Waren die insgesamt sechs Abenteuer des ersten Bandes der Reihe noch dazu gedacht, den Charakteren einiges an Hintergrundwissen zu vermitteln, wichtige Kontakte zu knüpfen und sie als Gruppe zusammenzuführen, so gibt es beim zweiten Band eine direkte Fortführung der Geschehnisse, die sich unmittelbar an das Ende des ersten Bandes anschließt.
Der äußere EindruckIm Design folgt der zweite Band der bisherigen Konzeption der Reihe und so stammt auch hier das Design des Umschlags von Ralf Berszuck nebst der Titelillustration von Marc Freier. Das Cover ziert eine Fotomontage eines jungen Mannes, der vor der Kulisse eines bedrohlich wirkenden Schlosses steht und somit bereits einen kleinen Vorgeschmack auf eines der Abenteuer gibt. Wie bereits beim ersten Band halte ich diese Gestaltung für handwerklich recht gelungen, aber nicht sonderlich ansprechend, wobei letztlich natürlich der Inhalt eigentlich das Entscheidende ist. Ansonsten bleibt der gewohnte Schriftzug des Pegasus Verlages der „Cthulhu“-Reihe nebst stilisierter Randverzierung auf dem Cover erhalten und führt die Produktlinie fort.
Das Innenleben des nunmehr sogar 292 Seiten umfassenden Abenteuer- auch Quellenbandes gestaltet sich gänzlich in Schwarz-Weiß, wobei hier das Grunddesign Christian Hanisch oblag, welches von Ralf Berszuck überarbeitet wurde. Ein Blick auf die Innenseite bietet sowohl im vorderen als auch im hinteren Vorsatzblatt jeweils erneut großformatig das Logo von „New World Industries“, welches diesmal allerdings vor einen marmorierten Hintergrund gesetzt wurde. Eine nette Idee, bedenkt man das verbindenden Element der Abenteuer, aber wie bereits erwähnt gab es hier auch schon interessantere Einfälle in anderen Quellen- und Abenteuerbänden.
Der Aufbau der Texte ist durchgehend zweispaltig und mit sinnvoll hervorgehobenen Überschriften und zusätzlichen Textkästen versehen, die zum Teil vertiefende Informationen geben. Ergänzt werden die Texte durch zeitgenössische Fotografien, Zeichnungen, zusätzliche Informationskästen mit Werten von Nichtspielercharakteren und natürlich Karten von Örtlichkeiten als Handouts, die von Julia Silbermann, Annette und Uwe Matthes gestaltet wurden. Die verwendeten Illustrationen und die Fotos sind jeweils recht passend auf die Texte abgestimmt und auch bei den für die NSC verwendeten Fotos hat die Bildredaktion wieder einmal gute Arbeit geleistet und augenzwinkernd einige „Schmankerl“ eingebaut. Auf dem linken Rand befindet sich auf jeder Seite ein symbolisierter Reiter nebst „Überschrift“, der beim Blättern im Band einen schnellen Überblick gibt und neben dem Lesebändchen bei der Orientierung gute Dienste leistet.
Bei diesem Band bzw. der kompletten Kampagne handelt es sich bei weitem nicht nur um eine Übersetzung der Ausgabe von „Day of the Beast“ von Chaosium durch Robert Maier, sondern eine komplett überarbeitete, ergänzte und erweiterte deutsche Ausgabe. Der zweite Band enthält zudem mit „Inselreigen“ und „Die Blutlinie“ zwei neue Szenarien von deutschen Autoren, die das vorhandene Material sinnvoll ergänzen. Zudem gibt es einen insgesamt rund 100 Seiten umfassenden Quellenteil „Regionalia Cthuliana“, der sich diesmal mit der Stadt Boston, Transsylvanien, der Insel Malta und dem geheimnisvollen Ort G´harne in Westafrika als wesentlichen Handlungsorten beschäftigt. Die Qualität der Texte ist wie so oft sehr gut und lässt sich angenehm lesen. Zudem sind sie, trotz der sich nunmehr entwickelten Handlungsfäden und wechselnden Schauplätze, gut aufeinander abgestimmt. Grobe Fehler konnte ich nicht entdecken und so scheint es, als habe das Lektorat mit Heiko Gill und Thomas Michalski alles im Griff gehabt. Insgesamt kann ich auch hier den zweiten Band der Reihe, was das äußere Erscheinungsbild als auch die innere Gestaltung angeht, nur loben.
