Links zur Rezension Adventures on Gothic Earth Anno 1994 erschien das Kampagnen-Erweiterungs-Set „Masque of the Red Death (and Other Tales)“ erstmalig für die damals sehr populäre AD&D-Kampagnenwelt Ravenloft. Benannt nach einer Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, wurde hier der Ravenloft-Fangemeinde die Möglichkeit geboten, ihre Abenteuer nicht auf einer fiktiven Fantasy-Welt, sondern auf unserer guten, alten – wenn auch leicht modifizierten – Mutter Erde am Ende des viktorianischen Zeitalters (genauer: 1890-1899) zu erleben. Das Kampagnen-Set war immerhin erfolgreich genug, um noch zwei nachfolgende Quellenbände („The Gothic Earth Gazetteer“ 1995 und „A Guide to Transylvania“ 1996) sowie die Einrichtung einer „Living“-Kampagne der RPGA („Living Death“) hervorzubringen. Heute, genau 10 Jahre nach dem Erscheinen des ursprünglichen Kampagnen-Sets, hat es dieser Ableger der Ravenloft-Kampagne doch tatsächlich in die Revised Edition geschafft – zwar nicht mehr in Form einer Box (die ja scheinbar generell aus der Mode gekommen ist), dafür aber als schmucker, solider Hardcover-Wälzer mit knapp 300 Seiten. Nun haben also auch die Anhänger des d20-Systems wieder die Möglichkeit, ihre Charaktere auf der Welt der klassischen Horrorgeschichten von Edgar Allan Poe, Bram Stoker, Mary Shelley, Robert Louis Stevenson und Arthur Conan Doyle, namentlich der „Gothic Earth“, wandeln zu lassen.
Kleiner Campaign Guide: Gothic Earth, Red Death und Ravenloft Was genau ist denn nun die „Gothic Earth“ und inwieweit hat sie etwas mit Ravenloft zu tun? Nun, die Gothic Earth entspricht im wesentlichen unserer Erde am Ende des 19. Jahrhunderts, allerdings mit zwei kleinen Unterschieden: Es gibt Magie und es gibt den „Roten Tod“, eine mächtige, böse Wesenheit, die durch ein magisches Ritual des ägyptischen Priesters Imhotep im Jahre 2700 v. Chr. versehentlich auf unsere Welt beschworen wurde und sich in deren magisches Gewebe eingenistet und dieses mit seiner Bosheit infiziert hat. Wer oder was der Rote Tod genau ist oder woher er stammt, bleibt dabei unklar. Am besten kann man sich ihn wohl als das personifizierte Böse vorstellen, das durch die Verbreitung von Chaos und Zerstörung die eigene Macht und seinen Einflussbereich vergrößern will. Der Rote Tod tritt dabei fast nie persönlich in Erscheinung, da er keine körperliche Gestalt annehmen kann, sondern handelt ausschließlich durch sein umfangreiches Netzwerk aus Untergebenen und Anhängern, zu denen auch mystische Kreaturen (Monster) gehören. Die Mehrheit der Menschen ahnt nichts von den Machenschaften dieses Wesens, allerdings gibt es Individuen, die zumindest ahnen, dass hinter vielen der bösen Dinge, die auf der Welt geschehen, ein zentraler Wille steckt, den es zu bekämpfen gilt. Diese erleuchteten Personen organisieren sich in sogenannten „Qabalen“, mystischen Geheimorganisationen, die sich dem Kampf gegen den Roten Tod und seine Handlanger verschrieben haben (allerdings gibt es auch Qabale, die der anderen Seite dienen). Auch die Spielercharaktere finden sich in der Rolle als Gegenspieler des Roten Todes wieder, sei es wissentlich oder unwissentlich, freischaffend, in Zusammenarbeit mit einem Qabal oder sogar als dessen Mitglieder. Die einzelnen Abenteuer drehen sich dabei meist darum, den Machenschaften des Roten Todes bzw. dessen Handlangern Einhalt zu gebieten und dem Bösen somit ein Schnippchen zu schlagen. Auf lange Sicht kann man dabei aber allenthalben Etappensiege erzielen – den Roten Tod selbst zu vernichten ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Technisch gesehen ist die Gothic Earth eine Domäne von Ravenloft, deren Herrscher der Rote Tod ist. Allerdings gibt es auch hier Besonderheiten: So kann der Rote Tod z.B. nicht die Grenzen der Gothic Earth öffnen – diese sind immer fest verschlossen und verhindern jeglichen planaren Kontakt mit der Halbebene von Ravenloft oder auch jeder anderen Ebene, die aus der D&D-Kosmologie bekannt ist (mit Ausnahme der Ätherebene). Die Gothic Earth ist damit quasi jeglichem Ebenenwechsel gegenüber abgeschottet – es ist also nicht möglich, beispielsweise mit bestehenden Ravenloft-Charakteren zur Gothic Earth zu reisen oder umgekehrt. Für alle Masque of the Red Death-Kampagnen müssen somit eigene Charaktere erstellt werden, deren Heimat und Ursprung die Gothic Earth ist; eine Verknüpfung mit bereits laufenden Kampagnen auf anderen Welten ist nicht möglich. Dies ist angesichts der Besonderheiten, die für die Gothic Earth gelten, aber auch unumgänglich. Die einzige Verbindung zur klassischen Ravenloft-Kampagne besteht also darin, dass die in Ravenloft geltenden Regelmechanismen (z.B. Furcht-, Horror- und Wahnsinnswürfe, Machtwürfe, Flüche, etc.) auch hier Anwendung finden. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Einschränkungen (insbesondere bezüglich Magie), auf die ich aber in den einzelnen Kapiteln näher eingehen werde. Von Stimmung und Atmosphäre her bewegt sich Masque of the Red Death dabei in den gleichen Gefilden wie das bekannte Cthulhu-Rollenspiel in seiner Gaslight-Ära, allerdings darf es hier ruhig ein wenig actiongeladener und extraordinärer sein – in der Liste der empfohlenen Lektüre finden sich somit keine Lovecraft-Romane, sondern z.B. die Filme „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ oder „From Hell“ mit Johnny Depp. „Van Helsing“ würde eigentlich auch in diese Aufzählung gehören, ist doch Abraham van Helsing sozusagen der Rudolph van Richten der Gothic Earth. Eine finstere, bedrohliche und unheimliche Atmosphäre ist hier zwar immer noch angesagt, aber man muss vielleicht nicht ganz so vorsichtig vorgehen und bei jeder Begegnung mit einer mystischen Kreatur sofort um sein Leben oder seine geistige Gesundheit fürchten wie dies bei Cthulhu der Fall ist. Dies spiegelt sich auch in den Regeln wieder, wie wir noch sehen werden.
