Links zur Rezension Starcraft beim Heidelberger Spieleverlag
Mit „StarCraft - das Brettspiel“ möchten Fantasy Flight Games und der Heidelberger Spieleverlag am großen Ruhm von StarCraft teilhaben und haben deshalb das erfolgreiche Strategiespiel als Brettspiel umgesetzt.
Erster Eindruck und Aufmachung:Bereits die Schachtel des Spiels lässt erahnen, welch raue Mengen an Spielmaterial mit dem Spiel mitgeliefert werden. Dies bestätigt sich beim Öffnen der Schachtel, wenn einem unzählige Ausstanzbögen entgegenkommen. Hier galt es erst einmal den Wust an Spielmaterial auszudrücken, zuzuordnen und irgendwie zu sortieren. Dabei offenbart sich gleich ein großes Manko des Spiels: Die Verstauungsmöglichkeiten sind lächerlich. In der Schachtel befinden sich rechts und links zwei Einlassungen, das war‘s. Hierin möchte man nun bitte die ca. 400 kleinteiligen Pappmarker der sechs unterschiedlichen Spielfraktionen, sowie die ca. 300 Karten unterbringen. Für ein Spiel, dessen empfohlener Verkaufspreis bei 79,90 € liegt, ist das mehr als jämmerlich. Ich persönlich habe mir mit unzähligen kleinen Tüten beholfen, in die ich die ganzen Pappmarker und Karten einsortiert habe. Das ist nicht schön, aber immerhin zweckmäßig. Nichtsdestotrotz kann die Druckqualität der Pappmarker überzeugen. Diese sind durchgehend farbig gestaltet und machen reichlich Gebrauch von den typischen StarCraftsymbolen (wie mir von meinen StarCraft-erfahrenen Mitspielern versichert wurde). Besonders hervorzuheben sind die sogenannten Fraktionsbögen, die in einen großen Teil der Spielaktionen mit involviert sind. Diese sind zwar auf etwas dünner Pappe gedruckt, jedoch sehr schön gestaltet.
Neben diesen Hundertschaften an Spielmaterialien befinden sich unter dem Pappeinsetzer 180 Plastikfiguren der sechs Fraktionen und Farben. Diese sind vergleichbar mit denen des damaligen Dungeons and Dragons Brettspiel , jedoch wesentlich filigraner. Diese Figuren sind hübsch gemacht und können Gefallen finden.
Regeln:Als ich die Spielanleitung zum ersten Mal gesehen hatte, blieb mir erst einmal die Spucke weg. Auf guten 48 Seiten erstreckt sich die Spielanleitung. Das dürfte für einen Rollenspieler eigentlich kein Grund zur Abschreckung sein, jedoch las sich die Anleitung beim ersten Reinlesen bereits derart umständlich, dass ich bereits eine dunkle Vorahnung hatte. Diese bestätigte sich leider während des Studiums der Regeln. Fantasy Flight Games schien bei der Entwicklung des Spiels immer der gleichen Grundprämisse gefolgt zu sein: „Nimm ein einfaches Prinzip und erweitere es.“ Dies ist grundsätzlich nichts Schlimmes, aber bei “StarCraft – Das Brettspiel“ wird es bis in die Absurdität getrieben.
Wagen wir einen Versuch:
Der Grundaufbau erinnert ein wenig an Risiko. Das Spiel kann nämlich gewonnen werden indem a) alle gegnerischen Mitspieler vernichtet werden, b) 15 Siegpunkte erreicht werden oder c) eine fraktionsabhängige Siegbedingung erfüllt wird. Das Spiel spielt sich auf verschiedenen Planeten ab, auf denen man Basen bauen kann und mittels Militäreinheiten andere Planeten zu erobern hat. Soweit die Grundlage.
Details: Zu Beginn des Spiels wählt jeder Spieler eine Fraktion aus (zwischen jeweils zwei verschiedenen Terraner-, Zerg- oder Protossfraktionen) und zieht im Anschluss verdeckt zwei Planeten. Diese Planeten stellen das variable Spielfeld war, denn jeder Planet kann über Routen mit einem anderen verbunden werden. Der Reihe nach legt jeder Spieler seinen Planeten auf den Tisch, wobei diese immer über mindestens eine Route miteinander verbunden sein müssen. So entsteht bei jeder Partie ein anderer Spielplan, was auf das Spiel selbst nur geringen Einfluss nimmt.
