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Faun - Ornament (DVD)
Bewertung:
(4.5)
Von: Björn Arnold
Alias: Wormy's Queue
Am: 25.02.2008
Autor:Faun
Typ:Musik DVD (mittelalterliche Musik)
VerlagCurzweyhl / Rough Trade Distribution
ISBN/ASIN:ASIN: B000VQQOGW
Inhalt:Konzertmitschnitte, Galerie, Portraits
Sprache:Deutsch

Ornament

Ich möchte es mir an dieser Stelle ersparen, die Gruppe Faun noch einmal im Detail vorzustellen, und verweise den Neugierigen daher auf die Rezension zu ihrem Album Totem, die ebenfalls hier im Gate erschienen ist. Da ich an der ein oder anderen Stelle auf besagte Rezension nochmals Bezug nehmen werde, schadet es sicher nicht, auch dort einen Blick zu riskieren.

 

Layout:

Die gerade Linie ist eine vom Menschen gemachte Gefahr. - Friedensreich Hundertwasser

 

Wenn dieser Satz stimmt, dann dürfte diese DVD wohl das Ungefährlichste sein, was ich je in den Fingern gehalten habe. Schon der Titel Ornament verrät, dass die Faune sich nicht lange mit geraden Linien aufhalten wollen. Das gilt sowohl für das wunderbar von der französischen Künstlerin Martine Fassier gestaltete Artwork mit seinen verschlungenen Ziselierungen auf dem rötlich-braunen Hintergrund, der den Betrachter an warmen Erdboden erinnert, eine Einladung, sich darauf auszustrecken und so Kontakt mit Mutter Gaia (einer der Songtexte der Gruppe) aufzunehmen. Und setzt sich in der Doppelbedeutung des Wortes auch in der Musik der Faune fort, deren Variantenreichtum nicht nur in der Instrumentierung, sondern auch in der verschiedenartigen Herangehensweise an die eigene Musik nicht zu verleugnen ist. Der Rezensent ist wahrlich kein Experte für Musik-DVDs, aber was er hier in den Händen hält, zieht ihn schon auf den ersten Blick in seinen Bann.

 

Inhalt:

Denn wahrhaftig, steckt die Kunst in der Natur, wer sie heraus kann reißen, der hat sie. - Albrecht Dürer

 

Und wenn auch dieser Satz stimmt, dann haben die Faune die Kunst ganz gewiss, wie sich nicht nur in der Gestaltung der einzelnen Beiträge auf der CD, sondern auch in den Liedern selbst erkennen lässt. Doch der Reihe nach:

 

In insgesamt drei Varianten kann man sich von der Qualität der faun'schen Musik überzeugen. Da wäre zum einen ein Live-Mitschnitt der Totem Tour 2007, in dem sich Material des namensgebenden Album mit älteren Stücken gekonnt vermischt. Und der Rezensent möchte gleich die erste Gelegenheit nutzen, dem Leader der Band, Oliver S.Tyr für die in der oben verlinkten Rezension geäußerte Kritik Abbitte zu tun. Zu seiner großen Überraschung erweist sich der Sänger der Aufgabe „Live-Gesang“ mehr als gewachsen, mehr noch fügt er durch seine Bühnenpräsenz (zusammen mit Niels Mitra) dem Auftritt der Band die nötige Dynamik hinzu, die man aufgrund der einzelnen Lieder nicht unbedingt vermuten würde.

Nichtsdestotrotz ist die Musik der Faune in erster Linie natürlich ein Genuss für die Ohren, was man auch am konzentrierten Zuhören der Konzertgäste erkennen kann. Die ruhige, mystische Atmosphäre des Konzerts wird folgerichtig auch kaum durch wildes Rumgepoge der Fans unterbrochen. Dennoch nimmt das Konzert nach den eher langsamen Anfangsstücken mit „2 Falken“ erstmals Fahrt auf, wenn sich Niels Mitra erstmals richtig an seinen Keyboards austoben kann. Und ganz wild wird es etwas später bei „Wind & Geige“, bei dem sich dann auch Oliver S.Tyr so richtig verausgabt. Wer da nicht mittanzt, muss für diese Art von Musik vollkommen unempfänglich sein. Schade nur, dass nicht auch „Die Zeit nach dem Sturm“ in dem Auftritt enthalten ist, das der Rezensent auf dem Album „Totem“ als das schlechteste Stück bezeichnete und das er nun nur zu gerne auch in der Live-Version gehört hätte.

 

Playlist:

Gaia

Rad

Andro

Tagelied

2 Falken

Rosmarin

Satyros

Wind & Geige

Tinta

 

 

Weiter geht es mit einem Mitschnitt des Paganfolk Special 2006, bei dem die Faune unter freundlicher Mithilfe der holländischen Neokelten von OMNIA beweisen, dass der am Ende des Totem-Tour-Mitschnitts gewonnene Eindruck keine Eintagsfliege ist. Die Faune können rocken und vor allem können sie fremde Musikeinflüsse nahtlos in die eigenen Werke integrieren (und sich umgekehrt auch in fremde Stücke einpassen, wie sie mit Auto Luonto nachhaltig unter Beweis stellen). Kleiner Makel: Bei diesem Konzert schien mir die Aussteuerung nicht ganz perfekt zu sein, so dass der Ton ab und an etwas dumpf klingt.