Aufmachung, Gestaltung und Verarbeitung Keine Frage: Ein dickes Hardcover-Buch macht immer schon so einiges her. Auch dieses hier weiß durch einen qualitativ hochwertigen Einband sowie durch relativ dickes, stabiles Papier zu gefallen. Die grafische Aufmachung lässt leider etwas zu wünschen übrig: Ein Coverbild hat man sich komplett gespart und die Illustrationen im Inneren (natürlich alle nur schwarz-weiß) scheinen irgendwie alle von der selben Person zu stammen, obwohl in den Credits sieben Künstler für die „Interior Art“ angegeben sind. Insgesamt wirken mir die Zeichnungen, obschon zahlreich, viel zu sauber und klar – überhaupt kein Vergleich mit den Bildern aus dem entsprechenden Kampagnen-Set der zweiten Edition, welche die finstere Atmosphäre hervorragend transportiert haben. Der Text ist wie üblich zweispaltig angeordnet, wobei allerdings ein größerer Schriftsatz und Zeilenabstand sowie ein relativ breiter Rand dafür sorgen, dass beispielsweise im Vergleich zu den D&D-Grundregelwerken trotz ähnlich hoher Seitenzahl wesentlich weniger Textmasse enthalten ist (ca. 5.000 Zeichen pro voller Textseite – im Vergleich dazu das D&D Revised Player’s Handbook: ca. 8.000 Zeichen/Seite). Der Fließtext selber ist sehr gut lesbar, die in verschnörkelter Handschrift gehaltenen Überschriften der einzelnen Abschnitte haben mir allerdings so manches Mal Probleme bereitet. Jedes Kapitel wird zwar mit einer schön verzierten Seite eingeläutet, auf der sich auch immer ein passendes Zitat aus einem literarischen Werk wiederfindet, alles in allem sorgen aber die Verwendung von fünf unterschiedlichen Schriftarten (für Fließtext, Abschnitts-Überschriften, Tabellen, Kapitel-Überschriften und Zitate) und die einfallslose Randverzierung (zerknittertes Papier) für ein etwas lieblos und unprofessionell zusammengewürfelt wirkendes Design. Insgesamt gliedert sich das Buch in acht Kapitel plus vier Anhänge, wobei Letztere durchaus das gleiche Ausmaß wie einzelne Kapitel annehmen können. Als mangelhaft muss man das Fehlen einer Karte der Gothic Earth ankreiden. Zwar kann man sich sicherlich auch aus anderen Quellen eine politische Weltkarte von 1890 besorgen (z.B. aus dem Kampagnen-Set der zweiten Edition, falls man dessen glücklicher Besitzer ist), nichtsdestotrotz hätte ich das Vorhandensein einer solchen Karte begrüßt. Besonders unverständlich wird das Ganze, wenn man bedenkt, dass sich auf den Innencovern sogar eine Weltkarte befindet – auf der allerdings lediglich in einem wilden Fleckenmuster die Konturen der Kontinente zu erahnen sind, und die somit nur rein dekorative Zwecke erfüllt und ansonsten vollkommen unbrauchbar ist. Warum hat man hieraus keine nutzbare Weltkarte gemacht, auf der Staatsgrenzen, Städte und wichtige Reiserouten eingezeichnet sind? Wir werden es wohl nie erfahren. Auch das Fehlen eines speziellen Charakterbogens für die Masque of the Red Death-Kampagne macht sich negativ bemerkbar (ein Umstand, der mich schon am Kampagnen-Set der zweiten Edition gestört hat). Bei den vielen Besonderheiten und Spezialregeln für dieses Setting wäre ein eigener Bogen allemal gerechtfertigt gewesen, zumal wenn man bedenkt, dass man für dieses Setting ohnehin eigene Charaktere erstellen muss.