Sind die Planeten gelegt und auf einem von diesen eine Basis errichtet, kann das Spiel losgehen. Eine normale Runde ist in drei Phasen unterteilt. a) Die Planungsphase In dieser wird das weitere Vorgehen über kleine Chips geplant. Diese können die Aktionen „Bau“, „Forschung“ und „Mobilisierung“ auslösen. Der Spieler legt einen dieser sog. „Befehlsmarker“ auf seinem oder einem benachbarten Planeten verdeckt ab. Der nächste Spieler der dran ist, kann nun ebenfalls einen Befehlsmarker auf diesem Planeten oder einem anderen ablegen. Im ersteren Fall kommt dieser auf den des ersten Spielers oben drauf, womit ein „Befehlsstapel“ entstanden ist. In der „Ausführungsphase“ (siehe nächste Phase) wird dieser dann von oben hin, also rückwärts abgearbeitet, womit der unterste Befehl des ersten Spielers obsolet werden könnte.
In dieser Manier erteilt jeder Spieler mittels der Marker vier Befehle. Erst wenn dies geschehen ist, ist diese Phase beendet.
b) Die Ausführungsphase Der Planungsphase folgt die Ausführungsphase. Erneut werden nun im Uhrzeigersinn die gelegten Befehle umgesetzt. Mit dem Baubefehl ist es möglich entweder Arbeiter (die für die Rohstoffversorgung zuständig sind), Militäreinheiten, Transporter, Basen, Gebäude oder Module zu bauen.
Mit dem Forschungsbefehl muss ein Spieler eine Ereigniskarte ziehen und darf eine Technologiekarte erwerben und drei Kampfkarten ziehen (welche beide für den Kampf nötig sind).
Mit dem Mobilisierungsbefehl kann ein Spieler seine Einheiten mobilisieren und sie von Planet zu Planet bzw. von Gebiet zu Gebiet ziehen.
Allerdings steht dem Spieler auch die Möglichkeit offen, seinen Befehl nicht auszuführen und stattdessen ebenfalls eine Ereigniskarte zu ziehen, welche er bis zur Organisationsphase unaufgedeckt behalten muss.
Diese Befehle werden ebenfalls wieder solange durchgeführt, bis jeder Spieler seine vier Stück abgearbeitet hat. Bei sechs Spielern müssen demzufolge erst einmal 24 Befehle gelegt und im Anschluss wieder abgearbeitet werden. Das dauert.
c) Die Organisationsphase In dieser letzten Phase werden nun die Ergebnisse des Kampfes analysiert (ein Kampf kommt zustande, wenn gegnerische Einheiten beim Mobilisierungsversuch in gegnerisches Terrain eindringen) und dementsprechend Basen und Transporter zerstört. Im Anschluss wird der durch eventuelle Basenverluste entstandene Rohstoffkartenverlust analysiert und richtig gestellt, danach werden die Ereigniskarten gelesen und eingesetzt usw.… dies alles endet schließlich in Punkt 9, der festlegt, dass nun Kampfkarten, die man zu viel auf der Hand hat, wieder abgeworfen werden müssen.
Sind diese drei Phasen letztendlich beendet, beginnt der ganze Spaß wieder von vorne. In dieser Aufzählung sind einige Begriffe gefallen, die ich noch kurz erläutern möchte:
Rohstoffe: Ein jeder Planet verfügt über eine bestimmte Menge an Rohstoffen (unterteilt in Gase und Kristalle). Diese Rohstoffe können abgebaut werden, wenn das Gebiet unter der Kontrolle des Spielers ist. Die sogenannten Arbeiter dienen dabei zum Abbau der Rohstoffe, wie auch gleichzeitig als Spielelement zur Übersicht über die verbrauchten Rohstoffe. Denn sobald der Spieler Rohstoffe abbaut, zeigt er dies mit dem Legen der Arbeiter auf die sog. Rohstoffkarten an. Erobert nun ein gegnerischer Spieler dieses Gebiet, muss der andere Spieler ihm diese Rohstoffkarten abtreten, womit der Gegner sie für sich nutzen kann.
Kampf: Der Kampf wird in „StarCraft – Das Brettspiel“ zu einem der Hauptstrategiemittel gezählt. Er wird ausgelöst, sobald sich zwei gegnerische Einheitentrupps treffen. Das System des Kampfes ist schnell erklärt: Jede Einheit besitzt einen Angriffs- und Verteidigungswert. Ist sie Aggressor vergleicht sie ihren Angriffswert mit dem Verteidigungswert ihres Gegners. Dementsprechend ist dann das Ergebnis: Keiner stirbt, einer stirbt oder beide Einheiten werden vernichtet. Am System „Kampf“ kann man nun sehr gut das von mir vorher genannte „Verkomplizieren“ erkennen.
