Links zur Rezension Player's HandbookAufmachung: Wie es sich für ein Grundregelwerk fast schon gehört handelt es sich um ein Hardcover; insgesamt ist das Buch 208 Seiten stark, leider sind nur die ersten 16 Seiten davon farbig und auf Hochglanzpapier gedruckt. Besonders positiv ist mir aufgefallen wie randvoll mit Inhalt das Buch gepackt ist: eine Seite Impressum, eine halbe Seite Werbung für das als nächstes erscheinenden Game Master's Handbook und eine zwei Seiten starke und für Fireborn typische Geschichte, der Rest des Buches beschäftigt sich alleinig mit den Regeln. Allerdings empfinde ich den Übergang vom farbigen Teil in den schwarz-weißen mitten in einem Kapitel als störend; ansonsten gefällt mir das Layout sehr gut, und auch die Illustrationen sind im Durchschnitt gut bis sehr gut ohne große Ausreißer nach unten.
Hintergrund: Allzuviel über den Hintergrund sagen kann ich natürlich noch nicht, aber ein wenig läßt sich schon aus der Beispielgeschichte, und natürlich auch aus den Regeln ableiten. Was Fireborn von allen mir bis dato bekannten Systemen und Hintergründen unterscheidet ist das Konzept, daß man letztendlich ein und denselben Charakter in zwei Zeiten spielt. Zum einem spielt man einen Drachen im Mythic Age, einer Zeit in der es noch Magie und viele phantastische Wesen gibt, anderseits einen Menschen in der Jetztzeit (und empfohlenermaßen in London) welcher mit der Seele eines Drachen geboren worden ist, einem sogenannten Scion. Die Drachen des Mythic Age wurden von einer verdorbenen Macht ausgelöscht, und jetzt im 21. Jahrhundert kehrt die Magie in die Welt zurück, und sorgt dafür, daß die Seelen der Drachen langsam wieder erwachen - und noch ist die alte Macht nicht zu stark um vielleicht dieses Mal besiegt zu werden. Die Drachen bzw. ihre Scions sind immer Teil einer Gruppe, einer sogenannten Brood, die immer wieder vom Schicksal zusammen geführt werden. Meiner Meinung nach könnte hier eine der Schwächen des Hintergrundes liegen, denn wie geht es weiter wenn in Mitglied der Gruppe stirbt? Natürlich kann man einen neuen Charakter einführen, der ebenfalls Teil der Brood ist, aber was passiert mit der Gruppe in der jeweils anderen Zeit? (Dem ein oder anderem wird das Konzept einer nicht-menschlichen Seele in einem Menschenkörper aus Changeling: the Dreaming vielleicht bereits bekannt sein, natürlich müssen Scions auch eine Balance zwischen ihrer menschlichen Herkunft und ihrem drachischem Erbe finden.)
Grundregeln: Der Grundregelmechanismus ist einfach: man würfelt einen Pool von W6, und zählt die Anzahl von Würfeln die eine 4, 5 oder 6 zeigen; diese sind Erfolge und werden mit einem Threshold, d.h. einer Mindestzahl von Erfolgen verglichen. Erreicht man diesen Threshold gelingt der Test, und weitere Erfolge über den Threshold hinaus sorgen für noch bessere Ergebnisse. (Prime Directive hat den gleichen Regelmechanismus, bloß ob eine 4 schon ein Erfolg war bin ich mir nicht mehr sicher.) Das System kennt vier Attribute: Feuer und Wasser, Luft und Erde. Feuer und Wasser sind physikalische Attribute, Luft und Erde mentale. Feuer und Luft sind aktiv, Wasser und Erde hingegen reaktiv. Der Grundpool eines Tests basiert auf einem der Attribute, mit Skills kann man Würfel der anderen Attribute für den Test abzweigen, allerdings stehen sie dann in diesem Augenblick dort nicht zur Verfügung. Skills sind zwar standardmäßig mit einem bestimmten Attribut verbunden, können aber auch in Einzelfällen von einem anderen Attribut abhängen. Beim Durchlesen scheinen mir die vier Attribute von ihrer Bedeutsamkeit sehr gut ausbalanciert, allerdings wird man die Wahrheit hier sicherlich erst im Spiel feststellen. (Everway kennt auch schon die vier Elementarattribute, allerdings mit einer unterschiedlichen Zuordnung der Bedeutung der Attribute.) Boni und Mali können die Pools ebenfalls modifizieren: Boni addieren zusätzliche Würfel, Mali entfernen Würfel aus dem Pool. Mali entstehen unter anderem aus Wund- und Erschöpfungsabzügen, Boni werden vom Spielleiter verteilt. Im Zuge der Charaktererschaffung kann man bestimmte Vorteile nehmen welche es dann erlauben eine festgelegte Anzahl von Nicht-Erfolgen noch einmal zu würfeln, sogenannte Rerolls, des weiteren können einige Aktionen ebenfalls Rerolls einbringen. (Statistisch gesehen ist ein Reroll schlechter als ein Extrawürfel.). Als letztes müssen noch übermenschliche Attribute, hauptsächlich Drachen vorbehalten, erwähnt werden welche automatische Erfolge gewähren. Hier habe ich leichte Zweifel ob der Mix an Poolmodifikationen wirklich ausbalanciert ist, insbesondere das Spannungsfeld zwischen festgelegten Mali wie z.B. Wundabzüge, spontan vom Spielleiter zu vergebenen Boni und durch Vorteile gewährten Rerolls scheint mir eher nicht zu Ende gedacht. (Im neuen Storytelling System modifizieren Boni und Mali auch schon den Pool, Rerolls gibt's in Shadowrun für Karma, und automatische Erfolge kommen schon in Vampire: the Masquerade vor.) Karma bildet die letzte größere Komponente im Regelsystem: Mit Karma kann man zusätzliche Erfolge kaufen, insbesondere selbst wenn der zu würfelnde Pool leer ist, außerdem braucht man es zum Aktivieren einiger besonderer Kräfte. Hier liegt einer der Punkte wo die vorhandene Unterscheidung zwischen Action Scenes und Narrative Scenes wichtig ist: alles in Action Scenes ausgegebenes Karma erhält man automatisch am Ende der Szene zurück, nach Narrative Scenes muß ein längerer Zeitraum abgewartet werden bevor das Karma zurück kehrt. Karma ist etwas was auch jeder Mensch hat, allerdings sind die maximalen Karmakonten von Scions und Drachen deutlich höher. Karma existiert auch in einer verdorbenen Form, sogenanntem Taint. Setzen zwei Gegner bei einem vergleichenden Wurf beide Karma ein, so wird verdeckt geboten wieviel Karma ausgegeben wird, und diese Gebote können danach nicht mehr verändert werden. Nachdem Karma letztendlich nur ein die anderen Mechanismen ergänzender Regelteil ist fällt hier das Urteil schwer, insbesondere nachdem die mentalen Attribute Reichweite und Maximalwert des Karmakontos beeinflussen und somit hier der Gegenpol zum Kampf liegt. (Hier eine Liste mit System die einen ähnlichen oder vergleichbaren Mechanismus zu nennen spar ich mir.)