Kapitel 1: A History of Gothic Earth (17 Seiten) Kommen wir nun zum Inhalt des Buches. In der kurzen Einleitung soll der Leser mittels eines Briefes von Miriam van Helsing, der Schwester des berühmten Abraham, in die richtige Stimmung versetzt werden, außerdem verschafft sie einen Überblick über die verschiedenen Kapitel. Das erste Kapitel betitelt sich zwar als die „Geschichte der Gothic Earth“, aber man kann sich sicherlich vorstellen, dass die viereinhalbtausend Jahre Erdgeschichte seit Erscheinen des Roten Todes nicht mal eben auf 17 Seiten abzuhandeln sind. Und so wird denn hier auch weniger die Geschichte der Gothic Earth selbst beschrieben, sondern vielmehr die des Werdegangs des Roten Todes und dessen Verstrickungen in bestimmte, ausgesuchte geschichtliche Ereignisse. So können wir zum Beispiel erfahren, dass der Rote Tod für die Vernichtung der Bibliothek von Alexandria verantwortlich war, weil ein mächtiger Qabal dort sein gesamtes Wissen über ihn angesammelt hatte (und Wissen ist die wichtigste Waffe im Kampf gegen den Roten Tod), oder dass er natürlich bei der Ausbreitung von Seuchen wie der Pest oder der Auslösung von diversen Kriegen und Kreuzzügen fast immer seine Finger im Spiel hatte. Abgeschlossen wird dieses Kapitel dann noch von Ausführungen zur vorherrschenden Geisteshaltung am Ende des 19. Jahrhunderts sowie einem Abriss über die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse in den Jahren 1890-1899, also dem Zeitraum, in dem diese Kampagne angesiedelt ist. Alles in allem ein schöner Einstieg in die Materie, wobei ich mir aber in vielen Fällen mehr Details über die Hintergründe gewünscht hätte.
Kapitel 2: An Atlas of Gothic Earth (26 Seiten) Auch dieses Kapitel trägt eine etwas irreführende Bezeichnung, denn hierbei handelt es sich keineswegs um eine Übersicht über die geographischen oder politischen Verhältnisse in der Welt, sondern es werden lediglich einzelne, zu jener Zeit wichtige Metropolen herausgepickt und diese näher beschrieben. Für Afrika sind dies Alexandria und Kapstadt, für Nordamerika Atlanta, Boston, New Orleans, New York City, San Franzisko und Vancouver, für Mittel- und Südamerika Mexiko City, Port-au-Prince, Buenos Aires und Lima, für Asien Bangkok, Kalkutta, Konstantinopel, St. Petersburg und Singapur, für Australien Brisbane und Christchurch sowie für Europa Bukarest, Dublin, London, Paris, Rom und Wien. Für all diese Städte gibt es neben einer allgemeinen Beschreibung einen Abschnitt über die offizielle Geschichte der Stadt sowie einen über „Forbidden Lore“ – Geheimwissen, das sich zumeist auf die Aktivitäten des Roten Todes, diverser Qabale oder anderer Organisationen in der jeweiligen Stadt bezieht, und das der normalen Bevölkerung natürlich verborgen bleibt. Bereits hier lassen sich viele ausbaufähige Abenteuerideen finden, sei es der Kampf gegen den Totenkult der Göttin Kali im Untergrund Kalkuttas oder die Jagd nach Jack the Ripper in den nebligen Gassen Londons. Aber auch dieses Kapitel hätte ich mir sehr viel ausführlicher gewünscht, einerseits im Hinblick auf die Angaben zu jeder Örtlichkeit selbst, aber vor allen Dingen auf eine größere Auswahl an Örtlichkeiten, die sich vielleicht auch nicht nur rein auf Großstädte beschränkt. An anderer Stelle in diesem Buch wird darauf hingewiesen, dass sich viele der Untergebenen des Roten Todes in die Wildnis zurückgezogen haben, und darüber erfährt man hier überhaupt nichts.
Kapitel 3: Character Creation (68 Seiten) Die Charaktererschaffung ist das mit Abstand umfangreichste Kapitel dieses Buches und dies hat auch seinen guten Grund: Da der Mensch als einziges spielbares Volk übrig bleibt, versuchen die Autoren offenbar, die bei D&D ansonsten gewohnte Vielfalt dadurch zu erreichen, dass man den Spielern hier sage und schreibe 23 mögliche Charakterklassen zur Auswahl anbietet, die sich in 6 Grundklassen und 17 sogenannte „Class Variants“ aufteilen. Die Class Variants sind im Prinzip nichts anderes als leicht abgewandelte Versionen jener Grundklasse, der sie zugeordnet sind, wobei aber beide (die Grundklassen wie auch die Class Variants) regeltechnisch wie ganz normale, eigenständige Charakterklassen behandelt werden – die Kategorisierung ist also rein organisatorischer Natur und wohl noch ein Überbleibsel aus der zweiten Edition, als die Class Variants noch Character Kits waren. Die erste Gruppe besteht aus der Grundklasse „Adept“ und den dazugehörigen Varianten „Charlatan“, „Metaphysician“ und „Occultist“. Hierbei handelt es sich um die arkanen Magiewirker der Gothic Earth, deren Unterschied in ihrer Herangehensweise an die Magie liegt: Der Charlatan geht sehr stark in Richtung Barde, der Metaphysician ist eine Art Wissenschaftler der Magie