 

Playlist:

Loibere Risen

Wind & Geige

Punagra

Isis

Auto Luonto

 

Interessant an den Faunen ist, dass sie nicht nur akustische, sondern genauso gerne auch Unplugged-Auftritte veranstalten. Wie das dann klingen kann, stellen sie uns in dem perfekt dafür geeigneten wunderschönen Lied „November“ vor. Auch die „2 Falken“ (in einer überraschenden Interpretation von Oliver S.Tyr) wie auch das Tanzlied „KaRuna“ machen dem Hörer viel Freude. Dazu gibt es dann noch als Bonustrack eine Vertonung des Hildegard von Bingen-Hymnus „O Virtus Sapientiae“.

 

Playlist:

2 Falken

November

KaRuna

O virtus sapientiae

 

Musikalisch geht es auf der DVD also schon mal hochinteressant zu, aber auch die beiden anderen Bereiche machen durchaus Spaß, ob es nun darum geht, die von verschiedenen Künstlern hergestellten mit Musik der Band unterlegten Bildergalerien zu durchforsten oder ob man sich die Porträts sowohl der Band als auch der einzelnen Mitglieder zu Gemüte führt. Gerade die Porträts sind für das richtige Verständnis des Gesamtkunstwerk „Faun“ von unschätzbarem Wert, denn wann sonst erfährt man, wie das befruchtende Miteinander der Bandmitglieder konkret funktioniert, wie die Band zu Kunst und Kommerz steht (zu Letzterem überraschend neutral für eine so unkommerzielle Gruppe) und was Pagan Folk eigentlich bedeutet. Gut, letztere Aussage ist wohl etwas übertrieben, da die Bandmitglieder sich dessen selber gar nicht sicher sind (immerhin sind sie sich recht sicher, den Begriff erfunden zu haben). Nur gegen Salbeitee, Lieblingswort und Running Gag des Bandelektronikers Niels Mitra, entwickelt man auf Dauer eine gewisse Abneigung. Was man aber schon beim Hören der Musik vermuten durfte, wird auch in jeder Aussage der Band deutlich. Hier sind Musikliebhaber am Werk, die voller Experimentierlust, aber auch ohne falsche Scheu vor Kommerz ihre eigene Vision von Musik verfolgen und sich dabei ihre Neugier auf das, was noch kommen mag, bewahrt haben.

 

Eastereggs:

Auch diese dürfen natürlich nicht fehlen. Drei Stück an der Zahl findet man das erste Ei gleich im Hauptmenü die anderen beiden verstecken sich in den Untermenüs „Portrait“ und „Galerie“. Wer Lisa Pawelke auf alt-isländisch hören möchte, Genaueres über den Tourbus der Faune erfahren möchte oder einfach noch nicht genug von den vielen schönen Aufnahmen bekommen hat, sollte sich flugs auf die Suche machen. Es lohnt sich in jedem Fall.

 

Fazit:

Wie bereits erwähnt kann der Rezensent im Bereich der Musik-DVDs keine besonderen Erfahrungswerte vorweisen und hat damit keine Vergleichsmöglichkeiten, „Ornament“ qualitativ einzuordnen. Das was er hier zu sehen und zu hören bekommt, verdient seiner Meinung nach aber höchstes Lob sowohl für Ausführung als auch für Inhalt. „Ornament“ ist ein in sich stimmiges Gesamtkunstwerk einer der seltenen Bands, die es wirklich geschafft haben, einen ganz eigenen, originären Stil zu kreieren. Mag auch der ein oder andere kleine Schönheitsfehler zu finden sein, so ist diese Scheibe doch ein absolutes Muss für alle Fans der Gruppe „Faun“ und auch für Musikliebhaber ganz allgemein zu empfehlen. Dass ein so visuell orientiertes Medium im normalen Rollenspielbetrieb kaum nutzbringend eingesetzt werden kann, fließt an dieser Stelle daher auch nicht in die Wertung mit ein. Stattdessen erhält sie noch einen kleinen Nostalgiebonus. Denn wie seit heute auf der Homepage der Faune zu lesen ist, steht die Trennung von Sängerin Lisa Pawelke kurz bevor, womit „Ornament“ zum möglicherweise letzten Dokument einer sehr fruchtbaren sechsjährigen Zusammenarbeit wird.

 

Bleibt zu hoffen, dass die Faune diesen unbestreitbar großen Verlust adäquat auffangen können werden (sie selbst scheinen schon fündig geworden und durchaus guter Dinge zu sein) und dass Lisa mit ihrer unverwechselbaren Stimme der Musikszene auch weiterhin erhalten bleiben wird. Bis dahin tröstet man sich aber gerne mit einer großartigen Live-DVD, die man sich immer wieder gerne ansehen und -hören wird.