmosphäre ihrer idyllischen Flusslandschaft in ganz andere Gefilde führt.
Und so gibt es erneut wunderbar arrangierten Panels mit exotischen Schauplätzen, Situationen zum Schmunzeln und ein überzeugendes Szenario, wie man es sich besser nicht wünschen könnte. Auch dieser Band ist für mich eine absolute Kaufempfehlung, da ich bereits von der Umsetzung des Klassikers „Der Wind in den Weiden“ höchst angetan war und mich dieser Autorencomic in seinen Bann gezogen hat. |
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