und der Occultist ein fanatischer Student der arkanen Künste. Die nächste Gruppe besteht aus der Grundklasse „Athlete“ und deren Varianten „Explorer/Scout“, „Shootist“ und „Soldier“. Der Athlete ist dabei eine Sportskanone, die durch eine Spezialisierung auf Sportarten Boni auf bestimmte Fertigkeiten erhält, der Explorer/Scout kann sich einige der Klassenmerkmale des Waldläufers, Schurken und Druiden aussuchen, der Shootist ist ein Schusswaffenexperte, der sich zwischen den beiden Stilen „Longarm“ und „Handgun“ entscheiden muss und dann auf höheren Stufen dementsprechende Talente erhält, und der Soldier schließlich ist... nun ja, ein Kämpfer in Uniform. Es folgt die Grundklasse „Intellectual“ mit ihren Varianten „Parson“, „Physician“ und „Scholar/Scientist“. Der Intellectual ist einfach nur ein Mensch mit gehobenem Bildungsstand, den es durch Fachgebiete (Wissensfertigkeiten) näher zu definieren gilt, der Parson ist der irdische Vertreter einer Glaubensrichtung (darunter fällt neben einem christlichen Priester auch ein Rabbi, Imam, usw.), der zwar keine Zauber wirken aber wenigstens Untote vertreiben kann, der Physician ist ein Arzt, der sich an einen Verhaltenskodex (nämlich den Hippokratischen Eid) halten muss, und der Scholar/Scientist ist im Wesentlichen das gleiche wie ein Intellectual, nur dass er sich auf ein einzelnes Fachgebiet spezialisiert und Zugriff auf entsprechende Ressourcen (Bibliothek, Labor) hat. Die nächste Grundklasse, der „Mystic“, eröffnet dann gemeinsam mit seinen Varianten „Medium“, „Shaman“ und „Spiritualist“ jene Gruppe, die des Wirkens göttlicher Magie fähig ist, wobei es sich hier genaugenommen nicht um „göttliche“ Magie handelt, da diese Art der Magie auf der Gothic Earth nicht durch die Anbetung von Göttern, sondern durch das Studium der Geisterwelt der jeweiligen Domäne erlangt wird. Mystics sind noch am ehesten mit dem D&D-Kleriker vergleichbar, jedoch sorgt ihre Nähe zur Geisterwelt gleichzeitig für eine gewisse Entrückung aus der Realität, was sich in immer weiter ansteigenden Mali auf Entdecken-, Suchen- und Initiativewürfe niederschlägt. Ein Medium kann sogar direkten Kontakt mit den Geistern in seiner Umgebung aufnehmen, der Shaman kann bestimmte Domänengeister vertreiben und der Spiritualist sieht seine mystischen Kräfte von einem mehr wissenschaftlichen Standpunkt aus (ähnlich wie der Metaphysician für die arkane Magie), was sich dahingehend auswirkt, dass er für seine Zauber zwar mehr Zeit benötigt, diese aber dafür auch mit größerer Wahrscheinlichkeit gelingen (dies ist nämlich keineswegs selbstverständlich auf der Gothic Earth, wie wir noch sehen werden). Dann gibt es da noch die Grundklasse des „Sleuth“ mit ihren Varianten „Criminal“, „Dandy“ und „Journalist“. Der Sleuth ist der klassische Detektiv bzw. Kommissar und erhält dementsprechende Fähigkeiten, der Criminal sein ethisches Gegenstück mitsamt Hinterhältigem Angriff, der Dandy ein neureicher Geck, dessen Einschüchterung doppelt so lange hält wie normal, und der Journalist punktet hauptsächlich durch seine Connections. Schließlich und endlich gibt es noch die Grundklasse des „Tradesman“ mit seinen beiden Varianten „Mechanic“ und „Performer“. Der Tradesman ist keineswegs ein Händler im engeren Sinne, sondern kann im Laufe seiner Karriere mehrere Berufe oder Handwerke erlernen, der Mechanic ist hierbei auf das Handwerk beschränkt, und der Performer erhält vom D&D-Barden die Fähigkeit zur Bardenmusik, mit der er die bekannten Effekte auslösen kann. Bei den vielen Klassen muss man sich wirklich fragen, ob eine so große Auswahl unbedingt nötig gewesen wäre, denn auf der Regelseite unterscheiden sich manche von ihnen tatsächlich nur minimal. Trotzdem gibt es für jede Klasse eine voll ausgearbeitete Tabelle, wie wir sie aus dem Spieler-Handbuch kennen, und für jede magiefähige Klasse auch noch eine Tabelle mit der Anzahl Zauber pro Tag. Viele der Klassen definieren sich nicht über irgendwelche speziellen Merkmale, sondern über die Fertigkeiten und Talente, die ihnen zugeteilt werden. Auch Klassenkombinationen sind hier keinerlei Restriktionen unterlegen, wodurch hier allenfalls die Vernunft der Spieler und des Spielleiters verhindern können, dass beispielsweise ein Soldat plötzlich zum Stammesschamanen avanciert. Warum man sich hier nicht für einen gänzlich anderen Weg wie z.B. den viel eleganteren „Profession Templates“ aus dem Cthulhu d20-System entschieden hat, ist mir ein Rätsel. Des weiteren wurden am grundsätzlichen Stufensystem keine Veränderungen vorgenommen, d.h. jede Klasse kann bis zur 20. Stufe aufsteigen und erhält auch wie gewohnt einen Trefferwürfel pro Stufe. Das hat zwar einerseits den Vorteil, dass man jedes passende Monster oder auch