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Der Fluch des scharlachroten Thrones
Bewertung:
(4.8)
Von: Mathias Jäger
Alias: Hunter
Am: 23.02.2017
Autor:James Jacobs, Michael Kortes, Tito Leati, Nicolas Logue, Richard Pett, F. Wesley Schneider, and Greg A. Vaughan
Übersetzer:Fabian Fehrs, Anne-Janine Naujoks-Sprengel, Ulrich-Alexander Schmidt
Typ:Abenteuerpfad
System:Pathfinder
Setting:Golarion
VerlagUlisses Spiele
ISBN/ASIN:978-3957523983
Inhalt:420 Seiten, pdf
Preis:44,99 EUR
Sprache:Deutsch

Der Fluch des Scharlachroten Thrones (original „Curse of the Crismon Throne“) gehört zu den besten Abenteuerpfaden, die Paizo je hervorgebracht hat. Er lebt vor allem durch die umfangreiche Beschreibung der Stadt Korvosa, in der ein Großteil des Pfades spielt, durch erinnerungswürdige und eng miteinander verknüpfte Nichtspielercharaktere und eine epische Hintergrundgeschichte. Mehr als genug für Paizo um den Pfad, der ursprünglich noch für 3.5 geschrieben wurde, gründlich zu überarbeiten und als Hardcover herauszubringen. Auch ein Grund warum Ulisses nicht lange zögerte und auf den Zug aufsprang und fast zeitlich zum englischen Produkt die deutsche Version auf den Markt brachte.

 

Inhalt (schwere Spoiler!)

Die Stadt Korvosa, ehemalige Kolonie von Cheliax, steht am Rande der Anarchie. Der alte König liegt im Sterben, der Seneschall der Burg ist spurlos verschwunden und die blutjunge und ungeliebte Königin steht kurz davor die Macht zu übernehmen.

 

Die Kampagne beginnt damit, dass die Spielercharaktere einen alten Feind suchen, der sie miteinander verbindet. Während sie diesen in seinem Versteck stellen, stirbt der König und die Stadt versinkt in Anarchie. Wie es der Zufall will, landen die Spielercharaktere daraufhin in den Rängen der Stadtwache um diesen in dieser Ausnahmesituation zu helfen und treffen auch zum ersten Mal die Königin der Stadt. Im Rahmen mehrerer Missionen werden sie auch ausgeschickt die angebliche Mörderin des Königs zu überführen und lernen den Volkshelden von Korvosa kennen: den Schwarzen Fuchs.

 

Nachdem, auch dank der Spielercharaktere, die Ordnung in der Stadt wiederhergestellt ist, dauert es nicht lange, bis sie erneut kontaktiert werden. Diesmal von einem Freund, den sie im ersten Abenteuer gefunden haben. Dessen Nichte ist von einer unbekannten Krankheit befallen. Rasch stellt sich jedoch heraus, dass dies nur der Beginn einer Epidemie ist, welche die Stadt befallen hat. Abermals müssen die Spielercharaktere der Wache aushelfen um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Erschwert wird das ganze durch eine neue Gruppe an Soldaten – den Grauen Jungfern – welche der Königin direkt gehorchen, und den mysteriösen Ärzten der Königin. Offiziell wurden letztere gerufen um die Epidemie zu bekämpfen, doch je mehr die Charaktere erfahren, desto mehr scheint es, als würden sie eher das Gegenteil im Sinn haben. Erschwerend kommt hinzu, dass sie mit Klerikern von Urgathoa, der Göttin der Seuchen und des Untodes, im Bunde stehen.

 

Im dritten Abenteuer ist die Seuche besiegt, doch der Stadteilt Alt-Korvosa steht immer noch unter Quarantäne. Dumm nur, dass alle Hinweise darauf, wer hinter all diesen Vorkommnissen steht, ausgerechnet dort zu finden sind. Doch sowohl der Schwarze Fuchs als auch der ehemalige Seneschall von Korvosa – seit dem Amtsantritt der Königin verschwunden – sind auch in Alt-Korvosa nicht dort zu finden, wo sie sein sollten. Stattdessen werden sie in den Tiefen unter dem Palast der Arona Adelsfamilie gefangen gehalten. Erst nachdem beide befreit sind, wird klar, dass die Königin hinter all dem steckt: Sie hat ein uraltes Artefakt unter dem Schloss gefunden – die Zähne des mächtigen Drachen Kazavon. Von seiner Kraft und Bosheit beseelt versucht sie nun nicht nur unglaubliche Macht, sondern auch ewiges Leben zu erreichen. Dummerweise verleihen ihr die Zähne auch mächtige Fähigkeiten und sie wird faktisch unverwundbar gegenüber normalen Waffen.