Zu Beginn eines Kampfes ordnet der Aggressor die Kampfeinheiten in Zweierpärchen an (jeweils eine eigene und eine gegnerische), dies wird dann „Gefecht“ genannt, die Kampfeinheiten nun mit „Fronteinheiten“ betitelt. Sollten Einheiten übrig bleiben, bilden diese die „Verstärkungseinheiten“ und dürfen nun einem beliebigen Gefecht zugeordnet werden. Das Gefecht wird nun ausgetragen, indem der Angreifer, wie der Verteidiger eine Kampfkarte von seiner Hand zu seiner Einheit legt. Die Kampfkarten können nämlich das Ergebnis auf zweierlei Arten verändern: Einmal ist auf Ihnen ein Bildchen abgedruckt. Stimmt die Militäreinheit mit dem Bildchen überein, darf diese nämlich einen anderen Angriffswert benutzen - auf jeder Kampfkarte sind nämlich je zwei Angriffs- und Verteidigungswerte abgedruckt. Zusätzlich geben die Kampfkarten noch weitere Boni. Ist dies alles getan, könnte man nun einfach die Werte vergleichen und herausfinden, wer gewonnen hat. Jedoch muss an dieser Stelle erst noch überprüft werden, ob denn Flugeinheiten am Kampf teilnehmen und wenn ja, die Flugregeln entsprechend angewandt werden. Dieses Prozedere wiederholt sich für jedes Gefecht, bis schließlich ein Gewinner feststeht. Im einen Fall muss sich der Angreifer zurückziehen, im anderen hat er das Gebiet eingenommen.
Module und Gebäude: “StarCraft – Das Brettspiel“ hat sich an anderen Strategiespielen orientiert und versucht ähnliche Verhältnisse wie in solchen Spielen aufzubauen, was besonders gut bei den Modulen und Gebäuden zu erkennen ist. Denn im Brettspiel gibt es drei unterschiedliche Gebäude, mit denen man unterschiedliche Einheiten produzieren kann. Jedes dieser Gebäude ist aber nur auf Stufe 1 oder noch gar nicht gebaut. Im gesamten Spiel gibt es drei Phasen, während jener man die Gebäude dann erweitern darf und somit Zugriff auf neue Einheiten bekommt. Dieses „Upgraden“ der Gebäude ist eine direkte Anleihe an die klassischen Strategiespiele und StarCraft selbst.
Normalerweise halte ich es für eher überflüssig, die Regeln eines Spieles in dieser Breite zu erklären. Bei „StarCraft“ möchte ich damit aber die in meinen Augen unnötige Komplexität der Regeln aufzeigen. Das Spiel bedient sich einfacher Konzepte (z.B. Angriffs- mit Verteidigungswert vergleichen) und baut drum herum so viele zusätzlichen Faktoren ein, dass solch ein Kampf besonders lange dauert und unnötig kompliziert wird, da viele Dinge beachtet werden müssen. Dies ufert in meinen Augen unglaublich aus und bläht das Spiel bis zur Unspielbarkeit auf. Dazu jedoch mehr unter „Spielerlebnis“.
Aus mir unerfindlichen Gründen ist mir die Originalanleitung abhanden gekommen, was kein Grund zur Sorge war: Der Heidelberger Spieleverlag bietet die Anleitung im Netz an. Bei dieser fehlten jedoch hier und da Textverweise („die Regeln zum Kampf finden Sie auf S. XX“), was auf ein unsauberes Lektorat schließen lässt. Dies kann ich leider nur auf diese PDF-Version beziehen, in der richtigen Anleitung konnte ich es aus logischerweise nicht nachprüfen.
Spielerlebnis:Nach viel Überzeugungsarbeit ist es mir letztendlich gelungen, zwei wackere Mitspieler zu rekrutieren, die mit mir dieses Monstrum testspielten.
Zu Beginn stand erst einmal die Lektüre der Spielanleitung. Zu unserem Glück habe ich mir vor Spielbeginn aufgrund der Rezension die Spielanleitung bereits einmal zu Gemüte geführt und kannte die groben Züge des Spiels. Nichtsdestotrotz dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis alles aufgebaut war und ich den Spielern den Grundaufbau vermitteln konnte. Die Problematik an dem Spiel sind die vielen Ebenen, in denen sich das Spiel verschachtelt. So vermittelt man zu Anfang die drei Phasen, muss dann aber, z.B. bei der Planungsphase, gleich auf die verschiedenen Befehlsmarker eingehen und auch bei diesen zusätzlich noch verschiedene Bauarten und –typen erklären. Das verwirrt schnell, weswegen ich das auch früh abgebrochen habe und das Spiel begonnen haben. Sollte ein Spieler eine Aktion machen wollen, würde man dann eben direkt nachschauen, wie der genaue Ablauf davon war.