andere Ressourcen aus weiteren d20-Quellenbänden ohne größere Komplikationen implementieren kann, andererseits führt dies dann aber auch zu der etwas unglaubwürdigen Situation, dass man beispielsweise einen Athlete der 5. Stufe (Trefferwürfel: W10) schon vier bis fünf Mal mit einem Gewehr (Schaden: 1W12) treffen muss, bevor dieser kampfunfähig wird (durchschnittliche Würfelergebnisse und keine kritischen Treffer vorausgesetzt). Bei Nahkampfwaffen kann man dies sicherlich noch sehr gut mit Abblock- und Ausweich-Bewegungen und einer allgemeinen Abhärtung, die auf höheren Stufen immer besser werden, erklären, aber bei Feuerwaffen greift dieser Erklärungsansatz meiner Meinung nach nicht. Auch diese Problematik wird von anderen Systemen (z.B. Cthulhu d20 oder d20 Modern) wesentlich besser gelöst bzw. entschärft. Bis hierhin muss ich leider sagen, dass mir das gesamte Konzept der Charaktererschaffung bei Masque of the Red Death überhaupt nicht zusagt, da das Standard-d20-System ohne jegliche Modifikationen für diese Art von Kampagne m.E. eher ungeeignet ist, da es der Atmosphäre der Kampagnenwelt, die ja eigentlich nach mehr Realismus verlangt, nicht gerecht wird. Und als wären 23 Klassen nicht genug, folgen danach noch 9 Prestigeklassen: „Antiquarian“, „Artifact Hunter“, „Exorcist“, „Forbidden Loremaster“, „Lycanthrope Hunter“, „Master Inventor“, „Qabalist“, „Spy“ und „Undead Hunter“, die allesamt bis zur 10. Stufe gehen. Ich verzichte hier auf eine nähere Beschreibung jeder Prestigeklasse, da deren Bezeichnungen eigentlich für sich sprechen und man ihre Fähigkeiten leicht erahnen kann. Alles in allem muss man aber sagen, dass sich die Autoren mit der Ausgestaltung der Prestigeklassen wesentlich mehr Mühe gegeben zu haben scheinen als mit den Grundklassen. So bekommen die Prestigeklassen beispielsweise auf jeder Stufe irgendeine interessante Spezialfähigkeit (oder eine bestehende wird erweitert bzw. verbessert), während es bei den Grundklassen des öfteren vorkommt, dass sich über viele Stufen hinweg lediglich der Grundangriffsbonus und die Grundboni auf Rettungswürfe erhöhen. Beim Undead Hunter haben die Autoren allerdings einen regeltechnischen Lapsus bewusst in Kauf genommen: Dieser erhält nämlich die Fähigkeiten „Hinterhältiger Angriff“ und „Erzfeind“ – gegen Untote (die gegen genau solche Dinge normalerweise immun sind, und das eigentlich aus gutem Grund). Neue Fertigkeiten und Talente dürfen natürlich auch nicht fehlen, und mit diesen schließt dieses Kapitel dann auch ab. Die neuen Fertigkeiten machen angesichts der Tatsache, dass viele der Klassen hauptsächlich durch sie ausgestaltet werden, in den meisten Fällen Sinn. Hauptsächlich wurden hier die Fertigkeiten Beruf, Handwerk und vor allen Dingen Wissen kräftig aufgebohrt und weiter unterteilt. Mit der Fertigkeit „Prognostication“ (Wahrsagerei) könnte man als SL allerdings schnell in Schwierigkeiten geraten. Auch die neuen Talente gehen größtenteils in Ordnung (bis auf „Called Shot“, bei dem die RK des Ziels pauschal um 4 erhöht wird und man dann bei einem Treffer +1W6 Schadenspunkte je 4 Charakterstufen anrichtet. Nein, eine Volle Aktion wie bei dem Talent „Schmutzige Tricks“ braucht man dazu nicht). Es sei noch der Hinweis gestattet, dass gerade in diesem Kapitel ausgiebig auf das D&D Player’s Handbook, den D&D Dungeon Master’s Guide (beide natürlich v.3.5) und das Ravenloft Player’s Handbook referenziert wird, wenn es darum geht, die Funktionsweise von bestimmten Klassenmerkmalen oder Fertigkeiten zu beschreiben, die aus diesen Werken stammen. Der Besitz dieser Bücher wird damit quasi unumgänglich, wenn man alle Möglichkeiten einer Masque of the Red Death-Kampagne ausschöpfen möchte.
Kapitel 4: Money and Equipment (16 Seiten) Neben den zu erwartenden Ausrüstungslisten und den Beschreibungen der Gegenstände, die nach Meinung der Autoren einer Beschreibung bedürfen, enthält dieses Kapitel einen überraschend hohen Anteil atmosphärischer Kurzgeschichten, die den andernfalls etwas drögen Inhalt in eine stimmige Verpackung hüllen. Als neue Gegenstände findet man hier natürlich auch manche Abenteurerausrüstung, die in dieser Epoche zur Verfügung steht (wie z.B. Handschellen, Mikroskop und Schreibmaschine), aber das Hauptaugenmerk liegt wohl eindeutig auf den Feuerwaffen. Reichlich unglücklich ist sicherlich die Lösung, die Preise und Beschreibungen für Feuerwaffen in diesem Kapitel unterzubringen, deren Kampfwerte jedoch in Kapitel 6 – so ist man gezwungen, ständig hin und her zu blättern. Gleichzeitig sind die Sprengstoffe mit allen Werten (auch Preisen) ausschließlich in Kapitel 6 zu finden und fehlen dafür hier in den Ausrüstungslisten komplett. Als Standard-Währung fungiert der US-Dollar.