 

Um eine Waffe zu finden, welche die Königin töten kann, brauchen die Spielercharaktere die Hilfe der Eingeborenen – den Shoanti. Sie haben über Jahrhunderte die Pyramide, auf der das heutige Schloss steht, und das Artefakt darin bewacht. Nur wenige Shoanti haben aber heute noch das notwendige Wissen, und sie teilen es nur mit Stammesgenossen. Um zu einem solchen zu werden, müssen die Charaktere mehrere Questen erfüllen, um genug Respektpunkte zu sammeln. Verlassene Ruinen aus Thassilon, gewaltige Monster, anstrengende Rituale und uralte Tempel stehen dabei auf dem Programm. Am Ende dieser Questen lernt die Gruppe dann Kazavons Geschichte und vor allem sein Ende: Er wurde von einer Gruppe Helden, angeführt von einem Paladin und dessen Schwert Seristial zur Strecke gebracht.

 

Seristial findet sich noch heute in den verfluchten Gemäuern Kazavons alter Festung, Narbmauer. Obwohl seit Ewigkeiten verlassen, hausen immer noch zahlreiche Geister und Untote darin. Indem sie immer tiefer in den Komplex vordringen lernen sie mehr über seine Bewohner, seine Vergangenheit und schließlich auch, wo sich die gesuchte Waffe findet.

 

Mit der mächtigen Waffe in Händen kehren die Charaktere nach Korvosa zurück. Hier hat die Königin mittlerweile eine Schreckensherrschaft errichtet. Nachdem sich die Gruppe einen Überblick über die aktuelle Situation gemacht hat, kann sie in das Schloss vordringen und versuchen die Königin zu stellen. Im Schloss finden sie Hinweise auf die Taten der Königin, die es erlauben sie legitim abzusetzen, und auch was sie plant. Mit Hilfe eines alten thassilonischen Artefakts will sie die Bevölkerung Korvosas opfern um sich selbst ewiges Leben zu beschaffen. Den Charakteren bleibt nur wenig Zeit die Königin in ihrem Versteck aufzuspüren und diese Katastrophe zu verhindern.

 

Zusatzmaterial

Neben dem eigentlichen Abenteuer gibt es auch sieben Anhänge zum Abenteuerpfad.

 

Anhang 1 widmet sich der Fortführung der Kampagne mit mehreren kurzen Ideen. Der zweite Anhang bereitet die Stadt Korvosa und ihre Umgebung auf; dieser Anhang ist eine gekürzte Version des englischen Bandes zu Korvosa. Die Turmkarten, welche im Pfad eine bedeutende Rolle spielen, sind im dritten Anhang erklärt. Die Seuche Blutschleier, die im zweiten Abenteuer eine entscheidende Rolle spielt, wird im darauffolgenden Anhang vorgestellt. Magie und Ausrüstung, sowie eine ausführliche NSC-Galerie der wichtigsten Personen im Abenteuerpfad machen die nächsten beiden Anhänge aus. Das Ganze endet mit dem sieben Anhang: Bestiarum; Zufallsbegegnungstabellen und zwei neue Monster werden hier vorgestellt.

 

Was der Rezensent gewollt hätte, das man anders gemacht hätte

Als ich den Abenteuerpfad – noch in der alten Version, aber mit Hilfe von im Internet kursierenden Konvertierungen nach Pathfinder – gespielt habe, gab es nur wenige Teile des Abenteuerpfades, den meine Gruppe und ich gerne komplett anders gesehen hätten. Viele der Änderungswünsche waren dabei jedoch Jammern auf hohem Niveau.

 

Gerne hätten wir mehr Missionen im ersten und zweiten Abenteuer gehabt. Gerade das erste Abenteuer kann von der Zeit im Spiel her sehr schnell abgehandelt werden und es ist nur schwer logisch zu erklären, warum sich die Spieler so viel Zeit lassen sollten, wovon das Abenteuer ausgeht. Der vierte Band ist leider sehr linear – sogar so linear, dass die Autoren im ursprünglichen Abenteuer eine erklärende Box eingeführt haben, die dazu raten, das Abenteuer weniger stringent zu machen.

 

Das größte Manko weist der sechste Band auf, der nur aus einem riesigen Dungeoncrawl durch die Burg von Korvosa besteht und den Endkampf dann nicht einmal dort stattfinden lässt, wo er aus epischen Gründen sein sollte. Er verspielt komplett die rollenspielerischen Möglichkeiten einer vom gebeutelten Stadt die sich am Rande oder bereits mitten in einem Bürgerkrieg befindet.

 

Was anders gemacht wurde (Spoiler!)

Logischerweise wurden alle Werte für Nichtspielercharaktere und Monster für Pathfinder umgeschrieben. Viele Monster wurden aus dem Kapitel für neue Monster gestrichen, da sie mittlerweile Eingang in eines der zahlreichen Monsterhandbücher gefunden haben. Bei den NSCs kamen auch viele der neuen Klassen zur Geltung, die in den letzten Ausbauregeln eingeführt wurden.

