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Herr der Ringe - Die Schlachten des Dritten Zeitalters
Bewertung:
(3.9)
Von: Ralf Schemmann
Alias: Uthoroc
Am: 31.10.2006
Autor:Marco Maggi, Francesco Nepitello, Roberto Di Meglio
Typ:Brettspielerweiterung
System:Brettspiel
Setting:Mittelerde
VerlagPhalanx Games
ISBN/ASIN:
Inhalt:1 Spielplan (beidseitig bedruckt), 97 Spielfiguren, 5 Würfel, 110 Spielkarten, Spielmarken, 2 Anleitungen
Sprache:Deutsch

Die Schlachten des Dritten Zeitalters

Übersicht

„Die Schlachten des Dritten Zeitalters“ ist die erste und bisher einzige Erweiterung für das Brettspiel „Der Ringkrieg“ (Rezension siehe hier...). Neben einigen eher kleineren Erweiterungen für das Grundspiel enthält es zwei eigenständige Szenarien, die auf neuen Brettern und mit neuen Regeln gespielt werden: „Die Schlacht um Rohan“ und „ Die Schlacht um Gondor“.

 

Das Spielmaterial

Wie schon das Grundspiel enthält auch die Erweiterung eine Fülle an wunderschön gestaltetem Material. Stimmungsvolle Spielbretter, 97 Figuren (die auf die Box gedruckte Angabe von 77 ist ein Druckfehler), neue Spielmarken, 5 neue Würfel (normale 6-Seiter), 2 Spielanleitungen (eine für das erweiterte Grundspiel, die andere für die Szenarien) und über 100 Spielkarten. Alles ist im gewohnten John Howe-Stil gehalten und fügt sich gut in das bestehende Material ein.

 

Ein Hauptbestandteil sind natürlich die neuen Figuren, die teilweise im erweiterten Grundspiel, teilweise in den Szenarien oder in beidem Verwendung finden. Die meisten davon sind neue Designs (Galadriel, der Balrog, die Ents und Baumbart, Südländerkavallerie, Dunländer, Halborks, Korsarenschiffe, Belagerungstürme und Katapulte), aber ein paar sind auch schon im „Ringkrieg“ enthalten (Rohan-Reiter, -Anführer und -Fußsoldaten, Uruk-Hai und Gondor-Anführer). Von den letzteren werden in den Szenarien mehr benötigt als im Grundspiel vorhanden waren. Sie sind in etwas unterschiedlichen Farbtönen gehalten, so dass man sie leicht von den Originalfiguren unterscheiden und aussortieren kann.

 

Im Großen und Ganzen hat Nexus Editrice (für das Design verantwortlich) aus den Fehlern des ersten Spiels gelernt, und die Spielpläne so großzügig gestaltet, dass diesmal keine Platzprobleme auftreten. Auch die Texte auf den Karten wurden so groß wie möglich gedruckt, was manchmal allerdings immer noch zu klein ist. Nur eine bestimmte Art von Spielmarken (Rekrutierungssteine) sind manchmal etwas schwer zu unterscheiden. Eine sortierte Aufbewahrung empfiehlt sich.

 

Dasselbe kann man von Phalanx Games bezüglich der deutschen Regeln leider nicht behaupten. Die enthaltenen Regeln (schon im Original nicht gerade leicht zugänglich) strotzen wieder vor schlechten, unverständlichen oder schlichtweg falschen Übersetzungen. Immerhin gibt es inzwischen auf der Website von Phalanx (www.phalanxgames.nl) überarbeite Regeln zum Download, die sehr viel besser sind (übrigens auch für das Grundspiel). Bei den Karten hat man sich glücklicherweise etwas mehr Mühe gegeben, und die Anzahl der Fehler hält sich in Grenzen.

 

 

Das Spielprinzip

Da sich die Regeln für „Die Schlachten des Dritten Zeitalters“ in zwei bzw. drei klar abgegrenzte Bereiche gliedern (die Ringkrieg-Erweiterung und die beiden Szenarien), werde ich sie im folgenden getrennt vorstellen.