Kampf: Das Kampfsystem ist einer wenn nicht sogar der Schwerpunkte von Fireborn, z.B. kann man mehrere "Techniken" (Moves) zu Sequenzen verketten die in einer physikalischen Aktion ausgeführt werden, und es gibt eine ganze Reihe von Kampfstilen die aus fertigen Sequenzen bestehen, mit zusätzlichen Vorteilen wie z.B. Extraschaden gegenüber der gleichen selbstgebauten Sequenz. Die Schußwaffen sind nicht generisch, sondern auf einzelne Hersteller und Modelle herunter gebrochen. Durch die verschiedenen Möglichkeiten vom welchem Attribut man Würfel für einen Skill-Test im Kampf abzweigt erschließen sich viele taktische Alternativen. Allerdings ist z.B. der Abschnitt in dem beschrieben werden soll wie man Schaden nimmt sehr unverständlich formuliert. Auch das bei Bewußtlosigkeit jede Runde ein Test mit vollen Wundabzügen (-6 Würfel) und ohne Attributswürfelverschiebung (also mit maximal 6 Würfel vom Attribut) gemacht werden muß ob sich der Zustand weiter verschlimmert hätte man sich sparen können. Für einen Schwerpunkt des Systems ist das dann doch ein ziemliches Armutszeugnis.
Übernatürliche Kräfte: Scions und Drachen verfügen über eine ganze Reihe unterschiedlichster übernatürlicher Kräfte. Powers sind die "schwache" Version solcher Kräfte, Legacies haben eine Power als Vorraussetzung, und stellen das Konzept der Power auf der nächsten Stufe dar. Z.B. hat die Legacy Undying Serpent (man kann mit Karma bezahlt regenerieren) die Power Ferocity (kann Wundabzüge ignorieren) als Vorraussetzung. Die Power Group Mind hat jeder Scion und ermöglich es innerhalb der Karmareichweite mit den anderen Mitgliedern der Brood zu kommunizieren. Inwieweit das alles ausgewogen ist, ist sehr schwer zu beurteilen, nachdem sehr unterschiedliche Kräfte unter einem Dach versammelt sind, und insbesondere ihre Interaktion mit "regulären" Teilen des Systems schwer abzuschätzen ist.
Magie: Magie steht bis auf wenigen Scions nur Drachen zur Verfügung. Wichtig ist hier, daß man bestimmte Effekte lernt welche sich dann zum Teil in Details wie Reichweite variieren lassen oder rituelle Varianten des Effekts möglich sind. Insgesamt ist das Magiesystem sehr flexibel und bietet eine breite Auswahl von Effekten. Beim Trockenlesen ist hier nichts Schlimmes aufgefallen.
Sonstiges: Man merkt, daß Fireborn eine erste Edition ist. Beispiele sind entweder schwer nachzuvollziehen oder schlichtweg falsch. Der Index ist kaum zu gebrauchen, hier fährt man mit dem Inhaltsverzeichnis deutlich besser. Gut gefallen hat mir, daß die Seitennummer bei Referenzen in andere Regelteile eigentlich alle stimmen. Ein weiterer Pluspunkt ist für mich, daß die Charaktererschaffungen das Konzept an die erste Stelle setzen und von dort Schritt für Schritt mehr und mehr Details hinzufügen.
Fazit: Alles in allem ist vieles aus anderen Systemen und Hintergründen entlehnt, allerdings immer in modifizierter Form. Der Mix ist sicherlich originell, und hat das Potential sich einen eigenen Namen zu schaffen, aber Degenesis z.B. hat gezeigt was mit einem komplett neuen System möglich ist. Die Ecken und Kanten werden sicher mit der Zeit verschwinden, und dann kann ich mir vorstellen, daß Fireborn gut spielbar ist. Für Fans von Changeling: the Dreaming ist der Hintergrund auf jeden Fall empfehlenswert, wer allerdings kein Interesse an einem Jetztzeit-Hintergrund hat muß sich entweder komplett auf die Drachen im Mythic Age beschränken oder einfach die Finger von Fireborn lassen. Ob das kommende Game Master's Handbook unerfahrenen Spielleitern die nötige Hilfestellung für den komplexen Hintergrund und die in zwei Zeiten spielenden Geschichten bietet wird vermutlich großen Einfluß auf den kommerziellen Erfolg des neuen Systems haben.
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