 

Viele Ereignisse wurden außerdem besser ausgearbeitet, an fast allen Stellen finden sich kleine Änderungen: Andere Monster, leicht anderes Verhalten von NSCs, neue NSC, andere Schätze.

 

Die größten Änderungen finden sich ab Abenteuer 4: Im vierten Abenteuer wird unter anderem ein komplett neuer Dungeon eingeführt; durch diesen werden die Spielercharaktere bei ihrem Ausflug in die Aschlande zwischendurch wieder nach Korvosa gelockt und die Organisation der Grauen Jungfern erhält etwas mehr Tiefgang. Auch die starre, lineare Struktur wurde aufgelöst. Nun erhält die Gruppe alle möglichen Ziele ihrer Questen zu Anfang des Kapitels. Sie müssen sich durch das Abarbeiten der Questen bei den Shoanti Respektpunkte erarbeiten und nur wenn sie genügend davon haben, erhalten sie die gesuchten Informationen. Im fünften Band erhielt Narbmauer eine komplettüberholung. Bereits in der alten Version war das verfluchte Schloss ein riesiger Dungeon; dennoch besaß das alte Narbmauer zahlreiche Räumlichkeiten, welche einfach nur als „Schmiede“, „Schlafzimmer“, „Lager“ und anderem in der Legende verzeichnet waren. All diese Räume wurden nun mit Monstern, Beschreibungen und Schätzen gefüllt. Aus dem riesigen Dungeon wurde damit ein Megadungeon, den zu erforschen zahlreiche Abende dauern dürfte. Auch im sechsten Abenteuer wurde Burg Korvosa überarbeitet. Vor allem wurden die Bewacher etwas agiler und flexibler. Zudem wird bereits zu Beginn klargemacht, dass die Gruppe keineswegs die gesamte Burg erobern muss, um weiter zu kommen. Dadurch können sich geschickte Spieler einiges an Monster-schreddern sparen.

 

Zuletzt sollte noch erwähnt werden, dass etliche neue Bilder für die neue Version angefertigt wurden. Sowohl Szenenbilder als auch die Portärts von NSCs. Die neuen Bilder sind Großteils sehr gelungen, haben jedoch zum Teil das Problem, dass sie sich mit den noch vorhandenen alten Bildern beißen. Ileosa wechselt etwa lustig ihre Haarfarbe und während das (alte) Porträtbild von Doktor Davaulus auch Humphrey Bogart in Casablanca sein könnte, erinnert sein Ganzkörperbild mehr an einen verschmitzten Lausejungen. Davon abgesehen ergänzen gerade die vielen Bilder von bis dato nicht bildlich dargestellten NSC diesen Abenteuerpfad – indem NSCs eine so große Rolle spielen – hervorragend.

 

Deutsche Übersetzung

Die deutsche Übersetzung ist durchaus gut, auch wenn man sich an einige deutsche Namen als Spieler und Spielleiter der ursprünglichen englischen Kampagne gewöhnen muss. Besonders Black Jack als Schwarzer Fuchs und Cressinda Croft als Cressinda Hofer sind etwas gewöhnungsbedürftig. Einige kleine Fehler waren bei einer Übersetzung dieser Größenordnung fast unumgänglich, doch kaum eine davon ist so schlimm, dass sie spielstörend wäre oder Informationen unverständlich machen würde.

 

Fazit

Bereits der ursprüngliche Abenteuerpfad war grandios. Eine sich langsam aufbauende Gefahr, eine detailliert ausgearbeitete Stadt, ineinander verzahnte Nichtspielercharaktere, eine monumentale Hintergrundgeschichte. Mehr braucht es wohl kaum um einen erinnerungswürdigen Abenteuerpfad zu erschaffen. Die durchgeführten Überarbeitungen, seien sie stilistisch, von Seiten der Regeln und auch vom Layout her größtenteils gelungen. Gerade die neue Version des vierten Abenteuers ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der alten.

 

Ob ein weiterer Ausbau des Gewölbes in Band fünf wirklich notwendig gewesen ist, ist eine Frage, welche Spieler mit einem Faible für Dungeoncrawls treffen müssen. Meine Gruppe und ich würden das Gewölbe wieder entkernen und die meisten neu eingefügten Monster wieder entfernen. Der Ausflug aus Korvosa ist auch so schon lange genug.

 

In Band sechs gingen mir die Veränderungen bei weitem nicht weit genug – die Stadt hätte so viel mehr Potential in dieser letzten Phase des Aufruhrs. Aber wahrscheinlich muss man, wenn man eine vollständige Rebellion ausspielen will, auf den Pfad „Hells’s Rebels“ (nicht auf Deutsch erhältlich) zurückgreifen. Eine weitere Möglichkeit besteht in einer kurzen Suche im Internet um auf Materialen von Spielleitern zurückzugreifen, die die gleichen Ideen hatten.