 

Das Ende des Dritten Zeitalters

Die Erweiterung für das Grundspiel nennt sich „Das Ende des Dritten Zeitalters“ und nimmt eher den kleineren Teil des Gesamtumfangs ein. Ihr Regelheft umfasst gerade mal 6 Seiten und nur 21 der 110 enthaltenen Karten betreffen sie. Insgesamt fügen diese Regeln dem Grundspiel einfach eine ganze Reihe Optionen hinzu, die man im Verlauf des Spiels wahrnehmen kann oder nicht. An den grundsätzlichen Regeln ändern sie nichts. So steht dem Spieler der Freien Völker nun Galadriel zur Verfügung, die er in Lorien (und nur dort) rekrutieren kann, während der Schatten den Balrog in Moria als Figur aufs Brett bringen und/oder den Hexenkönig in einer anderen Variante ins Spiel holen kann, um verstärkt auf die Jagd nach dem Ring zu gehen.

 

Beiden Seiten stehen außerdem sogenannte „Gruppierungen“ zur Verfügung, die neue Arten von Truppen ins Spiel integrieren. Auf der Seite der Guten sind das die Ents, die die bisherigen Ent-Ereigniskarten ersetzen, während die Bösen die Dunländer (schwache Kämpfer, die aber leicht zu rekrutieren sind) und die Korsaren vom Umbar (Schiffe zum Transport von Armeen entlang der Küsten) in die Schlacht werfen können.

 

Dann kann noch Smeagol (im Gegensatz zu Gollum) von der Gemeinschaft des Rings eingefangen und als Führer eingespannt werden, und Belagerungen werden durch Belagerungstürme des Schatten und Katapulte der Freien Völker modifiziert.

 

Obwohl die Neuigkeiten für den Ring alle optional sind und nicht unbedingt im Spielverlauf auftreten werden, können sie den Ablauf einer Partie doch erheblich modifizieren. So wird durch die neue Galadriel Lothlorien leicht zu einem wichtigen und frühen Kriegsziel für den Schatten, was wiederum seine Strategie für das weitere Spiel erheblich beeinflussen kann.

 

Insgesamt halte ich die Erweiterung für das Grundspiel für durchaus interessant und spannend, aber nicht für absolut notwendig, da sie die Atmosphäre des Spiels nicht wirklich verändert. Auch die Spielbalance, die im Grundspiel zu Gunsten des Schattens tendierte, scheint nicht wesentlich beeinflusst zu werden.

 

Die Schlachten des Ringkriegs

Der Hauptteil dieser Erweiterung besteht aus den beiden Szenarien um die Rolle Rohans und Gondors im Ringkrieg. Es gibt je einen neuen Spielplan für sie (umseitig auf demselben Brett gedruckt), und sie benutzen grundsätzlich dieselben Regeln, die auf den ersten 16 Karten des 31-seitigen Regelheftes abgehandelt werden. Durch die unterschiedlichen Spielbretter, getrennten Personen- und Ereigniskarten und einige szenario-spezifische Regeln sind beide Szenarien jedoch durchaus unterschiedlich und bieten beide eine eigene Atmosphäre.

 

Der Schwerpunkt der Szenarienregeln liegt eindeutig auf dem militärisch-taktischen Spiel mit den Armeen und ihren Anführern auf dem Brett. Es gibt keine Entsprechung für die Rolle der Gemeinschaft und des Ringes im Grundspiel, stattdessen nur eine Art „Timer“, der durch die Aktionen des Schatten und bestimmte Karten vorangetrieben wird, und bevor dessen Ende der Schattenspieler bestimmte Siegbedingungen erfüllt haben muss, ansonsten gewinnt der Spieler der Freien Völker.

 

Diese Spielgewichtung wird noch dadurch betont, dass nicht mehr einfach nur zwischen Regulären- und Elitefiguren unterschieden wird, sondern alle Einheiten verschiedene Kampfwerte, bevorzugte Geländearten (es wird nun zwischen Ebenen, Hügeln, Wäldern, Sümpfen und Siedlungen/Festungen auf dem Brett unterschieden) und besondere Manöver haben. Personen und Anführer spielen zwar immer noch wichtige Rollen, aber man muss auch dringend auf die Zusammensetzung seiner Armee achten, und wo und wann man genau kämpft.

 

Die Armeen sind kleiner als im Grundspiel (maximal 5 Einheiten), aber vertragen mehr Treffer (jede Figur hält zwei Treffer aus und kann auch neu formiert, d.h. „geheilt“, werden). Das Voranschreiten des Timers („Schicksalsleiste“ genannt) wird durch Plättchen gesteuert, die, ähnlich wie die Jagdplättchen im Grundspiel, je nach Aktionen des Schattens gezogen werden.

 

Beide Szenarien haben eine deutlich kürzere Spielzeit als das Grundspiel (etwa 1,5 bis 2,5 Stunden), aber ich vermute, dass ihre Wiederholbarkeit nicht so groß ist wie beim Grundspiel, weil nicht so viele Optionen und klarere Optimalstrategien bestehen. Aber erst vermehrtes Spielen wird das beweisen oder widerlegen.