Der weitere Ablauf ging relativ rund, bis wir zur ersten Runde kamen. Die Spielanleitung ist zusätzlich zur Komplexität auch noch sinnfrei aufgebaut: So findet man die Erklärungen zum Rundenablauf eher vorne, während sich die Möglichkeiten in einer Runde wieder woanders finden. So war die Spielanleitung unser ständiger Partner und selbst bis zur letzten Sekunde konnten wir sie nicht aus der Hand legen. Allgemein offenbarte sich das Spielerlebnis als äußerst zäh. Eine Runde dauert durch ihren Aufbau äußerst lang, was das Gefühl suggeriert nicht wirklich vorwärts zu kommen. Durch den oft reihum ablaufenden Spielzug kann jeder Spieler nur viele kleine Aktionen tätigen, was in viel Wartezeit resultiert. Bereits bei drei Spielern wartete man mehr darauf, bis die anderen Spieler fertig waren, als dass man selbst am Zug war. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie sich das bei sechs Spielern ausdehnt.
Kommt einmal etwas Bewegung ins Spiel (bspw. durch einen Kampf) sind immer nur zwei Spieler beteiligt. In einem Fall stießen bei zwei Spielern jeweils fünf Einheiten aufeinander. Dies resultierte in fünf kleinen Gefechten samt dem ganzen Ablauf (einteilen, Kampfkarten legen, Kampfkarten aufdecken, verrechnen, zum Teil Flugregeln beachten) und zog sich dementsprechend hin. Darüber hinaus macht das Spiel keine große Kommunikation zwischen Spielern nötig. Jeder werkelt still und heimlich vor sich hin.
Ein wirkliches Spielerlebnis stellte sich dadurch nicht ein, das Spiel war langweilig und zäh. Man muss an dieser Stelle den Effekt des „Ersten Spiels“ bedenken, der alles automatisch in die Länge zieht, aber selbst wenn man diesen wohlwollend mitrechnet, ist „StarCraft – Das Brettspiel“ hart an der Unspielbarkeit. Das Spiel zog sich bei uns insgesamt über knapp zwei Stunden hin, in denen es uns gelang, zwei Runden zu absolvieren. Das Gefühl eines wirklichen Spielflusses entsteht dabei nicht und mit dem Gefühl, gerade einmal bei der Hälfte angekommen zu sein, haben wir das Spiel letztendlich abgebrochen.
Da meine Mitspieler beide selbst StarCraft spielen, konnten sie mir einen gewissen Wiedererkennungswert bestätigen. Es fühle sich schon wie StarCraft an bzw. man erkenne die Parallelen, sagten sie.
Fazit:„StarCraft – Das Brettspiel“ ist vor allem eins: umfangreich. Ob an Materialien, Regeln oder Komplexität. Zu Beginn scheitert das Spiel bei der Verstauung des Materials auf ganzer Breite. Zwei jämmerliche Fächer werden einem für über 400 Kleinteile von sechs Fraktionen zugesprochen. Das darf bei einem Preis von ca. 80 € nicht sein. Beigelegte Plastiktüten hätten schon ausgereicht. Dafür ist an der Qualität des Materials nichts auszusetzen.
Die Spielanleitung offenbart sich als wahres Monstrum und schafft es nicht, das Spiel vernünftig zu erklären. Fehlende Seitenverweise und ein unlogischer Aufbau erschweren das Zurechtfinden zusätzlich.
Die Regeln des Spiels sind äußert komplex und wirken künstlich aufgebläht. Einfache Mechanismen wurden um unnötige Regelkonstruktionen erweitert. Bei Regeln muss ich mir die Frage stellen: Ändern sie das Spielerlebnis, wenn ich sie weglasse? Ist dies der Fall handelt es sich wohl zumindest um eine wichtige Regel (ob sie dann noch gut ist, sei mal dahin gestellt). Wenn ich sie jedoch ohne eine spürbare Änderung des Spielerlebnisses weggelassen könnte, ist sie wohl überflüssig. Spiele ich das mit einigen Regeln von StarCraft durch, könnten diese alle wegfallen. Ich persönlich sehe hier Fantasy Flight Games unter dem Druck handelnd, die Spiele möglichst groß und umfangreich zu gestalten. Dies führt dann letztendlich zu diesem unnötigen Regelbalast.
Das Spielerlebnis ist äußert zäh und langatmig, zwischen den Spielern findet nur wenig Kommunikation statt. Die vielen kleinschrittigen Aktionen während des Spiels blähen die Spielzeit künstlich auf. Zusätzlich gibt es im Spiel nur wenig Zufallselemente, die für wirkliche Spannung sorgen.
„StarCraft – das Brettspiel“ könnte Spaß machen, wenn jeder Spieler absolut mit den Regeln vertraut und darin geübt wäre, die Spielaktionen schnell abzuarbeiten. Bis man jedoch an diesem Punkt angekommen ist, dürften so gut wie alle Spieler abgesprungen sein und dieses Ungetüm für immer im Schrank verschachern.
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