Kapitel 5: The Magic of Gothic Earth (37 Seiten) Die Mechanismen der Magie sind auf der Gothic Earth massiven Restriktionen unterworfen, und zwar nicht nur im Vergleich zur Standard-D&D-Welt, sondern sogar auch im Vergleich mit den Einschränkungen, die ohnehin schon in Ravenloft gelten. So muss man zunächst einmal einen Fertigkeitswurf schaffen (und zwar in der Fertigkeit „Knowledge (Forbidden Lore)“), um zu überprüfen, ob der Zauber überhaupt gelingt (SG: 15 + Zaubergrad). Ist dies nicht der Fall, kann man aber noch etwas von sich opfern, um ihn dennoch gelingen zu lassen: körperlich in Form von Trefferpunkten, geistig in Form von Abzügen auf künftige Wahnsinnswürfe, seelisch in Form von Zuschlägen auf künftige Ravenloft-Machtwürfe oder ethisch, indem man einen Pakt mit einem Externaren eingeht (und die Rede ist hier nicht von Externaren, die es gut mit einem meinen). Würfelt man bei dem Fertigkeitswurf gar eine natürliche 1, schlägt der Zauber in denkbar schlechtester Weise auf den Anwender zurück oder die Wirkung verkehrt sich ins Gegenteil. Aber damit nicht genug: Jeder Zauber (und zwar wirklich jeder, selbst ein Heilungs- oder Lichtzauber) zieht für den Anwender einen Ravenloft-Machtwurf nach sich, dessen Prozentchance dem Grad des Zaubers entspricht. Handelt es sich um einen nekromantischen Zauber, einen Zauber der Kategorie [Böses], einen Schaden verursachenden Zauber, einen „Instant-Kill“-Zauber oder einen Zauber, der in Ravenloft ohnehin schon einen Machtwurf nach sich zieht, erhöht sich diese Prozentchance beträchtlich, und zwar unabhängig davon, ob dem Opfer ein Rettungswurf gelingt oder nicht. Hat man bei dem vorangegangenen Fertigkeitswurf allerdings eine natürliche 20 gewürfelt, entfällt der Machtwurf. Auch das Übertragen neuer Zauber in das Zauberbuch des Adepten ist eine zeitraubende, nicht ungefährliche und u.U. kräftezehrende Angelegenheit (permanenter ST- oder KO-Verlust nicht ausgeschlossen!). All diese Regelungen sollen dazu führen, dass Magie nur noch dann zum Einsatz kommt, wenn sie wirklich gebraucht wird. Tatsächlich führen sie aber auch dazu, dass man als Magieanwender früher oder später unweigerlich in die Fänge des Bösen gerät und/oder sich ständig damit abmühen muss, für seine „Sünden“ Buße zu tun, nur weil man seiner Profession nachgegangen ist. Ich würde es mir unter solchen Umständen gut überlegen, einen Adept oder Mystic zu spielen, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die relativ hohe Seitenzahl dieses Kapitels lässt sich übrigens durch die umfangreichen Zauberlisten (12,5 Seiten) erklären. Drei neue Zauber gibt es auch noch: „Augment Undead“, „Corpse Whisper“ und „Eyes of the Undead“, die ursprünglich allesamt aus der „Forbidden Lore“-Box (Ravenloft, zweite Edition) stammen. Zum Abschluss dieses Kapitels erfolgt noch der Hinweis, dass magische Gegenstände auf der Gothic Earth eine ausgesprochen seltene Kostbarkeit sind und jeder magische Gegenstand zu einem ganz bestimmten Zweck erschaffen wurde (auf Zufallsfunde braucht man also nicht zu hoffen). Eine Einschränkung, die meiner Meinung nach in einem solchen Setting aber absolut Sinn macht.