Der InhaltWie bereits erwähnt handelt es sich bei „Die Bestie 2 – Der Traum des Nophru Ka“, um den zweiten Band einer auf drei Bände konzipierten Kampagne. Insofern führt dieser Band die Handlung des ersten Bands nach einem recht knapp gehaltenen Vorwort von Heiko Gill unmittelbar fort.
Wer diese Kampagne als Spieler noch vor sich hat oder sie vielleicht irgendwann einmal unvoreingenommen spielen möchte, sollte an dieser Stelle besser nicht weiterlesen, da man sich ansonsten den Reiz mit allzu viel Wissen über die Antagonisten und deren Absichten zerstört.
Kapitel 7: Das Ding im BrunnenErneut sind es die Visionen von Paul Le Mond, welche die Charaktere weiterleiten und geradewegs nach Boston bringen, wo eine Reihe von Kindesmorden geschehen sind. Die Ermittlungen der Charaktere führen zu einem Mitglied der Bruderschaft der Bestie und Hinweise auf den Sitz dieser geheimen Organisation in Rumänien. Natürlich gibt es auch noch andere Möglichkeiten für die Charaktere sich in Boston umzusehen, zumal „Alicia Silverstone“ dort scheinbar ihren Machenschaften nachgeht.
Kapitel 8: Die BurgDie Aufzeichnungen von Dr. Cornwallis in Boston führen die Charaktere nach Klausenburg, tief im Herzen von Transsilvanien, wo das Oberhaupt der Bruderschaft sich verborgen halten soll. Die Ermittlungen vor Ort führen zunächst ins Leere, doch mit intensiven Nachforschungen sollte man herausfinden, das sich nicht allzu fern von Klausenburg die „Burg Hauptmann“ befindet, ein uraltes Gemäuer, in rund 2000 m Höhe über einem hohen Gebirgspass. Dringen die Charaktere bis zur Burg vor, so werden sie – neben dem Grauen, das in den Katakomben haust – auch auf einige Informationen stoßen, welche die Ziele und Absichten der Bruderschaft ein wenig deutlicher machen und Spuren bis nach Ägypten aufzeigen.
Kapitel 9: InselreigenDie überstürzte (und notwendige) Flucht aus der Burg hat die Charaktere in ein Flugzeug getrieben, welches von Transsilvanien aus Kurs auf Malta nimmt und die Charaktere ungewollt zu vermeintlichen Mitgliedern des britischen Geheimdienstes macht, die auf Malta eine gefährliche Gruppe maltesischer Terroristen zerschlagen soll. Lassen sich die Charaktere auf dieses Spiel ein, so überträgt man ihnen das Kommando über eine Einheit Soldaten und mit etwas Glück gelingt es nicht nur eine Reihe von Terrorakten zu verhindern sondern auch dem Geheimnis des Cromwell-Tonbandes auf die Spur zu kommen und einen noch weitaus größeren Anschlag der „Söhne des Schreckens“ zu verhindern.
Kapitel 10: Die BlutlinieWeitere Spuren führen die Charaktere nach Alexandria in Ägypten, wo die Suche nach den Nachkommen des Nophru-Ka eine überraschende Wendung bekommt. Mit der Hilfe eines magischen Artefaktes reisen die Charaktere durch Raum und Zeit zurück in die Vergangenheit ins Jahr 1138 und werden zu Teilnehmern der Expedition, die Baron Hauptmann und Lang-Fu nach G´harne führt. Somit kennen die Charaktere nunmehr nicht nur Baron Hauptmann, sondern auch den anderen bedeutenden Kopf der „Bruderschaft der Bestie“ und werden natürlich Zeuge eines denkwürdigen Finales.