 

Die Schlacht um Rohan

Im ersten Szenario versucht Saruman mit seinen Wolfsreitern, Uruk-hai, Halborks und Dunländern Rohan zu überrennen, bevor der Zorn der Ents entfacht und Isengart zerstört wird (das Ende des „Timers“). Dafür muss er entweder die Hornburg (starke Festung) und vier Siedlungen Rohans oder Edoras (schwache Festung) und alle sechs Siedlungen Rohans erobern.

 

Im Laufe des Spiels kommen den Freien Völkern eine ganze Reihe von Charakteren (Aragorn, Eomer, Gandalf, Theoden und Baumbart) und die ersten Ents zu Hilfe, so dass die ganze Angelegenheit für den gestressten bösen Zauberer immer schwieriger wird. Es ist für ihn ein Wettlauf mit der Zeit, bei dem er sich keine Atempause gönnen darf, während die Rohirrim auf Zeit und Hinhalten spielen. Häufig besteht das aber nicht aus Rückzügen in die beiden Festungen Rohans, sondern aus geschicktem Manövrieren auf den offenen und weitläufigen Ebenen des Landes.

 

Solange der neue Weiße Zauberer noch nicht im Spiel ist, hat Saruman einige Möglichkeiten, seine Chancen durch den Einsatz von Grima Schlangenzunge (einem eigenen Satz Karten) zu verbessern, aber sobald Gandalf Edoras erreicht, ist es damit vorbei.

 

 

Die Schlacht um Gondor

Wie nicht anders zu erwarten, geht es im zweiten Szenario um die Belagerung von Minas Tirith. Sauron treibt die Orks und Trolle von Mordor, die Ostlinge von Rhûn und die Kavallerie und Bogenschützen aus Harad aus dem Osten heran, während die Freien Völker sich hinter ihren Festungsmauern verschanzen und auf die Hilfe aus Rohan und die Truppen aus dem Süden unter Führung von Aragorn warten. Der Schattenspieler muss den Verteidigungsring durchbrechen und die Stadt betreten, bevor der Ringträger seine Mission erfüllt und den Einen Ring der Vernichtung zuführt.

 

Auch hier ist es so, dass das Spiel mit der Zeit und dem Voranschreiten des Timers für den Schatten immer schwieriger wird. Wenn er sich nicht früh eine sehr starke Überlegenheit erarbeitet hat, haben die herbeieilenden Verstärkungen unter Theoden und Aragorn eine gute Chance, seine Armeen von den Mauern der Stadt zu vertreiben und den Sieg damit für ihn unerreichbar zu machen.

 

Für eine Weile unterstützt die tiefe Dunkelheit (wiederum ein Kartensatz), die Sauron aus Mordor schickt, seine Armeen, aber irgendwann kommt der Wind aus Westen und vertreibt die Finsternis.

 

Fazit:

Genau wie der „Ringkrieg“ ist „Die Schlachten des Dritten Zeitalters“ vollgestopft mit schönem und interessantem Material. Das Grundspiel wird etwas erweitert und die beiden Szenarien bieten zwei vollständig neue (wenn auch ähnliche) Spiele. Ein Manko ist weiterhin die deutsche Übersetzung, auch wenn man bei Phalanx inzwischen reagiert hat.

 

Ein Problem ist allerdings, dass durch die schon hohe Spieldauer und die hohen Anforderungen des Grundspiels nur überzeugte „Ringkrieger“ wirklich Spaß an der Erweiterung haben werden, denn auch die beiden Szenarien machen erst wirklich Sinn, wenn man das Grundspiel einigermaßen kennt. Wem schon das Grundspiel nicht so sehr gefallen hat, wird kaum Gefallen an den „Schlachten“ finden, und wer nur gelegentlich spielt, der wird kaum die Zeit finden, auch noch die ganzen Neuigkeiten dieses Spiels auszuprobieren.

 

Wer dagegen gerne und einigermaßen regelmäßig den „Ringkrieg“ spielt, dem kann ich die Erweiterung bedenkenlos empfehlen. Ausgehend von meiner 4,5 für das Original, bewerte ich die Erweiterung mit 3,9. 0,5 Abzug gibt es dafür, dass es „nur“ eine Erweiterung ist, die man nicht unbedingt braucht, und 0,1 ziehe ich nochmal für die weiterhin schlechten deutschen Regeln ab.