Kapitel 6: Combat (9 Seiten) Ein Kapitel, das man sich getrost hätte sparen können, da der gesamte Inhalt genauso gut in Kapitel 4 gepasst hätte. Hier finden sich nämlich lediglich die Spielwerte der Feuerwaffen und Sprengstoffe (für Letztere auch die Beschreibungen) sowie ein wenig Flavortext zum Vertreiben von Untoten und zu körperlichen und geistigen Heilungsmöglichkeiten. So kann man sich hier zwar nicht darüber mokieren, was dieses Kapitel alles enthält, aber dafür umso mehr darüber, was es alles nicht enthält: nämlich zum Setting passende Kampfregeln. Feuerwaffen werden hier wie ganz normale Fernkampfwaffen behandelt, wodurch das Attribut Geschicklichkeit noch einmal erheblich an Bedeutung gewinnt, da Nahkampfwaffen kaum noch zum Einsatz kommen. Dies ist zwar sicherlich vom historischen Standpunkt her korrekt, findet aber überhaupt keine regeltechnische Entsprechung. Rein von den Regeln her sehe ich überhaupt keinen Grund, warum ich nicht genauso gut mit einem Flitzebogen schießen sollte – ganz im Gegenteil: der macht keinen Krach und sorgt somit für wesentlich weniger Aufruhr. Der nächste Punkt sind Rüstungen: Zu Beginn des dritten Kapitels kann man in einem Nebensatz lesen, dass Ende des 19. Jahrhunderts Rüstungen bereits ins Museum verbannt worden seien, da sie gegen Feuerwaffen keinen Schutz bieten würden. Wiederum ist dies historisch gesehen sicherlich richtig, aber gibt es dafür entsprechende Regeln? Nein. Und da es diese nicht gibt, schützen Rüstungen rein regeltechnisch eben doch gegen Feuerwaffen. Eine simple Regelung wie z.B. jene, dass Feuerwaffen ähnlich wie ein „Berührungsangriff auf Entfernung“ gehandhabt werden, hätte dieses Problem bereits aus der Welt geschafft. Stattdessen lösen die Autoren es, indem sie einfach alle Rüstungen aus den Ausrüstungslisten verbannen – gibt’s nicht, basta. Nächster Punkt: Die Sprengstoffe. Auch hier kann man im Beschreibungstext nachlesen, dass deren Handhabung ziemlich gefährlich ist, vor allen Dingen unter Zeitdruck. Und wiederum gibt es dafür überhaupt keine Regelungen. Nichts, das mich daran hindern würde, mit einem Fläschchen Nitroglyzerin in der Hand einen Hürdenlauf zu absolvieren. Aber andererseits: was soll’s? Selbst wenn ich mitten im Explosionsradius eines Fläschchens Nitroglyzerin stehe, sind die 1W12 Schadenspunkte, die es anrichtet, absolut verschmerzbar (was übrigens für alle Sprengstoffe gilt). Und eine Druckwelle gibt es scheinbar auch nicht. Fazit: In diesem Kapitel hat Sword & Sorcery leider so einiges versäumt. Um nicht zu sagen: alles.
Kapitel 7: Madness and Mystery (11 Seiten) Dieses kurze Kapitel enthält zusätzliche Informationen zur Handhabung von Furcht-, Horror- und Wahnsinnswürfen auf der Gothic Earth, wobei für die generellen Regelungen stets auf das Ravenloft Player’s Handbook verwiesen wird. Auch Heilungsmöglichkeiten für Geisteskrankheiten werden aufgeführt sowie eine kurze Abhandlung über Aberglauben, Omen und Flüche in jener Zeit. Schließlich und endlich findet man noch einen kurzen Abschnitt über die Vistani, die es zwar auf der Gothic Earth gibt, die aber in diesem Setting wohl keine so große Rolle spielen wie in Ravenloft generell.
Kapitel 8: A Practical Guide to the 19th Century (23 Seiten) Eines der interessantesten und wichtigsten Kapitel in diesem Buch und dennoch vom Umfang her überschaubar – leider. Für den SL finden sich hier die Grundlagen, mit denen er das alltägliche Leben auf der Gothic Earth so ausgestalten kann, dass es für die Spieler authentisch wirkt. Dies beginnt mit einer Übersicht über die Gesellschaftsstruktur und die Geisteshaltung der sozialen Klassen jener Zeit, gefolgt von der üblichen Kleidung für die Frau und den Mann, Freizeitgestaltung, Erfindungen, der populärsten Literatur und Musik, Reisemöglichkeiten, den elitären Clubs der feinen Gentlemen, bis hin zu einer Übersicht über die wichtigsten Qabale und die Sprache der Blumen (damals war es offenbar schick, sich über die Zusammensetzung von Blumensträußen kodierte Botschaften zukommen zu lassen). Unter den Qabalen findet sich auch wieder jener mit dem unsäglichen deutschen Namen „Die Wachtern“ (gemeint ist: „Die Wächter“) – anscheinend hat es seit dem Erscheinen des Kampagnen-Sets der zweiten Edition noch niemand für nötig gehalten, diesen Begriff mal zwecks Kontrolle einem deutschen Muttersprachler unter die Nase zu halten. Trotzdem ist dies natürlich ein sehr schönes und nützliches Kapitel, mit dem man als SL zumindest schon mal eine Ahnung davon bekommen kann, wie es damals zugegangen ist. Aufgrund des geringen Umfangs sei aber jedem Masque of the Red Death-SL, der auf eine richtig schöne Gaslicht-Atmosphäre wert legt, dringendst empfohlen, sich diesbezüglich weitere Lektüre zu beschaffen (z.B. den „Gothic Earth Gazetteer“ aus der zweiten Edition oder die hervorragenden Materialien aus dem Cthulhu-Rollenspiel von Pegasus Press). Für mehr als nur den Einstieg in die Thematik reichen die hier gebotenen Informationen jedenfalls leider nicht aus.