Da der wesentliche Teil dieses Szenarios im 12. Jahrhundert spielt, wurden die Regeln „Mittelalter – die dunklen Jahre“ und „Kreuzzüge – Ritter im Heiligen Land“ herangezogen und entsprechend modifiziert. Der Spielleiter muss die Werte der Spieler vorab auf die vorbereiteten Mittelalter-Charakterbögen übertragen, was allerdings mit den vorhandenen Ausführungen recht problemlos funktionieren sollte.
Kapitel 11: Die BibliothekJe nach Entwicklung der Geschehnisse und Kenntnisstand der Charaktere, sollten diese nun die Möglichkeiten für eine Reise zur Bibliothek von Celaeno per Sternenvampir oder Tor erlernt haben. An diesem uralten Hort der Weisheit, an dem sich nach Auffassung mancher schon die älteren Götter selbst bereichert haben sollen, gilt es nach Informationen zu forschen, mit denen man dem „Tag der Bestie“ Einhalt gebieten kann. Allerdings ist es keine ungefährliche Reise zu einem anderen Stern, vielmehr warten dort bereits einige andere Wesen und Persönlichkeiten auf die Charaktere.
Kapitel 12: Das GrabmalDie Suche nach dem Grabmal des Nophru-Ka zieht die Charaktere weit hinaus in die Wüste. Dort, rund 150 km westlich von Kairo, steht bereits eine Expedition der Miskatonic-Universität unter Leitung von Professor Galloway kurz davor, das Grabmal zu entdecken. Mit Hilfe der Charaktere könnte die Expedition zu ihrem Ziel gelangen, doch bevor diese die Expedition erreichen, werden sie von einheimischen Banditen überfallen und verschleppt und geraten in eine geheimnisvolle Kaverne.
Regionalia CthulianaDen Abschluss dieses Bands bildet mit rund 100 Seiten wiederum ein „Regionalia Cthuliana“, die sich diesmal mit Boston, Transsilvanien, Malta und G´harne beschäftigt.
Boston, das sich gerne als die Wiege Amerikas bezeichnet, wird zunächst von seiner historischen Seite bis in die Gegenwart beleuchtet, um dann, neben einem Blick auf Reisen und Transport, zu einem Rundgang durch die wichtigsten Stadtviertel und Sehenswürdigkeiten einzuladen. Ein Blick auf das Umland kommt ebenso wenig zu kurz, wie auch einige kurzweilige Geschichten aus Boston, die als Inspirationsquelle für cthuloide Abenteuer dienen können.
Ähnlich im Aufbau, widmet sich der Artikel zu Transsilvanien nach einem kurzen Vorwort zunächst dem Land, seinem Gebirge, dem Klima, der Vegetation und der Tierwelt, bevor es die Landschaft im Lichte Cthulhus beleuchtet. Selbstverständlich darf eine Geschichte Siebenbürgens mit einem historischen Rückblick ebenso wenig fehlen wie ein lesenswerter Überblick über das Land, der in alphabetischer Form von der Arbeiterbewegung bis zu den Zigeunern fast alle wissenswerten Themen aufbereitet.
Malta, die Insel der Ritter und Steinzeittempel, verfügt über eine höchst interessante und wechselvolle Geschichte, die vom prähistorischen Malta bis hin zur englischen Herrschaft und einem aufkeimenden neuen Nationalbewusstsein reicht. Ausführungen zu Geographie und Lage, Bevölkerung und Klima, Politik und anderen wissenswerten Dingen werden ebenso gemacht wie ein Rundgang zu den Sehenswürdigkeiten und einigen weniger bedeutsamen Orten.. Ein recht ausführlicher Abschnitt widmet sich den Ruinen und prähistorischen Tempelkomplexen.
Bei G´harne handelt es sich um einen fiktiven Ort, der seinen Ursprung im Cthulhu-Mythos hat. Die vergessene Stadt soll sich irgendwo in den Wüsten von Nordafrika befinden. Wer diese geheimnisvolle Stadt vor Millionen von Jahren gegründet hat, welche Stürme im Laufe der Gezeiten über sie hinweg zogen und wie es um sie in der Gegenwart bestellt ist, bekommt der geneigte Leser ebenso erklärt, wie auch die Wege, die nach G´harne führen. Ein entsprechender Abschnitt über Mauretanien rundet das Kapitel ab.
Fazit:Man mag sich als Spieler oder aber auch als Spielleiter über gute Kampagnen freuen, ermöglichen sie doch ein kontinuierliches Spiel mit Charakteren, die durch ihre Taten wachsen. Bei der Kampagne „Die Bestie“ mag dies auch leidlich zutreffen, doch dürfte die Mortalität und die durchaus berechtigte Neigung zum Wahnsinn bei den Charakteren nach manch erlebtem Szenario wohl nichts ungewöhnliches sein. Hier dürfte wahrscheinlich einer der größten Kritikpunkte sein. Allerdings bekommt man immer wieder am Anfang jedes Szenarios Möglichkeiten gewiesen, wie man dem Schwund an wagemutigen Charakteren begegnen kann.
Die vorliegenden Abenteuer besitzen zum Teil einen sehr großen Reiz und lassen sich ohne große zusätzliche Arbeit durch den Spielleiter gut vorbereiten. Hier seien insbesondere das Szenario „Die Burg“ mit seinem typischen Dracula-Flair, und der reizvolle Ausflug ins Mittelalter in „Die Blutlinie“ genannt. Etwas schwach hingegen schneiden meines Erachtens nach „Inselreigen“ und „Die Bibliothek“ ab. Während Inselreigen für mich ein wenig zu dick aufgetragen ist (was für manche Charaktere allerdings auch eine willkommene Abwechslung sein mag), konnte mich „Die Bibliothek“ durch die nur schlecht aufzubauende Atmosphäre auf Celaeno nicht überzeugen.
Für den Regionalteil kann ich eigentlich nur meine mittlerweile recht häufig gebrauchte Aussage vorbringen: Man mag zwar einwenden, die Ausführungen der Quellenbände von Cthulhu könne man auch selbst im Internet recherchieren und sich zusammenstellen, ob man dieses doch recht zeitaufwändige Unterfangen ebenso überzeugend und schlüssig hinbekäme, wage ich allerdings zu bezweifeln. Insoweit bietet auch dieser Regionalteil neben einigen geschichtlichen Allgemeinplätzen eine Fülle von Informationen und Facetten der jeweiligen Städte und Länder, welche es zum Teil erst noch für die Rollenspielwelt von Cthulhu zu entdecken gilt.
Die Gefahr, sich in dem Gewirr der Informationen und Möglichkeiten, die diese Kampagne bietet, zu verzetteln, ist mit dem zweiten Band auf jeden Fall gestiegen. Glücklicherweise gibt es aber genügend spieltechnische Hinweise, um grobe Schnitzer bei der Umsetzung zu umgehen. So bleibt ein recht geradliniges Abenteuer, welches im Gegensatz zur Originalfassung um einiges einfacher zu handhaben ist, manchmal allerdings trotz der ambitionierten Übersetzungsarbeit ein wenig angestaubt wirkt. Für mich auf jeden Fall eine Empfehlung, die man tunlichst mit Charakteren des Janus-Ordens spielen sollte oder aber mit dem eher etwas pulpig angehauchten „Hexer von Salem“-Regelwerk.
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