Die Anhänge Anhang I: The Villains of Gothic Earth (21 Seiten): Die Natur des Roten Todes selbst wird hier beschrieben, die Hierarchie seiner Untergebenen und natürlich die wichtigsten bzw. interessantesten seiner Handlanger: Dracula, Imhotep, Frankensteins Monster, Professor James Moriarty, Xavier von Tuerin, Madame Delphine LaLaurie und Sarah Winchester. Vorbildlich ist, dass neben den obligatorischen Werteblöcken für jede dieser Figuren eine ausführliche Hintergrundgeschichte, eine Beschreibung ihres aktuellen Domizils sowie Anregungen für Abenteuer, die sich um sie ranken können, gegeben werden. Anhang II: Monsters in the World (19 Seiten): Da es für manche Monster unmöglich ist, sich in der Welt der Menschen zu bewegen, ohne aufzufallen (oder gar eine Massenpanik auszulösen), wurde hier das Konzept der „Masques“ eingeführt. Dabei handelt es sich um besondere Fähigkeiten, die es einem Monster erlauben, auch in zivilisierten Gegenden unentdeckt zu bleiben. Die „Masque of the Form“ ermöglicht es einem Monster zum Beispiel, eine menschliche Gestalt anzunehmen, während ein Monster mit der „Masque of the Memory“ sogar die Erinnerung von allen Personen im näheren Umkreis modifizieren kann, beispielsweise um sich selbst daraus zu löschen. Die neuen Monster, die dann vorgestellt werden, sind allerdings teilweise reichlich dubiose Geschöpfe, die man meiner Meinung nach nur in Ausnahmefällen einsetzen kann und die irgendwie überhaupt nicht in klassische Horrorgeschichten passen. Glücklicherweise sind es nicht sehr viele. Anhang III: Lairs of Evil (12 Seiten): Ein „Lair of Evil” ist so etwas Ähnliches wie die in Ravenloft bereits bekannten „Sinkholes of Evil“, allerdings kann ein Lair wesentlich mehr. Ein Lair besitzt nämlich so etwas wie ein eigenes Bewusstsein und kann damit aktiv gegen Eindringlinge vorgehen, die seinem Bewohner ans Leder wollen. Auch Lairs sind wie Sinkholes in Ränge unterteilt, durch die deren Möglichkeiten und die Voraussetzungen zu ihrer Entstehung bestimmt werden. Ein schönes Beispiel für einen solchen Lair (der Keller eines nicht ganz so feinen Gentleman-Clubs mitten in London) wird hier ebenfalls dargeboten. Anhang IV: Adventures in Gothic Earth (18 Seiten): Neben allgemeinen Tipps zur Erschaffung einer Gruselatmosphäre (die gleichen, die in jedem Ravenloft-Grundregelwerk auftauchen) und zur Entwicklung selbstgeschriebener Abenteuer findet man hier auch eine Abhandlung darüber, wie sich die Autoren Abenteuer auf der Gothic Earth generell vorstellen. So sollen hier – auf einen simplen Nenner gebracht – der Einsatz von diplomatischen statt militärischen Taktiken zur Problemlösung und das Ausspielen der Persönlichkeit der Charaktere im Vordergrund stehen. Es folgen dann noch zwei grob ausgearbeitete Abenteuer (Die Jagd nach altägyptischen Relikten, die bei ihren Besitzern Geisteskrankheiten auslösen, und die Aufklärung des Geheimnisses hinter einem Elixier, das ewige Jugend versprechen soll) sowie eine Vielzahl von Abenteuer-Ideen. Die meisten sind recht brauchbar und allesamt können sie leicht zu größeren Kampagnen ausgebaut werden.
Fazit Zunächst einmal finde ich es schön, dass es dieses Setting überhaupt in die neueste Edition geschafft hat und somit nicht in der Versenkung der Geschichte verschwunden ist. Trotzdem ist der Gesamteindruck dieses Buches leider nur durchwachsen: Die Grundidee des Settings gefällt mir immer noch sehr gut und die Menge an Inspirationen und Abenteuerideen, die man aus diesen Seiten ziehen kann, ist enorm. Schön ist die Art und Weise, wie die Vermittlung trockenen Regelstoffs immer wieder mit Flavortexten aufgelockert wird, um den Lehrbuchcharakter von so manch offiziellem Regelwerk gar nicht erst aufkommen zu lassen. Manchmal habe ich aber auch den Eindruck, dass hier gerade dann gehäuft Flavortexte zum Einsatz kommen, wenn es Unzulänglichkeiten auf der Regelseite (oder gar das komplette Nichtvorhandensein derselbigen) zu kaschieren gilt. Und damit kommen wir dann auch zu den Schattenseiten dieses Werks: Abgesehen von einigen Prestigeklassen ist fast alles, was hier an Regelmechanismen angeboten wird (und zwar zur Charaktererschaffung wie auch zur Handhabung von Feuerwaffen und Kampfsituationen generell) extrem verbesserungsbedürftig. Der „fluffige“ Teil des Buches zeigt gute Ansätze, die Kampagnenwelt wird ansprechend vorgestellt und es wird Lust auf mehr gemacht. Man sollte jedoch nicht verschweigen, dass nahezu der gesamte kreative Inhalt aus dem Kampagnen-Set (und teilweise den Quellenbüchern) der zweiten Edition stammt – Neues findet man hier kaum. Die Kampagnenwelt ist zugegebenermaßen riesig und eine vollständige Beschreibung der Gothic Earth würde sicherlich ein eigenes Buch rechtfertigen, trotzdem hätte ich mir die Kapitel, die sich mit der Geschichte, der Kultur und dem täglichen Leben beschäftigen, viel ausführlicher gewünscht. Bei einem Preis von ca. 25,- bis 29,- Euro ist das Preis-Leistungs-Verhältnis aber durchaus noch erträglich, auch wenn dies hauptsächlich am aktuellen Dollarkurs liegen dürfte (Preisempfehlung des Herstellers: 34,99 US$).
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